TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/3 99/08/0173

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Veröffentlicht am 03.07.2002
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/05 Wohnrecht Mietrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/01 Arbeitsvertragsrecht;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ABGB §825;
ABGB §833;
ASVG §35 Abs1;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs4;
ASVG §4 Abs5;
ASVG §4 Abs6;
ASVG §410 Abs1;
ASVG §58 Abs2;
AVG §56;
HBG §16;
HBG §17;
HBG §2;
HBG §4;
WEG 1975 §13c;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Wohnungseigentumsgemeinschaft V, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 2. August 1999, Zl. 122.344/3-7/99, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. M in S, 2. Tiroler Gebietskrankenkasse, 6021 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2, 3. Arbeitsmarktservice Tirol, 6010 Innsbruck, Schöpfstraße 5, 4. Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, 5. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Begehren auf Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse stellte mit Bescheid vom 1. April 1998 fest, dass die Erstmitbeteiligte ab 1. Jänner 1998 als freie Dienstnehmerin bei der Beschwerdeführerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Als Rechtsgrundlagen dieses Ausspruches wurden die Bestimmungen des § 409, § 410 Abs. 1 Z. 2, § 412 Abs. 1, 2 und 6, § 4 Abs. 4 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG genannt. In der Begründung führte sie aus, die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, die Erstmitbeteiligte verrichte für sie die Pflege der Grünanlagen, die Gehsteigreinigung, die Schneeräumung, die Lampenkontrolle etc. und erhalte hiefür ein monatliches Entgelt von S 4.000,--. Die Beschwerdeführerin habe nicht bestritten, dass die Erstmitbeteiligte als freie Dienstnehmerin für sie tätig sei, vertrete aber die Auffassung, dass dies keine Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 4 ASVG auslöse, weil es sich um ein Vertragsverhältnis zu "Privatpersonen" handle.

Nach Wiedergabe des § 4 Abs. 4 ASVG führte die Gebietskrankenkasse aus, der freie Dienstnehmer unterliege dann nicht der Sozialversicherung, wenn er sich gegenüber Privatpersonen zu Dienstleistungen verpflichtet habe. Als Dienstgeber gelte derjenige, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt werde. Dies sei im vorliegenden Fall die beschwerdeführende Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach § 13c Abs. 1 WEG 1975 bildeten alle Wohnungs- und sonstigen Miteigentümer der Liegenschaft zu deren Verwaltung die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese könne in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft als solche Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, sowie klagen und geklagt werden. Auch nach dem Umsatzsteuergesetz seien Wohnungseigentümergemeinschaften verpflichtet, Umsatzsteuer zu entrichten. Daraus ergebe sich, dass die von der Wohnungseigentümergemeinschaft geführte Verwaltung als solche einen Betrieb oder Unternehmen darstelle. Die Verwaltung werde unzweifelhaft auf Rechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft geführt, welche daher Dienstgeber im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG sei.

Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch. Darin führte sie aus, eine Wohnungseigentümergemeinschaft stelle kein Unternehmen im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG dar, wie folgendes Beispiel zeige: Ein Wohnhaus mit drei Wohnungen gehöre zivilrechtlich je zu einem Drittel drei Personen. Wohnungseigentum bestehe nicht, wohl aber eine Benutzungsregelung, wonach jeder Miteigentümer seine von ihm innegehabte Wohnung für eigene Wohnzwecke verwenden oder auf eigene Rechnung vermieten dürfe. In eine gemeinsame Kassa, die die gemeinsame Verwaltung der Liegenschaft darstelle, würden monatlich akonto die laufenden Betriebskosten von jedem Miteigentümer einbezahlt, während andererseits aus dieser Kassa die laufenden Betriebskosten beglichen würden. Wenn nun ein Miteigentümer für seinen Anteil an den Betriebskosten einen Vorsteuerabzug geltend machen wollte, weil er etwa die ihm zur Benützung zugewiesene Wohnung vermietet habe, müssten arbeitsaufwändige Rechtskonstruktionen gemacht werden, weil nur ein "Unternehmer" einen Vorsteuerabzug geltend machen dürfe. Die Miteigentümergemeinschaft sei kein Unternehmer, es müsse also künstlich ein Unternehmen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gebildet werden. Auch zivilrechtlich existiere die Miteigentümergemeinschaft nicht. Die Miteigentümergemeinschaft stelle sohin die Summe aller Miteigentümer ohne eigene Rechtspersönlichkeit dar, sie sei eine reine Innengesellschaft. Die Miteigentümer seien Privatpersonen und gehörten nicht dem in § 4 Abs. 4 ASVG genannten Dienstgeberkreis an. Würde in diesem Wohnhaus hinsichtlich der drei Wohnungen Wohnungseigentum begründet werden, würde sich in diesem Beispiel nur die Tatsache ändern, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit bekommen habe. Es sei damit leichter geworden, eine Unternehmereigenschaft im Sinne des Umsatzsteuergesetzes herzustellen. Auch die Wohnungseigentümergemeinschaft sei eine reine Innengesellschaft und stelle nur die Summe der Wohnungseigentümer dar, die die einzige Aufgabe habe, die Betriebskosten auf die Wohnungseigentümer aufzuteilen und mit den von den Wohnungseigentümern eingezahlten Beträgen die Aufwendungen zu begleichen. Diese Verwaltungstätigkeit könne daher auch bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft niemals einen Betrieb oder ein Unternehmen im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG darstellen. Das Beispiel zeige eindeutig, dass es nicht zulässig sei, die Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes oder des Wohnungseigentumsgesetzes für die Beurteilung heranzuziehen, ob ein Unternehmen im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG vorliege oder nicht. Die genannten Gesetze hätten eine völlig andere Zielrichtung. Vermiete eine Person seine Eigentumswohnung oder mehrere Eigentumswohnungen zu Wohnzwecken, seien die Erlöse aus dieser Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig. Der Vermieter sei daher ohne jeden Zweifel Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes, aber noch immer eine Privatperson im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG. Auch die Tatsache, dass er die Verwaltungstätigkeit selbst ausübe, mache ihn nicht zum Unternehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.

Die Einspruchsbehörde wies mit Bescheid vom 11. September 1998 den Einspruch als unbegründet ab. In der Begründung führte sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Gesetzeszitaten aus, die Erstmitbeteiligte, die seit 1. Jänner 1998 ein monatliches Entgelt von S 4.000,-- erhalte, verrichte für die Beschwerdeführerin folgende Arbeiten: Pflege der Grünanlagen, Rasenmähen, Gehsteigreinigung, Schneeräumung, Lampenkontrolle. Die Verfahrensparteien seien sich darüber einig, dass die Dienstleistung auf Grund eines freien Dienstvertrages erfolge und die Erstmitbeteiligte die Arbeiten im Wesentlichen persönlich erbringe sowie über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfüge; strittig sei lediglich, ob die Beschwerdeführerin im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes Dienstgeber sein könne.

Der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, 96/06/0182) habe klargestellt, dass mit § 13c WEG 1975 der Wohnungseigentümergemeinschaft Rechtspersönlichkeit - allerdings begrenzt auf die Verwaltung der Liegenschaft als solche - eingeräumt worden sei. § 14 leg. cit. lege die Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung fest. Es sei zu klären, ob die Rechtsgeschäfte einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Zuge der Verwaltungstätigkeit als "im Rahmen seines Geschäftsbetriebes" im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG erfolgten. Die Einspruchsbehörde vertrete die Auffassung, dass die ordentliche Verwaltungstätigkeit einer Wohnungseigentümergemeinschaft dann als betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG zu beurteilen sei, wenn sie nach außen wirksam werde. Hätte die Wohnungseigentümergemeinschaft die entsprechenden Reinigungsarbeiten von den Wohnungseigentümern selbst erledigen lassen, wäre damit der "private Bereich" nicht verlassen worden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft könne aber darüber hinaus auch weitere betriebliche/unternehmerische Tätigkeiten entwickeln, wie beispielsweise das Vermieten von Garagen.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, es sei schlechthin unverständlich, warum ein privater Alleineigentümer einer Liegenschaft, die er allein bewohne und verwalte, kein Unternehmer sei, während zwei Wohnungseigentümer im gleichen Haus, das sie verwalten lassen, dadurch plötzlich Unternehmer geworden wären.

Die belangte Behörde gab der Berufung keine Folge und stellte in teilweiser Abänderung des bekämpften Bescheides fest, dass die Erstmitbeteiligte ab dem 1. Jänner 1998 bis laufend in ihrer Tätigkeit als Hausmeisterin bei der Beschwerdeführerin als Dienstgeber beschäftigt sei und vom 1. Jänner bis 30. April 1998 der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG und ab 1. Mai 1998 der Unfallversicherungspflicht gemäß § 7 Z. 3 lit. a ASVG unterlegen sei. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, es sei unstrittig, dass die Erstmitbeteiligte als Hausbesorgerin im Rahmen eines freien Dienstvertrages für die Beschwerdeführerin tätig werde. Die Erstmitbeteiligte sei im Rahmen des Berufungsverfahrens einvernommen worden und habe - ebenfalls unstrittig - angegeben, dass sie die Tätigkeit seit 27. September 1996 ausübe. In der von ihr zu betreuenden Anlage befänden sich 16 Wohnungen sowie das Gemeindeamt. Die Erstmitbeteiligte mähe den Rasen, reinige den Spielplatz, kontrolliere die Spielgeräte, kehre die asphaltierten Flächen bzw. Parkplätze, reinige den Trockenraum bzw. Heizraum, tausche Glühbirnen in den Stiegenhäusern und Kellerräumen aus, reinige die Tiefgarage, schalte die Heizungen ein und kontrolliere diese, veranlasse Reparaturen und räume den Schnee. Hinsichtlich der Arbeitszeit seien keine Vereinbarungen getroffen worden; sie könne sich die Arbeitszeit völlig frei einteilen. Einen Großteil der Arbeit verrichte sie gemeinsam mit ihrem Gatten. Es sei eigentlich egal, wer die Arbeiten verrichte, es sei nur wichtig, dass sie ordentlich gemacht werden.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, die ab 27. September 1996 tätige Erstmitbeteiligte habe bis 30. April 1998 ein monatliches Entgelt von S 4.000,-- bezogen. Da die Versicherungsgrenze von S 7.000,-- mit Wirkung vom 1. Jänner 1998 gestrichen worden sei, sei ab diesem Zeitpunkt die Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 ASVG eingetreten, weil dieses Entgelt die Geringfügigkeitsgrenze überstiegen habe. Ab 1. Mai 1998 werde die Geringfügigkeitsgrenze (monatlich S 3.830,--) in Folge einer Herabsetzung des Entgeltes nicht erreicht.

Der Sachverhalt biete keinerlei Anhaltspunkte für eine persönliche Abhängigkeit der Erstmitbeteiligten in Ausübung ihrer Tätigkeit, weshalb sich die weitere Prüfung erübrige, ob die Erstmitbeteiligte der Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 2 ASVG unterliege.

Zwischen den Verfahrensparteien sei unstrittig, dass die Erstmitbeteiligte als freie Dienstnehmerin tätig werde und ein Dauerschuldverhältnis vorliege. Für den Eintritt der Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 4 ASVG sei darüber hinaus maßgebend, dass der Dienstnehmer den Auftrag im Wesentlichen persönlich erfülle. Aus den Angaben der Erstmitbeteiligten sei zu ersehen, dass sie die Arbeiten im Wesentlichen persönlich erbringe.

Eine weitere Voraussetzung sei, dass der freie Dienstnehmer zur Erfüllung seiner Verpflichtung über keine wesentlichen eigentlichen Betriebsmittel verfüge. Die Erstmitbeteiligte setze im Wesentlichen ihre eigene Arbeitskraft ein, Betriebsmittel seien für diese Tätigkeiten im Übrigen nicht erforderlich.

Strittig sei, ob die Beschwerdeführerin dem Dienstgeberbegriff des § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG unterliege. Nach der Rechtsprechung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, 96/06/0182, und das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 9. Dezember 1997, 5 Ob 268/97s) werde der Wohnungseigentümergemeinschaft im Bereich der Verwaltung der Liegenschaft gemäß § 13c WEG 1975 Rechtspersönlichkeit eingeräumt. Bei der Wohnungseigentümergemeinschaft handle es sich um eine Gemeinschaft besonderer Art, die am ehesten mit den Personengesellschaften des Handelsrechtes zu vergleichen sei. Hinsichtlich der Dienstgebereigenschaft von Personengesellschaften des Handelsrechtes vertrete der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1986, 83/08/0200) die Auffassung, dass nur der Gesellschaft und nicht auch den Gesellschaftern die Dienstgebereigenschaft zukomme. Der in § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG verwendete Begriff "Geschäftsbetrieb" diene zur Abgrenzung zum reinen "Privat(Freizeit)bereich". Einziges Erfordernis dieses Geschäftsbetriebes sei ein unmittelbarer Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit. Wenn beispielsweise ein Abgeordneter zur Unterstützung seiner parlamentarischen Tätigkeit einen Mitarbeiter beauftrage, liege ein Geschäftsbetrieb des Abgeordneten vor, in dessen Rahmen dieser Mitarbeiter beschäftigt werde. Auch die Wohnungseigentümergemeinschaft sei somit Dienstgeber, der im Rahmen seines Geschäftsbetriebes tätig werde (vgl. ASOK 1998, 185, Sozialversicherungspflicht nach dem ASRÄG 1997, Abgrenzung in Einzelfällen gemäß Besprechungsergebnissen im Hauptverband).

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom 14. Oktober 1999, B 1540/99). In den an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Ausführungen der Beschwerde hält die Beschwerdeführerin an ihrem im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt fest. Mangels unmittelbaren Zusammenhanges mit einer beruflichen Tätigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft verrichte die Erstmitbeteiligte ihre Tätigkeit nicht "im Rahmen des Geschäftsbetriebes" der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin sei daher nicht als Dienstgeber im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG anzusehen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse beantragt in ihrer Gegenschrift ebenfalls die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Spruch des Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wurde festgestellt, dass die Erstmitbeteiligte ab 1. Jänner 1998 als freie Dienstnehmerin beim Dienstgeber (Beschwerdeführerin) sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist. Diese Formulierung lässt offen, ob eine Vollversicherung (das heißt Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung) oder eine Teilversicherung festgestellt wird. Mit der Wendung "sozialversicherungspflichtig" ist beides umfasst. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich aber um zwei verschiedene Gegenstände des Verfahrens (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 21. März 1985, 83/08/0179, und vom 16. April 1985, 83/08/0191). Unklar ist auch, ob die Gebietskrankenkasse mit "Sozialversicherungspflicht" auch die Arbeitslosenversicherungspflicht feststellen wollte. Dafür spricht die Anführung des § 1 Abs. 1 lit. a AlVG in den "Rechtsgrundlagen", dagegen spricht aber, dass sich kein weiterer Hinweis auf diesen möglichen weiteren Gegenstand des Verfahrens in der Begründung des Bescheides findet. Da somit schon der Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides unklar geblieben ist, hätte die Einspruchsbehörde den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG beheben müssen, um der Gebietskrankenkasse die Erlassung eines Bescheides in einer dem Spruch nach ausreichend bestimmten Sache zu ermöglichen. Das hat die Einspruchsbehörde aber unterlassen. Diesen Rechtsfehler hätte die belangte Behörde aufgreifen müssen. Da sie dies unterließ, belastete sie ihrerseits ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dazu kommt, dass die belangte Behörde durch die Teilung ihres Bescheidspruches in zwei Punkte, abgesehen davon, dass sie erstmals ausdrücklich über die Vollversicherungspflicht und die Teilversicherungspflicht, nicht aber über die Arbeitslosenversicherungspflicht abgesprochen hat, weitere Unklarheiten schuf. Der Spruchpunkt 1. (... wird festgestellt, dass die Erstmitbeteiligte ab dem 1.1.1998 bis laufend, in ihrer Tätigkeit als Hausmeisterin bei der Beschwerdeführerin als Dienstgeber beschäftigt war) lässt zumindest die Deutung zu, dass damit die bloße Tatsache der Beschäftigung zum Ausdruck gebracht wird, dass eine Beschäftigung der Erstmitbeteiligten bei der Beschwerdeführerin als "Hausmeisterin" bzw. dass die Eigenschaft der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin festgestellt wird. Ersteres wäre mangels Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses einer bescheidmäßigen Feststellung nicht zugänglich (§ 410 ASVG), zum Ausspruch einer arbeitsrechtlichen Qualifikation der Beschäftigung im Sinne der zweitgenannten Deutung wäre die belangte Behörde nicht zuständig gewesen und schließlich kann über die Dienstgebereigenschaft an sich nicht mit Feststellungsbescheid entschieden werden (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 1993, 92/08/0256, und 93/08/0025, 0026, sowie vom 21. September 1993, 92/08/0206).

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass entgegen der Auffassung der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Gegenstand des Verfahrens nicht bloß die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG ist. Die Parteien übersehen damit die Bestimmung des § 4 Abs. 6 ASVG, die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum lautete:

"Eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 4 aus."

Diese Bestimmung legt nicht nur die Reihenfolge der Prüfung der Frage der Pflichtversicherung nach § 4 ASVG fest, sondern macht diese Frage auch zum Gegenstand eines einzigen Verfahrens.

§ 4 Abs. 6 ASVG verknüpft nämlich die Verfahrensgegenstände des § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 zu einer Rechtssache. Über die Vollversicherungspflicht nach § 4 ASVG ist somit in einem (umfassenden) Verfahren abzusprechen und zwar mit der Konsequenz, dass bei Feststellung der Pflichtversicherung nach dem einen Absatz eine solche nach dem anderen nicht vorliegt. Dies gilt nicht nur für die Gebietskrankenkasse, sondern auch für die im Instanzenzug angerufenen Behörden mit der Folge, dass die Rechtsmittelinstanz in ihrem Bescheid eine Pflichtversicherung nach einem anderen Absatz des § 4 feststellen kann als die Unterinstanz (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 2002, 2001/08/0107, 0135).

Die belangte Behörde hätte sich daher auch damit auseinander setzen müssen, ob nicht ein Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG vorliegt. Ausgehend vom festgestellten Tätigkeitsbereich der Erstmitbeteiligten und der Notwendigkeit der Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (vgl. hiezu etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12325/A) hätte eine Prüfung dahingehend zu erfolgen gehabt, ob die Erstmitbeteiligte in einem Hausbesorgerdienstverhältnis im Sinne des Hausbesorgergesetzes steht. Aus § 5 Abs. 2 zweiter Satz ASVG, wonach eine Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes - von den im Beschwerdefall nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - nicht als geringfügig gilt, ergibt sich, dass eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Hausbesorgertätigkeit trotz der in manchen Belangen vom allgemeinen Arbeitsrecht abweichenden Charakteristika die Qualifizierung dieser Tätigkeit als Beschäftigung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 4 Abs. 2 ASVG nicht ausschließt. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 13. Oktober 1988, 87/08/0092, vom 19. Juni 1990, 89/08/0326, vom 24. Juni 1997, 95/08/0161, und vom 14. März 2001, 96/08/0232) ist zur Qualifizierung eines Dienstverhältnisses als Hausbesorgerdienstverhältnis wesentlich, dass sich eine Person sowohl zur Reinhaltung als auch zur Wartung und Beaufsichtigung eines Hauses gegen Entgelt verpflichtet hat;

dabei ist dem Gesetz auch dann entsprochen, wenn keine dieser Dienstleistungspflichten in vollem Umfang zu erbringen ist;

entscheidend ist nur, dass dem Dienstnehmer Dienstpflichten aus allen drei Bereichen übertragen worden sind. Wie sich aus den §§ 4, 16 und 17 Hausbesorgergesetz (beschränkte Anwesenheitspflicht im Haus, grundsätzlich freie Arbeitszeiteinteilung, Berechtigung, sich vorübergehend vertreten zu lassen, grundsätzliche Zulässigkeit der Ausübung eines anderen Berufes) ergibt, ist es für den Begriff des Hausbesorgers nicht wesentlich, dass dessen Arbeitskraft vollständig oder zum größten Teil von Hausbesorgerdiensten beansprucht wird. Erst wenn vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ein Hausbesorgerdienstverhältnis und damit ein Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG zu verneinen ist, ist das Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG zu prüfen.

§ 4 Abs. 4 erhielt durch das ASRÄG 1997 und die 55. Novelle zum ASVG ab 1. Jänner 1998 (§ 572 Abs. 1 Z. 1 bzw. § 575 Abs. 1 Z. 5 ASVG) bis 31. Juli 2001 (gemäß § 593 Abs. 1 Z. 1 ASVG trat die Änderung durch BGBl. I Nr. 99/2001 mit 1. August 2001 in Kraft) folgende Fassung:

"(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, sofern sie auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 3 bzw. § 3 Abs. 3 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes oder gemäß § 2 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbstständig Erwerbstätiger versichert sind oder sofern es sich nicht um eine (Neben)Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 lit. f des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes handelt oder sofern diese Personen nicht eine freiberufliche Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer gesetzlich beruflichen Vertretung (Kammer) begründet, ausüben."

§ 35 Abs. 1 erster Satz ASVG bestimmt, dass als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige gilt, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. 12325/A, ausgeführt, dass es für die Dienstgebereigenschaft nicht nur darauf ankomme, wer letztlich aus den im Betrieb getätigten Geschäften (nach den hiefür in Betracht kommenden Regeln des Privatrechtes) unmittelbar berechtigt und verpflichtet werde, sondern überdies darauf, dass der in Betracht kommenden Person, wenn schon nicht das Recht zur Geschäftsführung, so doch eine so weit reichende Einflussmöglichkeit auf die Betriebsführung zukommen müsse, dass ihr die Erfüllung der dem Dienstgeber nach dem ASVG auferlegten Verpflichtungen in Bezug auf das an das Beschäftigungsverhältnis anknüpfende Versicherungs- und Leistungsverhältnis entweder selbst oder durch dritte Personen möglich sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. November 1992, 91/08/0193, seine Auffassung bekräftigt, dass der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als solcher keine Rechtspersönlichkeit zukomme und nicht sie, sondern nur die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG in Betracht kommen können. Im Bereich des WEG 1975 ist allerdings seither eine wesentliche Änderung eingetreten. Gemäß der mit dem 3. WÄG eingeführten Bestimmung des § 13c WEG 1975 bilden alle Wohnungs- und Miteigentümer der Liegenschaft zu deren Verwaltung die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese kann in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft als solche Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und am Ort der gelegenen Sache geklagt werden. Der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde, wenn auch nur hinsichtlich der Verwaltung der Liegenschaft, beschränkte Rechtsfähigkeit zuerkannt. Grundsätzlich gelten für die Verwaltung der Liegenschaft die Bestimmungen der §§ 833 ff ABGB mit den Einschränkungen des § 13b WEG 1975. Die mit dem Hausbesorgerdienstvertrag (im vorliegenden Fall Hausmeister genannt) verbundenen Rechte und Pflichten (und damit auch jene, die sich aus der gesetzlichen Sozialversicherung ergeben) gehören zur ordentlichen Verwaltung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, 89/08/0326). Die Rechtspersönlichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne des § 13c WEG 1975 erstreckt sich daher auf die Rechtsbeziehungen der Beschwerdeführerin zur Erstmitbeteiligten. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist somit gegenüber einem Hausbesorger Dienstgeber mit allen Verpflichtungen (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 18. Mai 1998, 8 Ob A4/98s, mit zahlreichen Hinweisen). Der arbeitsrechtliche Arbeitsgeber im Sinne des Hausbesorgergesetzes entspricht aber auch dem sozialversicherungsrechtlichen Dienstgeber des Hausbesorgers im Sinne des § 35 ASVG (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, 89/08/0326, sowie Adametz u.a., Handbuch der Werkverträge, Tz 3.1.7.).

Geschäftsbetrieb der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 1 ASVG ist die Verwaltung des Hauses. Dazu zählt aber nicht die Betreuung der im Wohnungseigentum stehenden Räumlichkeiten. Der von der Beschwerdeführerin wiederholt angestellte Vergleich mit der Besorgung der Verwaltung eines im Alleineigentum und in alleiniger Benützung stehenden Wohnhauses mit den Aufgaben der Wohnungseigentümergemeinschaft geht daher fehl. Die Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne des § 13c WEG 1975 wird im Rahmen der von ihr zu besorgenden Verwaltung immer "im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes" tätig, da dieser durch das Gesetz der Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen wird. Insoweit verfügt die Wohnungseigentümergemeinschaft über einen den "statutenmäßigen Wirkungsbereich" gleichzuhaltenden Geschäftsbetrieb. In Bezug auf eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann daher - im Gegensatz zum einzelnen Wohnungseigentümer - nie von einem "privaten Bereich" die Rede sein.

Dienstleistungsaufträge einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Durchführung ihres Geschäftszweckes sind daher von vornherein nicht dem von der Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 4 ASVG ausgenommenen "privaten Bereich" zuzurechnen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Begehren auf Ersatz der Stempelgebühren war im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) abzuweisen.

Wien, am 3. Juli 2002

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999080173.X00

Im RIS seit

07.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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