TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/2 I403 2193204-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.03.2020
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Entscheidungsdatum

02.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I403 2193204-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Gambia, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.01.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I., II. und III. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird stattgegeben und festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung gegen XXXX gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz auf Dauer unzulässig ist. XXXX wird gemäß §§ 54, 55 Abs. 2 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

III. Spruchpunkte V. und VI. werden behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 04.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen damit begründete, dass er Gambia nach dem Tod seiner Eltern verlassen habe, weil sich niemand mehr um ihn gekümmert habe. Am 05.02.2018 wurde der zu diesem Zeitpunkt minderjährige Beschwerdeführer im Beisein seines gesetzlichen Vertreters vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) befragt. Er wiederholte, Gambia verlassen zu haben, weil er dort nach dem Tod seiner Eltern kein gutes Leben gehabt habe.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs.1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Gambia zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer in Gambia nicht verfolgt werde und dass aufgrund der widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers auch nicht festgestellt werden könne, dass seine Eltern verstorben seien. Da der Beschwerdeführer gesund und erwerbsfähig sei und kurz vor der Volljährigkeit stehe, könne er sich in Gambia eine Existenz aufbauen. Ein besonders schützenswertes Privat- oder Familienleben in Österreich führe der ledige und kinderlose Beschwerdeführer nicht.

Dagegen wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 11.04.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und insbesondere auf die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers verwiesen, welche bei den von der belangten Behörde aufgezeigten Widersprüchen zu berücksichtigen sei und ihn zudem besonders schutzbedürftig mache.

Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 20.04.2018 vorgelegt. Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.09.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin zugeteilt. Am 29.01.2020 wurde eine mündliche Verhandlung abgehalten, in welcher auch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als Zeugin befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Gambia und Angehöriger der Volksgruppe Puular/Fulla. Seine Identität steht nicht fest. Er lebte vor seiner Ausreise in der Stadt XXXX. Feststellungen zu seinen Familienverhältnissen in Gambia können nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung. Er ist erwerbsfähig.

Seit 2016 führt er mit der österreichischen Staatsbürgerin T. M. eine Beziehung; sie lernten sich über Facebook kennen und T.M. besuchte den Beschwerdeführer in Italien, wo sich der Beschwerdeführer spätestens seit Mai 2015 aufhielt. Nachdem T.M. den Beschwerdeführer darüber informiert hatte, dass sie schwanger sei, zog der Beschwerdeführer nach Österreich und stellte am 04.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. In diesem Verfahren verschwieg er die Geburt seiner Tochter am XXXX bis zur mündlichen Verhandlung am 29.01.2020. Seine Tochter ist österreichische Staatsbürgerin.

Der Beschwerdeführer lebt seit 26.06.2019 mit T.M., der gemeinsamen Tochter und dem fünfjährigen Sohn von T.M. in einem gemeinsamen Haushalt, allerdings steht ihnen nur eine Wohnung von 37 qm zur Verfügung.

Der Beschwerdeführer spricht Deutsch mit seiner Familie, doch hat er keine Prüfung absolviert. Er ist in einem Fußballverein aktiv. Er ging in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach und bestreitet seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung. Er verfügt über eine Einstellungszusage. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers hat einen fünfjährigen Sohn; zu dessen Vater besteht kein Kontakt. Die Lebensgefährtin bezieht bedarfsorientierte Mindestsicherung und hat keine Beschäftigung.

Der Beschwerdeführer wird in Gambia nicht verfolgt.

1.2. Zur Lage in Gambia und zur Rückkehr des Beschwerdeführers:

Dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Gambia vom 02.10.2018 ist zur politischen Lage im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:

"Seit den Präsidentschaftswahlen vom 1.12.2016, die als weitgehend frei und fair bezeichnet werden, befindet sich das Land in einem tief greifenden und anhaltenden demokratischen Transformations- und Demokratisierungsprozess. Der seit 22 Jahren autoritär regierende Präsident, Yaya Jammeh, wurde abgewählt und durch Adama Barrow ersetzt.

Barrow spricht von einem "neuen Gambia" - öffnet seither das Land nach außen und reformiert es nach innen. Er stärkt die Freiheit der Bürger, indem Militär- und Polizei-Checkpoints im Land reduziert werden und der Stellenwert von Meinungs- und Pressefreiheit öffentlich beteuert wurde. Es wurde auch eine Kommission geschaffen, welche die unter der Diktatur von Jammeh begangenen Verbrechen untersuchen soll.

Im Februar 2017 wurde die National Intelligence Agency (NIA), die unter der früheren Regierung Folter und willkürliche Inhaftierung praktizierte, in State Intelligence Services (SIS) umbenannt und ihre Haftbefugnisse wurde aufgehoben. Laut Menschenrechtsorganisationen unterhielt die NIA ihre eigenen Haftanstalten. Menschenrechtsorganisationen und die Opposition warfen der NIA wiederholt Verbrechen wie übermäßige Gewaltanwendung, illegale Verhaftung, Folter und Tötung vor. Der neue Präsident Barrow ließ die Führungsspitzen der NIA verhaften und kündigte an, die Vorwürfe zu untersuchen. Auch die Leiter von Polizei, Gefängnis und Militär wurden ausgetauscht. Selbst nach dem Regierungswechsel gibt es Berichte über die Anwendung von Gewalt durch die Polizei. Innerhalb des Innenministeriums wurde eine Stelle geschaffen, die Vorwürfe wegen Fehlverhaltens und Menschenrechtsverletzungen durch Polizeibeamte untersucht. Das Menschenrechtsklima in Gambia hat sich aber seit dem Amtsantritt von Präsident Barrow deutlich verbessert."

Dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Gambia vom 02.10.2018 ist zur Frage ethnischer Minderheiten Folgendes zu entnehmen:

In Gambia leben zahlreiche westafrikanischen Ethnien. Viele Gambianer sind gemischter ethnischer Herkunft. Die größte Bevölkerungsgruppe stellen die Wolof dar. Eine diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis besteht nicht. Der Volkszählung aus dem Jahr 2017 zufolge hat Gambia 2.051.363 Einwohner. 34 % gehören der Volksgruppe der Mandinka an, 22,4 % den Fula/Fulbe, 12,6 % den Wolof, 10,7 % den Jola/Diola, 6,6 % den Serahuli, 3,2 % den Serer, 2,1 % der Manjago, 1 % der Bambara u.a.. Die Amtssprache ist Englisch, die wichtigsten Umgangssprachen sind Mandinka, Wolof, Diola und Fula. Präsident Barrow ist Mitglied der größten ethnischen Gruppe, der Mandinka. Ex-Präsident Jammeh stammt aus der Jola Ethnie.

Dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Gambia vom 02.10.2018 ist zur Grundversorgung Folgendes zu entnehmen:

"Gambia ist im internationalen Vergleich eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Lediglich ein Drittel der Bevölkerung verfügt über eine garantierte Ernährungssicherheit. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren zwischen 2014 und 2016 über 200.000 Gambier gezwungen, sich auf humanitäre Hilfe zu verlassen. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist v.a. in ländlichen Gegenden nur beschränkt gewährleistet. Das staatliche "Social Welfare Service" bietet für bedürftige Frauen und Kinder Unterbringung, Nahrung und Kleidung. Nach Angaben der Weltbank sind knapp 40 % der Kinder unter 5 Jahren akut unterernährt. Sozialhilferegelungen etc. bestehen nicht. Gambia ist wirtschaftlich schwach. Etwa drei Viertel der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft. Familien bauen auch in kleinem Umfang Produkte für den Eigenbedarf an. Viele führen kleine Einzelhandelsgeschäfte. Die Wirtschaft des Landes ist aufgrund von Rückschlägen abgewürgt. Zudem ist die Landwirtschaft anfällig für Überschwemmungen und Dürren. Die schlechte landwirtschaftliche Ernte führte 2016/2017 zu Ausfällen. Der Landwirtschaftssektor ist nicht vielfältig genug aufgestellt, 91 % der Landbevölkerung sind Kleinbauern, mehrheitlich durch Subsistenzwirtschaft geprägt. Das Land ist stark importabhängig, praktisch alle Güter des täglichen Gebrauchs werden importiert. Die Preise sind entsprechend hoch. Negativ wirkte sich auch die politische Krise des Jahres 2017 aus. Der jüngste Länderbericht des Internationalen Währungsfonds schätzt, dass die Tourismuseinnahmen im ersten Quartal 2017 aufgrund der politischen Turbulenzen um rund ein Drittel (8,8 Mio. $) gesunken sind und sich nur zögerlich erholten. Die Überweisungen (Geldtransfers) von Auswanderern in ihr Heimatland werden auf rund 10% des BIP geschätzt. Im internationalen Handel haben China und Indien die EU (insbesondere Frankreich und Großbritannien) als Hauptexporteur teilweise abgelöst. Eine zerstörte Wirtschaft, ausgebeutete Staatsressourcen, eine ineffiziente Infrastruktur, enorme soziale Herausforderungen sowie ein Mangel an Möglichkeiten für die junge Bevölkerung waren die Rahmenbedingungen, unter denen Barrow seine Präsidentschaft angetreten hat. Als Jammeh Anfang 2017 ins Exil nach Äquatorialguinea ging, nahm er Vermögenswerte mit unbekanntem Wert mit. Der systematische Diebstahl von Staatseigentum wurde rückwirkend seit 2014 auf 4 % des BIP jährlich geschätzt. Laut Medien sei das Land "fast bankrott". Niedrige Ernteerträge, ängstliche Touristen und Investoren sowie wachsende Staatsverschuldung tragen zur weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation bei. Das Land ist auf finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Nach Angaben der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) machten die Hilfen ausländischer Geber 2013 11% des BIP aus. Die externe Schuldenlast beläuft sich auf über 1 Mrd. US-Dollar (20 % des BIP). Aufgrund der Schuldennotlage können keine neuen Investitionen im Land getätigt werden, der Privatsektor erhält auch keinen Zugang zu Krediten auf dem Finanzmarkt. Die Elektrizitätskrise mit mehrmals täglichen Stromausfällen behindert zudem wirtschaftliche Aktivitäten und Investitionen. Ausländische Geber versprachen der Barrow-Regierung finanzielle Unterstützung unter der Bedingung, dass die Entwicklung der Demokratie gefördert und die Menschenrechte geachtet werden."

Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und erwerbsfähig und ist davon auszugehen, dass er sich in Gambia wieder eine Existenz aufbauen kann. Es besteht damit keine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

In der Einvernahme durch die belangte Behörde am 05.02.2018 gab der Beschwerdeführer an, keine Kinder zu haben und verneinte er auch das Führen einer Beziehung. Entsprechend ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer ledig und kinderlos sei. Auch in der Beschwerde vom 11.04.2018 ist nur die Rede von "gesellschaftlichen Anknüpfungspunkten" in Österreich. Nachdem die erkennende Richterin einen entsprechenden Eintrag in dem Auszug aus dem Grundversorgungssystem entdeckt hatte und den Beschwerdeführer damit konfrontierte, dass er offenbar eine in Österreich lebende Tochter habe, gab er an, das zuvor nie zugegeben zu haben, weil er ständig Angst gehabt habe, abgeschoben werden. Erst auf entsprechende Aufforderung der erkennenden Richterin wurden am 05.02.2020 Geburtsurkunde und Staatsbürgerschaftsnachweis der Tochter dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Die Feststellungen zu seiner Beziehung ergeben sich aus seinen Angaben und den Angaben von T.M in der mündlichen Verhandlung. Nachdem T.M. den Beschwerdeführer zur Verhandlung begleitet hatte, wurde sie als Zeugin befragt. Dass beiden beim Eingehen der Beziehung bewusst war, dass der Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht in Österreich hatte und dass der Beschwerdeführer nur nach Österreich zog und hier einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, um bei seiner schwangeren Freundin zu sein, ergibt sich aus den Angaben von beiden in der mündlichen Verhandlung.

Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass dieser immer angegeben hatte, an keinen gesundheitlichen Problemen zu leiden.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung bestreitet, ergibt sich aus einer Abfrage in der Applikation "Betreuungsinformation" (Grundversorgung). Dass seine Lebensgefährtin bedarfsorientierte Mindestsicherung erhält und keine Beschäftigung hat, ergibt sich aus einer Abfrage bei der Sozialversicherungsdatenbank.

Dass sich der Beschwerdeführer in Italien aufhielt, ergibt sich aus den EURODAC-Treffern (19.05.2015 und 29.12.2015 in Palermo). Der Beschwerdeführer versuchte allerdings immer wieder, die Dauer seines Aufenthaltes in Italien zu verschleiern. In der Erstbefragung sprach er von drei Wochen, in der mündlichen Verhandlung zunächst von einem Monat, auf Nachfrage der Richterin, wie es dann möglich gewesen sei, dass er seine Freundin kennengelernt und von dieser dann besucht worden sei, sprach er dann von zwei Monaten. Nochmals mit der offensichtlichen Unmöglichkeit des zweimonatigen Aufenthaltes (dem alleine schon durch die EURODAC-Treffer widersprochen wird) konfrontiert, gab er dann zu, dass er mehr als zwei Monate in Italien gelebt habe, ohne dies aber weiter konkretisieren zu wollen.

Auf die Frage, warum der Beschwerdeführer keine Familienzusammenführung nach dem Niederlassungsgesetz beantrage bzw. ob etwas dagegen sprechen würde, meinte er nur: "Ich ziehe Asyl vor, deshalb habe ich auch den Antrag gestellt."

Dass der Beschwerdeführer keine Deutschprüfung absolviert hat, ergibt sich aus seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung. Vorgelegt wurde eine Einstellungszusage, ein Schreiben des Fußballvereins und ein Empfehlungsschreiben des früheren Fußballtrainers.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer erklärte in der Erstbefragung, dass er Gambia nach dem Tod seiner Eltern verlassen habe, weil sich niemand mehr um ihn gekümmert habe. Auch in der Einvernahme durch die belangte Behörde am 05.02.2018 wiederholte er, dass er nur geflüchtet sei, weil er in Gambia nicht gut gelebt habe und weil seine Eltern verstorben seien.

Allerdings verwickelte sich der Beschwerdeführer rund um die Umstände seines Lebens in Gambia in Widersprüche.

Bei der Einvernahme durch die belangte Behörde am 05.02.2018 meinte er, dass er sich nach dem Tod seiner Eltern nicht mehr in Gambia aufgehalten habe und dass er sieben Jahre alt gewesen sei, als diese verstorben seien. Im weiteren Verlauf der Einvernahme widersprach er dem dann aber und erklärte, wie der folgende Auszug der Niederschrift belegt, dass er nach dem Tod seiner Eltern noch jahrelang bei den Nachbarn gelebt hätte.

"Frage: Schildern Sie die Umstände des Todes Ihrer Eltern genauer, wie hat es sich zugetragen?

Antwort: Nein, ich habe meine Nachbarn gefragt und meine Nachbarn haben es mir nicht sagen können.

F: Wenn Sie erst sieben Jahre alt gewesen sind, wer hat sich unmittelbar nach dem Tod Ihrer Eltern um Sie gekümmert, wer hat Sie versorgt?

A: Meine Nachbarn. Sie haben mich versteckt.

F: Was meinen Sie mit versteckt?

A: Sie wollten, dass ich nicht soviel Stress habe wegen dem Tod meiner Eltern, nachher haben sie es mir gesagt.

F: Wie lange nach dem Tod haben Sie es von den Nachbarn erfahren?

A: Sie haben mich zur Schule gehen lassen, die 6 Jahre in XXXX und dann haben Sie es mir das mit meinen Eltern gesagt.

F: Verstehe ich das richtig, Sie haben dann nach dem Tod Ihrer Eltern zumindest sechs Jahre bei Ihren Nachbarn gelegt und die Schule besucht?

A: Ja."

Die belangte Behörde legte im angefochtenen Bescheid dar, dass sie aufgrund dieser widersprüchlichen Angaben nicht feststellen könne, dass die Eltern des Beschwerdeführers verstorben seien. In der Beschwerde wurde zu dieser Frage Folgendes dargelegt: "Der BF lebte bis zu seinem siebten Lebensjahr in Gamba. Im Alter von sechs Jahren fing er an in die Schule zu gehen. Er ging 2-3 Monate in die Schule, dann starben seine Eltern. Er hat 10 Tage nach dem Tod seiner Eltern Gambia verlassen. Er lebte die 10 Tage bei seinen Nachbarn. Nach den 10 Tagen haben sie ihm gesagt, dass die Eltern gestorben sind. Dann hat der BF das Land verlassen." In der Beschwerde wurde aber weder dargelegt, wohin der siebenjährige Beschwerdeführer dann gereist sei oder warum er gegenüber der belangten Behörde andere Angaben getätigt hatte noch wie sich die in der Beschwerde dargelegten Umstände damit vereinbaren lassen, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung und in der Einvernahme durch die belangte Behörde immer erklärt hatte, in Gambia sechs Jahre lang die Grundschule besucht zu haben. Eine wirkliche Klärung erfolgte daher durch die Beschwerde nicht, weswegen (unter anderem) von der erkennenden Richterin eine mündliche Verhandlung anberaumt wurde. Allerdings widersprach der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung wiederum seinem Vorbringen in der Beschwerde, meinte er dort doch zunächst, dass er nach dem Tod seiner Eltern wegen Bluthochdrucks (in früheren Befragungen hatte er immer gesagt, die Todesursache nicht zu kennen) im Alter von sechs bis neun Jahren bei den Nachbarn gelebt habe. Von der erkennenden Richterin damit konfrontiert, dass er vor der belangten Behörde von sechs Jahren gesprochen habe, die er bei den Nachbarn verbracht habe, korrigierte er sich wieder und erklärte, er habe im Alter von sechs bis zwölf Jahren bei den Nachbarn gelebt und sei dann nach Libyen gegangen.

Insgesamt ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass das ganze Vorbringen um den Tod der Eltern nicht glaubhaft ist und dieser daher nicht festgestellt werden kann. Auch die Aussage des Beschwerdeführers, dass er nach Libyen gegangen sei, weil seine Nachbarn ihm nicht die Wahrheit über den Tod der Eltern verraten hätten, ist nicht plausibel und nicht glaubhaft.

Ebenso sind die Angaben des Beschwerdeführers zu den Umständen seiner Ausreise nicht nachvollziehbar; so gab er gegenüber der belangten Behörde am 05.02.2018 an, dass er von einem ihm unbekannten Mann, an den er sich auch nicht erinnern könne, die Reise nach Europa bezahlt bekommen habe, weil er ihm seine Geschichte erzählt habe. Auf Nachfrage des gesetzlichen Vertreters gab der Beschwerdeführer in der Einvernahme durch die belangte Behörde am 05.02.2018 dann noch an, dass er im Niger von einer Person "gekauft" worden sei, für die er dann im Haus gearbeitet habe. Allerdings konnte er auch dazu keine genauen Angaben machen, er meinte, nicht zu wissen, von wem er gekauft worden sei oder auch wieviele Personen in diesem Haus lebten. Nach drei Wochen habe ihm die Person, die ihn gekauft habe, dann das Geld für die Weiterreise nach Libyen gegeben. In der mündlichen Verhandlung war dann weder von dem Mann, der ihm die Reise bezahlt habe, noch von dem Mann, der ihn im Niger gekauft habe, die Rede. Er meinte nunmehr, dass er an der Grenze Leute getroffen habe, die ihm geholfen hätten und dass er dann in Libyen auf dem Bau gearbeitet habe, um die Weiterreise zu organisieren.

In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer ebenfalls keine konkrete Verfolgung vor. Auf die Frage, was ihm in Gambia passieren würde, meinte er nur, dass ihm viele Dinge passieren würden, so habe er etwa gehört, dass seine Eltern Probleme mit der Regierung gehabt hätten. Eine konkrete Bedrohung oder Verfolgung brachte er aber nicht vor.

Angesichts dessen ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr in seinem Herkunftsstaat Gambia glaubhaft zu machen.

Soweit im Beschwerdeschriftsatz ausgeführt wird, dass im konkreten Fall zumindest die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz vorliegen würden, da sich der Beschwerdeführer in Gambia ohne familiäres Netzwerk angesichts seiner Abwesenheit ab dem Alter von sieben Jahren sowie seiner sozialen sowie finanziellen Lage nicht zurechtfinden würde, so ist dem entgegenzuhalten, dass nicht glaubhaft ist, dass er Gambia derart früh verlassen hat, sondern dass vielmehr davon auszugehen ist, dass er den Großteil seines Lebens in Gambia verbracht hat. Der Beschwerdeführer ist volljährig, erwerbsfähig und gesund. Es ist davon auszugehen, dass er in Gambia über Familie verfügt und sich dort wieder eine Existenz aufbauen kann.

2.4. Zu den Länderfeststellungen:

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Gambia ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Wie bereits dargelegt wurde, brachte der Beschwerdeführer keinerlei Verfolgung und damit keine Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in Bezug auf seinen festgestellten Herkunftsstaat Gambia vor. Er wird in Gambia nicht verfolgt.

In der Beschwerde wurde erklärt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie sowie aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Waisenkinder verfolgt wird. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer inzwischen volljährig ist und unabhängig davon, ob es eine "soziale Gruppe der Waisenkinder" rechtlich überhaupt gibt, wird in der Beschwerde jedenfalls unterlassen aufzuzeigen, welche Form von Verfolgung der Beschwerdeführer zu befürchten hätte.

Daher ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Gambia keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen ist.

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ro 2019/19/0006, festgestellt, dass an der bisherigen Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann, festzuhalten ist.

Wie bereits im Zuge der Prüfung des Status des Asylberechtigten festgestellt wurde, machte der Beschwerdeführer im Hinblick auf seinen Herkunftsstaat Gambia keinerlei gegen seine Person gerichteten Bedrohungs- oder Verfolgungshandlungen geltend.

Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen für Gambia nicht vor, sodass aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. Eine Rückkehr nach Gambia führt nicht automatisch dazu, dass eine Person in eine unmenschliche Lage bzw. eine Notlage geraten würde und ihre in Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte verletzt würden.

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (Beschluss des VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden Nr. 61204/09; sowie Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0036 sowie vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096-3). Dies wurde vom Beschwerdeführer nicht substantiiert dargelegt. Es kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass ein junger und gesunder Mann sich im Falle einer Rückkehr nach Gambia dort nicht seine existentiellen Grundbedürfnisse befriedigen kann. Eine besondere Vulnerabilität liegt beim Beschwerdeführer nicht vor. Er hat sein Herkunftsland zwar als Minderjähriger verlassen, ist inzwischen aber volljährig. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er keine Verwandten in Gambia habe, ist kein Glaube zu schenken. Es ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. zum Ganzen VwGH, 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Es ergibt sich insgesamt kein reales Risiko, dass es durch die Rückführung des Beschwerdeführers nach Gambia zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art. und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über ein Familienleben in Österreich, er führt eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin, mit der er auch eine Tochter hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen ("marriage-based relationships") beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen ("de facto family ties"), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (vgl. VwGH 23.2.2011, 2011/23/0097, und 8.9.2010, 2008/01/0551, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR). Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können (vgl. VwGH 24.6.2019, Ra 2019/20/0101 mit Verweis auf das Urteil des EGMR 2.11.2010, Serife Yigit gegen die Türkei, Große Kammer, Beschwerde Nr. 3976/05, Rn. 93 und 96). Nachdem der Beschwerdeführer seit etwa einem halben Jahr mit T.M. zusammenlebt und mit ihr ein gemeinsames Kind hat, ist von einer Lebensgemeinschaft auszugehen, die von Art. 8 EMRK geschützt wird (VwGH, 17.12.2019, Ro 2019/18/0006).

Seit 2016 führt er mit der österreichischen Staatsbürgerin T. M. eine Beziehung; sie lernten sich über Facebook kennen und T.M. besuchte den Beschwerdeführer in Italien, wo sich der Beschwerdeführer spätestens seit Mai 2015 aufhielt. Nachdem T.M. den Beschwerdeführer darüber informiert hatte, dass sie schwanger sei, zog der Beschwerdeführer nach Österreich und stellte am 04.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Entsprechend ist zu berücksichtigen, dass beiden beim Eingehen der Beziehung bewusst war, dass der Beschwerdeführer in Österreich kein Aufenthaltsrecht hat, lebte er doch zu diesem Zeitpunkt noch in Italien. Die Stellung des Antrages auf Asyl erfolgte nur, um ein Familienleben in Österreich zu ermöglichen und damit zur Umgehung der dafür vorgesehenen Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass eine Fortführung des Familienlebens mit seiner Lebensgefährtin außerhalb Österreichs schwer möglich sein wird, da sie nicht bereit sein wird, mit zwei kleinen Kindern ihre Existenz in Österreich aufzugeben. Eine Trennung des Beschwerdeführers von seiner Lebensgefährtin wäre aber zumutbar, da der Antrag auf internationalen Schutz vom Beschwerdeführer missbräuchlich zur von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug gestellt worden war. In solchen Konstellationen wiegt das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besonders schwer, zumal von den Beteiligten zu keiner Zeit von einem (rechtmäßigen) Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich hätte ausgegangen werden dürfen (VwGH, 23.02.2017, Ra 2016/21/0235). Zudem hält sich der Beschwerdeführer erst seit drei Jahren im Bundesgebiet auf, so dass unter dem Aspekt der Lebensgemeinschaft eine Rückkehrentscheidung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in sein Recht auf Familienleben darstellen würde (vgl. etwa bei einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin und einem zweijährigen Aufenthalt - VwGH, 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Daneben führt der Beschwerdeführer auch ein Familienleben mit seiner am XXXX geborenen Tochter, deren Existenz er im Asylverfahren aber bis zur mündlichen Verhandlung am 29.01.2020 geleugnet hatte. Seine Tochter ist österreichische Staatsbürgerin. Seit 26.06.2019 besteht ein gemeinsamer Wohnsitz; laut Angaben des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin war ein früherer Wohnortwechsel für den Beschwerdeführer nicht möglich, da er aufgrund fehlender Dokumente in der Geburtsurkunde nicht als Vater aufgenommen worden war.

Es ist auch bei der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung notwendig, sich mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl auseinanderzusetzen (vgl. etwa VwGH 24.9.2019, Ra 2019/20/0420; 20.9.2017, Ra 2017/19/0163; jeweils mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, im Ergebnis nur dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie dies insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug der Fall ist (VwGH 24.9.2019, Ra 2019/20/0274; 20.8.2019, Ra 2019/18/0046; jeweils mwN). Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen - etwa nach dem SMG -, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, können die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (vgl. vgl. VwGH, 28.11.2019, Ra 2019/19/0359 und 0369; VwGH 5.10.2017, Ra 2017/21/0174; 26.6.2019, Ra 2019/21/0034; jeweils mit weiteren Hinweisen).

§ 138 ABGB (samt Überschrift) lautet:

"Kindeswohl

§ 138. In allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten, insbesondere der Obsorge und der persönlichen Kontakte, ist das Wohl des Kindes (Kindeswohl) als leitender Gesichtspunkt zu berücksichtigen und bestmöglich zu gewährleisten. Wichtige Kriterien bei der Beurteilung des Kindeswohls sind insbesondere

1. eine angemessene Versorgung, insbesondere mit Nahrung, medizinischer und sanitärer Betreuung und Wohnraum, sowie eine sorgfältige Erziehung des Kindes;

2. die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz der körperlichen und seelischen Integrität des Kindes;

3. die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern;

4. die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes;

5. die Berücksichtigung der Meinung des Kindes in Abhängigkeit von dessen Verständnis und der Fähigkeit zur Meinungsbildung;

6. die Vermeidung der Beeinträchtigung, die das Kind durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen seinen Willen erleiden könnte;

7. die Vermeidung der Gefahr für das Kind, Übergriffe oder Gewalt selbst zu erleiden oder an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben;

8. die Vermeidung der Gefahr für das Kind, rechtswidrig verbracht oder zurückgehalten zu werden oder sonst zu Schaden zu kommen;

9. verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen;

10. die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes;

11. die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes sowie

12. die Lebensverhältnisse des Kindes, seiner Eltern und seiner sonstigen Umgebung."

Dass diese Bestimmung auch im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen ist, als Orientierungsmaßstab dient, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten (vgl. etwa betreffend das in seinem § 28 Abs. 1 Z 2 ausdrücklich auf das Kindeswohl abstellende Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 VwGH 15.5.2019, Ra 2018/01/0076; in diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof betont, für die Auslegung der Wendung "wenn es dem Kindeswohl entspricht", ist "der durch das Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 15/2013, neugefasste § 138 ABGB heranzuziehen"). Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts haben wiederholt die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl bei der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung zum Ausdruck gebracht (vgl. VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0034; 7.3.2019, Ra 2018/21/0141, mwN, insbesondere auch aus der Rechtsprechung des VfGH).

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine Aufenthaltsbeendigung nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen verletzt würde. Bei der Beurteilung nach Art. 8 EMRK ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl die in VfSlg 18.223/2007 und 18.224/2007 wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Auswirkungen der Entscheidung und die Konsequenzen einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers auf das Familienleben und auf das Kindeswohl etwaiger Kinder des Betroffenen zu erörtern (vgl hiezu VfGH 24.9.2018, E1416/2018; 26.2.2019, E3079/2018; zur Bedeutung der mit einer Trennung des Beschwerdeführers von seinem Kind verbundenen Auswirkungen vgl VfSlg 19.362/2011). Einer mit der Ausweisung verbundenen Trennung von Familienmitgliedern kommt eine entscheidungswesentliche Bedeutung zu (vgl VfSlg 18.388/2008, 18.389/2008, 18.392/2008). Die Intensität der privaten und familiären Bindungen im Inland ist dabei zu berücksichtigen (VfSlg 18.748/2009).

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (vgl EGMR 21.6.1988, Fall Berrehab, Appl 10.730/84 [Z21]; 26.5.1994, Fall Keegan, Appl 16.969/90 [Z44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (vgl EGMR 19.2.1996, Fall Gül, Appl 23.218/94 [Z32]). Ferner ist es nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass sich Eltern und Kinder der Gesellschaft des jeweiligen anderen Teiles erfreuen können; die Familienbeziehung wird insbesondere nicht dadurch beendet, dass das Kind in staatliche Pflege genommen wird (vgl VfSlg 16.777/2003 mit Hinweis auf EGMR 25.2.1992, Fall Margareta und Roger Andersson, Appl 12963/87 [Z72] mwN; zu den Voraussetzungen für ein [potentielles] Familienleben zwischen einem Kind und dessen Vater siehe auch EGMR 15.9.2011, Fall Schneider, Appl 17.080/07 [Z81] mwN). Davon ausgehend kann eine unzureichende Berücksichtigung des Kindeswohles zur Fehlerhaftigkeit der Interessenabwägung und somit zu einer Verletzung des Art. 8 EMRK führen (vgl VfGH 28.2.2012, B1644/2000 mit Hinweis auf EGMR 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl 50.435/99, sowie insbesondere EGMR 28.6.2011, Fall Nunez, Appl 55.597/09; 12.10.2016, E1349/2016).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind die konkreten Auswirkungen einer Aufenthaltsbeendigung für ein Elternteil auf das Wohl eines Kindes zu ermitteln und bei der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu berücksichtigen (vgl VfSlg 19.362/2011; VfGH 25.2.2013, U2241/2012; 19.6.2015, E426/2015; 9.6.2016, E2617/2015; 12.10.2016, E1349/2016; 14.3.2018, E3964/2017; 11.6.2018, E343/2018, E345/2018; 11.6.2018, E435/2018). Der Verfassungsgerichtshof erachtet die Annahme als lebensfremd, dass der Kontakt zwischen einem Kleinkind und einem Elternteil über Telekommunikation und elektronische Medien aufrechterhalten werden könne (vgl dazu VfGH 25.2.2013, U2241/2012; 19.6.2015, E426/2015; 12.10.2016, E1349/2016; 11.6.2018, E343/2018, E345/2018).

Im Sinne dieser Rechtsprechung ist es notwendig, sich mit dem Kindeswohl sowie mit den Auswirkungen der Trennung des Beschwerdeführers von seiner in Österreich lebenden Tochter auseinanderzusetzen. § 138 Z 9 ABGB sieht "verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen" als eine Komponente des Kindeswohls. Auch wenn die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers insbesondere die Versorgung und Pflege des Kleinkindes übernommen hatte, so ist das nunmehr zweieinhalbjährige Kind doch mit dem Beschwerdeführer als Vater aufgewachsen und besteht seit etwa acht Monaten ein gemeinsamer Haushalt. Der Beschwerdeführer nimmt laut Aussagen in der mündlichen Verhandlung eine aktive Rolle im Leben seiner Tochter ein. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass er laut Angaben der Lebensgefährtin auch für ihren fünfjährigen Sohn, der seinen Vater nicht kennt, seit Jahren die Vaterrolle einnimmt. Die Fortsetzung des gemeinsamen Familienlebens in Gambia erscheint der Familie, auch aus Sicht des Kindeswohls, nicht zumutbar, handelt es sich doch bei allen dreien um österreichische Staatsbürger ohne Verbindung nach Gambia. Der Beschwerdeführer ist unbescholten; allerdings muss zu seinen Ungunsten festgehalten werden, dass er nur nach Österreich zog und hier einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, um die Regeln über den Familiennachzug zu umgehen. Dies stärkt laut oben genannter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung und kann die Trennung von Familienangehörigen rechtfertigen. Wie bereits ausgeführt, würde unter diesem Aspekt die Trennung von der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers auch zumutbar erscheinen. In Bezug auf das Wohl seiner Tochter - und in geringerem Umfang auch des Sohnes der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers - ist aber zu berücksichtigen, dass eine Trennung massive Auswirkungen auf das Kindeswohl hätte, da eine Kommunikation über Medien keinen hinreichenden Ersatz für die Fortführung der Beziehung darstellt. Die Familie befindet sich auch in einer schwierigen finanziellen Situation, die Mutter der Kinder bezieht bedarfsorientierte Mindestsicherung und leben sie zu viert in einer 37qm großen Wohnung. Die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbewilligung "Familienangehöriger" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz wären daher in mittelbarer Zukunft wohl nur schwer zu erfüllen ebenso wie die Möglichkeit gegenseitiger Besuche dadurch gemindert wäre. Der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ist es offenbar auch nach Auslaufen des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes nicht gelungen, wieder eine Anstellung zu finden; der Beschwerdeführer selbst verfügt über zwei Einstellungszusagen, darunter eine aus dem Familienumfeld, so dass anzunehmen ist, dass er, sobald er eine entsprechende Deutsch- und Integrationsprüfung abgelegt hat, zum Familieneinkommen und damit auch zum Wohl der Kinder beitragen wird können. Solange er selbst aufgrund des Fehlens eines Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung plus" nur eingeschränkt zum Arbeitsmarkt zugelassen ist, sollte es dem Beschwerdeführer möglich sein, seine Lebensgefährtin zumindest durch das Versorgen der Kinder zu unterstützen, so dass sie einer bezahlten Tätigkeit nachgehen kann.

Bei Berücksichtigung aller Umstände kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer zu einer dauerhaften Trennung zwischen ihm und seiner österreichischen Tochter führen würde, was aus Sicht des Kindeswohls zu vermeiden ist. Es ist daher in diesem besonderen Fall, auch aufgrund der sozialen Verhältnisse der Familie, trotz der kurzen Aufenthaltsdauer und der nicht außerordentlich ausgeprägten Integration aufgrund des Kindeswohls unverhältnismäßig, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Vor diesem Hintergrund überwiegen die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Familien- und Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als unverhältnismäßig qualifiziert werden muss. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Gambia einen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt und aufzuheben ist.

Der Beschwerde war daher in Hinblick auf Spruchpunkt IV. und die darauf aufbauenden Spruchpunkte V. und VI. stattzugeben und diese zu beheben.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer keine Deutschkenntnisse nachgewiesen und keine Integrationsprüfung abgelegt und daher das Modul 1 der Integrationsvereinbarung nicht erfüllt hat, wird ihm nur eine "Aufenthaltsberechtigung" und keine "Aufenthaltsberechtigung plus" gewährt.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel befristete Aufenthaltsberechtigung begründete Furcht vor Verfolgung Behebung der Entscheidung berücksichtigungswürdige Gründe ersatzlose Teilbehebung Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Integration Interessenabwägung Kassation Kindeswohl mündliche Verhandlung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Spruchpunktbehebung subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2193204.1.00

Im RIS seit

06.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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