TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/21 I416 1438018-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2019
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Entscheidungsdatum

21.11.2019

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46 Abs2
FPG §46a
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs3
FPG §46a Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I416 1438018-3/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. LIBERIA, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, i.d.F. BGBl. I Nr. 145/2017 stattgegeben. Der Aufenthalt von XXXX im Bundesgebiet ist geduldet.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Liberia, reiste am 19.03.2012 gemeinsam mit ihrer Tochter XXXX, geb. XXXX illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte nach erfolgtem fremdenpolizeilichem Aufgriff an ebendiesem Tage für sich und ihre Tochter als deren gesetzliche Vertreterin jeweils Anträge auf internationalen Schutz. Für das minderjährige Kind wurden keine eigenständigen Fluchtgründe dargetan. Mit Bescheid vom 09.09.2013, Zl. XXXX, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab, erkannte ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. in Bezug auf den Herkunftsstaat Liberia nicht zu und wies sie aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Liberia aus. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.11.2013, Zl. A6 438.018-1/2013/4E, Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2018, Zl. XXXX, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Liberia gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt III.). "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen Spruchpunkt IV.). Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass ihre Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Liberia zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für ihre freiwillige Ausreise wurde "gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG" mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgestellt (Spruchpunkt VI.). Dieser Bescheid erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels in Rechtskraft.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom selben Tag wurde der Antrag der Tochter der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten abgewiesen und dieser gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß §8 Abs. 4 AsylG bis zum 11.10.2019 erteilt.

4. Mit Mandatsbescheid vom 24.06.2019 wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 77 Abs. 1 und Abs. 3 iVm /6 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG das gelindere Mittel zum Zwecke der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet, nämlich sich beginnend mit 25.06.2019, jeden 2 Tag bei der PI XXXX zu melden. Dieser Verpflichtung kam die Beschwerdeführerin nur teilweise nach.

5. Am 02.08.2019 stellte die Beschwerdeführerin den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG.

6. Am 04.09.2019 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei führte sie ua. aus, dass sie nicht freiwillig zurückgekehrt sei, da sie ihre Tochter nicht alleine zurücklassen habe wollen. Zu ihren Lebensumständen in Liberia und Österreich gab sie im Wesentlichen an, dass dort noch ihre Mutter, ihre 6 Schwestern und ihre 2 Brüder leben würden und sie Kontakt zu diesen über Telefon und Internet habe. Wohnen würde sie derzeit in der XXXX in XXXX, ihr Unterkunftgeber heiße XXXX und bezahlt würde ihre Miete von Herrn XXXX. Sie könne sich dort nicht anmelden, weil sie keine Papiere haben würde. Gefragt, warum sie ihrer Meldeverpflichtung vom 28.08.2019 bis 04.09.2019 nicht nachgekommen sei, gab sie an, dass sie krank gewesen sei, aber angerufen habe. Sie führte weiters aus, dass sie eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 abgelegt habe, dass sie keiner Arbeit nachgehen würde und nicht ehrenamtlich gearbeitet habe oder Mitglied in einem Verein sei, dass ihre Tochter in Österreich leben würde und den Status einer subsidiär Schutzberechtigten habe, ihr jedoch das Sorgerecht für ihre Tochter entzogen worden sei. Sie würde ihre Tochter alle 2 Wochen bzw. 1x im Monat besuchen und sei diese auch mit einer Begleitung bei ihr gewesen. Zu ihrem Gesundheitszustand führte sie aus, dass sie psychische Probleme habe, aber keine Medikamente nehmen würde. 7. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.09.2019, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete vom 06.08.2019 gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBL. I Nr. 100/2005 idgF. abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sie sich illegal im Bundesgebiet aufhalten würde, und nicht rückkehrwillig sei zudem habe sie nicht versucht aus eigenem bei ihrer Botschaft ein entsprechendes Dokument zu beantragen. Zudem sei sie ihrer Meldeverpflichtung nicht nachgekommen und sei aus den genannten Umständen ersichtlich, dass sie ihrer Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet schuldhaft nicht nachgekommen sei.

8. Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 16.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

9. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte die Gesetzwidrigkeit gegenständlicher Entscheidung. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Duldungskarte vorliegen würden. Sie würde über kein Reisedokument verfügen und könne sie sich ein solches auch nicht besorgen. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den Fall eingehend prüfen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass eine Karte für Geduldete ausgestellt werde oder den angefochtenen Bescheid aufheben und zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen.

10. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 23.10.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Liberia und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Sie ist keine begünstigte Drittstaatsangehörige und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Die Beschwerdeführerin kam ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach und ist unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Die Beschwerdeführerin besitzt kein Reisedokument. Nicht festgestellt werden kann, dass sich die Beschwerdeführerin um die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes bemüht hat.

Die Identität der Beschwerdeführerin steht nicht fest. Die Beschwerdeführerin machte im Laufe ihres Verfahrens auf internationalen Schutz durchgehend zu ihren persönlichen Daten (Name, Geburtsdatum, Herkunft) gleichlautende Angaben und legte dazu eine Geburtsurkunde aus Liberia vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer falsche Angaben zu ihrer Identität bzw. zu ihrem Herkunftsstaat gemacht hat.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 09.09.2013, Zl. XXXX, den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ab und wies die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Liberia aus. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.11.2013, Zl. A6 438.018-1/2013/4E, wurde der dagegen erhobenen Beschwerde Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2018, Zl. XXXX, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz erneut abgewiesen und erwuchs dieser mangels Erhebung eines Rechtsmittels in Rechtskraft.

Die belangte Behörde hat zu keinem Zeitpunkt die zur Erlangung eines Heimreisezertifikates notwendigen und erforderlichen Ermittlungsschritte eingeleitet bzw. getätigt.

Die Tochter der Beschwerdeführerin verfügt in Österreich über den Status einer subsidiär Schutzberechtigten. Die Obsorge hinsichtlich der Tochter wurde der Beschwerdeführerin mit Beschluss des BG XXXX vom 15.02.2016 entzogen. Zwischen Tochter und Mutter besteht regelmäßiger Kontakt.

Die Beschwerdeführerin ist seit dem 12.12.2018 im Bundesgebiet ohne aufrechte Meldeadresse. Die Beschwerdeführerin ist an der Adresse XXXXin XXXX wohnhaft und sowohl persönlich als auch telefonisch erreichbar.

Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben, welche im Asylverfahren getätigt wurden. Zwar konnte die Beschwerdeführerin kein Identitätsdokument, abgesehen von ihrer Geburtsurkunde, vorlegen und ist ihre Identität in diesem Sinne deshalb nicht abschließend geklärt. Sie machte jedoch hinsichtlich ihrer Herkunft, ihres Namens und ihres Geburtsdatums durchgehend gleichbleibende Angaben. Aufgrund des konstanten Vorbringens der Beschwerdeführerin sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass diese Daten und ihre Angaben zur Identität nicht den Tatsachen entsprechen würden.

Die Feststellungen zu ihrer Tochter (Obsorge und Kontakt), ergeben sich aus dem Verfahrensakt XXXX und dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten aktuellen Bericht des Jugendfürsorgeträgers, Stadtmagistrat XXXX, Abteilung Soziales Jugend und Familie vom 12.11.2019, Zl. XXXX.

Dass die Behörde keine wie immer gearteten Versuche unternommen hat, ein Heimreisezertifikat zu erwirken, sowie die Bereitschaft der Beschwerdeführerin, ihrer Mitwirkungspflicht nachzukommen, ergibt sich unstrittig aus dem Verfahrensakt der belangten Behörde und insbesondere aus der niederschriftlichen Einvernahme der Beschwerdeführerin vom 04.09.2019 (AS 35, Ausfüllen des Formblattes zur Erlangung eines Heimreisezertifikates etc.).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe des Antrags auf Ausstellung einer Karte für Geduldete:

§ 46a idgF (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017, in Kraft seit 01.11.2017) lautet:

Duldung

§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn

1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;

3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder

4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet.

Nach dem Gesetzestext des § 46a FPG ist Voraussetzung für die Ausstellung einer "Karte für Geduldete", dass der Aufenthalt des Fremden im Sinne von Abs. 1 dieser Bestimmung geduldet ist, was dann der Fall ist, wenn einer der dort genannten Tatbestände (alternativ) erfüllt ist. Ist einer dieser Tatbestände erfüllt, ist die Karte, aus der sich die Duldung des Aufenthaltes der dort angeführten Person ergibt, auszustellen.

Die Beschwerdeführerin stützte ihren Antrag im gegenständlichen Fall darauf, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich erscheine. Ein unter § 46a Abs. 1 Z 1, Z 2 oder Z 4 FPG zu subsumierender Sachverhalt wurde seitens der Beschwerdeführerin weder substantiiert vorgebracht, noch ergibt sich ein solcher aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren. Hier wird auch auf die bereits durchgeführten asylrechtlichen Verfahren verwiesen, in denen ein solcher Sachverhalt ebenfalls nicht festgestellt werden konnte.

Zu überprüfen ist daher gegenständlich, ob die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Liberia aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich war.

Unbestritten ist, dass die belangte Behörde die Botschaft der Republik Liberia zu keinem Zeitpunkt um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates ersucht hat. Im angefochtenen Bescheid wurde von der belangten Behörde argumentiert, dass es der Beschwerdeführerin zumutbar gewesen wäre, "eigenständig mit der Vertretungsbehörde Kontakt aufzunehmen und sich eigenständig um ein Reisedokument" zu bemühen. Die Unmöglichkeit der Abschiebung sei daher von der Beschwerdeführerin zu verantworten.

Die belangte Behörde geht sohin offenbar davon aus, dass die Beschwerdeführerin die Obliegenheit träfe, sich aus eigenem ein Heimreisezertifikat zu besorgen und nimmt im Gegenschluss an, durch das Nicht-Tätigwerden der Beschwerdeführerin wirke diese nicht an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments notwendigen Schritten mit oder vereitle diese iSd Abs. 1b Z 3 leg.cit. (nunmehr: § 46a Abs. 3 Z 3 FPG).

Dazu ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin eine solche Verpflichtung nach geltender Rechtslage nicht trifft. Gemäß herrschender Lehre und Judikatur ist die Beschwerdeführerin nicht verpflichtet, sich aktiv um die Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der Botschaft zu bemühen, um eine Abschiebung möglich zu machen.

Aus den Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates (AB 1160 XXIV. GP) ergibt sich bezüglich § 46a Abs. 1b Z 3 FPG (Vorgängerbestimmung. gleichlautend wie nun § 46a Abs. 3 Z 3 FPG) Folgendes:

"...Unter die Z 3 ist das Nichtmitwirken oder das Vereiteln an behördlich notwendigen Schritten zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes zu subsumieren. Dies kann insbesondere das Nichtmitwirken an einer erkennungsdienstlichen Behandlung oder an einer Befragung sein. Neben Handlungen ist ein Unterlassen gleichfalls vom Anwendungsbereich dieser Norm erfasst."

Daraus ergibt sich aber keine Verpflichtung, sich selbst mit der Vertretungsbehörde in Verbindung zu setzen. Dementsprechend führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.08.2012, Zl. 2011/21/0209, aus:

"Aus dem Umstand, dass sich die Fremde hinsichtlich eines Heimreisezertifikates nicht selbst mit der Botschaft in Verbindung gesetzt hat, woraus die Behörde die Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht folgerte, lässt sich daher ebenso wenig die Beurteilung ableiten, die Abschiebung der Fremden sei aus von ihr zu vertretenden Gründen tatsächlich unmöglich."

Im Zuge der letzten Novellierung des Fremdenpolizeigesetzes wurde in § 46 FPG festgelegt, dass der Fremde an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments im erforderlichen Umfang mitzuwirken hat und dass die Verpflichtung zur Mitwirkung zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments nach § 46 Abs 2 FPG mit Bescheid angeordnet werden kann.

Diese Änderungen wurden in den Gesetzesmaterialien zum FrÄG 2015 (RV582 BlgNR 25. GP 18) wie folgt erläutert:

"In der Verwaltungspraxis sind die häufigsten faktischen Abschiebehindernisse Probleme bei der Erlangung von Ersatzreisedokumenten. Zudem ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Mitwirkungspflicht nicht durchwegs einheitlich. Daher soll die Regelung des Abs. 2 nun konkretisiert werden: Der Fremde ist verpflichtet, an der Erlangung des Ersatzreisedokuments mitzuwirken. Hierzu zählen insbesondere die Herausgabe von Dokumenten und Urkunden, über die der Fremde bereits verfügt, die Mitwirkung an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit sowie an den erforderlichen Handlungen bei der ausländischen Behörde (Botschaft, Konsulat). Dies gilt selbstverständlich nur, wenn diese Handlungen nicht dem zwingenden österreichischen Recht, insbesondere den Grundrechten, widersprechen."

Die Beschwerdeführerin trifft daher nach dem Gesetz lediglich eine Mitwirkungspflicht im erforderlichen Umfang. Diese Mitwirkungspflicht ist weitreichend und umfasst jedenfalls die Herausgabe aller Dokumente und die Mitwirkung an der Feststellung der Identität und Staatsbürgerschaft (Filzwieser et al, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 46 FPG, K 14). Sie kann auch bescheidmäßig auferlegt und kann mit einer Ladung nach § 19 AVG vor eine zuständige ausländische Behörde verbunden werden (Filzwieser et al, aaO, § 46 FPG, K 15, sowie E 4 und E 5). Die Mitwirkungspflicht wird auch die Mitwirkung an der Ausstellung eines solchen Reisedokuments, zB die Leistung einer Unterschrift oder die Abgabe von Fingerabdrücken udgl sowie eines Passfotos zur Ausstellung eines rechtsgültigen Reisedokuments umfassen. Andererseits darf die, wenn auch weitreichende Mitwirkungspflicht nicht überspannt werden. Eine Mitwirkungspflicht entbindet die belangte Behörde grundsätzlich nicht von ihrer Verpflichtung, die ihr vom Gesetz auferlegten Aufgaben zu erfüllen (vgl. dazu VwGH, 23.03.2017, Ro 2017/21/0005).

Selbst nach der aktuellen Rechtslage sind Fremde daher nicht verpflichtet, sich selbst um ein Heimreisezertifikat zu bemühen; sie müssen nur alle Dokumente und Urkunden, über die sie bereits verfügen, herausgeben. Die Beschwerdeführerin hat die sich in Ihrem Besitz befindliche Geburtsurkunde bereits in ihrem Verfahren auf internationalen Schutz im Jahr 2012 vorgelegt, und darüberhinaus stets vorgebracht, über keinerlei sonstige Dokumente zu verfügen.

Daraus ergibt sich, dass die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage bei der Beurteilung der Mitwirkung der Beschwerdeführerin an der Erlangung eines Ersatzreisedokuments von einer verfehlten Rechtsansicht ausgegangen ist. Die Argumentation im angefochtenen Bescheid, wonach die Beschwerdeführerin von sich aus Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates anstrengen hätte müssen, gehen somit ins Leere.

Zu überprüfen ist allerdings noch, ob die Abschiebung aus sonstigen, von der Beschwerdeführerin zu vertretenden Gründen nicht möglich war. Dem Akt ist nicht zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin einen Ladungstermin zur Klärung ihrer Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt hätte. Es stellt sich daher zuletzt noch die Frage, ob sie ihre Identität verschleiert hat.

Die Beschwerdeführerin gab gleichbleibend an, aus Liberia zu stammen und den Namen XXXX zu tragen. Begründete Zweifel, dass Liberia nicht ihr Herkunftsstaat wäre, sind keine hervorgekommen, vielmehr wurde im vorangegangenen Asylverfahren Liberia als Herkunftsstaat angenommen und die Abschiebung nach Liberia für zulässig erklärt. Auch im angefochtenen Bescheid geht die belangte Behörde offensichtlich von Liberia als Herkunftsstaat aus. Es kann daher auch nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Bezug auf ihren Herkunftsstaat die Unwahrheit gesagt hat.

Hiezu ist auf die Judikatur des VwGH vom 28.08.2012, Zl. 2011/21/0209, zu verweisen, worin er ua. ausführte:

"Danach kann allein aus Botschaftsmitteilungen in der Art der hier vorliegenden Note der Botschaft der Republik Moldau nicht abgeleitet werden, die Fremde habe eine falsche Staatsangehörigkeit angegeben oder "seine" Identität verschleiert (Hinweis E 22.10.2009, 2009/21/0132). Fehlt es aber an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, die Fremde habe Falschangaben gemacht, so ist auch nicht ersichtlich, inwieweit eine persönlich Vorsprache aus eigener Initiative zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die genannte Botschaft hätte führen können...."

Die Voraussetzung "geklärte" bzw. "nachgewiesene Identität" für die Ausstellung der "Karte für Geduldete" ergibt sich nicht aus dem im Gesetz normierten Zweck, dass sie dem Nachweis der Identität des Fremden dient. Daraus lässt sich lediglich folgern, dass die Karte bei erwiesen falschen Identitätsangaben nicht ausgestellt werden soll (vgl. E 24. Februar 2003, 2000/21/0207; E 27. April 2004, 2003/21/0033). Dass auch in dem Fall bloßer Zweifel an den Identitätsangaben des Fremden, ohne dass jedoch ihre Unrichtigkeit feststeht, der Zweck der Karte als Identitätsnachweis die Versagung ihrer Ausstellung rechtfertigt, lässt sich nicht zwingend ableiten (VwGH 21.12.2010, 2010/21/0231). Im gegenständlichen Fall kann nicht von "erwiesen falschen Identitätsangaben" ausgegangen werden.

Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin keinen (Ausschluss-)Tatbestand iSd Abs. 3 leg.cit. idgF verwirklicht hat und sind auch sonst keine Umstände hervorgekommen, weshalb die Abschiebung aus von ihr zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre. Die Untätigkeit der belangten Behörde bezüglich der Ausstellung eines Heimreisezertifikats ist demnach nicht von der Beschwerdeführerin zu vertreten.

Wie bereits dargestellt, ist die Abschiebung der Beschwerdeführerin aus tatsächlichen, von ihr nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich. Da die Voraussetzung des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG idgF. vorliegt, ist der Beschwerdeführerin gem. Abs. 4 leg. cit. eine Karte für Geduldete auszustellen.

Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010/C 83/02) - folgend: GRC - hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge Abs. 2 leg.cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14.3.2012, U 466/11, ua. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 noch könne er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Zahlen Ra 2014/20/0017 und 2014/20/0018 (auf welches auch in aktuellen Erkenntnissen verwiesen wird, siehe etwa VwGH 28.04.2015, Ra 2014/19/0125), ausführlich mit der Frage der Möglichkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung im Asylverfahren auseinandergesetzt und dabei unter anderem folgendes ausgeführt:

"Bezogen auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung regelmäßig unterbleiben könne, wenn das Vorbringen erkennen lasse, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse. Habe der Asylwerber hingegen bestimmte Umstände und Fragen bereits in erster Instanz releviert oder seien solche erst nachträglich bekannt geworden, sei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die vom betroffenen Asylwerber bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde (an den Asylgerichtshof) aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft sei (vgl. dazu nochmals VfGH vom 14. März 2012, Zl. U 466/11 ua.). In weiteren Entscheidungen hat er die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung verneint, wenn der Sachverhalt "sichtlich nicht hinreichend geklärt erscheint" (vgl. VfGH vom 13. März 2013, Zl. U 1175/12 ua.), mangels vertiefender Ermittlungen zur behaupteten Verfolgung "gerade nicht" geklärt sei (vgl. VfGH vom 26. Juni 2013, Zl. U 1257/2012), der Asylgerichtshof notwendige Ermittlungstätigkeit hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Asylwerbers in wesentlichen Punkten unterlassen habe (vgl. VfGH vom 3. Oktober 2013, Zl. U 477/2013), die Glaubwürdigkeit der Asylwerberin "großteils nur auf Grund ihres Vorbringens in erster Instanz beurteilt" habe, obwohl in der Beschwerde an ihn "wesentliches Tatsachenvorbringen erstattet wurde, welche die in erster Instanz durchgeführte Beweiswürdigung und die darauf gegründeten Tatsachenfeststellungen begründet in Frage" gestellt habe (vgl. VfGH vom 3. Oktober 2013, Zl. U 642/2012), in nicht nachvollziehbarer Weise und ohne Einräumung von Parteiengehör andere Feststellungen getroffen worden seien als zuvor im Verwaltungsverfahren, die dort zudem auf den durch die persönliche Einvernahme gewonnenen persönlichen Eindruck des Asylwerbers beruht hätten (vgl. VfGH vom 21. Februar 2014, Zl. U 152/2013), oder wenn seit Einbringung der Beschwerde bereits lange Zeit vergangen sei, sodass allein schon deswegen der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt einer Aktualisierung bedurft habe (vgl. VfGH vom 22. November 2013, Zl. U 729/2013, bezogen auf die im Rahmen einer Entscheidung über eine aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu klärende Frage des Ausmaßes der mittlerweile bestehenden Integration des Fremden).

Mit Blick darauf, dass der Gesetzgeber (...) im Zuge der Schaffung des § 21 Abs. 7 BFA-VG vom bisherigen Verständnis gleichlautender Vorläuferbestimmungen ausgegangen ist, sich aber die Rechtsprechung auch bereits damit auseinandergesetzt hat, dass sich jener Rechtsrahmen, in dessen Kontext die hier fragliche Vorschrift eingebettet ist, gegenüber jenem, als sie ursprünglich geschaffen wurde, in maßgeblicher Weise verändert hat, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

Ausgehend von diesem Kriterienkatalog war im gegenständlichen Fall eine weitere Beweisaufnahme und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht nötig, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt unzweifelhaft aus dem unter Punkt I. dargestellten Verfahrensgang. Der angefochtene Bescheid enthält ob des unstrittigen Verfahrensganges keine beweiswürdigenden Ausführungen, sondern nimmt die belangte Behörde ohne weiteres Bezug auf den aus der Aktenlage ersichtlichen Verfahrensgang, von dem auch das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Erkenntnis ausgeht. Ein darüber hinausgehender oder dem entgegenstehender Sachverhalt wurde zu keinem Zeitpunkt behauptet.

Bei Zugrundelegung der gleichen Tatsachenebene kommt das erkennende Gericht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung als die belangte Behörde, es konnte dabei jedoch von dem vom Bundesamt soweit ermittelten Sachverhalt ausgegangen werden. Im Ergebnis bestand daher kein Anlass für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wobei im Übrigen darauf hinzuweisen ist, dass auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu keinem anderen Verfahrensausgang geführt hätte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Abschiebung, Aufenthalt im Bundesgebiet, Ausreiseverpflichtung,
Duldung, Karte für Geduldete, Mitwirkungspflicht, Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I416.1438018.3.00

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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