TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/22 LVwG-1-331/2019-R15

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Veröffentlicht am 22.04.2020
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Entscheidungsdatum

22.04.2020

Norm

VStG §44a Z1
NatSchG Vlbg 1997 §37 Abs1
NatSchG Vlbg 1997 §57 Abs1 litb

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Reinhold Köpfle über die Beschwerde des Ing. M S, D, vertreten durch Achammer & Mennel Rechtsanwälte OG, Feldkirch, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 19.07.2019, Zl X-9-2019/15345, betreffend eine Übertretung nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigen Folgendes vorgeworfen:

„Datum/Zeit: 01.12.2019 bis 28.2.2019

Ort:             D, Skigebiet, Bereich der Bergstation der 6er-Sesselbahn „R“

Sie haben es als nach § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma D S GmbH, D, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der D S GmbH & Co KG, D, ist, zu verantworten, dass ein Vorhaben abweichend von Bewilligungen, die aufgrund dieses Gesetzes erteilt worden sind, ausgeführt worden ist, indem die Auflage I./b)18. des Genehmigungsbescheides der BH B vom 24.2.2006, wonach "Im Bereich der Bergstation der 6er-Sesselbahn "R" durch geeignete Absperrungen und Hinweise sicherzustellen ist, dass ein Abfahren außerhalb der bewilligten Piste, z.B. nach L bzw. in Richtung Mtal, nicht möglich ist.", nicht erfüllt haben, da bei einem am 28.2.2019 durchgeführten Lokalaugenschein festgestellt werden konnte, dass die Skiroute X bei der Bergstation R deutlich beschildert und geöffnet ist und von zahlreichen Schifahrern benutzt wird.

Seitlich der Pisten A und B befinden sich zwar Absperrungen, diese sind jedoch nicht durchgängig, sodass ein Abfahren außerhalb der bewilligten Pisten möglich ist. Auf dem im Internet unter abrufbaren Pistenplan ist die Skiroute X eingezeichnet. Die Skiroute X wird mit Pistenwalzen präpariert. Die D S GmbH &Co KG betreibt daher entgegen der erwähnten Bescheidauflage die Skiroute Nr. X, Sjoch, welche von der Bergstation R über das Sjoch zu den Talstationen der Seilbahnen H und S führt.“

Die Bezirkshauptmannschaft erblickte darin eine Übertretung des § 57 Abs 1 lit b des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung iVm dem Bescheid der BH B vom 24.2.2006. Es wurde eine Geldstrafe von 1.800 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 19 Stunden festgesetzt.

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, der gegenüber dem Beschwerdeführer erhobene Vorwurf sei aus verschiedenen Gründen unberechtigt. Er habe kein strafbares Verhalten, insbesondere einen Verstoß gegen die zitierte Auflage, zu verantworten. Die Auflage sei nicht rechtswirksam, da sie zu unbestimmt sei. Die Auflage werde von der belangten Behörde falsch interpretiert. Die Behörde habe überdies jahrelang konsequent die Rechtsauffassung vertreten, dass die nunmehr monierte Skiroute Nr X nicht gegen die Auflage verstoße, sodass die Behörde verbindlich darüber abgesprochen habe und daran gebunden sei. Er habe jedenfalls auf die Richtigkeit der zwölf Jahre langen Praxis vertrauen dürfen und könne ein lediglich auf Druck des Landesvolksanwaltes zurückzuführender Meinungsumschwung ihm nicht zum Nachteil gereichen. Für das Verständnis, in welchem Konnex die von der Behörde angesprochene Auflage erlassen worden und wie dies zu verstehen sei, sei es unumgänglich, den gesamten Akt einzuholen und komme den Ausführungen des Naturschutzsachverständigen zentrale Bedeutung zu. Dies sei nicht nur zur Interpretation der Auflage notwendig, es wäre auch notwendig gewesen, den damaligen Naturschutzsachverständigen dazu einzuvernehmen. Dies zum Beweis dafür, dass die nunmehr monierte Skiroute Nr X nicht gegen Auflagen verstoße, sondern diese Skiroute aus dem Gesichtspunkt des Naturschutzes sogar sinnvoll sei. Die nunmehr geänderte Rechtsansicht der Behörde verwundere insofern, als die Behörde selbst geprüft habe, ob die Auflagen eingehalten werden. Bei diesen Prüfungen sei die Behörde jeweils zum Ergebnis gelangt, dass die Auflagen eingehalten würden. Der nunmehrige Wandel der BH B in ihrer Sichtweise um 180 Grad sei nicht nachvollziehbar. Im Bewilligungsverfahren sei es darum gegangen, dass ein Abfahren nach L bzw ins Mtal verhindert werden solle. Das demonstrative „zB“ habe keine Funktion und beruhe auf einer offenbaren Unrichtigkeit. Dieser Umstand sei sämtlichen involvierten Personen bekannt gewesen, weshalb auch der auflagenkonforme Betrieb der Skiroute wiederholt bestätigt worden sei. Sämtliche Verfahrensergebnisse im Bewilligungsakt, sohin die Stellungnahmen der BH B, der Aktenvermerk über den Lokalaugenschein vom 02.02.2012 sowie das Gutachten des Sachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz vom 21.06.2017 würden ganz klar dafür sprechen, dass die Auflage so zu verstehen sei, dass eine Abfahrt in Richtung L und Mtal erschwert werden sollte, aber keineswegs dahingehend, dass ein generelles Befahren des Geländes im Bereich der bereits damals befahrenen Skiroute Nr X verunmöglicht werden müsse. Diese Interpretation entspreche auch der bislang vertretenen Rechtsansicht der BH B. Darüber hinaus könne der Auflage gar nicht entsprochen werden, da sie zu unbestimmt sei, da der Bereich der Bergstation örtlich nicht bestimmt sei. Die Auflage sei nicht erfüllbar, zumal gar nicht sichergestellt werden könne, dass ein Abfahren nicht möglich sei. Sie sei auch insoweit völlig unbestimmt, da nicht klargelegt sei, was mit dem Zusatz „zB nach L bzw in Richtung Mtal“ gemeint sei. Wäre tatsächlich ein Abfahren außerhalb der bewilligten Piste generell nicht möglich, hätte dieser Zusatz keinen Sinn, was nicht ohne Weiteres unterstellt werden könne und dürfe. Die Auflage sei sohin in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig und unanwendbar, da sie unbestimmt und von den Bescheidadressaten auch nicht erfüllbar sei. Der Beschwerdeführer bzw die D S GmbH & Co KG seien stets in Abstimmung mit der BH B vorgegangen. Die Skiroute Nr X sei in Absprache mit der BH B eröffnet und habe diese jahrelang und mehrfach bestätigt, dass die Skiroute nicht gegen die vorgenannten Auflagen verstoße. Der Beschwerdeführer habe auf die Richtigkeit der zwölf Jahre lang geäußerten Rechtsansicht der Behörde vertrauen dürfen. Der nunmehrige Meinungsumschwung dürfe dem Beschwerdeführer keinesfalls verwaltungsstrafrechtlich zum Nachteil gereichen. Im vorliegenden Fall liege kein Verschulden iSd § 5 Abs 2 VStG vor.

3.   Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 24.02.2006 wurde der Bergbahnen M GmbH & Co KG und der D S GmbH & Co (nunmehr D S GmbH & Co KG) die Bewilligung nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung für die Errichtung der 8er-Kabinenbahn „G“, der 6er-Sesselbahn „H W“, der 6er-Sesselbahn „E“ und der 6er-Sesselbahn „R“ samt der vorgesehenen Pisten in den Gemeindegebieten von D, M und A erteilt. Dieser Bescheid enthält unter anderem folgende Auflage:

I./b)/18.:

„Im Bereich der Bergstation der 6er-Sesselbahn R ist durch geeignete Absperrungen und Hinweise sicherzustellen, dass ein Abfahren außerhalb der bewilligten Piste, zB nach L bzw in Richtung Mtal, nicht möglich ist.“

Nach Errichtung der 6er-Sesselbahn R im Jahr 2010 wurde der Bergbahnen D-M GmbH & Co KG die bescheidmäßige Ausführung der Anlage nach Lokalaugenscheinen vom 12.07.2011 und vom 19.06.2012 mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft B vom 31.07.2012 bestätigt. Der Amtssachverständige für Naturschutz und Landschaftsentwicklung hat dann auch weiterhin bestätigt, dass die Auflage Nr. I./b)/18. aus fachlicher Sicht eingehalten wird. Ebenso wurde dies vom Amtssachverständigen für Wildökologie bestätigt. Die Bezirkshauptmannschaft B ist dieser Ansicht zunächst auch in rechtlicher Hinsicht gefolgt.

In weiterer Folge hat die D S GmbH & Co KG die Skiroute Nr X errichtet, welche westlich der Bergstation der 6er-Sesselbahn R startet, Richtung Sjoch verläuft und sodann ostwärts ziehend in die bereits bestehende Skiroute Nr Y mündet.

Zur Schiroute Nr X stellte der Amtssachverständige für Naturschutz und Landschaftsentwicklung in seinem Gutachten vom 21.06.2017 fest, dass das Ausweisen und Präparieren dieser Skiroute – „Sjoch“ – eine weitere Lenkungsmaßnahme zur Kanalisierung der Abfahrten darstelle und offensichtlich erst im Laufe des Schibetriebes durch die vermehrten Abfahrten Richtung Alpe R erforderlich geworden sei. Er hielt fest, dass die Auflage I./b)/18. auch in Anbetracht der Skioute Nr X als erfüllt angesehen werden könne.

Nach Intervention des Landesvolksanwaltes änderte die Bezirkshauptmannschaft B im Jahr 2018 ihre Rechtsansicht zur Einhaltung dieser Auflage.

Mit Schreiben vom 22.02.2019 forderte die Bezirkshauptmannschaft B die D S GmbH & Co KG auf, die Verhältnisse entsprechend der Rechtsauffassung des Landesvolksanwaltes herzustellen, insbesondere sicherzustellen, dass die Skiroute Nr X nicht präpariert werde, an ihrem Beginn im Bereich der Bergstation der Sesselbahn R wirksam abgesperrt werde, die Tafeln, die auf die Skiroute Nr X verweisen, entfernt werden und die Skiroute Nr X im Pistenplan gestrichen werde. Weiters sei durch geeignete Absperrungen und Hinweise sicherzustellen, dass von der Bergstation der Sesselbahn R ein Abfahren außerhalb der bewilligten Pisten nicht möglich sei. Diese Maßnahmen seien, sofern sie nicht ohnehin bereits eingehalten würden, umgehend umzusetzen.

Bei einem am 28.02.2019 durchgeführten Lokalaugenschein der Bezirkshauptmannschaft B wurde festgestellt, dass die Skiroute Nr X bei der Bergstation R deutlich beschildert und geöffnet war und von zahlreichen Skifahren benutzt wurde. Seitlich der Pisten A und B befanden sich zwar Absperrungen, diese waren jedoch nicht durchgängig, sodass ein Abfahren außerhalb der bewilligten Pisten möglich war. Auf dem im Internet unter ZZZ abrufbaren Pistenplan war die Skiroute Nr X eingezeichnet. Die Skiroute Nr X wurde mit Pistenwalzen präpariert. Die Skiroute Nr X, Sjoch, führt von der Bergstation R über das Sjoch zu den Talstationen der Seilbahnen H und S.

Die zuständige Fachabteilung hat daraufhin Strafanzeige an die Strafabteilung der Bezirkshauptmannschaft B erstattet. In ihrer Stellungnahme vom 25.04.2019 vertritt die Behörde nunmehr die Ansicht, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der Auflage im Bewilligungsbescheid der Bescheidinhaber jedenfalls sicherzustellen habe, dass im Bereich der Bergstation der 6er-Sesselbahn „R“ nur auf der bewilligten Piste abgefahren werden kann. Das bedeute, dass ein Abfahren außerhalb der bewilligten Pisten Nr. A und B zu verhindern sei. Die in der gegenständlichen Auflage genannten einzelnen Bereiche („zB nach L bzw in Richtung Mtal“) seien lediglich beispielhaft angeführt. Diese Auflage verlange, dass durch geeignete Absperrungen und Hinweise im Bereich der Bergstation der 6er-Sesselbahn „R“ sicherzustellen sei, dass ein Abfahren außerhalb der bewilligten Pisten nicht möglich sei.

Ungeachtet dessen erließ die Bezirkshauptmannschaft B am 23.12.2019 einen Bescheid, mit dem gemäß § 68 Abs 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991 idgF, der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 24.02.2006 von Amts wegen derart abgeändert wurde, dass die Auflage des Spruchpunktes I./b)18. wie folgt zu lauten habe:

„18. Bei der 6er-Sesselbahn „R“ ist durch folgende Absperrungen und Hinweise sicherzustellen, dass ein Abfahren in das Naturschutzgebiet „H Kl – H F – Mtal“ sowie in verordnete Wildruhezonen bestmöglich verhindert wird:

a)   Zum Naturschutzgebiet „H K – H F – Mtal“ hin ist die Abfahrtsmöglichkeit in Richtung G, deren Einfahrtsbereich sich zwischen dem R B und dem H befindet, durch einen massiven Zaun abzusperren.

b)   Im unmittelbaren Bergstationsbereich der 6er-Sesselbahn „R“ ist bei den Pistenwegweisern eine Informationstafel zu den von dort aus mit Skiern erreichbaren Naturschutzgebieten bzw verordneten Wildruhezonen aufzustellen.

c)   Auf Höhe des Sjochs ist zur Kenntlichmachung des Naturschutzgebietes sowie über allfällig verordnete (Wild)Ruhezonen eine Informationstafel anzubringen.

d)   Am südlichen Pistenrand der Piste A ist ein zumindest 20 m langer Leitzaun – beginnend auf bergseitiger Höhe der Bergstation – anzubringen, um Wintersportler bei schlechten Sichtverhältnissen auf die Piste A zu leiten und somit ein vermehrtes Abfahren in den Bereich „Alpe R“ hintanzuhalten.“

Im Übrigen bleibe der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 24.02.2006 vollinhaltlich aufrecht.

Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

4.   Dieser Sachverhalt wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes sowie des eingeholten Verwaltungsaktes zum Verfahren als erwiesen angenommen. Dieser Sachverhalt ist soweit auch unbestritten.

5.1. Gemäß § 44a Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991, idF BGBl I Nr 33/2013, hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

5.2. Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat richtig und vollständig vorgehalten wird (VwGH 08.08.2008, 2008/09/0042). Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren (VwGH 25.02.1992, 91/04/0285), die Frage ihrer Übereinstimmung mit den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG ist folglich in jedem konkreten Fall einzeln zu beurteilen.

Auflagen müssen so bestimmt formuliert sein, dass dem Verpflichteten die Einhaltung zweifelsfrei – ohne neuerliche Nachforschungen – ermöglicht wird. Sie haben so klar gefasst zu sein, dass sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen (VwGH 27.05.1997, 97/04/0026). Das Bestimmtheitserfordernis ist nicht erfüllt, wenn der Inhalt der Auflage dem Bescheid samt Beilagen nicht eindeutig zu entnehmen ist (VwGH 13.03.1991, 90/03/0038).

Die Frage, ob eine Auflage ausreichend bestimmt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Inhalt muss nicht für jedermann unmittelbar eindeutig erkennbar sein. Es genügt, wenn er für den Bescheidadressaten objektiv erkennbar ist bzw durch Beiziehung von Fachleuten objektiv bestimmt werden kann. Die Bestimmtheit einer Auflage ist daher nicht nur eine Rechts-, sondern auch eine Fachfrage (VwGH 10.10.2014, 2012/06/0020; 22.02.2001, 2000/07/0254; 29.06.2000, 2000/07/0014; ebenso Hengstschläger/Leeb, AVG, § 59 Rz 38).

So hat der VwGH beispielsweise die Formulierung „durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass jegliche Sicherheit bei einer Sprengung in einem Steinbruch gewährleistet ist“ als unzureichend bestimmt erachtet (VwGH 18.04.1989, 87/04/0080). Ebenso wurde eine Auflage, wonach eine Ersatzaufforstungsfläche „im unmittelbaren Nahbereich der neuen Anlage“ liegen solle, wofür sich „beispielsweise“ die alte Lifttrasse anbiete, vom VwGH ebenfalls als nicht hinreichend bestimmt beurteilt (VwGH 10.10.2007, 2007/03/0151).

5.3. Unter Zugrundelegung der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist zur gegenständlichen Auflage I./b)18. im Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 24.02.2006 Folgendes auszuführen:

Die Formulierung „im Bereich der Bergstation der 6er-Sesselbahn R“ legt im Sinne der angeführten Rechtsprechung nicht ausreichend konkret fest, welcher Bereich um die Bergstation R gemeint ist bzw wo dieser Bereich beginnt und wo er endet. Die Formulierung „im Bereich“ verweist im vorliegenden Fall auf keinerlei Planunterlagen oder dergleichen und ist insofern nicht bestimmt (vgl VwGH 11.09.2003, 2002/07/0141, wo der „Bereich“ durch Verweis auf die Planunterlagen konkretisiert wurde). Ebenso ist nicht mit ausreichender Klarheit dargelegt, was unter „geeigneten Absperrungen und Hinweisen“ zu verstehen ist, um sicherzustellen, dass ein „Abfahren außerhalb der bewilligten Piste nicht möglich“ ist. Bloße Hinweise wären sicherlich ungeeignet, um ein Abfahren außerhalb der bewilligten Piste zu verunmöglichen. Absperrungen müssten über weite Strecken entlang der bewilligten Pisten und in einer solchen Ausführung und Höhe ausgeführt werden, dass ein Übersteigen oder unten Durchfahren durch Skifahrer verunmöglicht würde. Dass eine derart weitgehende Absperrpflicht mit der gegenständlichen Auflage beabsichtigt war, kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil eine so massive Absperrmaßnahme mit den Zielsetzungen des Naturschutzes nicht vereinbar wäre. So hat auch der Amtssachverständige für Naturschutz und Landschaftsentwicklung in seiner Stellungnahme (Niederschrift vom 06.11.2019) ausgeführt, dass eine Absperrung des südlichen Randes der Piste A auf der gesamten Länge mit erheblichen landschaftsbildlichen Eingriffen in diesen Bereich verbunden wäre und es auch nicht Intention der Auflage sei, dass auf voller Länge Absperrungen angebracht würden. Die vorhandene Ausführung der Zäune sei ausreichend.

Auch ist weiters ins Treffen zu führen, dass die belangte Behörde seit der Überprüfung der Fertigstellung der Seilbahnanlage inklusive der Pisten A und B in den Jahren 2011 und 2012 und auch nach Inbetriebnahme der Skiroute Nr X bis zum Jahr 2018 ebenfalls davon ausgegangen ist, dass die betreffende Auflage als erfüllt anzusehen ist. Wenn die belangte Behörde nunmehr eine andere Interpretation des Inhaltes der Auflage vornimmt, zeigt auch dies, dass die genannte Auflage so viel Interpretationsspielraum offen lässt, dass sie sowohl als erfüllt als auch als nicht erfüllt angesehen werden kann. Nicht zuletzt zeigt auch der von der Bezirkshauptmannschaft B erlassene Berichtigungsbescheid vom 23.12.2019, mit welchem die betreffende Auflage neu gefasst und konkretisiert wurde, dass die Auflage in ihrer ursprünglichen Fassung nicht eindeutig bestimmt und deren Einhaltung somit auch nicht überprüfbar war.

Die Auflage I./b)/18. im Bewilligungsbescheid vom 24.02.2006 erweist sich somit als nicht ausreichend bestimmt genug, um darauf eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Nichteinhaltung dieser Auflage zu stützen. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6.                                                                                Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Naturschutz, Bescheidauflage, ausreichende Bestimmtheit, Strafbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2020:LVwG.1.331.2019.R15

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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