TE Vwgh Erkenntnis 1990/6/19 89/08/0326

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Veröffentlicht am 19.06.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/05 Wohnrecht Mietrecht;
60/01 Arbeitsvertragsrecht;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §825;
ABGB §828;
ABGB §833;
ABGB §839;
ABGB §90;
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §111;
ASVG §112;
ASVG §35 Abs1;
ASVG §35 Abs3;
ASVG §36 Abs2;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §58 Abs2;
HBG §17;
HBG §2;
HBG §3;
HBG §4;
VwGG §34 Abs1;
WEG 1975 §17 Abs1;

Betreff

Wiener Gebietskrankenkasse gegen Bundesminister für Arbeit und Soziales vom 17. Oktober 1989, Zl. 122.828/3-7/89, betreffend die Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. E, 2. AE)

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Der Erstmitbeteiligte ist zu einem Drittel, die Zweitmitbeteiligte (seine Ehefrau zu zwei Drittel Miteigentümer der Liegenschaft W. Gasse 29, auf der sich ein Mietshaus befindet, in dem (u.a.) der Erstmitbeteiligte seine Rechtsanwaltskanzlei (in der die Zweitmitbeteiligte als Kanzleileiterin beschäftigt ist) betreibt.

Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides verrichtet der Erstmitbeteiligte in diesem Haus seit 1. Mai 1988 alle Hausbesorgertätigkeiten im Sinne des § 2 Z. 1 HBG und erhält dafür ein Reinigungsgeld von S 1.284,-- monatlich.

Die von der Zweitmitbeteiligten als Verwalterin der Liegenschaft hinsichtlich des Erstmitbeteiligten als "Hauswart" ab 1. Mai 1988 erstattete Anmeldung zur Sozialversicherung wurde mit Bescheid der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom 13. Juni 1988 abgelehnt.

Dem von den Mitbeteiligten dagegen erhobenen Einspruch gab der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 28. Februar 1989 keine Folge.

Der von den Mitbeteiligten als "Hauseigentümergemeinschaft" gegen den Einspruchsbescheid erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid stattgegeben und (unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 14. November 1980, Slg. 10.294/A) festgestellt, daß der Erstmitbeteiligte hinsichtlich seiner Tätigkeit als Hausbesorger des Hauses W.-Gasse 29 ab 1. Mai 1988 der Voll(Kranken-, Unfall- und Pensions)versicherung sowie der Arbeitslosenversicherung nach den §§ 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliege.

Dagegen richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die erst- und zweitmitbeteiligte Partei haben eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung aufgrund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 ASVG sind Dienstnehmer hinsichtlich einer Beschäftigung, die nach Abs. 2 als geringfügig anzusehen ist, von der Vollversicherung ausgenommen. Gemäß § 5 Abs. 2 zweiter Satz, zweiter Halbsatz ASVG, gilt eine Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, nicht als geringfügig.

Nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sind für den Fall der Arbeitslosigkeit Dienstnehmer versichert, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, soweit sie in der Krankenversicherung aufgrund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert oder selbstversichert und nicht nach Maßgabe der sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes versicherungsfrei sind.

Entsprechend dem § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; dazu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

§ 35 Abs. 1 erster Satz ASVG bestimmt schließlich, daß als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige gilt, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweist.

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. 12325/A, ausgeführt, daß es für die Dienstgebereigenschaft nicht nur darauf ankomme, wer letztlich aus den im Betrieb getätigten Geschäften (nach den hiefür in Betracht kommenden Regeln des Privatrechtes) unmittelbar berechtigt und verpflichtet werde, sondern überdies darauf, daß der in Betracht kommenden Person, wenn schon nicht das Recht zur Geschäftsführung, so doch eine so weitreichende Einflußmöglichkeit auf die Betriebsführung zukommen müsse, daß ihr die Erfüllung der dem Dienstgeber nach dem ASVG auferlegten Verpflichtungen in bezug auf das an das Beschäftigungsverhältnis anknüpfende Versicherungs- und Leistungsverhältnis entweder selbst oder durch dritte Personen möglich sei.

2.2. Die Beschwerdeführerin vertritt (ebenso wie die Einspruchsbehörde) die Auffassung, der Erstmitbeteiligte könne schon deshalb nicht Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 ASVG (bzw. gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG) sein, weil er als Miteigentümer der Liegenschaft Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG sei. Der Unterschied zwischen dem vorliegenden Fall und dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1980, Slg. 10294/A, bestehe darin, daß der Miteigentumsanteil dort 3 %, hier aber ein Drittel betrage. Die Bestellung eines Verwalters, dem nach der vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Meinung im Rahmen des Wohnungseigentumsgesetzes eine einem organschaftlichen Vertreter ähnliche Stellung zukomme, sei hier nicht erfolgt.

Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten:

Es ist zwar im Prinzip richtig, daß ein Dienstgeber nicht gleichzeitig sein eigener Dienstnehmer sein kann (dies meint offenbar auch Krejci, Das Sozialversicherungsverhältnis, 35 bei FN 66; in diesem Sinne auch schon das hg. Erkenntnis vom 26. November 1952, Slg. 2747/A), der Erstmitbeteiligte ist aber nicht IN DIESEM SINN (wie noch zu zeigen sein wird) Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, weil ihm als (einzelner) Minderheitseigentümer nicht jener Einfluß auf die Verwaltung zukommt, der es gestatten würde, ihn für die Erfüllung der einem Dienstgeber nach den Bestimmungen des ASVG obliegenden Pflichten im Sinne des schon erwähnten Erkenntnisses eines verstärkten Senates, Slg. 12325/A, verantwortlich zu machen.

2.3. In seinem Erkenntnis vom 14. November 1980, Slg. 10294/A (auf welches sich die belangte Behörde beruft) hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, daß der Eigentümer einer Eigentumswohnung (der dadurch mit 3 % Miteigentümer der Liegenschaft gewesen ist) als Hausbesorger zu allen Miteigentümern in einem versicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen könne, weil ihm kein maßgebender Einfluß auf die Verwaltung zustehe. Nach der weiteren Begründung dieses Erkenntnisses komme der "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" keine Rechtspersönlichkeit zu, weshalb JEDER WOHNUNGSEIGENTÜMER Dienstgeber eines im Hause beschäftigten Hausbesorgers im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG sei. Gemäß § 833 ABGB komme der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu (wenngleich in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung, wozu auch die Bestellung eines Hausbesorgers gehöre, die Mehrheit der nach dem Verhältnis der Anteile gezählten Stimmen entscheide), jedoch habe ein Miteigentümer mit einem Anteil von 3 % keinen bestimmenden Einfluß auf die Verwaltung, weshalb er als Hausbesorger zur Gemeinschaft sämtlicher Teilhaber, die in diesem Fall von der Mehrheit vertreten würden, in einem die Sozialversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis stehen könne.

2.4. Mit der Frage, ob dies auch bei schlichtem Miteigentum im Sinne der §§ 825 ff ABGB der Fall ist, hatte sich der erkennende Senat - soweit überblickbar - bisher noch nicht auseinanderzusetzen.

2.4.1. Die Beschwerdeführerin stützt ihre Rechtsauffassung darauf, daß der Anteil des Erstmitbeteiligten ein Drittel (und nicht nur 3 %) betrage. Weiters sei im Falle des vorgenannten Erkenntnisses ein Verwalter bestellt gewesen, welche für die Eigentümergemeinschaft tätig geworden sei, während dies in der gegenständlichen Verwaltungssache nicht der Fall sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe (ebenfalls in dem wiederholt zitierten Erkenntnis) ausdrücklich angeführt, daß durch die Bestellung eines Verwalters, der eine einem organschaftlichen Vertreter ähnliche Stellung habe, die rechtliche Handlungsbefugnis der vertretenen Miteigentümer derart beschränkt werde, daß diese rechtlich nur durch ihn selbst handeln könnten; nur der Verwalter habe die vom Gesetz in seine Hand gelegten Interessen aller Teilnehmer gegen den einzelnen Teilnehmer zu vertreten. Ein derartiger Sachverhalt läge im gegenständlichen Fall jedoch nicht vor.

2.4.2. Bei den Rechtsbeziehungen zwischen dem Hauseigentümer (den Hauseigentümern) und einem Hausbesorger (und zwar sowohl die Auswahl der Person als auch die Ausübung von Weisungs- und Kontrollbefugnissen betreffend) handelt es sich um eine Angelegenheit der Verwaltung im Sinne des § 833 ABGB, und zwar der ordentlichen Verwaltung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1980, Slg. 10294/A, mwH; ferner MietSlg. 15130 und Arb 9459). Obgleich nach § 833 zweiter Satz ABGB in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung die Mehrheit der Stimmen (im Verhältnis der Anteile gezählt) entscheidet, bleibt die ordentliche Verwaltung nach dem ersten Satz der genannten Gesetzesstelle dennoch die Sache "aller Teilhaber insgesamt". Der Verwalter (und mag er auch nur von der Mehrheit bestellt sein) ist daher direkter Stellvertreter ALLER Miteigentümer (EvBl. 1979/133 = Arb 9773 = DRdA 1981,39, Arb 10307 u.a). Zufolge des Mehrheitsprinzips kann die Verwaltung von der Mehrheit (daher auch vom einzelnen Mehrheitseigentümer) jederzeit auch an sich gezogen werden (Gamerith in Rummel, 2. Auflage I, RdZ 9 zu § 833). Auch ein verwaltender Miteigentümer ist aber Machthaber aller Miteigentümer (Gamerith, aaO, RdZ 1 zu § 837 mwN).

2.4.3. Damit sind aber letztlich alle Miteigentümer Zurechnungssubjekte des Verwaltungshandelns der Mehrheit; es kommt ihnen INSGESAMT die Verwaltung und damit auch jene rechtliche Einflußmöglichkeit zu, die es ihnen gestattet, die Verpflichtungen, die das ASVG dem Dienstgeber auferlegt, zu erfüllen.

Daraus ergibt sich fallbezogen, daß die Beschwerdeführerin zu Unrecht die Bestellung eines Verwalters vermißt, zumal sie übersieht, daß zwischen einem von der Mehrheit bestellten Fremdverwalter und einem verwaltenden Mehrheitsmiteigentümer (wie im Anlaßfall) hinsichtlich der Rechtswirkungen ihrer Verwaltungstätigkeit kein Unterschied besteht. Es trifft aber auch nicht zu, daß der Verwalter im Sinne des § 836 ABGB eine vom Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz grundsätzlich verschiedene Rechtsstellung hätte, ist es doch nach herrschender Rechtsprechung auch bei schlichtem Miteigentum jedem der Miteigentümer verwehrt, selbständig Verwaltungshandlungen vorzunehmen, sobald ein Verwalter bestellt ist (EvBl. 1965/125; SZ 42/1; SZ 42/68; MietSlg. 38063 uva).

2.5. Der Verwaltungsgerichtshof ist daher der Auffassung, daß die Gesamtheit (auch) der (schlichten) Miteigentümer Dienstgeber des Hausbesorgers im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG ist (so auch die hg. finanzrechtlichen Erkenntnisse vom 10.4.1957, Slg 1630/F, vom 21.10.1959, Slg 2094/F und vom 25.5.1988, Zl. 87/13/0231).

Dagegen spricht auch nicht die zuvor getroffene Feststellung, daß der Erstmitbeteiligte als Minderheitseigentümer nicht Dienstgeber im Sinne der genannten Gesetzesstelle sein könne, weil es ihm an der Einflußmöglichkeit auf die Verwaltung mangle: Für die Miteigentümerschaft im Sinne des § 833 ABGB ist charakteristisch, daß (falls nichts anderes vereinbart ist) aus den von der Mehrheit (bzw. vom Verwalter) geschlossenen Rechtsgeschäften alle Miteigentümer je nach ihrem Anteil berechtigt und verpflichtet werden (§ 839 ABGB), daß sie aber gemeinsam besitzen, benützen und verwalten, d.h., daß (fallbezogen) zwar nicht der einzelne (Minderheits)eigentümer, wohl aber alle Miteigentümer gemeinsam die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 ASVG im Sinne des Erkenntnisses des verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. 12325/A, erfüllen. Damit wird nicht etwa hinsichtlich der Gemeinschaft der Miteigentümer iS der §§ 825 ff ABGB die Stellung einer juristischen Person unterstellt, die ihr zweifellos nicht zukommt (vgl. dazu etwa Klang in Klang III, 2. Auflage, 1091 f und Reinl, JBl. 1975, 169 ff, insbes. 170). Unabhängig von der Frage, ob einem in der Rechtsordnung behandelten "Gebilde" Rechtspersönlichkeit (schlechthin) zukommt oder nicht, kann der Gesetzgeber aber den Mitgliedern einer solchen Rechtsgemeinschaft GEMEINSAM Rechte und Pflichten zuweisen. Dies ist nicht nur in Ansehung der §§ 828 ff ABGB, sondern (teilweise als Folge der dadurch geschaffenen privatrechtlichen Verfügungslage) auch im Steuerrecht und - wie oben dargelegt - auch im Sozialversicherungsrecht der Fall.

Der bestellte Verwalter (bzw. fallbezogen: die verwaltende Mehrheits- Miteigentümerin) hat (in Ansehung des Hausbesorgerdienstvertrages) notwendigerweise auch die Stellung eines Bevollmächtigten im Sinne der §§ 35 Abs. 3 und 36 Abs. 2 ASVG (und ist daher auch Normadressat der §§ 111 und 112 ASVG), zumal die mit dem Hausbesorgerdienstvertrag verbundenen Rechte und Pflichten (und damit auch jene, die sich aus der gesetzlichen Sozialversicherung ergeben) zur ordentlichen Verwaltung gehören und damit von der Vertretungsmacht des Verwalters umfaßt sind. Beitragsschuldner im Sinne des § 58 Abs. 2 ASVG sind hingegen alle Miteigentümer, und zwar (zufolge § 839 ABGB) anteilig. Der sozialversicherungsrechtliche Dienstgeber des Hausbesorgers entspricht somit im Ergebnis auch dem arbeitsrechtlichen Arbeitgeber iS des Hausbesorgergesetzes (vgl. EBl. 1979/133 = Arb 9773 = DRdA 1981, 39, mit zustimmender Besprechung von Welser - Cermak). Der Erstmitbeteiligte kann daher prinzipiell, obgleich er (Minderheits-)Miteigentümer des Hauses ist, in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG zu allen Miteigentümern stehen.

2.6. Die im Ergebnis somit zutreffende Rechtsauffassung der belangten Behörde bedeutet jedoch nicht, daß die Verpflichtung zur Verrichtung der Hausbesorgertätigkeit an sich schon das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bedeutet, zumal damit noch nicht entschieden ist, ob der Betreffende gemäß § 4 Abs. 2 ASVG in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; welche Umstände bei Beantwortung dieser Frage zu berücksichtigen sind, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits dargelegt, so etwa im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12325/A, sowie ferner (in jüngerer Zeit) im Erkenntnis vom 13. Oktober 1988, Zl. 87/08/0092, auf deren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG insoweit verwiesen wird.

Da die Miteigentümerschaft im gegenständlichen Fall lediglich aus dem Erstmitbeteiligten und der Zweitmitbeteiligten, seiner Ehefrau, welche auch Mehrheitseigentümerin und Verwalterin der Liegenschaft ist, besteht, sind bei Beurteilung der Frage, ob der Erstmitbeteiligte in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht, jene Grundsätze anzuwenden, die der Verwaltungsgerichtshof für die Beurteilung der regelmäßigen Beschäftigung einer Person im Betrieb eines nahen Angehörigen entwickelt hat. Danach ist die Frage von Bedeutung, ob das Beschäftigungsverhältnis auf einer ausdrücklichen oder schlüssigen dienstvertraglichen Vereinbarung oder auf einer familienrechtlichen Mitarbeitsverpflichtung beruht. Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt daher die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers u.a. davon ab, ob er seine Tätigkeit in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit - ähnlich einem familienfremden Dienstnehmer - ausübt, und zufolge einer ausdrücklichen oder schlüssigen Vereinbarung für diese Tätigkeit einen Entgeltanspruch hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. März 1974, Slg. 8576/A = ZAS 1975/17, sowie ferner das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1987, Zl. 87/08/0245).

In diesem Zusammenhang ist der von der Beschwerdeführerin erhobene Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften insoweit berechtigt, als die belangte Behörde zu der Frage, ob der Beschwerdeführer tatsächlich in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne der zitierten Rechtsprechung beschäftigt ist, keine Feststellungen getroffen hat. Der Umstand, daß dem Erstmitbeteiligten die im angefochtenen Bescheid näher umschriebenen Tätigkeiten "obliegen", reicht als Feststellung zur Bejahung der Versicherungspflicht jedenfalls nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1987, Zl. 86/08/0011). Der Einwand der mitbeteiligten Parteien in ihrer Gegenschrift, daß es auf persönliche Beziehungen zwischen den Miteigentümern nicht ankomme, ist im Lichte der dargelegten Rechtsprechung unzutreffend; insbesondere ist die Frage, ob der Erstmitbeteiligte seine Tätigkeit im Rahmen seiner familienrechtlichen Mitarbeitsverpflichtung im Sinne des § 90 Satz 2 ABGB verrichtet oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG für die Versicherungspflicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Für die Beantwortung dieser Frage könnten nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes Ermittlungen (etwa durch Einvernahme der im Hause wohnenden Mieter) darüber einen Aufschluß geben, ob und in welchem Umfang der Erstmitbeteiligte die nach seinen Behauptungen ihm "obliegenden" Tätigkeiten, wie die Haus- und Gehsteigreinigung, die Sorge für Beleuchtung, die Wartung der Wasserleitung, die Haustorsperre, die Aufbewahrung der Keller-, Waschküchen- und Bodenschlüssel, sowie die Betreuung der Grünflächen, einschließlich der notwendigen Dienstwege neben seinem Hauptberuf als Rechtsanwalt im strittigen Zeitraum (d.h. ab 1. Mai 1988) tatsächlich selbst verrichtete oder ob er damit regelmäßig dritte Personen betraute. Gemäß § 17 des Hausbesorgergesetzes ist zwar der Hausbesorger für den Fall der Verhinderung berechtigt und sogar verpflichtet, auf seine Kosten für eine Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen, dies jedoch - nach herrschender Auffassung - nur bei einer zeitlich begrenzten vorübergehenden Abwesenheit, nicht aber für Dauer (vgl. dazu die bei Dittrich - Veit - Tades, Arbeitsrecht, zu § 17 HBG -

29. ErgLfg - zitierten Entscheidungen; Spielbüchler in:

Floretta - Spielbüchler - Strasser, Arbeitsrecht I, 3. Auflage, S. 119; in diesem Sinne offenbar auch Schwarz - Löschnigg, Arbeitsrecht, 4. Auflage, 119 und 207). Würde also der Erstmitbeteiligte die ihm gemäß §§ 3 und 4 des Hausbesorgergesetzes obliegenden Pflichten in einem Ausmaß an Dritte überbunden haben, welches über das Maß VORÜBERGEHENDER Verhinderung hinausgeht, so könnte eine dies zulassende Vertragsgestaltung unter Ehegatten, die mit Fremden im allgemeinen nicht zu erwarten ist, eher darauf hindeuten, daß der Erstmitbeteiligte in Wahrheit an der Verwaltungstätigkeit der Zweitmitbeteiligten im Sinne des § 90, Satz zwei ABGB mitwirkt und ihr (lediglich) die Sorge um die Hausbesorgertätigkeiten abnimmt, ohne diese Tätigkeiten aber selbst zu verrichten. Diesfalls läge zwar eine familienhafte Mithilfe des Erstmitbeteiligten an der Verwaltung des Hauses durch die Zweitmitbeteiligte, jedoch kein im Sinne der §§ 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG versicherungspflichtiges Hausbesorgerdienstverhältnis vor.

Da die belangte Behörde somit den Sachverhalt in wesentlichen Punkten nicht ausreichend erhoben hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Dienstnehmer Begriff Beschäftigung gegen EntgeltDienstnehmer Begriff HausbesorgerDienstnehmer Begriff Wirtschaftliche AbhängigkeitDienstnehmer Begriff Persönliche AbhängigkeitMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des EinschreitersDienstnehmer Begriff Einzelne Berufe und Tätigkeiten Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989080326.X00

Im RIS seit

18.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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