TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/17 96/04/0230

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Veröffentlicht am 17.03.1998
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §108 Abs1 Z4 impl;
GewO 1994 §130 Abs1;
GewO 1994 §131 Abs1;
GewO 1994 §131 Abs2;
GewO 1994 §132 Abs1;
GewO 1994 §134 Abs2;
GewO 1994 §367 Z31;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Mizner und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der A-Gesellschaft m.b.H. in F, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. Jänner 1996, Zl. IIa-50.018/19-95, betreffend Gewerbeanmeldung und Geschäftsführerbestellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 1. August 1995 stellte die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1994 fest, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des von der Beschwerdeführerin angemeldeten Gewerbes der "Bestatter" gemäß § 124 Z. 3 GewO 1994 im betreffenden Standort vorlägen und nahm gleichzeitig die Bestellung von F. als gewerberechtlichen Geschäftsführer zur Kenntnis.

Gegen diesen Bescheid erhob die "Fachgruppe Bestattung, Sektion Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer Tirol", Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. Jänner 1996 wurde der Berufung Folge gegeben, "der angefochtene Bescheid behoben und gemäß § 340 Abs. 1 und Abs. 7 Gewerbeordnung 1994 in Verbindung mit § 131 leg. cit. festgestellt", daß die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch die Beschwerdeführerin im betreffenden Standort nicht vorlägen.

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, zu irgendwelchen Beanstandungen oder Klagen seitens Angehöriger, Gemeinden oder Behörden in bezug auf Preise, rasche Erreichbarkeit der bestehenden Bestattungsunternehmen oder bei der Durchführung von Bestattungsaufträgen sei es laut den von der entscheidenden Behörde durchgeführten Erhebungen nicht gekommen.

Die Antragstellerin habe in ihrer Stellungnahme zum Ergebnis des Beweisverfahrens insbesondere darauf hingewiesen, daß ein Bedarf bereits deshalb gegeben sei, weil eine möglichst schnelle Präsenz eines Bestatters im näher bezeichneten Raum nur gewährleistet sei, wenn dieser auch seinen tatsächlichen Sitz in einer der Gemeinden dieses Raumes habe. Beanstandungen in bezug auf das bestehende Bestattungsunternehmen T. habe es ihr gegenüber wiederholt insofern gegeben, als von der Firma T. die für das Bestattergewerbe geltenden Höchsttarife in mehreren Fällen überschritten worden seien und zudem der von der näher bezeichneten Marktgemeinde für Aufbahrungszwecke zur Verfügung gestellte Sezierraum mehrfach nach Benützung durch die Firma T. nicht gereinigt vorgefunden worden sei. In bezug auf die von den Gemeinden mitgeteilte Anzahl der jährlichen Sterbefälle habe die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß zumindest zum Teil Sterbefälle außerhalb der Gemeinde beurkundet worden seien, die Beerdigung dieser Personen jedoch in den Gemeinden des näher bezeichneten Raumes erfolge, was einem Schnitt von ca. 14 zusätzlichen Beerdigungen pro Jahr entspreche.

Nach dem gesamten Ermittlungsergebnis sei zur Nachfrage nach Leistungen des Bestattergewerbes in der von der Beschwerdeführerin in Aussicht genommenen Standortgemeinde sowie den umliegenden Gemeinden festzustellen, daß im Verfahren kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen sei, daß diese durch die bereits bestehenden Bestattungsunternehmen nicht gedeckt werden könnte. Es sei insbesondere auch nie zu irgendwelchen Beanstandungen von seiten der Bevölkerung der betroffenen Gemeinden gekommen. Dies ergebe sich einerseits aus der Mitteilung der beiden näher bezeichneten Sprengelärzte, andererseits aber auch aus den Stellungnahmen der betroffenen Gemeinden, die zwar das Ansuchen der Beschwerdeführerin befürwortet bzw. keinen Einwand dagegen erhoben hätten, letztlich jedoch auch keinerlei objektive Angaben dazu gemacht hätten, inwiefern ein zusätzlicher Bedarf gegeben sein sollte, der nicht durch die bereits bestehenden Bestatter abgedeckt werden könnte. Insbesondere würden die Verstorbenen pünktlich und ohne zeitliche Verzögerung von einem der bestehenden Bestattungsunternehmen abgeholt. Trotz der von der Beschwerdeführerin in ihrer abschließenden Stellungnahme erhobenen Vorwürfe gegen das Bestattungsunternehmen T. sehe die entscheidende Behörde auf Grund der Stellungnahmen der betroffenen Gemeinden sowie der beiden Sprengelärzte keine Veranlassung, an der klaglosen und ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben eines Bestatters durch die im Bezirk Kitzbühel bestehenden Bestattungsunternehmen zu zweifeln und daraus einen Bedarf für ein weiteres Bestattungsunternehmen abzuleiten.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 24. September 1996, B 724/96-5, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht "auf Feststellung, daß die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des am 11. Mai 1995 angemeldeten Gewerbes der "Bestatter gemäß § 124 Ziffer 3 Gewerbeordnung 1994" im Standort F, vorliegen," verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend (nach den Beschwerdegründen aber auch eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften).

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 130 Abs. 1 GewO 1994 bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das gebundene Gewerbe der Bestatter (§ 124 Z. 3) für

1.

die Durchführung von Totenaufbahrungen, -feierlichkeiten und -überführungen sowie von Bestattungen und Exhumierungen;

2.

die Beistellung und den Kleinverkauf der erforderlichen Einrichtungen und Gegenstände zur Durchführung der unter

Z. 1 angeführten Verrichtungen;

3.

die Herstellung der unter Z. 2 angeführten Gegenstände, soweit diese nicht in den Berechtigungsumfang eines anderen gebundenen Gewerbes oder eines Handwerkes fällt.

§ 131 Abs. 1 GewO 1994 bestimmt als "besondere

Voraussetzung", daß das Gewerbe der Bestatter nur ausgeübt werden darf, wenn ein Bedarf nach der beabsichtigten Gewerbeausübung vorliegt. Bei der Feststellung des Bedarfes ist vom gegenwärtigen und dem zu erwartenden Bedarf auszugehen.

Gemäß § 131 Abs. 2 leg. cit. ist bei Prüfung der Voraussetzung gemäß Abs. 1 insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob durch die Gemeinde für die Bestattung ausreichend Vorsorge getroffen ist.

Nach der näheren Regelung des § 132 hat der Landeshauptmann durch Verordnung Höchsttarife festzulegen.

Die Beschwerdeführerin bekämpft die von der belangten Behörde vorgenommene Bedarfsprüfung mit dem Argument, zum Begriff des die vorhandene Nachfrage befriedigenden Angebotes gehöre auch, daß die gewerblichen Leistungen dem die Nachfrage repräsentierenden Interessentenkreis nicht nur überhaupt, sondern auch zu Preisen zur Verfügung stünden, die ihm zugemutet werden könnten. Sie führt dabei näher aus, daß die verlautbarten Höchsttarife für das Bestattergewerbe in Tirol von der Firma T. wiederholt überschritten worden seien.

Die Beschwerdeführerin verkennt dabei die Rechtslage.

Wie der Verfassungsgerichtshof bei seiner Prüfung der (zulässigen) Bedarfsprüfung beim Bestattergewerbe

(VfSlg. 11.503/1987) ausgeführt hat, liege die Ordnung der Leichenbestattung auf eine den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechende Weise aus mehreren Gründen im besonderen Maß im öffentlichen Interesse. Sie müsse unter allen Umständen gewährleistet sein. Würden die Leistungen nicht von privaten Unternehmen erbracht, so müßte die öffentliche Hand (so etwa die Gemeinde) dafür vorsorgen. Es liege auch im öffentlichen Interesse, Werbe- und sonstige Konkurrenzstrategien auf diesem Gebiet auszuschalten. So sei es unerwünscht, daß in der Zeit zwischen Ableben und Begräbnis sich die Angehörigen des Verstorbenen, die in der Regel in einer sie psychisch stark belastenden Ausnahmesituation seien, durch die Bestattungsunternehmen belästigt oder bedrängt fühlten. Wie der Verfassungsgerichtshof weiter ausgeführt hat, bewirke die beim Bestattergewerbe vorgesehene Bedarfsprüfung vielfach eine Monopolstellung des Unternehmens für ein bestimmtes Gebiet. Dies stehe aus den erwähnten Gründen in einer sachlichen Beziehung zu den angestrebten Zielen. Die GewO 1973 (nunmehr GewO 1994) sehe, um einen Mißbrauch dieser Stellung zu verhindern, im § 239 (nunmehr § 132) zwingend vor, daß der Landeshauptmann Höchsttarife zu erlassen habe.

Führt man diese Gedankengänge weiter, so kommt man zu folgendem Ergebnis: Die durch eine Bedarfsprüfung (vielfach) bewirkte Monopolstellung setzt gerade jenen durch den wirtschaftlichen Wettbewerb bewirkten Preismechanismus außer Kraft. Dies ist aus den oben angeführten Gründen zu rechtfertigen. Mit anderen Worten: Der durch den wirtschaftlichen Wettbewerb bewirkte Preismechanismus ist gerade kein Kriterium bei der Bedarfsprüfung. Wenn einem allfälligen Mißbrauch der Monopolstellung die Regelung über den Höchsttarif - als ein ergänzendes Element - begegnet, so wird damit (noch) nicht die im System einer Bedarfsprüfung gelegene Unbeachtlichkeit des Preises für Leistungen wieder beseitigt. Das Verlangen oder Annehmen höherer Entgelte als die in den gemäß § 132 erlassenen Höchsttarifen festgelegten stellt (lediglich) eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 31 GewO 1994 dar.

Wenn aber die Beschwerdeführerin geltend macht, es sei insofern zu Unzukömmlichkeiten gekommen, daß der Sezierraum nach Benützung durch das Bestattungsunternehmen T. (offenbar für Aufbahrungszwecke) des öfteren nicht ordnungsgemäß aufgeräumt und verunreinigt hinterlassen worden sei, so vermag auch das diesbezügliche Vorbringen die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß der Bedarf nach der Gewerbeausübung in dem objektiv gegebenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage seinen Ausdruck finden; hiebei ist auf die bestehenden einschlägigen Betriebe Bedacht zu nehmen. Ein Bedarf ist nicht gegeben, wenn die einschlägigen Betriebe zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig werden, wobei der Wunsch der Kunden nach Leistungen eines bestimmten Betriebes für die Beurteilung des Bedarfes ohne Bedeutung ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, Zl. 96/04/0157). Wenn hiebei (auch) darauf abgestellt wird, daß die einschlägigen Betriebe zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig werden, so ist damit noch nicht gesagt, daß jede Unzukömmlichkeit bei der Tätigkeit der einschlägigen Betriebe für die Bedarfsprüfung von Bedeutung ist. Es muß sich vielmehr um solche Unzukömmlichkeiten handeln, die eine Auswirkung auf die "Zufriedenheit der Bevölkerung" (mit der Tätigkeit der einschlägigen Betriebe) hat. Daß Derartiges in den von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Unzukömmlichkeiten bei der Benützung des Sezierraumes (offenbar für Aufbahrungszwecke) durch das Bestattungsunternehmen T. gelegen wäre, wird von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt und vermag der Verwaltungsgerichtshof auch von sich aus nicht zu finden.

Auch der von der Beschwerdeführerin erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe sich mit dem Argument der Notwendigkeit einer möglichst schnellen Präsenz eines Bestatters im gegenständlichen Standort nicht auseinandergesetzt, obwohl sowohl der Notarzt des Roten Kreuzes als auch die freiwillige Feuerwehr darauf hingewiesen hätten, daß es in den letzten Jahren mehrmals Probleme mit der zeitgerechten Abholung von Verstorbenen gegeben habe, ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen. Das diesbezügliche, nicht näher konkretisierte Vorbringen läßt im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) die Annahme der belangten Behörde, die Aufgaben eines Bestatters würden durch die im Bezirks Kitzbühel bestehenden Bestattungsunternehmen (im Sinne des oben ausgeführten Prüfungsmaßstabes) klaglos und ordnungsgemäß erfüllt werden, nicht als rechtswidrig erkennen. So weist der Notarzt des Roten Kreuzes lediglich darauf hin, er habe in den letzten Jahren mehrmals Probleme gehabt, daß Verstorbene nach Verkehrsunfällen oder Herzanfällen, die sich auf öffentlichem Gelände (Straße) befunden hätten, erst ein bis zwei Stunden nach der Todesfeststellung in die Leichenkapelle transportiert worden seien. Dieser Umstand sei weder für die Angehörigen noch für die Umgebung "angenehm". Eine mangelnde Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde ist damit - auf dem Boden des nicht näher konkretisierten Beschwerdevorbringens - nicht zu finden. Wenn aber sowohl in der Stellungnahme des Notarztes als auch in jener der freiwilligen Feuerwehr darauf abgestellt wird, es läge in deren Interesse, daß das von der Beschwerdeführerin angemeldete Gewerbe ausgeübt werde, so läßt sich daraus für die Beschwerdeführerin nichts gewinnen, weil eine bloße "Befürwortung" für die Beurteilung der Bedarsfrage ohne rechtliche Bedeutung ist (hinsichtlich einer "Befürwortung" durch die Standortgemeinde vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 92/04/0093, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).

Gleichartige Überlegungen haben auch für das die diesbezügliche Beweiswürdigung der Behörde bekämpfende, nicht näher konkretisierte Beschwerdevorbringen zu gelten, die Firma T. sei nicht in der Lage, die nachgefragten Leistungen zu erbringen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996040230.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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