TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/25 G314 2216215-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.03.2020
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Entscheidungsdatum

25.03.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs6
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

G314 2216215-1/18E

Schriftliche Ausfertigung des am 10.02.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des serbischen Staatsangehörigen XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.02.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird mit der Maßgabe teilweise Folge gegeben, dass

die Rückkehrentscheidung laut Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids auch auf § 52 Abs 6 FPG gestützt wird und Spruchpunkt IV. dahingehend abgeändert wird, dass es zu lauten hat: "Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen".

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am 18.12.2017 in XXXX verhaftet und danach in Untersuchungshaft genommen.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 03.01.2018 wurde der BF darüber informiert, dass für den Fall seiner rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung beabsichtigt sei, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot zu erlassen. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, sich dazu zu äußern und konkrete Fragen zu beantworten. Er ließ die zweiwöchige Frist zur Stellungnahme ungenutzt verstreichen.

Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.09.2018, XXXX, wurde der BF wegen Suchtgiftdelikten zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem BF kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein neunjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt V.) und der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Das BFA begründete die Entscheidung im Wesentlichen mit der strafgerichtlichen Verurteilung des BF. Er sei in Österreich nicht integriert und habe hier weder familiäre Bindungen noch soziale Anknüpfungen, weder eine Unterkunft noch eine legale Beschäftigung. Seine sofortige Ausreise sei erforderlich, weil sein Verbleib in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

Die Beschwerde vom 13.03.2019 richtet sich gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheids. Es wird die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung und die Einvernehme der Ehefrau des BF als Zeugin, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Behebung des Bescheids beantragt. Hilfsweise strebt der BF die räumliche Beschränkung des Einreiseverbots auf Österreich bzw. dessen Behebung oder Verkürzung an. Begründet wird dies zusammengefasst damit, dass das Recht auf Parteiengehör nicht gewahrt worden sei, weil sich die Behörde keinen persönlichen Eindruck vom BF verschafft habe. Er habe sich aufgrund einer mittlerweile überwundenen Spielsucht zu den Straftaten hinreißen lassen. Die Rückkehrentscheidung verletze sein Recht auf Privat- und Familienleben, weil er den Großteil seines Lebens in Deutschland verbracht habe, wo er über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfüge. Auch seine Mutter, sein Bruder und seine Ehefrau, eine deutsche Staatsangehörige, mit der er vor seiner Verhaftung in einem gemeinsamen Haushalt zusammengelebt habe, lebten in Deutschland. Der BF habe keine familiären oder sozialen Bindungen zu Serbien. Eine Fortsetzung seines Familienlebens dort sei nicht zumutbar, weil seine Ehefrau nie für längere Zeit in Serbien gelebt habe und der serbischen Sprache nicht mächtig sei.

Das BFA legte die Beschwerde samt den Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor und beantragte, sie als unbegründet abzuweisen.

Mit Teilerkenntnis vom 25.03.2019, OZ 4, wies das BVwG den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurück sowie die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids) als unbegründet ab und sprach aus, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt werde. Dagegen wurde kein Rechtsmittel erhoben.

Mit dem am 17.01.2020 bei Gericht eingelangten Schreiben informierte der BF das BVwG über seine mögliche bedingte Entlassung im April 2020 und bat um eine baldige Entscheidung über die Beschwerde.

Am 24. und am 27.01.2020 übermittelten die Justizanstalten XXXX bzw. XXXX dem BVwG auftragsgemäß Besucherlisten sowie Informationen zu Beschäftigung und Vollzugsverhalten des BF.

Bei der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 10.02.2020 wurde der BF im Beisein seiner Rechtsvertreterin vernommen. Er legte diverse Unterlagen vor. Nach dem Schluss der Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet. Mit Eingabe vom 19.02.2020 beantragte der BF eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

Feststellungen:

Der BF ist serbischer Staatsangehöriger. Er wurde am XXXX in XXXX geboren und besitzt einen am XXXX.02.2013 ausgestellten und bis XXXX.02.2023 gültigen serbischen Reisepass (Reisepass AS 83). 1990 wurde er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder XXXX von einem in Deutschland lebenden Paar adoptiert. Danach lebte er bis 1994 in Deutschland, wo er den Kindergarten und die erste Schulklasse besuchte. Nachdem sein Vater 1994 bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, zog seine Mutter mit den beiden Kindern nach XXXX, wo er den Schulbesuch fortsetzte (BF Seite 5 der Niederschrift OZ 16).

1999 übersiedelte die Familie wieder nach Deutschland, wo sich der BF seither kontinuierlich aufhält (BF Seite 5 ff der Niederschrift OZ 16). Auch seine Mutter und sein Bruder leben in Deutschland. Der BF und seine Mutter, eine serbische Staatsangehörige, besitzen beide eine unbefristete Niederlassungserlaubnis der Bundesrepublik Deutschland. Sein Bruder XXXX ist mittlerweile deutscher Staatsangehöriger (Aufenthaltstitel AS 81; vorgelegte Aufenthaltstitel und Reisepasskopien).

Der BF schloss in Deutschland die Hauptschule ab, machte diverse Praktika und absolvierte eine zweijährige Berufsfachschule. Er machte Ausbildungen zum Sport- und Fitnesskaufmann sowie zur Sicherheitskraft und war in verschiedenen Branchen erwerbstätig (Zeugnisse und Bestätigungen AS 175 ff). Er betrieb Kampfsport und konsumierte gelegentlich Suchtgift, und zwar Marihuana sowie ab und zu Crystal Meth (BF Seite 5 f der Niederschrift OZ 16).

Am XXXX.03.2016 heiratete der BF in der deutschen Stadt XXXX die aus Marokko stammende deutsche Staatsangehörige XXXX, mit der er bis zu seiner Verhaftung in einer Mietwohnung in XXXX zusammenlebte. Er hat keine Kinder (BF Seite 6 ff der Niederschrift OZ 16; Heiratsurkunde AS 195, Mietvertrag AS 187 ff, Anmeldebestätigung AS 193).

2017 war der BF nach der Insolvenz seines Arbeitgebers ohne Beschäftigung. Er widmete sich vermehrt dem Glücksspiel, verspielte seine Ersparnisse und machte Schulden. Beim Glücksspiel lernte er eine aus Bosnien und Herzegowina stammende deutsche Staatsangehörige und einen serbischen Staatsangehörigen kennen, die ihm vorschlugen, an einer Suchtgiftübergabe teilzunehmen (BF Seite 6 der Niederschrift OZ 16). In ihrem Auftrag transportierte der BF im Dezember 2017 knapp 4 kg Kokain (beinhaltend 3.413 g Kokain-Base; die Grenzmenge liegt bei 15 g Reinsubstanz) mit dem Auto von den Niederlanden über Deutschland nach Österreich, wo er es am 18.12.2017 in XXXX um EUR 160.000 an verdeckte Ermittler übergab (Strafurteil AS 57 ff).

Daraufhin wurde er verhaftet und in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungshaft angehalten (Vollzugsinformation AS 1 ff und AS 67 ff; Schreiben JA XXXX OZ 14). Das Suchtgift wurde sichergestellt. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.09.2018, XXXX, wurde er wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG sowie nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt, weil er Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge des § 28 b SMG ein- und ausgeführt sowie anderen überlassen hatte. Es handelt sich um seine erste und bislang einzige strafgerichtliche Verurteilung. Bei der Strafzumessung wurden die neunfache Überschreitung der Übermenge und das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen als erschwerend, das Geständnis und die Unbescholtenheit des BF dagegen als mildernd gewertet (Strafurteil AS 57 ff; Strafregister).

Der BF verbüßte die Freiheitsstrafe bis Ende Jänner 2019 in der Justizanstalt XXXX; seither wird er in der Justizanstalt XXXX angehalten (ZMR-Auszug; Schreiben JA XXXX OZ 13; Schreiben JA XXXX OZ 14). Das urteilsmäßige Strafende ist am 18.06.2021 (Vollzugsinformation OZ 67). Die bedingte Entlassung nach dem Vollzug der Hälfte der Freiheitsstrafe wurde vom Vollzugsgericht abgelehnt; die bedingte Entlassung nach dem Vollzug von zwei Dritteln der Strafe ist ab XXXX.04.2020 möglich (BF Seite 7 der Niederschrift OZ 16; Vollzugsinformation AS 67). Der BF wird während der Haft von seiner Ehefrau besucht. Er erbringt als Hausarbeiter eine ausgezeichnete Arbeitsleistung; seit einer Ordnungswidrigkeit im Oktober 2018, als er über einen Computer mit Internetzugang unerlaubt Kontakt mit Personen außerhalb der Anstalt aufnahm, ist sein Vollzugsverhalten ordnungsgemäß (BF Seite 6 der Niederschrift OZ 16; Schreiben JA XXXX OZ 13; Schreiben JA XXXX OZ 14). Zwischen März und November 2019 nahm er an der Spielsuchtberatung des psychologischen Diensts der Justizanstalt teil (vorgelegte Bestätigung vom 03.02.2020).

Der BF ist arbeitsfähig; es bestehen keine behandlungsbedürftigen medizinischen Probleme (BF Seite 4 der Niederschrift OZ 16). Für die Zeit nach seiner Haftentlassung hat er einen Arbeitsplatz in Deutschland in Aussicht. Er hat keine familiären, privaten oder sonstigen sozialen Bindungen zu Österreich. Zu einer hier lebenden Schwester besteht kein Kontakt. Er ging in Österreich auch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach (BF Seiten 5 und 7 der Niederschrift OZ 16).

Der BF beherrscht sowohl die serbische als auch die deutsche Sprache (Seiten 7 und 8 der Niederschrift OZ 16). Ab 1999 hielt er sich nur noch besuchsweise in Serbien auf, wo er zwar Bekannte und entfernte Verwandte, aber keine nahen Bezugspersonen hat. Seine Ehefrau hat weder ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen noch für längere Zeit in Serbien gelebt. Sie spricht auch nicht Serbisch (BF Seite 8 f der Niederschrift OZ 16).

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Feststellungen basieren jeweils auf den in den Klammerzitaten angegebenen Beweismitteln, wobei sich die angegebenen Aktenseiten (AS) auf die Seitennummerierung der Verwaltungsakten beziehen, sowie auf den bei der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen und den damit gut in Einklang stehenden Angaben des BF vor dem BVwG. Es sind kaum entscheidungswesentliche Widersprüche aufgetreten.

Die Feststellungen zur Identität des BF, zu seiner Ausbildung und Erwerbstätigkeit sowie zu seinen persönlichen Verhältnissen beruhen auf seinen Angaben und den aktenkundigen Dokumenten und Urkunden, die damit übereinstimmen. Kenntnisse der serbischen Sprache sind aufgrund seiner Herkunft und der zum Teil in Serbien absolvierten Schulbildung naheliegend, zumal der BF auch danach in Deutschland muttersprachlichen Ergänzungsunterricht in Serbisch erhielt, wie sich aus den vorgelegten Schulzeugnissen ergibt. Bei seiner Einvernahme vor dem BVwG benötigte er keinen Dolmetsch und stellte gute Deutschkenntnisse unter Beweis, die auch aus den in Deutschland abgeschlossenen Ausbildungen abgeleitet werden können.

Die Identität der Mutter, des Bruders sowie der Ehefrau des BF werden durch deren in Kopie vorgelegten Ausweisdokumente bestätigt. Die Eheschließung des BF ergibt sich aus der Heiratsurkunde des Standesamts XXXX. Aufgrund des vorgelegten gemeinsamen Mietvertrags und der Anmeldebestätigung ist in Zusammenschau mit den Schreiben der Ehefrau des BF ein gemeinsamer Haushalt vor seiner Verhaftung anzunehmen.

Der BF gab an, er habe Serbien 1998 verlassen und lebe seither kontinuierlich in Deutschland. Demgegenüber wird in der Beschwerde vorgebracht, er habe sich erst ab 1999 wieder in Deutschland aufgehalten. Das Gericht folgt letzterem, zumal der BF erklärte, er habe Serbien nach der vierten Schulstufe verlassen, und das vorgelegte Zeugnis der fünften Schulstufe aus Deutschland aus dem Schuljahr 1999/2000 stammt.

Aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) ergibt sich, dass der BF seit Anfang Jänner 2019 in der Justizanstalt XXXX angehalten wird. Abgesehen von Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten war er in Österreich nie meldeamtlich erfasst. Der unbefristete Aufenthaltstitel für die Bundesrepublik Deutschland liegt vor. Aus dem Versicherungsdatenauszug ergibt sich, dass der BF in Österreich bisher nie legal erwerbstätig war. Er selbst verneinte Bindungen zu Österreich. Aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) lässt sich übereinstimmend mit seiner Schilderung ableiten, dass er vor seiner Verhaftung in Österreich nicht in Erscheinung getreten war.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF, den zugrundeliegenden Straftaten und den Strafzumessungsgründen ergibt sich aus dem vorliegenden Strafurteil, die Rechtskraft aus dem Strafregisterauszug, in dem keine anderen Verurteilungen des BF aufscheinen. Da seine Unbescholtenheit als Milderungsgrund berücksichtigt wurde, ist davon auszugehen, dass auch in anderen Staaten keine Vorstrafen bestehen, zumal Anhaltspunkte dafür fehlen.

Die Feststellungen zum Strafvollzug basieren auf den Angaben des BF, die mit den vorliegenden Informationen der Justizanstalten weitgehend übereinstimmen. Laut Vollzugsinformation wird der BF am XXXX.04.2020 zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt haben. Da dies ein Samstag ist, ergibt sich der vom BF genannte XXXX.04.2020 als möglicher Termin der tatsächlichen Entlassung.

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus seinem erwerbsfähigen Alter, seiner früheren Berufstätigkeit und der Arbeit während des Strafvollzugs. In der Verhandlung gab er an, dass seit einer Lungenentzündung Probleme mit der Lunge bestünden. Da er aber auch erklärte, deshalb nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen, und positive Auswirkungen von Sport und Nichtrauchen auf seinen Gesundheitszustand schilderte, ist davon auszugehen, dass dies seine Arbeitsfähigkeit nicht signifikant einschränkt.

Da die Ehefrau des BF laut Reisepass und Heiratsurkunde in Marokko geboren wurde und deutsche Staatsangehörige ist, ist glaubhaft, dass sie sich nie länger in Serbien aufgehalten hat und nicht Serbisch spricht. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sie ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hätte. Dies ergibt sich auch aus ihrem mit der Beschwerde vorgelegten Schreiben (AS 173). Da den Angaben des BF zum gemeinsamen Familienleben und zum fehlende Bezug zu Serbien gefolgt wird, ist die beantragte Einvernehme der Ehefrau des BF als Zeugin nicht erforderlich und konnte daher unterbleiben.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zur in der Beschwerde behaupteten Verletzung des Parteiengehörs ist festzuhalten, dass allein der Umstand, dass die Behörde den BF nicht persönlich einvernommen hat, das Parteiengehör nicht verletzt, wenn sie dem Recht auf Parteiengehör auf andere geeignete Weise entspricht. Aufgrund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 03.01.2018 hatte der BF eine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme. Letztlich ist aufgrund der ihm im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gebotenen Möglichkeit, sich zum Inhalt des angefochtenen Bescheides zu äußern, von einer Sanierung einer allfälligen Verletzung des Parteiengehörs auszugehen, zumal der angefochtene Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergibt (vgl. VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0056).

Als Staatsangehöriger von Serbien ist der BF Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Er ist zwar Ehegatte einer EWR-Bürgerin; die Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG kommt ihm jedoch nicht zu, weil diese nicht von ihrem unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht Gebrauch gemacht hat.

Der BF ist Inhaber eines gültigen Reisepasses und eines von der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Aufenthaltstitels. Er durfte sich daher gemäß § 31 Abs 1 Z 3 FPG iVm Art 21 SDÜ bei Erfüllung der Einreisevoraussetzungen des Art 5 Abs 1 lit a, c und e SDÜ bis zu drei Monate lang im österreichischen Bundesgebiet aufhalten. Da dieser Zeitraum längst verstrichen ist, hält er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal er mit einer großen Suchtgiftmenge in das Bundesgebiet einreiste, um diese hier zu verkaufen, und daher die Einreisevoraussetzung des Art 5 Abs 1 lit e SDÜ nicht erfüllte. Schon die Absicht der Begehung einer Straftat bei der Einreise reicht aus, um ein gefährdendes Verhalten iSd Art 5 Abs 1 lit e SDÜ anzunehmen. Der BF konnte auch keinen (erlaubten) Zweck seines Aufenthalts iSd Art 5 Abs 1 lit c SDÜ belegen.

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Da sich der BF nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hatte das BFA zunächst gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung sind aber nicht erfüllt, weil der Aufenthalt des BF nie geduldet iSd §46a FPG war und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Da der BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstücks des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung", §§ 41 bis 45c FPG) fällt, ist die Entscheidung über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nach § 10 Abs 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Da der BF Inhaber eines unbefristeten deutschen Aufenthaltstitels ist, kommt die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nur nach Maßgabe des § 52 Abs 6 FPG in Frage (vgl VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0060). Nach dieser Bestimmung hat sich ein nicht rechtmäßig in Österreich aufhältiger Drittstaatsangehöriger, der im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates ist, unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Seine Ankunft dort hat er in geeigneter Weise nachzuweisen. Eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 FPG ergeht nur dann, wenn er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommt oder seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist (Gachowetz/Schmidt/Simma/Urban, Asyl- und Fremdenrecht im Rahmen der Zuständigkeit des BFA, 270). Dabei kommt es nicht schlichtweg auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an, sondern darauf, ob angesichts einer solchen Gefährdung die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus dem Bundesgebiet erforderlich ist (VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007).

§ 52 Abs 6 FPG setzt Art 6 Abs 2 der Rückführungsrichtlinie (RL 2008/115/EG) um, der vorsieht, dass ein Drittstaatsangehöriger, der sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhält und über einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaats verfügt, zunächst dazu zu verpflichten ist, unverzüglich in diesen Mitgliedstaat zurückzukehren. Erst wenn der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung nicht nachkommt oder seine sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit geboten ist, ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Aufgrund der gravierenden, grenzüberschreitenden und arbeitsteilig ausgeführten Suchtgiftdelinquenz des BF (Handel mit Suchtgift in einem das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge weit übersteigenden Ausmaß) sind die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 iVm Abs 6 FPG erfüllt, ohne dass er zuvor zur unverzüglichen Rückkehr nach Deutschland verpflichtet werden musste, weil aufgrund der besonders hohen Sozialschädlichkeit seines Verhaltens seine sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung geboten ist. Er reiste ausschließlich zur Begehung von Straftaten in das Bundesgebiet ein, wobei er eine sehr große Menge Suchtgift einführte, um es hier gewinnbringend zu verkaufen. Bei Suchtgiftdelinquenz handelt es sich nach der Rechtsprechung des VwGH um ein besonders verpöntes Fehlverhalten, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (z.B. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249), wobei der BF wegen besonders qualifizierten Suchtgiftdelikten verurteilt wurde. Diese Verurteilung wegen schwerwiegender Suchtgiftkriminalität indiziert, dass von ihm eine signifikante Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht, die seine sofortige Ausreise notwendig macht. Da er rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt wurde, wäre gemäß § 53 Abs 3 Z 5 FPG sogar die Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbots möglich gewesen wäre.

Der BF wird den Wegfall der durch seine strafgerichtliche Verurteilung und die zugrundeliegenden Straftaten indizierten Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe unter Beweis stellen müssen. Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist nämlich grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

Die privaten und familiären Bindungen des BF zu Deutschland stehen der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes durch Österreich nicht grundsätzlich im Wege. Das gilt auch aus unionsrechtlichem Blickwinkel, und obwohl er über einen deutschen Aufenthaltstitel verfügt (vgl. EuGH 16.1.2018, C-240/17). Seinen privaten und familiären Bindungen ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbotes zu beantwortende Frage nach einem - zulässigen - Eingriff in sein Privat- oder Familienleben nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden darf, sondern dass auch die Situation in anderen "Schengen-Staaten" in den Blick zu nehmen ist (siehe VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0236).

Eine Rückkehrentscheidung, die in das Privat-oder Familienleben eingreift, ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele (nationale Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung, wirtschaftliches Wohl des Landes, Verteidigung der Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit und der Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).

Die Rückkehrentscheidung greift in das Privat- und Familienleben des BF, dessen Lebensmittelpunkt seit langem in Deutschland liegt, ein. Er hält sich dort seit vielen Jahren rechtmäßig auf; mit seiner deutschen Ehefrau besteht ein Familienleben. Seine Mutter und sein Bruder leben ebenfalls in Deutschland und sind (wie der BF) zum unbefristeten Aufenthalt dort berechtigt. Der BF hat in Deutschland einen großen Teil seiner Schulbildung absolviert und ist sprachlich und am Arbeitsmarkt integriert. Seine Bindungen zu Serbien, wo er seit 1999 nicht mehr auf Dauer gelebt hat, sind gelockert, aber vorhanden, zumal er Serbisch spricht, einige Jahre in Serbien zur Schule ging und sich immer wieder besuchsweise dort aufhielt.

Es ist jedoch auch bei Berücksichtigung der signifikanten privaten und familiären Anbindungen des BF in Deutschland und der gelockerten Bindung zu seinem Herkunftsstaat mit der Rückkehrentscheidung kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden, zumal dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der gravierenden Straftaten ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271) und die Kontakte zwischen dem BF und seinen Bezugspersonen in Deutschland ohnedies seit geraumer Zeit haftbedingt eingeschränkt sind.

Die allfällige Ausschreibung des BF im Schengener Informationssystem als Folge der Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot steht - wie Art 25 SDÜ zeigt - der Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels durch einen anderen Mitgliedstaat nicht in jedem Fall entgegen und führt auch nicht zwingend dazu, dass sein deutscher Aufenthaltstitel ungültig wird. Unabhängig davon ist aber sogar eine Trennung des BF von seiner deutschen Ehefrau gerechtfertigt, weil dem öffentlichen Interesse an der Vornahme der aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund seiner gravierenden Straffälligkeit ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (siehe VwGH 24.09.2019, 2019/20/0446).

Die Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist daher mit der Maßgabe zu bestätigen, dass die Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs 1 Z 1 iVm Abs 6 FPG gestützt wird.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat zulässig. Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 6 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist es nicht Aufgabe des BFA bzw. des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044).

Unter Berücksichtigung der stabilen Situation in Serbien und der Lebensumstände des BF, der ein gesunder und arbeitsfähiger Mann und der serbischen Sprache mächtig ist, liegen keine Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Daher ist auch Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids nicht korrekturbedürftig.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 3 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach zB dann anzunehmen, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist (§ 53 Abs 3 Z 5 FPG). In diesem Fall kann ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt des betroffenen Fremden potentiell verbundene Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessenabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff; vgl. auch VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Das BFA hat aufgrund der Verurteilung des BF zu einer dreieinhalbjährigen Freiheitsstrafe zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs 3 Z 1 FPG bejaht, zumal gemäß § 53 Abs 3 Z 5 FPG sogar ein unbefristetes Einreiseverbot möglich wäre.

Wie bereits oben zu Spruchpunkt II. dargelegt ist auch bei Berücksichtigung der privaten und familiären Bindungen des BF kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Leben erkennbar und daher ein Einreiseverbot zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt. Der BF handelte mit Suchtgift in einer übergroßen Menge, um es gewinnbringend zu verkaufen, und nahm dafür die Schädigung der Gesundheit anderer Personen in Kauf.

Da der Strafrahmen bei der Verurteilung des BF jedoch nicht ausgeschöpft wurde, er bereits während der Haft begonnen hat, sich mit seiner Tat und deren Folgen auseinanderzusetzen und ein positives Vollzugsverhalten zeigt, ist die Dauer des Einreiseverbots in teilweiser Stattgebung der Beschwerde auf sieben Jahre zu reduzieren. Damit wird auch der allgemein höheren spezialpräventiven Wirkung des Erstvollzugs und den starken privaten und familiären Bindungen des BF in Deutschland Rechnung getragen. Ein Einreiseverbot in dieser Dauer ist notwendig, aber auch ausreichend, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken. Eine weitere Reduktion scheitert an der Schwere der vom BF begangenen Straftaten.

Zum Antrag auf Beschränkung des Geltungsbereiches des Einreiseverbots:

Für die Einschränkung des räumlichen Geltungsbereiches des Einreiseverbots auf Österreich gibt es keine gesetzliche Grundlage (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037). Vielmehr sind allfällige Konsequenzen des Einreiseverbotes - z.B. die mögliche zeitweilige Trennung von seinen Angehörigen - im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftdelikten der vorliegenden qualifizierten Art in Kauf zu nehmen. Davon unabhängig ist die Frage, ob das Einreiseverbot überhaupt zu einer entsprechenden Ausschreibung im Schengener Informationssystem führt und ob die nationalen Behörden ungeachtet einer allfälligen solchen Ausschreibung dem Fremden die Wiedereinreise in ihr Hoheitsgebiet wegen dort bestehender Bindungen gestatten (siehe dazu EuGH 31.12.2006, Kommission gegen Königreich Spanien, Rs C-503/03).

Die Gültigkeit des Einreiseverbots für den gesamten Schengenraum ist eine (mögliche) Rechtsfolge, die sich unmittelbar aus dem Schengen-Vertrag und dem Schengener Grenzkodex ergibt. Durch das Einreiseverbot wurde nicht abschließend über die Einreisemöglichkeit in einen anderen Staat als Österreich entschieden, über die letztlich die Behörden des Mitgliedstaates, in den der mit einem von einer österreichischen Behörde erlassenen Einreiseverbot belegte Drittstaatsangehörige einzureisen beabsichtigt, entscheiden müssen.

Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids:

Da der Beschwerde vom BFA die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde und das BVwG sie nicht gemäß § 18 Abs 5 BFa-VG zuerkannte, ist gemäß § 55 Abs 4 FPG das Absehen von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise rechtskonform. Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ist daher nicht korrekturbedürftig.

Zu Spruchteil B):

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284 und 10.07.2019, Ra 2019/19/0186). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG im vorliegenden Einzelfall an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Einreiseverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung, Milderungsgründe,
öffentliche Interessen, Privat- und Familienleben,
Rückkehrentscheidung, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2216215.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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