TE Bvwg Beschluss 2020/5/6 W164 2228995-1

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Veröffentlicht am 06.05.2020
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Entscheidungsdatum

06.05.2020

Norm

BSVG §2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §8

Spruch

W164 2228995-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die von XXXX , geb. XXXX vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Georg Lugert, gegen die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (nun Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen) erhobene Säumnisbeschwerde vom 14.02.2020 beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im folgenden BF) beantragte mit 19.06.2019 durch seine Rechtsvertretung bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (nun Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen), Landesstelle NÖ, im Folgenden SVS, die bescheidmäßige Feststellung seiner alleinigen Betriebsinhaberschaft und alleinigen Betriebsführung über den landwirtschaftlichen Betrieb XXXX seit 07.02.2017.

Die SVS stellte mit Bescheid vom 30.07.2019 die Pflichtversicherung des BF ab 01.01.2016 bis laufend in der Kranken- Pensions- und Unfallversicherung auf der Rechtsgrundlage der §§ 2 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 3 Abs 1 Z 1 und 6 BSVG fest. Eine bescheidmäßige Feststellung im Sinne des Antrages erfolgte nicht.

Der BF erhob daraufhin durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 14.02.2020 Säumnisbeschwerde, beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge anstelle der SVS über den genannten Antrag entscheiden und die alleinige Betriebsinhaberschaft und Betriebsführung des BF über den genannten Betrieb feststellen, in eventu eine mündliche Verhandlung durchführen in eventu den Bescheid der SVS vom 30.07.2019 aufheben und der ersten Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Der BF brachte zur Begründung vor, er sei seit 01.01.2016 gemeinsam mit seiner Ehegattin, Frau XXXX , als Betriebsführer und Betriebsinhaber des genannten landwirtschaftlichen Betriebes zur Sozialversicherung gemeldet.

Die Ehegattin des BF habe am 06.02.2017 den ehelichen Haushalt verlassen. Sie beteilige sich seit diesem Datum nicht mehr an der Betriebsführung. Sie sei nicht mehr dort wohnhaft und sei nun unselbständig beschäftigt. Die Vorschreibung der Beiträge erfolge jedoch weiterhin zur ungeteilten Hand an beide bei der SVS ausgewiesenen Betriebsinhaber. Zwangsmaßnahmen würden für den Fall der Nichtbezahlung der auf die Ehegattin entfallenden Beiträge zu Lasten des BF geführt werden. Der BF sei jedoch nicht bereit, die diesbezüglichen Sozialversicherungsbeiträge seiner Ehegattin zu bezahlen.

Der vom BF nun allein geführte Betrieb umfasse einerseits näher genannte Liegenschaften, die in seinem Alleineigentum stehen und andererseits ebenfalls näher genannte Liegenschaften, die im Miteigentum des BF und seiner Ehegattin stehen. Die zweitgenannten Liegenschaften seien geringwertiger als die erstgenannten Liegenschaften.

Der heranzuziehende Einheitswert laut Bescheid 29 042-1-0311/8 des Finanzamtes XXXX weise einen Einheitswert von ? 13.398,69 und einen Wohnungswert von ? 28.875,00 aus.

Der BF bewirtschafte seit 07.02.2017 sowohl die in seinem Alleineigentum stehenden Liegenschaften als auch die im Miteigentum mit seiner Ehegattin stehenden Liegenschaften.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 182 Z 7 BSVG gelten die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 ASVG nicht anzuwenden ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Sache des Beschwerdeverfahrens:

Die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung über die Pflichtversicherung des BF nach § 2 Abs 1 Z 1 BSVG hat der BF nicht inhaltlich bekämpft. Diese Entscheidung wurde daher nicht zur Sache dieses Beschwerdeverfahrens.

Sache dieses Verfahrens ist die vom BF behauptete Säumnis der belangten Behörde, seine Eigenschaft als alleiniger Betriebsinhaber und alleiniger Betriebsführer bescheidmäßig festzustellen.

Zur Frage der behaupteten Säumnis:

Zufolge § 8 Abs 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, [...] entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Zufolge § 9 Abs 5 VwGVG ist bei Säumnisbeschwerden als belangte Behörde die Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache begehrt wurde. Ferner ist glaubhaft zu machen, dass die Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 abgelaufen ist.

Zufolge § 16 Abs 2 VwGVG hat die belangte Behörde dann, wenn sie den Bescheid nicht nachholt, dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Im vorliegenden Fall wird der belangten Behörde zur Last gelegt, trotz eines am 19.06.2019 gestellten Bescheidantrages bis dato keine feststellende Entscheidung über die Eigenschaft der BF als alleiniger Betriebsinhaber und alleiniger Betriebsführer des landwirtschaftlichen Betriebes des eingangs genannten landwirtschaftlichen Betriebes seit 07.02.2017getroffen zu haben.

Diesbezüglich ist auf folgende Bestimmungen zurückzugreifen:

Zufolge § 182 BSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes grundsätzlich die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes sinngemäß.

Zufolge § 410 ASVG hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist.

Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 BSVG unterliegen natürliche Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird, der Kranken- und Pensionsversicherungspflicht nach BSVG.[...]

Gemäß § 3 Abs 1 BSVG unterliegen die in § 2 Abs 1 Z 1 BSVG erfassten Personen der Unfallversicherungspflicht nach BSVG.

Wird ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb auf die gemeinsame Rechnung und Gefahr von Ehegatten geführt oder ist ein Ehegatte im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb des anderen hauptberuflich beschäftigt, so sind beide Ehegatten in der Pensionsversicherung (§ 2a Abs. 1 BSVG) und in der Krankenversicherung (§ 2b Abs. 1 BSVG) pflichtversichert.

Gemäß § 23 Abs 3 lit b BSVG sind bei der Bildung des Versicherungswertes gem Abs 2 dann, wenn der Pflichtversicherte Miteigentümer eines auf gemeinsame Rechnung und Gefahr geführten land(fort)wirtschaftlichen Betriebes ist, der im Verhältnis seines Eigentumsanteiles geteilte Einheitswert.

Gem § 30 BSVG ist der Betriebsbeitrag (zur Unfallversicherung) dann, wenn mehrere Personen ein und denselben land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf gemeinsame Rechnung und Gefahr führen, nur von einer Person zu leisten, jedoch haften alle Beteiligten für den Betriebsbeitrag zur ungeteilten Hand.

Gemäß § 33 Abs 1 BSVG sind die Beiträge der gemäß 2 Abs. 1 Z 1 und 1a und § 3 Abs. 1 Z 1 Pflichtversicherten und die Beiträge für die gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 bis 4 Pflichtversicherten vierteljährlich im Nachhinein vorzuschreiben (Vorschreibezeitraum). Sie sind mit dem Ablauf des Monates fällig, welches dem Ende des Vorschreibezeitraumes folgt. Durch die Satzung des Versicherungsträgers kann auch eine halbjährliche oder jährliche Vorschreibung der Beiträge für die gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 Pflichtversicherten vorgesehen werden, wenn dies der Verwaltungsvereinfachung dient und mit den wirtschaftlichen Interessen der Versicherten vereinbar ist. Werden Beiträge auf Grund einer nachträglichen Feststellung der Einkünfte des Versicherten durch die Finanzbehörden (§ 23 Abs. 4) vorgeschrieben, sind sie mit Ablauf des Monates fällig, das der Vorschreibung folgt. Beiträge für Einnahmen auf Grund von betrieblichen Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz sind am Ende des Kalendermonates, in dem die Vorschreibung erfolgt, fällig. Die Vorschreibung der Beiträge hat spätestens mit der dritten Quartalsvorschreibung in dem dem jeweiligen Beitragsjahr folgenden Jahr zu erfolgen.

Die Beiträge gemäß Abs. 1 schulden zur ungeteilten Hand die Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr den land(forst) wirtschaftlichen Betrieb führen oder auf deren Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird, [...] Die Beiträge sind auf Gefahr und Kosten des Beitragschuldners (der Beitragschuldner) an den Versicherungsträger unaufgefordert einzuzahlen. Die Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pensionsversicherung bilden mit den Beiträgen zur Unfallversicherung der Bauern eine einheitliche Schuld. Teilzahlungen werden anteilsmäßig und bei Beitragsrückständen auf den jeweils ältesten Rückstand angerechnet (§ 33 abs 2 BSVG).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:

Eine Pflicht der SVS (ehemals SVB) zur Entscheidung über Verwaltungssachen der Sozialversicherung besteht bezogen auf den vorliegenden Fall im Umfang der sich aus dem Bauernsozialversicherungsgesetz (BSVG) ergebenden Rechte und Pflichten des Beschwerdeführers.

Diese (potentiellen) Rechte und Pflichten umfassen im Wesentlichen die Versicherungspflicht, die Beitragspflicht und die Haftung für Beitragsschuldigkeiten.

Der Frage der alleinigen oder gemeinsamen Betriebsführung sowie Frage der alleinigen oder gemeinsamen Betriebsinhaberschaft kann als Vorfrage für die genannten sich aus dem BSVG ergebenden Rechte und Pflichten entscheidende Bedeutung zukommen.

Eine Pflicht des Sozialversicherungsträgers, diesbezüglich in der Hauptsache isoliert feststellend zu entscheiden, ist aus den anzuwendenden Gesetzen jedoch nicht abzuleiten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis 92/08/0256 vom 22.06.1993 bezogen auf einen Rechtsstreit nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) klargestellt, dass der Versicherungsträger nicht über die Dienstgebereigenschaft iSd § 35 Abs 1 ASVG an sich einen Feststellungsbescheid erlassen darf, weil damit weder Rechte und Pflichten im Sinne der Formulierung des § 410 Abs 1 erster Satz ASVG, noch die Verpflichtung zur Beitragsentrichtung festgestellt wird; (vgl. auch RS2 zu VwGH 99/08/0173 vom 03.07.2002, www.ris.gv.at).

Diese höchstgerichtliche Judikatur ist auch im vorliegenden Gesamtzusammenhang zu beachten und sinngemäß auf die hier zu treffende Entscheidung zu übertragen.

Da die belangte Behörde keine Pflicht getroffen hat, einen Feststellungsbescheid über die Eigenschaft des BF als alleiniger oder gemeinsamer Betriebsinhaber und Betriebsführer zu erlassen, konnte eine Entscheidungsfrist iSd § 8 VwGVG nicht zu laufen beginnen. Die verfahrensgegenständliche Säumnisbeschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte zufolge § 24 Abs 2 Z 2 VwGVG entfallen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Entscheidungsfrist Feststellungsbescheid Säumnisbeschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W164.2228995.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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