TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/10 G313 2152799-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.03.2020
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Entscheidungsdatum

10.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G313 2152799-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Albanien, vertreten durch

KOPP-WITTEK Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.03.2017, Zl.XXXX1, nach mündlicher Verhandlung am 21.01.2020 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben, Spruchpunkt IV. behoben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

Gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 1 Z. 1 iVm § 55 Abs. 2 AsylG vorliegen, und ein Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005 erteilt.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 27.09.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) auf internationalen Schutz vom 28.03.2012 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und dem BF die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 27.09.2013 erteilt (Spruchpunkt III.).

2. Mit dem im Spruch angeführtem Bescheid des BFA vom 17.03.2017 wurde der dem BF mit Bescheid vom 27.09.2012 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die mit Bescheid vom 27.09.2012 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter dem BF gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.), dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z. 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 4 BFA-VG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 BFA-VG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt III.), und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG für die freiwillige Ausreise des BF eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

4. Am 12.04.2017 langte beim BVwG die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

5. Am 21.01.2020 wurde vor dem BVwG, Außenstelle Graz, mit dem BF und seiner Rechtsvertreterin eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

6. Mit E-Mail des BVwG an die Albanische Botschaft vom 28.01.2020 wurde um Bekanntgabe ersucht, ob

1. der BF tatsächlich, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 21.01.2020 angab, "zwischen Juli und August vor drei oder vier Jahren" oder zu einem anderen Zeitpunkt, bei der Albanischen Botschaft in Wien wegen Verlustes seines Reisepasses vorgesprochen und um einen albanischen Reisepass ersucht hat und

2. ihm folglich in der Botschaft eine Bestätigung über den Verlust seines Reisepasses ausgehändigt und mitgeteilt wurde, er solle nach Albanien fahren und sich dort einen Reisepass ausstellen lassen?

7. Mit E-Mail der Albanischen Botschaft vom 30.01.2020 wurde zum Ersuchen mit E-Mail vom 28.01.2020 in englischer Sprache mitgeteilt, dass am 09.06.2016 der BF bei der Albanischen Botschaft persönlich erschienen ist und seinen Reisepass für verloren erklärt hat. Da die Albanische Botschaft in Wien keine Reisepässe ausstellt, wurde dem BF ein "Laisser Passer" mit einer bestimmten Nummer ausgehändigt, damit er nach Albanien reisen und dort einen neuen Reisepass erhalten kann.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Der BF ist albanischer Staatsangehöriger.

1.2. Wann der BF erstmals in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, ist nicht feststellbar. Fest steht jedenfalls, dass dies spätestens am Tag seiner ersten Wohnsitzanmeldung in Österreich am 01.12.2011 gewesen sein muss, weist der BF im Bundesgebiet doch ab 01.12.2011 eine Hauptwohnsitzmeldung auf.

1.3. Das in Österreich geführte Asylverfahren des BF mit der auf seine Asylantragstellung folgende Zuerkennung des subsidiären Schutzes und der darauffolgenden Aberkennung dieses Schutzes verlief folgendermaßen:

? Am 28.03.2012 stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz.

? Mit Bescheid des BFA vom 27.09.2012 wurde dieser Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und dem BF bis 27.09.2013 die befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

In diesem Bescheid wurden unter anderem folgende Länderfeststellungen getroffen:

"Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Aufgrund der Besserung der Ernährungslage hat das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen seine Aktivitäten in Albanien eingestellt. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen bei der Erfüllung gewisser Kriterien Sozialhilfe, die zumindest zur Deckung des Nahrungsmittelbedarfs ausreicht. Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, wird subventioniert. Eine Vielzahl von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen engagiert sich im sozialen Bereich. Insbesondere im ländlichen Bereich kommt der Großfamilie nach wie vor die Rolle zu, Familienmitglieder in Notlagen aufzufangen, insbesondere was die Deckung von Grundbedürfnissen angeht. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Albanien, Februar 2007; Bericht des Polizeiattachés an der ÖB Tirana, 13.9.2010)."

Die Schutzbedürftigkeit des BF wurde folgendermaßen begründet:

"(...)

Allerdings ist die Versorgungslage in Albanien trotz des mittlerweile verbesserten Zugangs zu Grundnahrungsmitteln noch immer schwierig, vor allem dann, wenn eine Großfamilie, die Notlagen für eine elementare Lebenssicherung sorgt, nicht zur Verfügung steht. Dieses derzeit noch immer schwierige Lebensumfeld - auch mit ein Ausfluss der seinerzeitigen weltweiten Wirtschaftskrise 2008/2009 - spricht gegenwärtig dafür, dass nicht mit hinreichender Sicherheit von der Erlangung elementarer Lebenssicherheit (Nahrung und Obdach) gesprochen werden kann. Hinzu tritt die wirtschaftliche Perspektivenlosigkeit, die Ihnen im Falle Ihrer Rückkehr mit erheblicher Wahrscheinlichkeit drohen würde, sodass ohne Stützung durch die Familie eine Aufenthaltnahme in Albanien gleich in welchem Landesteil, problematisch ist.

In Zusammenschau all dieser Faktoren ist daher die Schwelle der Unzumutbarkeit im Sinne der einschlägigen Regelungen der EMRK im Falle der Rückkehr zum Entscheidungszeitpunkt überschritten, es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

? Die dem BF mit Bescheid vom 27.09.2012 zunächst bis 27.09.2013 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung wurde nach Verlängerungsantrag jeweils verlängert, und zwar mit Bescheid vom 14.10.2013 bis zum 27.09.2014 und mit Bescheid vom 30.09.2014 bis zum 27.09.2016.

? Mit Schreiben des BFA vom 30.06.2016 wurde dem BF Folgendes mitgeteilt:

"Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilt Ihnen mit, dass die Absicht besteht, den Ihnen mit Bescheid des Bundesasylamtes, rechtkräftig am 13.10.2012, (...)., zuerkannten Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 Z. 2 AsylG idgF abzuerkennen.

Begründung:

Sie brachten am 28.03.2012 bei der EASt West einen Asylantrag ein. Ihnen wurde im Jahr 2012 ein subsidiärer Schutz vom Bundesasylamt (...) zuerkannt und wurde dieser bereits einmal verlängert.

Sie legten am 28.06.2016 bei der Regionaldirektion Salzburg einen gültigen albanischen Reisepass vor, welcher am 17.06.2016 ausgestellt wurde und gaben selbst an, den Pass in Albanien beantragt zu haben, da Sie den alten Pass verloren hatten.

Da Sie kürzlich in Ihr Heimatland reisten, hat die ho. Behörde davon auszugehen, dass Sie den Schutz des Staates Österreich nicht länger benötigen. (...)."

Nachdem der belangten Behörde bekannt worden war, dass der BF nach Albanien gereist ist, um sich dort einen neuen Reisepass ausstellen zu lassen, wurde am 30.03.2016 gegen ihn ein Aberkennungsverfahren eingeleitet. Nachdem dem BF mit Schriftsatz vom 30.06.2016 das gegen ihn eingeleitete Aberkennungsverfahren bekannt gegeben worden war, gab der BF eine Stellungnahme zur behördlich beabsichtigten Vorgangsweise ab und wurde er in einer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 25.01.2017 zu seiner individuellen Situation einvernommen.

? Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 17.03.2017 wurde der dem BF mit Bescheid vom 27.09.2012 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt und ihm die mit Bescheid vom 27.09.2012 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen, dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Albanien zulässig ist.

Diesem Bescheid wurden unter anderem folgende Länderfeststellungen zugrunde gelegt:

"Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen Sozialhilfe und Invalidengeld durch Geldbeträge die sich derzeit zwischen einem monatlichen Sozialhilfesatz von 3.000 ALL (ca. 21 €) und 8.000 ALL (ca. 57 €) für Familienoberhäupter, sowie gegebenenfalls einem Invalidengeld von 9.900 ALL (ca. 70 €) bewegen. Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, werden subventioniert. Eine Vielzahl von lokalen und internationalen NGOs engagiert sich im sozialen Bereich. Insbesondere im ländlichen Bereich kommt der Großfamilie nach wie vor die Rolle zu, Familienmitglieder in Notlagen aufzufangen (AA 10.6.2015)."

Begründend wurde in der Beweiswürdigung ausgeführt:

"(...)

Wie sich nun im Zuge der Prüfung des Aberkennungsverfahrens herausgestellt hat, sind jene Gründe, welche seinerzeit zur Gewährung von subsidiärem Schutz geführt haben, nun nicht mehr gegeben, weshalb der seinerzeit gewährte Schutz von Amts mit Bescheid wieder abzuerkennen war. Die heutigen, im Länderinformationsblatt angeführten Verhältnisse in Albanien führen zu der Feststellung, dass Sie auch ohne Familienanschluss in Albanien Ihr Leben fortsetzen können:

(...)

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen Sozialhilfe und Invalidengeld durch Geldbeträge die sich derzeit zwischen einem monatlichen Sozialhilfesatz von 3.000 ALL (ca. 21 €) und 8.000 ALL (ca. 57 €) für Familienoberhäupter, sowie gegebenenfalls einem Invalidengeld von 9.900 ALL (ca. 70 €) bewegen. Grundnahrungsmittel, in erste Linie Brot, werden subventioniert. Eine Vielzahl von lokalen und internationalen NGOs engagiert sich im sozialen Bereich.

(...)

Es kann garantiert werden, dass Sie nach sorgfältiger vertiefender Perspektivenabklärung und nach Bereitstellung einer unentgeltlichen Reisemöglichkeit und einer Rückkehrhilfe, allenfalls auch unter Einbindung einer humanitär tätigen Vorort-Organisation, nach Albanien zurückkehren können, Sie somit alle Parameter für eine neuerliche Sozialisierung und Existenzgründung in Ihrem Herkunftsstaat vorfinden werden. (...)

Unter Zugrundelegung der aktuellen Länderfeststellungen zu Ihrem Heimatland darf festgestellt werden, dass sich die Situation in Ihren Heimatgebiet mittlerweile derart gefestigt hat, dass Ihnen im Falle einer Rückkehr keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes droht. Zudem herrscht keine derartige humanitäre Katastrophe, dass das Überleben von Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre. (...) Es kamen im Verfahren keine konkreten Umstände hervor, dass Sie bei einer Rückkehr nicht wieder am Erwerbsleben teilnehmen können, Sie sprechen die Landes- bzw. Amtssprache auf Muttersprachenniveau und verfügen somit über entsprechende Artikulationsmöglichkeiten, die für die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses erleichternd sind, Sie sind auch mental und organisch soweit gesund und können einer Beschäftigung nachgehen. (...) Es ist hier ausdrücklich auszuführen, dass Sie auch vor Ihrer Ausreise in der Lage waren, Ihre primären Bedürfnisse in Albanien zu befriedigen. Sie waren auch in der Lage, die Kosten für eine Ausreise zu bestreiten, ohne hierfür erhebliche Hindernisse oder Mühen vorgebracht zu haben. Es ist daher davon auszugehen, dass Sie auch weiterhin in der Lage sind, sich selbst in Ihrem Herkunftsstaat versorgen zu können. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass Ihre in Österreich aufhältigen Familienmitglieder Sie finanziell unterstützen können. Selbst wenn Sie nach Ihrer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat für den Wiedereinstieg in das dortige Leben einige Startschwierigkeiten erwarten sollten, entsteht keine Rückkehrhindernis. (...)."

In der Rechtlichen Beurteilung wurde zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten festgehalten:

"Der Anlassgrund für die Einleitung des Aberkennungsverfahrens war Ihr Aufenthalt in Albanien im Juni 2016.

Wie aus den seinerzeit zur subsidiären Schutzgewährung führenden Unterlagen zu entnehmen war, wurde Ihnen mit Bescheid vom 27.09.2012 aufgrund der damaligen wirtschaftlichen Lage in Verbindung mit dem Nichtvorhandensein eines familiären Netzes in Albanien der besagte Schutz gewährt. Diese Problematik liegt nun nicht mehr vor. Eine erneute Prüfung der Umstände in Ihrem Herkunftsstaat ergab, dass sich die dortige Lage verbessert hat und dadurch auch das Fehlen einer familiären Umgebung in Albanien kein Rückkehrhindernis darstellt. (...)."

1.4. Der BF weist im Bundesgebiet "Verlustmeldungen" auf:

? Er weist eine "Verlustmeldung" bei einer NAG-Behörde im Bundesgebiet vom 30.11.2015 auf. Diese lautet:

"Asylkarte ab 01.10.2015 lt. auf (...), Asylbescheid vom 30.09.2014 - 27.09.2016

dient zur Vorlage für das Bundesasylamt (...)."

? Der BF hat sich wegen Verlustes seines Reisepasses am 09.06.2016 an die Albanische Botschaft in Wien gewandt und ist nach Erhalt eines "Laisser-Passer" und dem Verweis auf die albanischen Behörden zwecks Reisepassausstellung in seinen Herkunftsstaat gereist.

1.5. Der BF hat im Bundesgebiet zwei Cousins, zu ihnen den Kontakt bislang nur über zeitweise Treffen aufrecht gehalten, ansonsten jedenfalls keine Verwandten in Österreich. In Albanien hat der BF keine Familienangehörigen, leben diese doch alle im Ausland.

Feststellbar war jedenfalls, dass der BF in seinem Herkunftsstaat einen Freund hat, der ihn, als der BF im Jahr 2016 zwecks Reisepassausstellung in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt ist, vom Flughafen in Belgrad abgeholt und an seinen Heimatort geführt hat. Dieser vom BF in der niederschriftlichen Einvernahme vom 25.01.2017 namentlich angeführte Freund (AS 321) stammt vom Herkunftsort des BF.

1.6. Der BF hat in Österreich diverse Deutschkurse besucht, darunter einen Deutschkurs "Deutsch A1 - Deutsch für Anfänger" von 20.02.2017 bis 03.03.2017 und einen weiteren Deutschkurs "Deutsch A1 - Deutsch 1" von 06.03.2017 bis 17.03.2017, und hat sich dann nachweislich für den Zeitraum von 27.03.2017 bis 11.05.2017 für den Deutschkurs "Deutsch A2 - Deutsch 2" angemeldet. Eine Deutschprüfung hat der BF nicht absolviert. Der BF konnte sich jedenfalls über den Besuch von Deutschkursen und über seine in Österreich bei verschiedenen Dienstgebern nachgegangenen Beschäftigungen Deutschkenntnisse aneignen und kann sich, wie er in der mündlichen Verhandlung glaubhaft angab, sich auch mit seinen Arbeitskollegen gut in deutscher Sprache verständigen. Die verhandelnde Richterin hielt gegen Ende der mündlichen Verhandlung am 21.02.2020 fest, dass der BF die ihm zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen verstanden und auf Deutsch beantwortet hat.

1.7. Der BF war im Bundesgebiet im Zeitraum von Jänner bis November 2013 gewerblich selbstständig erwerbstätig, ist ab Mai 2013 bei einigen Dienstgebern unselbstständigen Beschäftigungen nachgegangen, und steht auch nunmehr seit 08.01.2019 in einem laufenden Beschäftigungsverhältnis.

Der BF konnte sich jedenfalls auch über seine Arbeit in Österreich sozial integrieren.

Es liegen zwei Dienstzeugnisse - betreffend die Beschäftigungen vom 10.07.2014 bis 01.10.2014, vom 01.11.2014 bis 31.03.2015 und ab 01.04.2016 bei einem und betreffend die Beschäftigung vom 23.06.2015 bis 22.09.2015 und vom 23.09.2015 bis 30.09.2015 bei einem anderen Dienstgeber - vor.

? Im vorgelegten Dienstzeugnis des BF vom 28.03.2017 schrieb die Geschäftsführerin (Name des BF durch "BF" ersetzt):

"Der BF ist in unserem Unternehmen für Kundenkontakte zuständig, dies einerseits am Telefon, andererseits schriftlich aber auch in der Beschäftigung und Betreuung unserer Kunden vor Ort.

Neben der Bestätigung, dass der BF seinen Aufgaben immer zu unserer vollsten Zufriedenheit nachgekommen ist, dass er selbstständig arbeitet und sich zusätzlich immer anbietet, nicht zu seinem Aufgabenbereich gehörende Tätigkeiten zu übernehmen, und daher bei allen Mitarbeitern und Kunden äußerst beliebt ist, verfügt er über große Sozialkompetenz.

Wir können daher bestätigen, dass sich der BF vor allem im Umgang mit Kunden, die sich in Lebenskrisen befinden, sich ausführlich, geduldig und hilfsbereit mit Ihnen beschäftigt. Dass er einfühlsam mit Ihnen umgehen kann und wiederholt angeboten hat, jenen, die in (...) fremd sind, Abende zu verbringen, Ihnen die Stadt zu zeigen, entspannende Spaziergänge zu machen.

Auch aufgrund von zahlreichen Bestätigungen, die wir von unseren Kunden oder Interessenten erhalten, steht fest, dass der BF unser freundlichster, angenehmster und beliebtester Mitarbeiter ist.

Wir wissen, dass aus einigen dieser ursprünglichen Kurzkontakte sich längere Beziehungen ergeben haben, und dass die betreffenden Personen immer nach ihm fragen, sich bei ihm melden und versuchen, ihn zu treffen, wenn sie in (...) oder auf der Durchreise durch (...) sind.

Zusammenfassend können wir daher bestätigen, dass der BF nicht nur über sämtliche fachliche Qualität zur Ausübung seiner Tätigkeit zu unserer vollsten Zufriedenheit verfügt, sondern darüber hinaus durch sein offenes, freundliches und entgegenkommendes Wesen bei allen, die ihn kennenlernen, geschätzt wird."

? Im vorliegenden Dienstzeugnis des anderen Dienstgebers vom 26.03.2017 steht auszugsweise Folgendes (Name des BF wiederum durch "BF" ersetzt):

"(...) Der BF (...) bediente auch Kunden und sie waren sehr begeistert von ihm, da er eine offene und herzliche Persönlichkeit hat. (...) Der BF war stets (...) äußerst zuverlässig(...) und ein loyaler Mitarbeiter mit hohem Pflichtbewusstsein und großer Einsatzbereitschaft und hat sämtliche Arbeiten stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt. Wegen seines freundlichen Wesens und seiner kollegialen Einstellung wurde er von seinem Vorgesetzten und Kollegen besonders geschätzt. Der BF hatte unser Unternehmen verlassen, da wir schließen mussten."

2. Zur allgemeinen Lage in Albanien

2.1. Grundversorgung/Wirtschaft

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen Sozialhilfe und Invalidengeld durch Geldbeträge, die sich derzeit zwischen einem monatlichen Sozialhilfesatz von 3.000 ALL (ca. 21 €) und - für Familienoberhäupter - 8.000 ALL (ca. 57 €) sowie gegebenenfalls einem Invalidengeld von 9.900 ALL (ca. 70 €) und einem gleichen Betrag für Betreuung bewegen, sowie Sozialdienstleistungen durch soziale Pflegedienste. Das Gesetz Nr. 9355 für Sozialhilfe und Sozialdienstleistungen bestimmt als Empfänger von Geldleistungen Familien mit keinem oder geringem Einkommen, Waisen ohne Einkommen, Familien mit Mehrlingsgeburten, Opfer von Menschenhandel oder Gewalt in der eigenen Familie und - als Empfänger von Invalidengeld - Menschen mit Behinderung. Im Ausland lebende Albaner, Asylsuchende, Opfer von Naturkatastrophen oder Kriegen, Gefängnisinsassen und Bewohner stationärer Pflegeeinrichtungen sind von Sozialhilfe ausgeschlossen. Daneben können die einzelnen Sozialhilfebüros 3% ihrer Mittel nach eigenen Kriterien verteilen. Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, werden subventioniert. Eine Vielzahl von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen engagiert sich im sozialen Bereich. Insbesondere im ländlichen Bereich kommt der Großfamilie nach wie vor die Rolle zu, Familienmitglieder in Notlagen aufzufangen (AA 10.8.2018).

Das albanische Institut für Statistik (INSTAT) berichtet, dass die Arbeitslosigkeit in Albanien in den ersten drei Monaten des Jahres 2018 auf den niedrigsten Stand seit fast 30 Jahren gesunken ist. Laut INSTAT ist die Arbeitslosigkeit auf 12,5% zurückgegangen, etwa 1,7% niedriger als 2017. Die niedrigere Arbeitslosenquote hat jedoch nicht zu höheren Gehältern wie in den letzten Jahren geführt (VB 15.1.2019).

Albanien hat seit 1998 bedeutende Fortschritte auf dem Weg der Transformation von einer kommunistischen in eine marktwirtschaftlich orientierte Wirtschaft erzielt. Dabei zeigte sich die Konjunktur inmitten der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise der letzten Jahre relativ stabil und wies - auch wegen des geringen Ausgangsniveaus - durchgehend Wachstum auf. Albanien gehört weiter zu den ärmsten Ländern Europas. Das Pro-Kopf BIP betrug im Jahr 2016 nach Angaben des Finanzministeriums rund 3.780 Euro. In absoluter Armut (Pro-Kopf-Einkommen unter 60 USD/Monat oder weniger als 2,5 USD/Tag) leben sieben Prozent der Bevölkerung (Angaben der Weltbank). Der Durchschnittslohn (im staatlichen Sektor) lag im Jahr 2016 bei 396 Euro. Rückgrat der Ökonomie bleibt die Landwirtschaft. Die albanische Wirtschaft wird dominiert vom Handels- und Dienstleistungssektor. Wirtschaftliche Aktivität verteilt sich regional sehr unterschiedlich. Der Großteil des BIP wird in der Küstenregion erwirtschaftet, insbesondere im Raum Tirana/Durrës. Dagegen ist in vielen unwegsamen Bergregionen, in denen sich Wirtschaft weitgehend auf Subsistenzlandwirtschaft beschränkt, soziale und ökonomische Entwicklung kaum spürbar. Es findet eine erhebliche Binnenwanderung aus strukturschwachen Gebieten in die Städte statt (AA 9.2018c).

Das Geschäftsklima in Albanien hat sich 2018 im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert, sagen albanische Wirtschaftsexperten unter Bezugnahme auf Daten, die im aktuellen Bericht der Weltbank "Doing Business 2018" veröffentlicht wurden. In diesem Bericht belegte Albanien den 65. Platz und hat dabei sieben Positionen gegenüber dem

58. Platz unter den 190 Ländern im vergangenen Jahr verloren (VB 24.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-die-einstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10-08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

-

AA - Auswärtiges Amt (9.2018c): Länderinformationen, Albanien, Wirtschaft,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/albanien-node/wirtschaft/216250, Zugriff 21.1.2019

-

VB des BM.I für Albanien (24.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

-

VB des BM.I für Albanien (15.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

2.2. Rückkehr

Rückgeführte Staatsangehörige unterliegen keiner Form der Diskriminierung und haben nicht mit staatlichen Maßnahmen zu rechnen. Es sind keine Fälle von Misshandlungen bekannt. Zu einer Festnahme kommt es nur dann, wenn gegen die Person aufgrund anderer Delikte ermittelt wird. Ein Rückübernahmeabkommen mit der EU trat am 1.5.2006 in Kraft. Albanien kommt seinen darin kodifizierten Verpflichtungen nach. Die Einreisekontrollen gestalten sich unproblematisch.

Albanische Staatsangehörige, die wegen nicht ordnungsgemäßer Reisedokumente durch die Bundespolizei zurückgewiesen wurden, können nach routinemäßiger Vorankündigung durch die Fluggesellschaft und kurzer Befragung durch die albanische Grenzpolizei auch ohne Vorlage regulärer Reisedokumente wieder einreisen. Als Heimreisepapiere werden EU-Laissez-passer anerkannt (AA 10.8.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-die-einstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10-08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Die Feststellungen zum Asylverfahren konnten aufgrund des diesbezüglichen Akteninhalts getroffen werden.

2.3. Die unter den Feststellungen festgehaltene die Aufenthaltsberechtigungskarte des BF betreffende "Verlustmeldung" bei einer NAG-Behörde am 30.11.2015 befindet sich im Akt (AS 291).

Dass der BF im Jahr 2016 wegen Verlustes seines albanischen Reisepasses bei der Albanischen Botschaft in Wien vorgesprochen hat und ihm folglich, stellt die Albanische Botschaft in Wien doch keine Reisepässe aus, ein "Laisser Passer" ausgehändigt wurde, um nach Albanien zurückkehren und dort einen albanischen Reisepass zu erhalten, beruht auf der diesbezüglichen Bekanntgabe mit E-Mail der Albanischen Botschaft Wien vom 30.01.2020.

Nach Auskunft der Albanischen Botschaft in Wien steht jedenfalls fest, dass der BF im Jahr 2016 wegen Verlustes seines Reisepasses bei der Botschaft vorstellig war und ihm dort ein "Laissez Passer" ausgehändigt wurde, um damit nach Albanien reisen und sich dort einen neuen Reisepass ausstellen lassen zu können.

Der BF ist daraufhin zwecks Reisepassausstellung tatsächlich nach Albanien gereist, dies ohne vorherige Rücksprache mit dem BFA in Befolgung der in der Albanischen Botschaft in Wien erhaltenen Anweisung.

Die Rechtsvertreterin des BF brachte in der mündlichen Verhandlung am 21.01.2020 vor:

"Der BF hat sich seit er hier ist bemüht, niemandem zur Last zu fallen. Er befolgt Anweisungen, wie z.B., als er von der Polizei (...) mitgeteilt bekommen hat, und auch von der albanischen Vertretung in Wien, dass er sich einen neuen Pass besorgen muss. Diesen Weg hat er dann versucht zu gehen. (...)."

Aus diesem Vorbringen der Rechtsvertreterin des BF geht hervor, dass der BF Anweisungen nicht hinterfragt, sondern gleich befolgt und deswegen, nachdem auf der Albanischen Botschaft in Wien auf die albanischen Behörden verwiesen worden war, mit einem erhaltenen "Laisser-Passer" selbstständig in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt ist, um sich dort einen neuen Reisepass ausstellen zu lassen.

Seinen eigenen glaubhaften Angaben in mündlichen Verhandlung folgend war die Anweisung eines Botschaftsmitarbeiters, er solle nach Albanien zu fahren, könne er doch in Österreich keinen Reisepass ausstellen, Auslöser für die Reise nach Albanien.

Der BF ist somit, wie er in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 25.01.2017 angab und welches Vorbringen er auch in der mündlichen Verhandlung am 21.02.2020 aufrecht hielt, offenbar aus Angst, seinen Aufenthaltsstatus in Österreich zu verlieren, nach Anweisung in der Albanischen Botschaft in Wien zwecks Reisepassausstellung tatsächlich nach Albanien zurückgekehrt.

2.4. Zum BF und seinen individuellen Verhältnissen:

2.4.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf dem diesbezüglichen glaubhaften Akteninhalt.

2.4.2. Dass der BF in Österreich zwei Cousins hat und den Kontakt zu diesen bislang nur über zeitweise Treffen aufrecht gehalten hatte, beruht auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung. Dass der BF in Albanien keine Familienangehörigen mehr hat, beruht auf der glaubhaften Angabe des BF in der mündlichen Verhandlung, alle seien im Ausland.

Dass der BF in seinem Herkunftsstaat einen Freund hat, der ihn, als er im Jahr 2016 in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt ist, abgeholt hat, konnte aufgrund der glaubhaften Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung, von seinem Freund am Flughafen in Belgrad abgeholt und mit dem Auto an seinen Heimatort geführt worden zu sein, getroffen werden.

2.4.3. Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF ergab sich aus einem Strafregisterauszug.

2.4.4. Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des BF im Bundesgebiet beruhen auf einem AJ WEB - Auskunftsverfahrensauszug und aus dem Akteninhalt bzw. seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung am 21.02.2020.

Fest steht, dass bereits kurze Zeit, nachdem dem BF am 27.09.2012 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden war, der BF im Jänner 2013 eine gewerblich selbstständige Erwerbstätigkeit aufgenommen hat und ab Mai 2013, wie auch derzeit, bei verschiedenen Dienstgebern unselbstständigen Beschäftigungen nachgegangen ist.

Die unter den Feststellungen festgehaltenen zwei Dienstzeugnisse vom 26.03.2017 und 28.03.2017 wurden der gegenständlichen Beschwerde beigelegt (AS 469, 471).

2.4.5. Die Feststellungen zu den Deutschkursbesuchen beruhen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben und Nachweisen. Ein Nachweis für eine absolvierte Deutschprüfung wurde nicht vorgelegt.

2.5. Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Länderberichtsquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt.

Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderberichte decken sich im Wesentlichen mit der amtsbekannten aktuellen Länderberichtslage.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 100/2005, AsylG 2005) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I. Nr. 87/2012 idgF (BFA-VG), entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I. Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Der mit "Status des subsidiär Schutzberechtigten" betitelte § 8 AsylG 2005 lautet:

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden."

Der mit "Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten" betitelte § 9 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:

"§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(...)

(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen."

Die belangte Behörde stützte die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005.

Der Tatbestand des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, wonach einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht oder nicht mehr vorliegen, findet in Art. 16 iVm Art. 19 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen (Statusrichtlinie; im Folgenden:

StatusRL) Deckung. Gemäß Art. 16 Abs. 1 StatusRL ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. Gemäß Art. 16 Abs. 2 StatusRL berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei Anwendungen des Abs. 1, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Die Anwendung dieses Tatbestandes setzt voraus, dass die Bedrohung, die der Grund für die Erteilung war, nachträglich weggefallen ist. Unter Bedachtnahme auf Art. 16 Abs. 2 StatusRL ist davon auszugehen, dass es sich um grundlegende Veränderungen im Herkunftsstaat handeln muss und dass vom Wegfall der Bedrohung erst nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum ausgegangen werden darf (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, 327).

Ausgehend von diesen rechtlichen Grundlagen bietet das Aberkennungsverfahren keineswegs die Möglichkeit, die Richtigkeit einer vorangegangenen Entscheidung, mit der internationaler oder subsidiärer Schutz zuerkannt worden war, durch asylbehördliche oder -gerichtliche Instanzen zu überprüfen oder gar zu korrigieren. Im gegenständlichen Verfahren ist lediglich die Frage zu klären, ob sich die Situation, aufgrund derer dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden war, wesentlich und nicht nur vorübergehend geändert hat.

3.2.1.1. Im gegenständlichen Fall wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.09.2012 der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 28.03.2012 gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen und dem BF gemäß § 8 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und dem BF gleichzeitig erstmals eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.09.2013 erteilt. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde mit Bescheid vom 14.10.2013 bis zum 27.09.2014 und daraufhin mit Bescheid vom 30.09.2014 bis zum 27.09.2016 verlängert.

Nachdem der BF der belangten Behörde am 28.06.2016 seinen neuen im Jahr 2016 in Albanien ausgestellten Reisepass vorgelegt und bekannt gegeben hatte, er sei zwecks Erlangung eines neuen Reisepasses nach Albanien gereist ist, wurde am 30.03.2016 gegen ihn ein Aberkennungsverfahren eingeleitet und nach niederschriftlicher Einvernahme des BF am 25.01.2017 mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 17.03.2017 dem BF der ihm zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten tatsächlich aberkannt.

Begründend für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde in der Rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides ausgeführt:

"Der Anlassgrund für die Einleitung des Aberkennungsverfahrens war Ihr Aufenthalt in Albanien im Juni 2016.

Wie aus den seinerzeit zur subsidiären Schutzgewährung führenden Unterlagen zu entnehmen war, wurde Ihnen mit Bescheid vom 27.09.2012 aufgrund der damaligen wirtschaftlichen Lage in Verbindung mit dem Nichtvorhandensein eines familiären Netzes in Albanien der besagte Schutz gewährt. Diese Problematik liegt nun nicht mehr vor. Eine erneute Prüfung der Umstände in Ihrem Herkunftsstaat ergab, dass sich die dortige Lage verbessert hat und dadurch auch das Fehlen einer familiären Umgebung in Albanien kein Rückkehrhindernis darstellt. (...)."

Während dem BF mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.09.2012 aufgrund der damaligen wirtschaftlichen Lage in seinem Herkunftsstaat in Verbindung mit dem Nichtvorhandensein eines familiären Netzes dort der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, liegen nunmehr die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vor, geht doch aus den dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten und einem im aktuellen Länderinformationsblatt zu Albanien vom 29.01.2019 enthaltenen Länderbericht des Auswärtigen Amtes vom 10.08.2018, wonach in Albanien nunmehr grundsätzlich die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und sozial Bedürftige sozialhilfeberechtigt sind und auch über lokale und internationale NGOs Unterstützung erwarten können, vielmehr hervor, dass sich die wirtschaftliche Lage in seinem Herkunftsland zu seinen Gunsten geändert hat und ihm nunmehr in Albanien auch möglich und zumutbar ist, ohne familiäres Netzwerk zu überleben.

Der - mangels gegenteiligen Nachweises - gesunde und grundsätzlich arbeitsfähige BF, der in Österreich durch teilweise gewerblich selbstständige Erwerbstätigkeit und einige Beschäftigungen bei verschiedenen Dienstgebern seine Arbeitswilligkeit unter Beweis gestellt hat, wird daher bei einer Rückkehr nach Albanien mit maßgeblicher Wahrscheinlich möglichst bald am albanischen Arbeitsmarkt Fuß fassen können.

Es war somit aufgrund der individuellen Rückkehrsituation des BF vor dem Hintergrund aktueller Länderberichte zum nach der HStVO sicheren Herkunftsstaat "Albanien" nicht von einer dem BF bei einer Rückkehr drohenden existenz- bzw. lebensbedrohenden Situation iSv Art. 3 EMRK auszugehen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

3.2.2. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

3.2.2.1. Zu Spruchpunkt III., Satz 1:

Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

Im gegenständlichen Fall erfüllt der BF keine der in § 57 AsylG angeführten Voraussetzungen, die die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" rechtfertigen würde, weshalb die gegen Spruchpunkt III., Satz 1 des angefochtenen Bescheides erhobene Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

3.2.2.2. Zu Spruchpunkt III., Satz 2:

Der mit "Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme" betitelte § 10 AsylG lautet auszugsweise wie folgt:

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird."

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet in seinen Absätzen 2 und 9:

"§52. (...)

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(...)."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei-

und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(...)."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07 dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Mensch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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