TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/10 W103 1248900-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.03.2020
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Entscheidungsdatum

10.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55

Spruch

W103 1248900-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , Rechtsanwalt in XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2019, Zl. 731754805-180493346, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 7 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4, 8, 10

Abs. 1 Z 4, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, §§ 52 Abs. 2 Z 3 und Abs. 9, 55 und 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, reiste im Juni 2003 im Alter von knapp drei Jahren in Begleitung seiner Eltern und Geschwister illegal ins Bundesgebiet ein und es wurde für ihn am 12.06.2003 ein Antrag auf Erstreckung des seinem Vater auf Grund eines Asylantrages gewährten Asyls gestellt.

Der Vater des Beschwerdeführers begründete seinen Asylantrag vom 12.06.2003 in einer Einvernahme am 16.06.2003 beim Bundesasylamt im Wesentlichen damit, dass er am ersten Tschetschenien-Krieg in einer Reserve-Gruppe in XXXX teilgenommen habe und bis Kriegsbeginn Wächter bei einer Wachgruppe des Präsidenten Dudaew gewesen sei. Am zweiten Tschetschenienkrieg habe er nicht mehr teilgenommen. Im April 2001 sei er von XXXX nach XXXX gebracht und festgehalten worden, weil er im ersten Krieg Wächter bei Dudaew gewesen sei. Nach 4 Tagen sei er freigekauft worden. 3 oder 4 Tage später, am 15.04.2001, seien teils maskierte russische Soldaten zu ihm nach Hause gekommen, hätten ihn mitgenommen und so geschlagen, dass er verschiedene Brüche erlitten und im Krankenhaus behandelt werden habe müssen. Danach sei er in Inguschetien gewesen. Im Juni 2003 habe er mit seiner Familie das Herkunftsland verlassen. Bei einer Rückkehr würde er auf jeden Fall verhaftet und vielleicht sogar getötet werden, weil er im ersten Tschetschenien-Krieg im Einsatz gewesen sei und später auch als Wachorgan für Dudaew gearbeitet habe. Seine Familie sei auch in Gefahr.

1.2. Mit Bescheid vom 25.02.2004, Zl. 03 17.553-BAG, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Vaters des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I.), erklärte aber seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland gemäß § 8 AsylG für nicht zulässig (Spruchpunkt II.) und erteilte dem Genannten gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 3 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 24.02.2005 (Spruchpunkt III.). Das Bundesamt ging im Wesentlichen von der Unglaubwürdigkeit des individuellen Vorbringens aus, stellte aber fest, dass sich Tschetschenien in einer schwierigen Phase befinde und wirtschaftlich darniederliege, weshalb im Fall des Vaters des Beschwerdeführers dort die Kriterien für eine auswegslose Lage derzeit (noch) vorlägen, ihm somit objektiv gesehen die Lebensgrundlage in seinem Herkunft- und Heimatstaat entzogen sei.

1.3. Der Berufung des Vaters des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.04.2004, Zl. 247.868/0-XI/38/04, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung stattgegeben, ihm gemäß § 7 AsylG 1997 Asyl gewährt und gemäß § 12 leg.cit. festgestellt, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass den im bekämpften Bescheid des Bundesasylamtes getroffenen Feststellungen zu entnehmen sei, dass der Vater des Beschwerdeführers von den Behörden der Russischen Föderation aufgrund des Umstandes, dass er Bewohner Tschetscheniens tschetschenischer Ethnie ohne familiäre oder melderechtliche Anknüpfungspunkte zu anderen Teilen Russlands sei, nicht die Möglichkeit erhalte, sich in anderen Teilen Russlands anzusiedeln und sich dadurch jenen in Tschetschenien herrschenden Verhältnissen zu entziehen. Darin sei jedoch eine dem Herkunftsstaat zuzurechnende, auf asylrechtlich relevanten Motiven basierende, Verweigerung von Schutz gegen eine Verfolgungssituation von im gegebenen Zusammenhang ausreichender Intensität zu sehen.

1.4. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.04.2004, Zl. 248.893/0-XI/38/04, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 1997 durch Erstreckung - bezogen auf das Verfahren seines Vaters - Asyl gewährt und gemäß § 12 leg.cit. festgestellt, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

1.5. Am 05.02.2018 wurde der Vater des Beschwerdeführers im damals anhängigen Aberkennungs-Verfahren des Bruders des Beschwerdeführers (W182 1248893-3) beim Bundesamt als Zeuge zu den individuellen Fluchtgründen der Familie des Beschwerdeführers einvernommen. Der Vater des Beschwerdeführers brachte als Zeuge vor, dass er als Wache des damaligen Präsidenten Dudajew gearbeitet habe. Sein Onkel sei damals Polizeipräsident gewesen und habe auch eine Security gehabt. Er habe ihn als Wache eingestellt. Er habe immer den Chef begleiten müssen. Er habe immer in Konvoi zur und von der Arbeit begleitet werden müssen. Der Zeuge habe dies von 1992 oder 1993 bis im Dezember 1994 gemacht. Er gab ausdrücklich und wiederholt an, kein Soldat gewesen zu sein. Er sei ab 1994 immer in anderen Regionen gewesen. Während alle anderen gedacht haben, dass man das Land verteidigen müsse, habe der Zeuge an seine Kinder gedacht und sei nach Inguschetien gegangen. Der Grund sei der Krieg aber auch sein Onkel und seine Arbeit gewesen. Sein Onkel sei "fixiert" worden und habe man geschaut, wer in seiner Nähe arbeite. Sein Onkel sei verschollen und niemand wisse, wo er sei. Auf Nachfragen hin erklärte der Zeuge, dass er im Dezember 1994 nach Inguschetien gegangen sei. Auf die Frage, wie lange er dann dort gewesen sei, gab er an: "Es war Kriegspause zwischen 1996 und 1999. In der Pause ging ich nach Nordrussland. Ich ging dorthin ca. 1999 oder 2000 und war dort ein Jahr. Dann ging ich wieder nach Inguschetien und blieb dort bis 2003." Den expliziten Vorhalt, dass dies bedeuten würde, dass er dann, außer zu kurzen Besuchen, nicht mehr in Tschetschenien gewesen sei, bestätigte der Zeuge. Seine Familie sei immer bei ihm gewesen. Seine Eltern seien in Tschetschenien gewesen und die Soldaten seien immer von Dorf zu Dorf gekommen und hätten allen gesagt, dass sie weggehen müssten. Er und seine Familie hätten die Infos schon vorher gehabt. Er sei nach Inguschetien und seine Eltern nach XXXX gegangen. Die russischen Soldaten hätten alles im Dorf kaputtgemacht. In Tschetschenien würde sich eine Schwester und Bruder des Zeugen aufhalten. Sie würden ab und zu, aber selten, telefonieren. Das Haus, wo der Zeuge gelebt habe, sei zerstört und mit dem Grundstück habe sein Bruder nach Absprache "irgendetwas" gemacht, aber dies sei privat und wolle er nicht darüber sprechen. Zu dem von ihm im Asylverfahren vorgelegten Inlandspass und Führerschein gab der Zeuge auf Nachfragen, wo ihm dieser ausgestellt und übergeben worden sei, vorerst an, dass der Inlandspass glaublich 2001 in Inguschetien neu ausgestellt worden sei. Unter Vorhalt der Kopie des Inlandspasses erklärte er dann, dass dieser im September 2001 in XXXX in Tschetschenien erneuert worden sei. Auf weiteren Vorhalt gab er an, dass der Pass über andere Leute gemacht worden sei, man mit Geld alles machen und binnen weniger Stunden seine Identität ändern könne. Die Frage, ob auch seine Familie oder nur er selbst Probleme wegen seines Onkels gehabt habe, konnte der Zeuge nicht beantworten. Er wisse es nicht. Seine Eltern seien nach seiner Ausreise in Tschetschenien geblieben und einmal von Soldaten nach dem Aufenthaltsort des Zeugen befragt worden. Die russische Armee würde den Zeugen suchen. Wenn der Zeuge abgeschoben werden würde, wäre er zu 1000 % tot. Auf die Frage, wieso sein Bruder und seine Schwester dort leben könnten, gab er an, dass seine Schwester bei ihrem Mann lebe und zu einer anderen Familie gehören würde. Sein Bruder sei alt und lebe allein. Auf die Frage, was der Bruder des Beschwerdeführers konkret bei einer Rückkehr zu erwarten hätte, gab dessen Vater an, dass egal ob er in Moskau oder Grosny wäre, seine Familie und auch die Familie seines Onkels im Computer stehe. Zum Ende der Einvernahme bat der Zeuge darum, den Bruder des Beschwerdeführers nicht abzuschieben, da eine Abschiebung dessen Tod bedeuten würde. Er habe damals politisches Asyl bekommen. Bei anderen sei dies anders, wenn sie "nur ökonomisches Asyl" bekommen würden. Diese Leute würden noch zurück können.

2. Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

2.1. Infolge mehrfacher Straffälligkeit des damals noch minderjährigen Beschwerdeführers (vgl. dazu die Feststellungen) leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ein und führte am 13.02.2019 eine Einvernahme des zwischenzeitig volljährigen Beschwerdeführers in deutscher Sprache durch. Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst an (im Detail vgl. Verwaltungsakt, Seiten 685 bis 697), er lebe alleine, sei ledig und habe keine Kinder. Er habe vor kurzem eine Operation aufgrund einer schiefen Nasenscheidewand gehabt. Dem Beschwerdeführer wurde ein Sozialversicherungsdatenauszug vorgehalten, welchem sich entnehmen ließe, dass sein längstes Arbeitsverhältnis vier Monate gedauert hätte, er Lehren abgebrochen hätte und aktuell beschäftigungslos wäre. Der Beschwerdeführer gab dazu an, er sei auf der Suche nach einer fixen Arbeitsstelle, derzeit bekomme er Geld vom AMS und sei bereits beim Sozialamt wegen Mindestsicherung gewesen. Der Beschwerdeführer habe die Volksschule sowie vier Jahre das Gymnasium besucht. Nach einem Wohnortwechsel sei er in eine andere Schule gekommen und in diesem Zeitraum erstmals straffällig geworden. Nach einem kurzfristigen Gefängnisaufenthalt habe er die neunte Klasse in einer Neuen Mittelschule abgeschlossen. Im Anschluss habe er eine Lehre begonnen, das Lehrverhältnis sei nach der dreimonatigen Probezeit jedoch nicht verlängert worden, er sei dann einige Monate unentschlossen gewesen, dann habe er sich abermals im Gefängnis befunden. Beim AMS habe er verschiedene Kurse besucht. Dem Beschwerdeführer wurden die herangezogenen Länderberichte zu seinem Herkunftsstaat ausgehändigt und es wurde ihm die Möglichkeit gewährt, zu diesen binnen Frist schriftlich Stellung zu beziehen. Auf Vorhalt der Angaben seines Vaters und seines Bruders, wonach in Tschetschenien noch mehrere Verwandte leben würden, erklärte der Beschwerdeführer, er habe mit keinem Menschen in Tschetschenien Kontakt. Es wohne dort noch jemand, der Beschwerdeführer habe aber keinen persönlichen Kontakt. Der Beschwerdeführer sei seit dem Jahr 2003 nicht mehr in der Russischen Föderation gewesen. Mit seinen Familienmitgliedern unterhalte er sich auf Tschetschenisch oder Deutsch. Russisch beherrsche er überhaupt nicht. Dem Beschwerdeführer wurden sodann die im Strafregister aufscheinenden sechs Verurteilungen seiner Person vorgehalten und er wurde über das aus diesem Grund geführte Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten informiert. Der Beschwerdeführer gab dazu an, er bereue sein Verhalten und sei mit den falschen Leuten unterwegs gewesen. Er habe sich jedoch geändert. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass auch im Fall seiner beiden älteren Brüder XXXX aufgrund schwerwiegender Straftaten Verfahren zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten geführt worden seien, wobei der Beschwerdeführer im Wesentlichen anmerkte, dass die rechtskräftigen Verurteilungen seiner Brüder u.a. wegen grenzüberschreitendem Suchtgifthandels und absichtlicher schwerer Körperverletzung zu Unrecht erfolgt seien. Der Beschwerdeführer ersuchte darum, nicht nach Russland abgeschoben zu werden, da er fast sein ganzes Leben in Österreich verbracht hätte. Er habe sich geändert und erkannt, dass er falsch gehandelt hätte.

Am 09.07.2019 wurde der Beschwerdeführer ergänzend vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen (vgl. Verwaltungsakt, Seiten 729 ff). Der Beschwerdeführer gab an, er führe seit Dezember 2018 eine Beziehung mit einer namentlich genannten Frau, welche noch bei ihren Eltern lebe. Der Beschwerdeführer wurde sodann mit dem zuletzt erfolgten Widerruf des elektronisch überwachten Hausarrestes sowie seinem Verhalten in der Justizanstalt konfrontiert. Der Beschwerdeführer gab an, er hätte in den letzten zwei Jahren überhaupt nichts falsch gemacht und habe seit zwei Jahren niemanden mehr verletzt. In Tschetschenien kenne er niemanden und wisse nicht, wie er dort zu Recht kommen solle. Die würden ihn dort sofort töten. Außerdem lebe er schon fast sein gesamtes Leben hier und seine Familie brauche ihn hier. Befragt, weshalb er vor diesem Hintergrund kontinuierlich gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen habe, insbesondere zumal ihm bekannt sein musste, dass dies zur Aberkennung seines Asylstatus und der Abschiebung in die Russische Föderation führen könne, entgegnete der Beschwerdeführer, er verstoße überhaupt nicht gegen Gesetze, er habe in den letzten zwei Jahren nichts mehr gemacht.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte in der Folge am 01.08.2019 eine Befragung der vom Beschwerdeführer genannten Lebensgefährtin als Zeugin durch (vgl. Verwaltungsakt, Seiten 755 ff).

Mit Schreiben vom 08.10.2019 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer aktualisiertes Länderberichtsmaterial zu seinem Herkunftsstaat. Diesbezüglich langte am 22.10.2019 eine handschriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers ein (vgl. Verwaltungsakt, Seiten 905 f).

2.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer in Spruchteil I. der ihm mit Entscheidung vom 13.04.2004, Zl. 248.900/0-XI/38/04, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idgF aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wurde festgestellt, dass diesem die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihm in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer in Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG idgF erlassen, in Spruchpunkt V. gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei und in Spruchpunkt VI. ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage; dem Beschwerdeführer werde aufgrund der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit keine Zeit zum Verbleib im Bundesgebiet nach Entlassung aus der Freiheitsstrafe zugesprochen. Zudem wurde in Spruchpunkt VII. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen.

In der Entscheidungsbegründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zunächst den Verlauf des Verfahrens sowie die gegen den Beschwerdeführer ergangenen strafrechtlichen Verurteilungen dar und gab den Inhalt der mit dem Vater des Beschwerdeführers als Zeuge im Rahmen des Aberkennungsverfahrens seines Bruders XXXX am 05.02.2008 aufgenommenen Niederschrift wieder.

Die Entscheidung über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten wurde darauf gestützt, dass sich die Situation für Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe in der Russische Föderation seit der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus an den Vater des Beschwerdeführers im Jahr 2004 maßgeblich gebessert hätte und eine asylrelevante Verfolgung im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers in die Russische Föderation nicht festgestellt werden könne. Aus den herangezogenen Länderberichten ergebe sich, dass sich Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe auch außerhalb der tschetschenischen Teilrepublik ohne Repressalien niederlassen könnten. Auch drohe der tschetschenischen Diaspora mittlerweile keine Bedrohung mehr in der tschetschenischen Teilrepublik, die Suche/Verfolgung von islamistischen Terroristen aus den Reihen der tschetschenischen Volksgruppe durch das russische Militär und russische Behörden sei vor mehr als zehn Jahren eingestellt worden. Die Familie des Beschwerdeführers sei diesem Personenkreis jedoch ohnedies nie zuzuordnen gewesen. Dies sei schon dadurch belegt, dass die Großeltern väterlicherseits des Beschwerdeführers bis zu deren natürlichen Tod bzw. die Geschwister seines Vaters bis dato unbehelligt in der Russischen Föderation aufhältig (gewesen) wären. Seiner gesamten Familie wäre daher eine Rückkehr in die Russische Föderation möglich. In einem solchen Fall sehe das österreichische Asylgesetz die Zulässigkeit der Aberkennung nur für einen fünfjährigen Zeitraum ab Zuerkennung vor, sollte die betroffene Person nicht, wie der Beschwerdeführer, straffällig geworden sein. Im Falle des Beschwerdeführers sei auch kein Nachfluchtgrund festzustellen gewesen. Der Konflikt in der Teilrepublik Tschetschenien liege mittlerweile über ein Jahrzehnt zurück und die Lage dort habe sich normalisiert. Eine Verfolgung oder Gefährdung von Angehörigen der tschetschenischen Volksgruppe liege nicht mehr vor und die Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe allein führe nach ständiger Rechtsprechung österreichsicher Gerichte nicht mehr zur Zuerkennung des Asylstatus. Dem Beschwerdeführer sei daher der Asylstatus abzuerkennen gewesen, zumal die Umstände, die zur Zuerkennung geführt hätten, nicht mehr vorliegen würden und der Beschwerdeführer es nicht weiterhin ablehnen könnte, sich unter den Schutz des Heimatlandes zu stellen.

Der Beschwerdeführer sei durch seine Geburtsurkunde im Besitz eines Dokumentes, welches seine Herkunft beweise und habe als russischer Staatsbürger Anrecht auf Grundversorgung im Herkunftsstaat. Nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer überhaupt keine Kenntnisse der russischen Sprache aufweise, der genaue Grad seiner Sprachkenntnisse ließe sich jedoch nicht feststellen. Der Beschwerdeführer sei gesund und könnte durch eigene Erwerbstätigkeit für seinen Lebensunterhalt sorgen. Zudem habe der Beschwerdeführer Verwandte in der Russischen Föderation, welche ihn im Falle von Anfangsschwierigkeiten, ebenso wie seine Familienangehörigen in Österreich, (finanziell) unterstützen könnten. So sei auch im Verfahren des Bruders des Beschwerdeführers, welcher sich in einer vergleichbaren Lage befinde, sowohl von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes als auch des Verwaltungsgerichtshofes (24.7.2018, Ra 2018/20/0344-4) eine maßgebliche Gefährdung im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation nicht festgestellt worden. Daraus ergebe sich, dass eine solche auch im Falle des Beschwerdeführers auszuschließen sei.

Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 hätten sich im Verfahren nicht ergeben.

Der Beschwerdeführer halte sich seit dem Jahr 2003 in Österreich auf, aktuell würden seine Eltern und sechs Geschwister als anerkannte Flüchtlinge in Österreich leben. Der Asylstatus seines älteren Bruders XXXX sei unter gleichzeitigem Ausspruch einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes rechtskräftig aberkannt worden, wobei die diesbezügliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Verwaltungsgerichtshof bestätigt worden wäre. Der Bruder des Beschwerdeführers befinde sich aktuell in Schubhaft und werde nach neuerlicher Erteilung eines Heimreisezertifikates in die Russische Föderation abgeschoben werden. Seinem älteren Bruder XXXX sei der Status des Asylberechtigten durch das Bundesamt ebenfalls unter gleichzeitigem Ausspruch einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes aberkannt worden, das diesbezügliche Beschwerdeverfahren sei derzeit vor dem Bundesamt anhängig, wobei der erwähnte Bruder gegenwärtig eine Freiheitsstrafe von zusammenwirkend acht Jahren verbüße.

Der Beschwerdeführer habe nach Asylzuerkennung im Jahr 2004 gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern gelebt. Nach der Trennung seiner Eltern im Jahr 2014 hätten die beiden erwähnten älteren Brüder beim Vater gelebt, der Beschwerdeführer und die übrigen Geschwister seien gemeinsam mit der Mutter an einen anderen Wohnort übersiedelt. Im Zeitraum 2014 bis 2017 habe der Beschwerdeführer dreimal Freiheitsstrafen in einer Justizanstalt verbüßt. Anfang des Jahres 2019 habe dieser eine eigene Wohnung bezogen und habe dort bis zum Widerruf des elektronischen Hausarrests im Juni 2019 alleine gelebt. Aktuell befinde der Beschwerdeführer sich abermals in einer Justizanstalt. Sofern der Beschwerdeführer nicht zu einer Zusatzstrafe verurteilt werde, sei seine Entlassung für Ende März 2020 angesetzt. Der ledige und kinderlose Beschwerdeführer habe keine Berufsausbildung und sei die meiste Zeit von Sozialleistungen abhängig gewesen. Der Beschwerdeführer sei zwar seit seiner Einreise im 3. Lebensjahr in Österreich aufgewachsen und habe hier die Schule besucht, dennoch habe im Laufe des Verfahrens keine den österreichischen Gepflogenheiten entsprechende Sozialisierung nach österreichischen Werten festgestellt werden können. Nach Ende der Schulpflicht habe der Beschwerdeführer eine Lehre begonnen, das Lehrverhältnis sei jedoch nach drei Monaten aufgelöst worden. Dieser habe weder einen Lehrabschluss erlangt, noch habe eine dauerhafte Erwerbstätigkeit festgestellt werden können. Dieser habe an diversen vom AMS bereitgestellten Schulungen teilgenommen. Von einer Integration, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung im Sinne der näher angeführten höchstgerichtlichen Judikatur überwiegen würde, könne im Falle des Beschwerdeführers angesichts seiner wiederholten strafrechtlichen Verurteilungen, wobei dieser bereits im Jahr 2014 wegen bewaffneten Raubes, eines besonders schweren Verbrechens, verurteilt worden wäre und seither keine Reue oder Änderung seines Verhaltens gezeigt hätte, nicht gesprochen werden. Die Aufrechterhaltung des Kontaktes zu seinen Eltern und Geschwistern sei ihm durch moderne Kommunikationsmittel sowie Besuche in Drittstaaten möglich und angesichts der Straftaten des Beschwerdeführers und der hieraus resultierenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auch jedenfalls zumutbar. Vom Beschwerdeführer gehe eine schwerwiegende Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus, wobei eine positive Zukunftsprognose nicht festgestellt werden könne. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei demnach im Lichte der Ziele des Art. 8 Abs. 2 EMRK notwendig und erforderlich sowie im Hinblick auf das Überwiegen öffentlicher Interessen als verhältnismäßig zu erachten.

Dem Beschwerdeführer sei aufgrund der bereits erörterten von seiner Person ausgehenden besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit keine Frist für die freiwillige Ausreise nach Ende der Strafhaft zuzusprechen gewesen. Der Beschwerdeführer werde während der derzeitigen Justizhaft ausreichend Zeit haben, um Vorkehrungen für seine Rückkehr in den Herkunftsstaat zu treffen.

Zur Erlassung des Einreiseverbotes wurde im Wesentlichen erwogen, der Beschwerdeführer habe bereits vor Strafmündigkeit mehrfach gegen die Rechtsordnung, konkret gegen das Suchtmittelgesetz, verstoßen und sei nach Erreichen der Strafmündigkeit sechs Mal von österreichischen Gerichten - vorwiegend in Zusammenhang mit der Gewaltanwendung gegenüber Dritten - verurteilt worden. Am 07.10.2014 hätte der damals 14-jährige Beschwerdeführer gemeinsam mit Mittätern mit Pistolen bewaffnet eine Trafik überfallen und sei hierfür gemäß § 15 StGB, §§ 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt worden. Wegen Körperverletzung am 03.09.2015 sei der Beschwerdeführer zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Wegen Nötigung und Körperverletzung am 22.12.2016 sei der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Wegen schwerer Körperverletzung am 04.10.2017 sei der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Wegen Körperverletzung am 06.11.2017 sei der Beschwerdeführer zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt worden. Wegen illegalen Waffenbesitzes am 23.03.2018 sei der Beschwerdeführer zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Aktuell verbüße der Beschwerdeführer, welcher wiederholt während offener Probezeiten straffällig geworden wäre, zwei Freiheitsstrafen. Trotzdem er in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 13.02.2019 in Kenntnis gesetzt worden wäre, dass dieses Verhalten in Verbindung mit der geänderten Lage im Herkunftsstaat eine Aberkennung des Flüchtlingsstatus zur Folge haben könne, seien weitere Anzeigen u.a. wegen Nötigung iVm Körperverletzung sowie Widerstands gegen die Staatsgewalt iVm schwerer Körperverletzung erfolgt. Darüber hinaus sei der elektronisch überwachte Hausarrest widerrufen worden. Als Rechtfertigung für sein Verhalten hätte der Beschwerdeführer wiederholt seine Volksgruppenzugehörigkeit als Hintergrund genannt. Die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers sei mit den in Österreich für alle Aufenthaltsberechtigten geltenden Gesetzen nicht in Einklang zu bringen. Im Falle des Beschwerdeführers sei nicht davon auszugehen, dass sich an dessen Geisteshaltung etwas ändern werden. Rücksprachen mit den Justizwachebeamten hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer unter seinen Brüdern, welche in der gleichen Haftanstalt Freiheitsstrafen verbüßen würden, als der Gefährlichste eingestuft werde, sodass bei der Einvernahme vor dem Bundesamt drei Justizwachebeamte abgestellt werden mussten. Auch zur Gerichtsverhandlung im Juli 2019 habe der Beschwerdeführer sowohl gefesselt vorgeführt als auch befragt werden müssen. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers die im Gesetz umschriebene Annahme, dieser stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, gerechtfertigt. Um den Beschwerdeführer nach Haftentlassung von weiteren Übergriffen auf in Österreich aufhältige Personen abzuhalten, werde das Mittel der Abschiebung in den Herkunftsstaat und Erlassung eines Einreiseverbotes in der höchstzulässigen Dauer erforderlich.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführe am 25.11.2019 in der Justizanstalt zugestellt.

2.3. Mit am 12.12.2019 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangtem Schriftsatz wurde durch den nunmehr bevollmächtigten Rechtsanwalt fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit zwei Jahren mit seiner Familie aus der Russischen Föderation nach Österreich geflohen und habe gemeinsam mit seiner Familie den Status des Asylberechtigten zuerkannt bekommen. Aufgrund der traumatischen Erlebnisse in seiner Jugend, insbesondere der Flucht aus dem Heimatland, der Niederlassung in einem neuen Land und der teilweisen Traumatisierung sowohl seiner Familie als auch seiner selbst, habe der Beschwerdeführer eine durchaus problematische Kindheit erlebt, die letztendlich dazu geführt hätte, dass er sich teilweise zu (vorwiegend Jugend-)Straftaten habe hinreißen lassen. Die Behörde führe in ihrer Begründung nicht aus, wie sie zur Feststellung gelange, dass der Beschwerdeführer die österreichischen Rechtsnormen und das Staatsgefüge generell ablehnen würde und nicht bereit wäre, sich an diese zu halten, obwohl er die Schule abgeschlossen und auch, leider unterbrochen durch Haftstrafen, versucht hätte, einen Lehrberuf zu erlangen und einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. In den letzten Jahren sei es jedenfalls zu einer gravierenden Änderung der Einstellung des Beschwerdeführers gekommen und er sei gewillt und bestrebt, sowohl ein Antiaggressionstraining zu absolvieren, als auch in Hinkunft ein gänzlich straffreies Leben zu führen. Die Behörde habe nicht berücksichtigt, dass sich der Beschwerdeführer in einer aufrechten Beziehung mit einer Frau befinde, welche von der Behörde im August 2019 einvernommen worden wäre, deren Aussagen im gegenständlichen Verfahren jedoch keine Berücksichtigung gefunden hätten. Der Beschwerdeführer habe quasi sein ganzes Leben in Österreich verbracht, habe keinerlei Kontakte in sein Heimatland und sei der russischen Sprache nicht mächtig. Dieser sei zur Gänze in Österreich sozialisiert worden und habe lediglich die tschetschenische, nicht jedoch die russische, Sprache erlernt. Aus den im Bescheid enthaltenen Länderberichten werde ersichtlich, dass sich die Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers, insbesondere die Menschenrechtslage in Tschetschenien, in keiner Weise verbessert hätte, nach wie vor Behördenwillkür, Folter und Gewalt durch Obrigkeiten und Clans herrsche und eine Rückkehr für den Beschwerdeführer daher so gut wie ausgeschlossen sei. Die Behörde stütze sich auf angebliche Verwandte des Vaters des Beschwerdeführers, mit denen dieser jedoch niemals in Kontakt gestanden hätte und es sei nicht geprüft worden, ob überhaupt die Möglichkeit bestünde, dass diese den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr unterstützen könnten. Gänzlich ohne Kenntnisse der russischen Sprache sei es für den Beschwerdeführer jedoch nicht möglich, in anderen Landesteilen unterzukommen und sein Auslangen zu finden, sodass eine Ausweisung mit erheblichen Härten verbunden wäre und sowohl die Gefahr behördlicher Verfolgung bestünde, als auch die Lebensgrundlage des Beschwerdeführers vollkommen entzogen wäre. Die gesamte Kernfamilie des Beschwerdeführers lebe in Österreich. Die nunmehr erstmalig verbüßte langjährige Haftstrafe reiche jedenfalls aus, um diesen von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

2.4. Im Rahmen einer gemeinsam mit der Beschwerdevorlage eingebrachten schriftlichen Stellungnahme vom 16.01.2020 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bezug auf die in der Beschwerde monierten Aspekte zusammengefasst aus, es erscheine weit hergeholt, dass der Umzug eines zweijährigen Kindes aus einem Flüchtlingslager in Inguschetien nach Österreich zu einem traumatischen Erlebnis geführt hätte, welches später als Entschuldigung für eine immer wiederkehrende Straffälligkeit dienen solle. Derartiges habe in den Verurteilungen des Landesgerichtes auch keine Berücksichtigung erfahren und sei vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet worden. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde sei im angefochtenen Bescheid eine Zukunftsprognose getroffen worden, wobei auch der Rechtsvertreter die immer wiederkehrende Begehung von Straftaten nicht verkannt hätte. Am 24.12.2019 sei zuletzt eine abermalige Anzeige des Beschwerdeführers wegen gefährlicher Drohung gegenüber einem Justizwachebeamten erfolgt. Der Beschwerdeführer hätte bereits in der Vergangenheit immer wieder angekündigt, sein Leben geändert zu haben bzw. dies zu wollen. Soweit die Beschwerde bemängle, dass die Aussagen der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers im Bescheid keine Berücksichtigung gefunden hätten, sei auszuführen, dass im Falle des Beschwerdeführers nicht nur das Interesse des Beschwerdeführers und jenes seiner Familienmitglieder und seiner Lebensgefährtin an einem Verbleib im Bundesgebiet zu berücksichtigen gewesen wären, sondern auch, ob ein solcher dazu führen könnte, dass unbeteiligte Dritte durch den Beschwerdeführer erneut einen Schaden erleiden könnten; diese Prüfung habe ergeben, dass das Bundesamt einen weiteren Verbleib des Beschwerdeführers nicht vertreten könne und es diesem nach Entlassung aus der Strafhaft für einen Zeitraum von zehn Jahren nicht möglich sein sollte, nach Österreich zurückzukehren, um den Schutz der in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen vor dem Beschwerdeführer zu garantieren. Da der Beschwerdeführer jeden Kontakt zu Verwandten in Tschetschenien verneine, habe auch keine Prüfung stattfinden können, in welchem Ausmaß diese in der ersten Phase behilflich sein könnten. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers sei frühestens nach der Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht und nach Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft, also frühestens im Juli 2020, möglich, sollten nicht weitere Strafverfahren zu weiteren rechtskräftigen unbedingten Freiheitsstrafen führen (aktuell seien drei Verfahren gegen den Beschwerdeführer noch nicht rechtskräftig entschieden). Zudem werde sich zu diesem Zeitpunkt aufgrund dessen bevorstehender Abschiebung der ältere Bruder des Beschwerdeführers bereits in der Russischen Föderation befinden und es sei den in Österreich aufhältigen Familienmitgliedern, welche hier alle Anspruch auf Sozialhilfe hätten und diese auch in Anspruch nehmen würden, möglich, den Beschwerdeführer durch Transaktionen zu unterstützen. Zudem werde vom Beschwerdeführer wiederholt darauf verwiesen, dass er nach Entlassung aus der Haft eine Erwerbstätigkeit aufnehmen wolle und es sei nicht erkennbar, weshalb dem Beschwerdeführer dies in Österreich, nicht jedoch in der Russischen Föderation, möglich sein sollte. Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen gesunden, erwerbsfähigen Erwachsenen, dem es zumutbar sei, abseits von staatlichen oder familiären/verwandtschaftlichen Zuwendungen durch Erwerbstätigkeit selbst für sich zu sorgen. Zu den allgemeinen Ausführungen in der Beschwerde über die Gefährdung des Beschwerdeführers im Fall der Abschiebung sowie der sich daraus ergebenden aussichtslosen Lage werde auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungen seines Bruders XXXX (BVwG-Zl. W182 1248893-3 und VwGH-Zl. Ra 2018/20/0344-4) verwiesen. Der gesamten Familie des Beschwerdeführers drohe im Falle einer Rückkehr keine Gefahr, doch sei es angesichts deren Straffälligkeit bisher nur im Falle des Beschwerdeführers und seiner beiden Brüder zu Aberkennungsverfahren gekommen. Den übrigen Familienmitgliedern stünde es offen, sich um einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu bemühen, der sie nicht mehr an Reisen in die Russische Föderation (zu Besuchszwecken) hindern würde. Zusammengefasst habe das Bundesamt daher keinen Hinderungsgrund für eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat erkannt werden können.

2.5. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 17.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

2.6. Mit Schreiben vom 10.02.2020 wurde eine neuerliche Strafanzeige gegen den BF übermittelt. Der BF wurde angezeigt am 10.12.2019 in der Justizanstalt Klagenfurt einen Justizwachebeamten gefährlich bedroht zu haben (§ 107 StGB).

Weiters wurde mitgeteilt, dass der Bruder des BF ( XXXX ), welchen ebenfalls der Status eines Asylberechtigten (mit Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot) aberkannt wurde, am 10.02.2020, nachdem er einen Antrag auf freiwillige Ausreise gestellt hat (wurde vom BFA Abgelehnt) auch einer begleiteten Abschiebung zugestimmt hat und per Flugzeug nach Moskau ausgereist ist. Lt. eigenen Angaben wird er dort von Verwandten abgeholt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger der Russischen Föderation, welcher der tschetschenischen Volksgruppe angehört und sich zum moslemischen Glauben bekennt. Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2003 im Kleinkindalter gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern illegal in das Bundesgebiet ein und stellte durch seine gesetzliche Vertreterin am 12.06.2003 einen Antrag auf Asylerstreckung.

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.04.2004, Zl. 248.893/0-XI/38/04, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 1 AsylG durch Erstreckung Asyl gewährt bzw. die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Dem Vater des Beschwerdeführers wurde durch Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom selben Tag die Flüchtlingseigenschaft im Wesentlichen allein aufgrund der damaligen allgemeinen Lage in Tschetschenien und dem Umstand, dass ihm aufgrund seiner tschetschenischen Volksgruppenzugehörigkeit eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Rest der Russischen Föderation defacto verweigert werde, zuerkannt.

1.2. Der Vater des Beschwerdeführers ist zum Entscheidungszeitpunkt in der Russischen Föderation keiner Verfolgung mehr aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten ausgesetzt.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in Tschetschenien respektive der Russischen Föderation aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund der Angehörigeneigenschaft zu seinem Vater keiner Verfolgung durch die Behörden seines Herkunftsstaates ausgesetzt. Ein derartiges Risiko besteht weder im Nordkaukasus, noch in anderen Landesteilen der Russischen Föderation. Der Beschwerdeführer hat den Herkunftsstaat im Kleinkindalter verlassen, war nie einer individuellen Verfolgung ausgesetzt und hat im nunmehrigen Verfahren keine substantiierten Befürchtungen für den Fall seiner Rückkehr geäußert.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der neunzehnjährige Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Tschetschenien respektive in die Russische Föderation in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Der Beschwerdeführer liefe dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer spricht Tschetschenisch auf muttersprachlichem Niveau, zudem spricht er zumindest grundlegend Russisch und verfügt durch seinen dort lebenden Onkel und seine Tante über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen.

1.3. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der damals minderjährige Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB unter Bedachtnahme auf § 5 JGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten verurteilt, von der ihm ein Teil in der Dauer von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden ist. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer und Mittäter im Oktober 2014 im bewussten und gewollten Zusammenwirken versucht haben, in einer Trafik zwei Personen durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in unbekannter Höhe mit dem Vorsatz abzunötigen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem der Beschwerdeführer einen CO2-Revolver gegen die Genannten richtete und sie aufforderte, Bargeld herauszugeben, während einer der Mittäter mit einer Gas-Schreckschusspistole und ein weiterer Mittäter mit einer Softgun-Pistole dieser Aufforderung Nachdruck verliehen.

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der damals minderjährige Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 140 Tagsätzen zu je EUR 4,-, im Nichteinbringungsfall 70 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Mit rechtkräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der damals minderjährige Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer eine Person durch Versetzen mehrerer Faustschläge ins Gesicht, die eine Rissquetschwunde im Oberlippenbereich, Hämatomverfärbungen im rechten Augenbereich sowie Prellungen im Bereich der Nase nach sich gezogen haben, vorsätzlich am Körper verletzt hat. Durch die angeführten Tathandlungen, somit durch Gewalt, hat der Beschwerdeführer die Person zur Herausgabe eines geschuldeten Geldbetrages von circa 200,- EUR genötigt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , Zl. XXXX wurde der damals minderjährige Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 5 Z 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer und Mittäter im bewussten und gewollten Zusammenwirken drei Personen durch Versetzen von Faustschlägen ins Gesicht und hinsichtlich eines der Opfer auch durch einen Tritt in den Bauch vorsätzlich am Körper verletzten, wobei sie die Körperverletzung jeweils mit vier weiteren Personen in verabredeter Verbindung begingen und auch mit Waffen (mehreren Messern, eine Gasdruckpistole und einem Teleskopschlagstock) am Tatort erschienen sind.

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG zu einer Geldstrafe von 200 Tagsätzen zu je 6,- EUR, im Nichteinbringungsfall 100 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat verurteilt.

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers würde eine erhebliche Gefährdung öffentlicher Interessen an der Verhinderung von Straftaten gegen die Rechtsgüter Leib und Leben sowie fremdes Vermögen darstellen, zumal auf Grundlage seines bisher gesetzten Verhaltens die Gefahr einer neuerlichen Straffälligkeit zu prognostizieren ist. Ein Wegfall der von seiner Person ausgehenden Gefährdung kann zum Entscheidungszeitpunkt frühestens nach einem Ablauf von zehn Jahren prognostiziert werden.

1.4. Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. In Österreich verbüßt der Beschwerdeführer derzeit seit Mitte November 2019 eine Haftstrafe. Im Bundesgebiet halten sich die Eltern, die getrennt leben, sowie sieben Geschwister des Beschwerdeführers auf. Im Falle seines älteren Bruders XXXX wurden infolge Straffälligkeit die Aberkennung des Status des Asylberechtigten sowie eine mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung rechtskräftig ausgesprochen (vgl. die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.01.2018, Zl. W182 1248893-2/2E und vom 25.05.2018, Zl. W182 1248893; sowie die bezughabende Revisionszurückweisung des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.07.2018, Ra 2018/20/0344-4). Im Fall seines älteren Bruders XXXX , welcher gegenwärtig eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt, wurden infolge Straffälligkeit mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2018 ebenfalls die Aberkennung des Status des Asylberechtigten sowie eine mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung ausgesprochen, das diesbezügliche Beschwerdeverfahren ist vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Zahl W215 2213245-1 anhängig. Die übrigen Familienmitglieder sind im Bundesgebiet asylberechtigt. Der Beschwerdeführer wohnte mit diesen zuletzt in keinem gemeinsamen Haushalt, vor Antritt der Strafhaft im November 2019 lebte er alleine in einer Mietwohnung. Zu seinen Eltern und Geschwistern steht der Beschwerdeführer in keinem persönlichen oder finanziellen Abhängigkeitsverhältnis.

Der Beschwerdeführer hat seit Anfang des Jahres 2019 eine Freundin im Bundesgebiet, mit welcher er nie in einem gemeinsamen Haushalt lebte.

Der Beschwerdeführer hat sich Deutschkenntnisse angeeignet und im Bundesgebiet die Pflichtschule absolviert. Eine weitergehende Ausbildung hat er nicht abgeschlossen und er ist nie einer längerfristigen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Der Beschwerdeführer war seit Erreichen der Volljährigkeit nicht selbsterhaltungsfähig.

1.5. Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zu Grundversorgung und Wirtschaft sowie zur Lage von Rückkehrern wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Länderfeststellungen Folgendes festgestellt:

...

Sicherheitslage

Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, zu Anschlägen kommen. Todesopfer forderte zuletzt ein Terroranschlag in der Metro von St. Petersburg im April 2017. Die russischen Behörden halten ihre Warnung vor Anschlägen aufrecht und rufen weiterhin zu besonderer Vorsicht auf (AA 3.9.2019a, vgl. BMeiA 3.9.2019, GIZ 8.2019d). Trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen kann das Risiko von Terrorakten nicht ausgeschlossen werden. Die russischen Sicherheitsbehörden weisen vor allem auf eine erhöhte Gefährdung durch Anschläge gegen öffentliche Einrichtungen und größere Menschenansammlungen hin (Untergrundbahn, Bahnhöfe und Züge, Flughäfen etc.) (EDA 3.9.2019).

Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderten Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Die gewaltsamen Zwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Demnach stand Russland 2011 noch an neunter Stelle hinter mittelöstlichen, afrikanischen und südasiatischen Staaten, weit vor jedem westlichen Land. Im Jahr 2016 rangierte es dagegen nur noch auf Platz 30 hinter Frankreich (Platz 29), aber vor Großbritannien (Platz 34) und den USA (Platz 36). Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der sogenannte Islamische Staat (IS) Russland den Dschihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem Sinai mit 224 Todesopfern. Seitdem ist der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken soll. Moskau appelliert beim Thema Terrorbekämpfung an die internationale Kooperation (SWP 4.2017).

Eine weitere Tätergruppe rückt in Russland ins Zentrum der Medienaufmerksamkeit, nämlich Islamisten aus Zentralasien. Die Zahl der Zentralasiaten, die beim sog. IS kämpfen, wird auf einige tausend geschätzt (Deutschlandfunk 28.6.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.9.2019a): Russische Föderation: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/russischefoederationsicherheit/201536#content_0, Zugriff 3.9.2019

-

BmeiA (3.9.2019): Reiseinformation Russische Föderation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/russische-foederation/, Zugriff 3.9.2019

-

Deutschlandfunk (28.6.2017): Anti-Terrorkampf in Dagestan. Russische Methoden,

https://www.deutschlandfunk.de/anti-terrorkampf-in-dagestan-russische-methoden.724.de.html?dram:article_id=389824, Zugriff 29.8.2018

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (3.9.2019): Reisehinweise für Russland, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/russland/reisehinweise-fuerrussland.html, Zugriff 3.9.2019

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2019d): Russland, Alltag,

https://www.liportal.de/russland/alltag/#c18170, Zugriff 3.9.2019

-

SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Russland und der Nordkaukasus im Umfeld des globalen Jihadismus, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A23_hlb.pdf, Zugriff 3.9.2019

Nordkaukasus

Die Menschenrechtsorganisation Memorial beschreibt in ihrem Bericht über den Nordkaukasus vom Sommer 2016 eindrücklich, dass die Sicherheitslage für gewöhnliche Bürger zwar stabil ist, Aufständische einerseits und Kritiker der bestehenden Systeme sowie Meinungs- und Menschenrechtsaktivisten andererseits weiterhin repressiven Maßnahmen und Gewalt bis hin zum Tod ausgesetzt sind (AA 13.2.2019). In internationalen sicherheitspolitischen Quellen wird die Lage im Nordkaukasus mit dem Begriff "low level insurgency" umschrieben (SWP 4.2017).

Das Kaukasus-Emirat, das seit 2007 den islamistischen Untergrundkampf im Nordkaukasus koordiniert, ist seit Ende 2014 durch das Überlaufen einiger Feldkommandeure zum sog. IS von Spaltungstendenzen erschüttert und geschwächt. Der IS verstärkte 2015 seine russischsprachige Propaganda in Internet-Foren wie Furat Media, ohne dass die Behörden laut Nowaja Gazeta diesem Treiben große Aufmerksamkeit widmeten. Am 23. Juni 2015 rief der IS-Sprecher Muhammad al-Adnani ein ‚Wilajat Kavkaz', eine ‚Provinz Kaukasus', als Teil des IS-Kalifats aus. Es war ein propagandistischer Akt, der nicht bedeutet, dass der IS in dieser Region militärisch präsent ist oder sie gar kontrolliert, der aber den zunehmenden Einfluss dieser Terrormiliz auf die islamistische Szene im Nordkaukasus symbolisiert. Zuvor hatten mehr und mehr ideologische und militärische Führer des Kaukasus-Emirats dem ‚Kalifen' Abu Bakr al-Baghdadi die Treue geschworen und sich von al-Qaida abgewandt. Damit bestätigte sich im islamistischen Untergrund im Nordkaukasus ein Trend, dem zuvor schon Dschihad-Netzwerke in Nordafrika, Jemen, Pakistan und Afghanistan gefolgt waren (SWP 10.2015). Das rigide Vorgehen der Sicherheitskräfte, aber auch die Abwanderung islamistischer Kämpfer in die Kampfgebiete in Syrien und in den Irak, haben dazu geführt, dass die Gewalt im Nordkaukasus in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist. Innerhalb der extremistischen Gruppierungen verschoben sich in den vergangenen Jahren die Sympathien zur regionalen Zweigstelle des sog. IS, die mittlerweile das Kaukasus-Emirat praktisch vollständig verdrängt hat. Dabei sorgt nicht nur Propaganda und Rekrutierung des sog. IS im Nordkaukasus für Besorgnis der Sicherheitskräfte. So wurden Mitte Dezember 2017 im Nordkaukasus mehrere Kämpfer getötet, die laut Angaben des Anti-Terrorismuskomitees dem sog. IS zuzurechnen waren (ÖB Moskau 12.2018). Offiziell kämpfen bis zu 800 erwachsene Tschetschenen für die Terrormiliz IS. Die Dunkelziffer dürfte höher sein (DW 25.1.2018). 2018 erzielten die Strafverfolgungsbehörden maßgebliche Erfolge, die Anzahl terroristisch motivierter Verbrechen wurde mehr als halbiert. Sechs Terroranschläge wurden verhindert und insgesamt 50 Terroristen getötet. In den vergangenen Jahren hat sich die Hauptkonfliktzone von Tschetschenien in die Nachbarrepublik Dagestan verlagert, die nunmehr als gewaltreichste Republik im Nordkaukasus gilt, mit der vergleichsweise höchsten Anzahl an extremistischen Kämpfern. Die Art des Aufstands hat sich jedoch geändert: aus großen kampferprobten Gruppierungen wurden kleinere, im Verborgenen agierende Gruppen (ÖB Moskau 12.2018).

Ein Risikomoment für die Stabilität in der Region ist die Verbreitung des radikalen Islamismus. Während in den Republiken Inguschetien und Kabardino-Balkarien auf einen Dialog innerhalb der muslimischen Gemeinschaft gesetzt wird, verfolgen die Republiken Tschetschenien und Dagestan eine konsequente Politik der Repression radikaler Elemente (ÖB Moskau 12.2018).

Im Jahr 2018 sank die Gesamtzahl der Opfer des bewaffneten Konflikts im Nordkaukasus gegenüber 2017 um 38,3%, und zwar von 175 auf 108 Personen. Von allen Regionen des Föderationskreis Nordkaukasus hatte Dagestan im vergangenen Jahr die größte Zahl der Toten und Verwundeten zu verzeichnen; Tschetschenien belegte den zweiten Platz. Im gesamten Nordkaukasus sind von Jänner bis Juni 2019 mindestens 31 Menschen dem Konflikt zum Opfer gefallen. Das ist fast die Hälfte gegenüber dem ersten Halbjahr 2018, als es mindestens 63 Opfer waren. In der ersten Jahreshälfte 2019 umfasste die Zahl der Konfliktopfer 23 Tote und acht Verletzte. Zu den Opfern gehören 22 mutmaßliche Aufständische und eine Exekutivkraft. Verwundet wurden sieben Exekutivkräfte und ein Zivilist. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2019 lag Kabardino-Balkarien mit der Zahl der erfassten Opfer, neun Tote und ein Verletzter, an der Spitze. Als nächstes folgt Dagestan mit mindestens neun Toten, danach Tschetschenien mit zwei getöteten Personen und vier Verletzten. In Inguschetien wurde eine Person getötet und drei verletzt; im Gebiet Stawropol wurden zwei Personen getötet. Dagestan ist führend in der Anzahl der bewaffneten Vorfälle - mindestens vier bewaffnete Zusammenstöße fanden in dieser Republik in den ersten sechs Monaten des Jahres 2019 statt. Im gleichen Zeitraum wurden in Kabardino-Balkarien drei bewaffnete Vorfälle registriert, zwei in Tschetschenien, einer in Inguschetien und im Gebiet Stawropol. Seit Anfang dieses Jahres gab es in Karatschai-Tscherkessien und in Nordossetien keine Konfliktopfer und bewaffneten Zwischenfälle mehr (Caucasian Knot 30.8.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (13.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458482/4598_1551701623_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-russischen-foederation-stand-dezember-2018-13-02-2019.pdf, Zugriff 3.9.2019

-

Caucasian Knot (30.8.2019): In 2018, the count of conflict victims in Northern Caucasus dropped by 38%, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/reduction_number_victims_2018/, Zugriff 3.9.2019

-

DW - Deutsche Welle (25.1.2018): Tschetschenien: "Wir sind beim IS beliebt",

https://www.dw.com/de/tschetschenien-wir-sind-beim-is-beliebt/a-42302520, Zugriff 3.9.2019

-

ÖB Moskau (12.2018): Asylländerbericht Russische Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001768/RU

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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