TE Vwgh Erkenntnis 2007/10/10 2007/03/0151

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Veröffentlicht am 10.10.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;
93 Eisenbahn;

Norm

AVG §52;
AVG §8;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
SeilbG 2003 §40;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §5 Abs2;
WRG 1959 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Wassergenossenschaft W in W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Erich Moser Gesellschaft mbH, 8850 Murau, Schwarzenbergsiedlung 114, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 30. Juli 2007, Zl. 20505-117/93/24-2007, betreffend Erteilung einer seilbahnrechtlichen Baugenehmigung (mitbeteiligte Partei: F KG in F, vertreten durch Dr. Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in 5580 Tamsweg, Untere Postgasse 17), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Bescheid wird im Umfang der Anfechtung (hinsichtlich seiner Spruchpunkte I. und V.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde unter Spruchpunkt I. der mitbeteiligten Partei "gemäß §§ 14 Abs 4, 17 iVm § 41 bis 44 Seilbahngesetz 2003 sowie § 93 Abs 1 Z 4, Abs 2 und 3 sowie § 117 Abs 2 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz" die seilbahnrechtliche Baugenehmigung für die Errichtung der Sechssesselbahn Z in W erteilt. Diese Baugenehmigung werde "nach Maßgabe der vorgelegten Bauentwurfsunterlagen der Firma M vom 25.7.2007, auf Grundlage der Verhandlungsschrift vom 25.7.2007, Zahl..., welche einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildet, sowie nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen erteilt:

1. Das Bauvorhaben ist entsprechend dem einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Bauentwurf unter Berücksichtigung der im Zuge der gegenständlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen auszuführen.

2. Die im Sicherheitsbericht und den zugrunde gelegten Gutachten enthaltenen Forderungen und Maßnahmen sind einzuhalten.

3. Die Vorschreibungen, Auflagen und Forderungen, die in der gegenständlichen Verhandlungsschrift unter Abschnitt C lit. b), d), f), g) und h) und Abschnitt D lit. b) aufscheinen, sind ordnungsgemäß zu erfüllen bzw einzuhalten.

4.

Das Bauvorhaben ist innerhalb eines Jahres fertig zu stellen.

5.

Nach Fertigstellung des Bauvorhabens ist rechtzeitig um Erteilung der Betriebsbewilligung bei der Landeshauptfrau von Salzburg anzusuchen. Der öffentliche Verkehr darf erst nach Erteilung dieser Betriebsbewilligung aufgenommen werden."

Unter Spruchpunkt III. wurde "gemäß §§ 17 ff Forstgesetz 1975 idgF iVm § 185 Abs 6 leg. cit." über Antrag der mitbeteiligten Partei "namens der betroffenen Grundeigentümer" auf näher genannten Grundstücken die Bewilligung zur Rodung der für die Seilbahn benötigten Grundflächen unter der Bedingung erteilt, "dass den unter Abschnitt C lit b) und in der Beilage B der beiliegenden Verhandlungsschrift aufscheinenden Vorschreibungen und Forderungen entsprochen wird." Diese Bewilligung werde "nach Maßgabe der vorgelegten Rodungsunterlagen des technischen Büros Ing. K L vom 12.1.2007" erteilt. Insbesondere werde festgelegt, dass die Rodungsbewilligung mit 31. Dezember 2009 erlischt, wenn der Rodungszweck nicht erfüllt wurde, dass die Rodungsbewilligung an die ausschließliche Verwendung der zu rodenden Fläche für den Seilbahnbetrieb bzw dessen Sicherung gebunden wird und dass zur Hintanhaltung nachteiliger Wirkungen für die umliegenden Wälder bzw zum Ausgleich des Verlustes an Waldfläche die im Gutachten des forsttechnischen Amtsachverständigen vorgeschriebene Ersatzaufforstung innerhalb der vorgesehenen Frist durchzuführen ist.

Unter Spruchpunkt IV. wurden die Einwendungen der Beschwerdeführerin gemäß § 19 Abs 4 Forstgesetz 1975 "mangels Parteistellung zurückgewiesen".

Unter Spruchpunkt V. wurden die Einwendungen der Beschwerdeführerin gemäß § 41 Abs 1 und 42 Seilbahngesetz 2003 "als unbegründet abgewiesen".

              2.              Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen folgendes aus:

Die Erteilung der Baugenehmigung gründe sich "auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, auf die Erklärungen der Genehmigungswerberin und auf die angeführten gesetzlichen Bestimmungen". Die Bescheidauflagen seien "zur Vervollständigung der Bauentwurfsunterlagen inklusive des Sicherheitsberichtes erforderlich", um eine sichere Baudurchführung zu gewährleisten und die Voraussetzungen für einen künftigen sicheren Bestand und Betrieb der Seilbahn zu schaffen.

Gemäß dem Gutachten des forsttechnischen Amtsachverständigen sei das öffentliche Interesse an der Walderhaltung im gegenständlichen Waldbereich grundsätzlich sehr hoch. Die Schutzfunktion sei jedoch "örtlich durch die geringfügigen Neigungsverhältnisse des Geländes nur bedingt gegeben, sodass die Wasser-Lawinenretention in diesem Bereich nur eine untergeordnete Rolle" spiele. Vielmehr begründe sich die hohe Wertigkeit der Schutzfunktion als Standortschutzwald durch die hohe Lage des Projektgebietes. Die Rodung beschränke sich allerdings auf einzelne Bäume. Zudem weise der Bereich der Talstation "einen Bestockungsgrad von maximal 0,5" auf, "was die Beeinträchtigung der Funktionen des Waldes durch die Rodung relativiert".

Zusammenfassend - so die belangte Behörde - stehe auf Grund des forsttechnischen Gutachtens und der Projektsunterlagen fest, dass "auch auf Grund der Waldflächenbilanz und der Waldflächendynamik das Gewicht und Ausmaß des öffentlichen Interesses an der Walderhaltung als mittel einzustufen" sei. Dem sei gegenüber zu stellen, dass die neu zu errichtende Seilbahn als Ersatz für eine bestehende Anlage errichtet werde, wobei Teilflächen der alten Schlepplifttrasse wieder aufgeforstet würden. Die neue Anlage werde einen maßgeblichen Bestandsteil des Skigebietes F darstellen, verbunden mit einer erheblichen Komfortverbesserung und einer höheren Leistungsfähigkeit. Das Projekt bilde einen wesentlichen Bestandsteil des touristischen Angebots der Region und diene auch zur langfristigen wirtschaftlichen Absicherung des Skigebietes F. Auf Grund dieser Erwägungen sei davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse am künftigen Betrieb der Bahn an sich und an deren sicheren Betriebsführung das öffentliche Interesse an der Erhaltung der benötigten Waldflächen überwiege, wobei in diese Beurteilung auch die Durchführung der Ersatzaufforstung positiv einfließe.

Eine Parteistellung der Beschwerdeführerin nach dem Forstgesetz 1975 sei zu verneinen, da sie nicht zum berechtigten Personenkreis gemäß § 19 Abs 4 leg. cit gehöre.

Hinsichtlich der Abweisung der Einwendungen der Beschwerdeführerin nach dem Seilbahngesetz 2003 (Spruchpunkt V.) führte die belangte Behörde Folgendes aus:

"Die (Beschwerdeführerin) besitzt an einer auf Grundstücksnummer ... KG ..., gelegenen Quelle ein Wassernutzungsrecht gemäß § 12 Abs 2 Wasserrechtsgesetz idgF. Aufgrund der gleich lautenden Bestimmungen zur Parteistellung gemäß § 40 SeilbG 2003 zu den Regelungen der Parteistellung im Eisenbahngesetz 1957 ist diese analog zu sehen. Gemäß § 40 Seilbahngesetz kann Parteistellung auch den Nutzungsberechtigten an im Gefährdungsbereich gelegenen Grundstücken zukommen. Allerdings haben gemäß herrschender Judikatur Wasserberechtigte als Träger von rechtmäßig geübten Wassernutzungen nur dann Parteistellung, wenn eine Berührung dieser Rechte (Veränderung oder Beschränkung) durch das Vorhaben nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann.

In den Gutachten des wasserbau- und forsttechnischen Amtssachverständigen ist festgehalten, dass hinsichtlich der gegenständlichen Quellnutzungen (auch jene der (Beschwerdeführerin)) bezüglich der zu erwartenden geänderten Oberflächenwasser-Abflüsse eine negative Beeinträchtigung ausgeschlossen werden kann. Da dieser Bereich nur schütter mit Wald bestockt ist, und de facto nur einzelne Bäume tatsächlich gerodet werden müssen, werden sich die Abflussverhältnisse im Bereich der Seilbahntrasse nicht ändern. Im Bereich der Talstation findet eine großflächige Rodung statt, auch hier weist der betroffene Waldbestand lediglich einen Bestockungsgrad von maximal 0,5 auf. Lediglich im Bereich der Talstation ist eine umfangreichere Flächenversiegelung geplant, sodass es in diesem Bereich zwar zu einer Erhöhung des Oberflächenabflusses kommen wird, durch die Anlage eines Retentionsbeckens werden jedoch die im Bereich der Talstation anfallenden Oberflächenwässer zurückgehalten und dosiert in den bestehenden 'Agraben' eingeleitet. Dadurch kann in diesem Bereich ausgeschlossen werden, dass sich die anfallenden Oberflächenwässer negativ auf die Unterlieger auswirken. Vom Sachverständigen wird außerdem darauf hingewiesen, dass die Quelle der (Beschwerdeführerin) ca. 1,8 km vom Vorhaben entfernt gelegen ist.

Aufgrund dieser Ausführungen der Sachverständigen ergibt sich für die Behörde schlüssig, dass eine Berührung der geltend gemachten Wassernutzungsrechte durch das gegenständliche Vorhaben von vorn herein ausgeschlossen werden kann.

Davon unabhängig ist festzustellen, dass die geltend gemachten Einwendungen Rodungen zur Anlage von Pistenflächen betreffen. Die Anlage von Pistenflächen ist jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens.

Eine Parteistellung der Wassergenossenschaft W ist somit gemäß Seilbahngesetz nicht gegeben.

Dessen ungeachtet sind im Projekt Maßnahmen vorgesehen (Beweissicherung der Quellen, Errichtung eines Retentionsbeckens im Bereich der Talstation), welche laut Aussage der Amtssachverständigen schlüssig darlegen, dass für sämtliche projektgegenständlichen Quellen im Bereich der betroffenen Liegenschaften Veränderungen bzw. Beschränkungen ausgeschlossen werden können."

              3.              Gegen diesen Bescheid, ausgehend vom Beschwerdepunkt ("Recht auf Zuerkennung der Parteistellung") und -begründung inhaltlich aber nur gegen die Erteilung der seilbahnrechtlichen Baugenehmigung unter Verneinung der diesbezüglichen Parteistellung der Beschwerdeführerin, richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

              1.              Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, ihre Parteistellung nach dem Seilbahngesetz 2003 sei von der belangten Behörde zu Unrecht verneint worden, weil entgegen den Annahmen der beigezogenen Sachverständigen und ihnen folgend der belangten Behörde eine Beeinträchtigung der Wassernutzungsrechte der Beschwerdeführerin durch das bewilligte Projekt nicht ausgeschlossen werden könne.

              2.              Diese Ausführungen sind im Ergebnis zielführend.

2.1. Die maßgebenden Bestimmungen des Seilbahngesetzes 2003, BGBl I Nr 103/2003 idF BGBl I Nr 59/2006 (SeilbG), lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Allgemeines

...

§ 17. Für den Bau und Betrieb von Seilbahnen sowie für Zu- und Umbauten und Abtragungen von Seilbahnanlagen sind, sofern nicht die Vorraussetzungen gemäß § 18 vorliegen, eine Baugenehmigung und Betriebsbewilligung erforderlich.

...

Baugenehmigung

...

§ 40. Parteien sind insbesondere der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften und die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten. Betroffene Liegenschaften sind außer den durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften auch die, die in den Bauverbotsbereich zu liegen kommen sowie diejenigen, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden könnten.

§ 41. (1) In der Baugenehmigung ist über alle gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwendungen sowie über alle sonst vom Bauvorhaben berührten Interessen zu entscheiden, soweit es sich nicht um zivilrechtliche Ansprüche handelt; diese sind auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

(2) Mit der Baugenehmigung können Nebenbestimmungen (Auflagen und Bedingungen) verbunden werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Seilbahnbetriebes und Seilbahnverkehrs erforderlich ist.

§ 42. Einwendungen, die eine Verletzung subjektivöffentlicher Rechte zum Inhalt haben, sind als unbegründet abzuweisen, wenn der durch die Baugenehmigung entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, welcher der Partei durch die Genehmigung des Bauvorhabens erwächst."

2.2. Die Regelung der Parteistellung im seilbahnrechtlichen Verfahren durch § 40 SeilbG folgt insoweit - nahezu wortgleich - § 34 Abs 4 EisbG 1957 idF vor der Novelle BGBl I Nr 125/2006. Auch den Gesetzesmaterialien (vgl die Erläuterungen zur Regierungsvorlage) ist nicht zu entnehmen, dass mit der zitierten Bestimmung eine inhaltliche Änderung der bisherigen Regelung, wonach die in Rede stehenden "Seilbahnen" dem EisbG 1957 unterfielen, weshalb für den Bau derartiger Anlagen eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung notwendig war, hinsichtlich der sich die Parteistellung nach § 34 Abs 4 leg. cit bestimmte, normiert werden sollte.

Vor diesem Hintergrund kann zur Beantwortung der im Beschwerdefall entscheidenden Frage, unter welchen Voraussetzungen der Beschwerdeführerin als Wasserberechtigte Parteistellung im gegenständlichen Verfahren vor der belangten Behörde zukommt, auf die Judikatur zu § 34 Abs 4 EisbG 1957 zurückgegriffen werden.

2.3. Im hg Beschluss vom 30. Juni 2006, Zl 2003/03/0209, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf frühere Judikatur ausgeführt, Wasserberechtigte im Sinne der genannten Bestimmung seien die Träger von rechtmäßig geübten Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8 WRG) und von Nutzungsbefugnissen nach § 5 Abs 2 WRG, sofern eine Berührung dieser Rechte (Veränderung oder Beschränkung) durch das Eisenbahnbauvorhaben nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Gestützt auf eine befürchtete Einwirkung auf ein Wassernutzungsrecht gemäß § 12 Abs 2 WRG kann daher Parteistellung im Genehmigungsverfahren beansprucht werden, sofern eine Berührung der Rechte am Wasser (Veränderung oder Beschränkung) durch das Vorhaben nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Hängt die Parteistellung von der Berührung eines wasserrechtlich geschützten Rechtes im Sinne des § 12 Abs 2 WRG ab, so ist die Beiziehung des Berechtigten als Partei im Zweifel dann geboten, wenn eine solche Berührung seines Rechtes zwar nicht wahrscheinlich, aber aufgrund sachverständiger Beurteilung auch nicht von vornherein auszuschließen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 5. März 1997, Zl 95/03/0338, mwN). Ob eine Beeinträchtigung dieses Rechtes tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, berührt aber nicht die Parteieigenschaft (vgl das hg Erkenntnis vom 28. September 2006, Zl 2005/07/0019, mwN).

2.4. Die Beschwerdeführerin ist unstrittig Trägerin eines Wassernutzungsrechtes im Sinne des § 12 Abs 2 WRG. Zur Verneinung ihrer Parteistellung wäre daher die nach sachverständiger Beurteilung zu treffende Feststellung nötig, eine Berührung ihrer Rechte sei von vornherein ausgeschlossen.

Die diesbezügliche Beurteilung der belangten Behörde wird von der Beschwerdeführerin mit Argumenten gegen die Schlüssigkeit der Sachverständigengutachten bekämpft. Diese ließen - so die Auffassung der Beschwerdeführerin - schon mangels Darstellung eines "Befundes" nicht einmal erkennen, von welchen konkreten Annahmen, insbesondere hinsichtlich Boden- und Abflussverhältnissen, sie ausgingen, weshalb der gezogene Schluss (eine Berührung der talwärts der verfahrensgegenständlichen Seilbahnanlage gelegenen Wasserversorgungsanlage der Beschwerdeführerin sei ausgeschlossen) nicht nachvollziehbar sei.

3. Diese Ausführungen erweisen sich als zielführend.

3.1. Der forsttechnische Sachverständige hatte in der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2007 Folgendes ausgeführt:

"Das gegenständliche Projekt ... liegt im Gemeindegebiet W,

am O-Hang der Fhöhe, in einer Höhenlage zwischen 1.800 bis 2.100m. Die Talstation ist ca. 300 m nordöstlich der Rhütte, zur Gänze im Wald liegend, geplant. Hiefür ist eine Rodungsfläche von 5.352 m2 vorgesehen. Die Größe der Rodungsfläche im Bereich der Talstation ergibt sich dadurch, dass zusätzlich zur Talstation, die Zufahrt von der neu geplanten Abfahrt, der komplette Manipulationsplatz für den Einstig, der Zugangsbereich für die Lagerhalle und den Trafo sowie ein Retentionsbecken geplant sind. Von hier führt die ca. 1.050 m lange und 16 m breite Lifttrasse bis auf eine Höhenlage von 2.100m, ca. 100m südöstlich der Fhöhe, wo die Bergstation geplant ist. Laut Planunterlagen führt die Lifttrasse die ersten 590 m durch Wald, was eine Rodungsfläche von 9.445 m2 ergibt. Somit ergibt sich eine Gesamtrodungsfläche von 14.797 m2. Der weitere Verlauf (oberer Lifttrassenteil und Bergstation) liegt außerhalb des Waldes.

...

Der Hang ist im Bereich der Talstation mit 10-20% geneigt, die Neigung der vom Wald betroffenen Lifttrasse beträgt bis auf eine Höhenlage von 1.880 m Seehöhe 20-40%, dann steigt die Hangneigung auf 50-60% an, ist also insgesamt als flach bis mäßig geneigt einzustufen.

...

In einer Entfernung von 1,8 km nordöstlich, unterhalb der geplanten Talstation befinden sich drei gefasste Quellen. Ca. 110 m unterhalb der Talstation befindet sich eine weitere, derzeit nicht gefasste Quelle. Eine gefasste Quelle der Wasser- und Kanalisierungsgenossenschaft "Rhütte" befindet sich ca. 150 m südlich und ca. 150 m östlich (talseits) der geplanten Talstation.

...

Durch die beantragte Rodung werden sich die Abflussverhältnisse im Bereich der Lifttrasse nicht ändern, dies deshalb, da dieser Bereich nur schütter mit Wald bestockt ist, und de facto nur einzelne Bäume tatsächlich gerodet werden müssen. Im Bereich der Talstation findet eine großflächigere Rodung statt, auch hier weist der betroffene Waldbestand lediglich einen Bestockungsgrad von maximal 0,5 auf. In diesem Bereich ist eine Versiegelung der Fläche geplant, so dass es in diesem Bereich zu einer Erhöhung des Oberflächenabflusses kommen wird. Durch die Anlage eines Retentionsbeckens in diesem Bereich werden die im Bereich der Talstation anfallenden Oberflächenwässer zurückgehalten und dosiert in den bestehenden 'Agraben' eingeleitet. Somit kann ausgeschlossen werden, dass sich die anfallenden Oberflächenwässer negativ auf die Unterlieger, insbesondere auf die fünf angeführten Quellen auswirken.

...

Wenn das öffentliche Interesse das Interesse an der Walderhaltung überwiegt, ist unter folgenden Auflagen eine Rodung durchführbar:

...

Zum Ausgleich des Verlustes der Wirkung des Waldes wird als

Ersatzleistung ... eine Ersatzaufforstung mit einer Fläche von

2.842 m2 vorgeschrieben. Die Ersatzaufforstung soll im unmittelbaren Nahbereich der neuen Anlage liegen. Beispielsweise bietet sich hiezu die alte Schlepplifttrasse an.

..."

3.2. Auch der Sachverständige für Wildbach- und Lawinenverbauung führte in seinem Gutachten aus, dass die Erhöhung der Oberflächenwässer im Bereich der Lifttrasse aus wildbachtechnischer Sicht zu vernachlässigen sei, weil nur einzelne Bäume geschlägert werden müssten und "die Bodenstruktur und die Bodenvegetation durch die Errichtung der Liftanlage nicht verändert" würden. Hingegen sei im Bereich der Talstation durch die Flächenversiegelungen bzw Planierungen sowie die anfallenden Dachflächenwässer der Gebäude mit einer deutlichen Erhöhung der Oberflächenwässer auf dieser Fläche zu rechnen, die "in das Gerinne des Agrabens eingeleitet" würden. Zur "Verhinderung von negativen Auswirkungen auf das Bachregime" sei daher talseitig des Talstationsgebäudes ein Retentionsbecken mit einem Fassungsvermögen von 350 m3 zu errichten, welches die bei einem Starkniederschlag zusätzlich anfallenden Oberflächenwässer rückhält und dosiert abgibt. Für das Retentionsbecken, das "lagemäßig im Zuge des heutigen Ortsaugenscheins fixiert wurde", sei "allerdings seitens des Planers noch ein Lageplan sowie Detailpläne für die bauliche Ausführung nachzuliefern." Bei "ordnungsgemäßer Errichtung des Retentionsbeckens" könne dem Projekt aus wildbachtechnischer Sicht zugestimmt werden.

3.3. Der wasserbautechnische Sachverständige schließlich hielt fest, dass entlang der Seilbahntrasse "die Situierung von 12 Stützenbauwerken ... sowie die Ausführung eines Kabelgrabens vorgesehen" sei. Für den "zu erwartenden, verschärften Oberflächenwasserabfluss aufgrund der geplanten Veränderung der derzeitigen natürlichen Oberflächenbeschaffenheit" seien aus wasserbautechnischer Sicht Retentionsmaßnahmen notwendig.

Im Zuge des Ortsaugenscheines hätten "folgende Quellennutzungen festgestellt werden (können):

1.

nicht gefasste Quelle GN 1105/52 ...

2.

Wasser- u. Kanalisierungsgenossenschaft R... GN 1105/47

Aus wasserbautechnischer Sicht ist bei projektgemäßer Ausführung keine negative Beeinträchtigung dieser oben angeführten Quellen zu erwarten, wobei ein Beweissicherungsprogramm beginnend in einem entsprechenden Zeitraum vor Baubeginn bis nach Bauende gemäß der in der Auflage definierten Vorgehensweise durchzuführen ist.

3.

Quelle GN 1105/95 - Benützer: M. H. u. F.

4.

Quelle GN 671/4 - Benützer: S. A.

5.

Des weiteren wurde seitens der (Beschwerdeführerin) Bedenken hinsichtlich eines zusätzlichen Oberflächenwassereintrages aufgrund der geplanten Baumaßnahmen geäußert. Konkret wurde hierbei die Quelle auf GN 1105/114 KG W., welche einzelne Häuser bzw. Liegenschaften versorgt, angesprochen.

Hinsichtlich der ... geäußerten Bedenken bzgl. der zu

erwartenden geänderten Oberflächenwasser-Abflüsse kann aus wasserbautechnischer Sicht eine negative Beeinträchtigung ausgeschlossen werden. Dies gilt auch für die unter Pkt. 3. u. 4. angeführten Quellnutzungen.

...

Aus wasserbautechnischer Sicht besteht gegen die Erteilung der seilbahnrechtlichen Baugenehmigung und Rodungsbewilligung bei Einhaltung der im folgenden angeführten Auflagen kein Einwand:

              1.              Die Anlage ist ... projektgemäß ... ausführen zu lassen.

...

              4.              Für alle angeführten Quellen ist ein qualitatives u. quantitatives Beweissicherungsprogramm durch Sachverständige durchführen zu lassen. Dieses Programm hat sich auf einen ausreichenden Zeitraum beginnend rechtzeitig vor Baubeginn, während der Bauarbeiten (Ende 2007) bis nach Abschluss der Bauarbeiten im Jahr 2008 zu erstrecken.

              5.              Sämtliche wasserwirtschaftlich relevanten Themenbereiche, insbesondere der am heutigen Tage erhobenen Quellnutzungen sind auf Basis der wasserrechtlichen Bewilligungsbescheide lagengenau in einem Übersichtslageplan, welcher Höhenschichtlinien zu beinhalten hat, darzustellen und der Behörde nachzureichen.

              6.              Während der Bauarbeiten bzw. bei der Lagerung von wassergefährdenden Betriebsmitteln ist dafür zu sorgen, dass

wassergefährdende Stoffe ... weder in den Untergrund noch in die

Kanalisation und Oberflächengewässer gelangen können."

              4.              Diese Ausführungen der Sachverständigen lassen allerdings nicht erkennen, warum sie annehmen, eine Berührung der Wassernutzungsrechte der Beschwerdeführerin durch das beschwerdegegenständliche Projekt sei ausgeschlossen.

4.1. Zwar wird - im Gutachten des forsttechnischen Sachverständigen - ausgeführt, in einer Entfernung von 1,8 km nordöstlich, unterhalb der geplanten Talstation befänden sich drei gefasste Quellen. Abgesehen von dieser Entfernungsangabe fehlt aber eine nähere Darstellung der örtlichen Situation, insb der Boden- und der Abflussverhältnisse im Bereich des beschwerdegegenständlichen Projekts und dem Einzugsbereich der strittigen Quelle. Dass allein die dargestellte Entfernung zwischen Talstation und der gefassten Quelle eine mögliche Beeinträchtigung dieser Quelle jedenfalls ausschließe, wird vom Sachverständigen nicht ausgeführt.

4.2. Auch im Gutachten des wasserbautechnischen Sachverständigen wird die Lage der strittigen Quelle, abgesehen von der Bezugnahme auf eine Grundstücksnummer, nicht näher dargestellt. Offen bleibt auch hier, warum der Sachverständige vermeinte, eine negative Beeinträchtigung ausschließen zu können.

4.3. Der Umstand, dass die genannten Sachverständigen Retentionsmaßnahmen und die Errichtung eines Retentionsbeckens für erforderlich hielten, legt im Zusammenhalt mit den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid nahe, dass die belangte Behörde angenommen hat, (erst?) durch die Errichtung des Retentionsbeckens könnten Beeinträchtigungen der Wassernutzungsrechte ausgeschlossen werden.

Dazu ist klarzustellen, dass eine Parteistellung nicht etwa schon deshalb nicht besteht, weil eine Beeinträchtigung von Rechten durch Auflagen im Bewilligungsbescheid verhindert werden kann. Eine solche Auffassung verbietet sich, weil es damit den Inhabern von Rechten im Sinne des § 12 Abs 2 WRG unmöglich gemacht würde, die Einhaltung der Auflagen geltend zu machen. Parteistellung besteht demnach schon dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass vom zur Bewilligung eingereichten Projekt im Falle seiner Bewilligung und Verwirklichung ohne entsprechende Auflagen Beeinträchtigungen von Rechten im Sinne des § 12 Abs 2 WRG ausgingen (vgl das bereits zitierte Erkenntnis vom 28. September 2006).

4.4. Entgegen den Ausführungen der mitbeteiligten Partei in ihrem Schriftsatz vom 1. Oktober 2007 ist von den Sachverständigen auch nicht dargestellt worden, dass der "Agraben", jenes Gerinne also, über das der Bereich der Talstation entwässert werde und in den die anfallenden Oberflächenwässer mittels des Retentionsbeckens "dosiert" eingeleitet werden sollen, nicht im Einzugsbereich der Quelle der Beschwerdeführerin verlaufe.

4.5. Als unschlüssig erweist sich auch die Beurteilung der Sachverständigen, im Bereich der Trasse würden sich die Abflussverhältnisse nicht ändern. Diese Aussage wurde mit dem Umstand begründet, dass dieser Bereich nur schütter bestockt sei und deshalb nur einzelne Bäume gerodet werden müssten. Dabei wird aber außer Acht gelassen, dass in diesem Bereich projektgemäß 12 Stützenbauwerke und die Ausführung eines Kabelgrabens vorgesehen sind, sodass die damit verbundenen Bauarbeiten notwendigerweise eine Veränderung (Verdichtung) der Oberflächenbeschaffenheit bedingen. Ohne Annahme einer (zumindest annähernden) Wiederherstellung der ursprünglichen Bodenverhältnisse im Trassenbereich kann - auch im Hinblick auf das festgestellte Flächenausmaß der Seilbahntrasse, das jenes der Talstation übersteigt, unter Berücksichtigung der stärkeren Neigung dieses Geländeabschnittes - die diesbezügliche Schlussfolgerung der Sachverständigen nicht nachvollzogen werden.

5. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Verneinung der Parteistellung der Beschwerdeführerin nach dem SeilbG - nicht anders kann nämlich die diesbezügliche Entscheidung der belangten Behörde unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges, insbesondere der Ausführungen in der Begründung, verstanden werden, auch wenn im Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides die Einwendungen ab- und nicht zurückgewiesen wurden - als rechtsirrig.

Der angefochtene Bescheid war deshalb, insoweit er über die seilbahnrechtliche Baugenehmigung abspricht, also hinsichtlich der Spruchpunkte I. und V., wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

6. Für das fortzusetzende Verfahren sei aus verfahrensökonomischen Gründen Folgendes angemerkt: Zu Recht bemängelt die Beschwerdeführerin eine nicht ausreichende Bestimmtheit von im Bescheid erteilten Auflagen. Auch wenn es zulässig ist, im Spruch eines Bescheides auf außerhalb des Bescheides gelegene Schriftstücke oder Pläne Bezug zu nehmen, diese rechtlich in den normativen Bescheid zu integrieren und solcherart zum Bescheidinhalt zu machen, ist doch erforderlich, dass die im Spruch genannten Unterlagen ihrerseits das für den jeweiligen Abspruch nötige Bestimmtheitserfordernis erfüllen (vgl die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 77 f zu § 59 AVG zitierte hg Judikatur).

Diesem Erfordernis wird insofern nicht Genüge getan, als hinsichtlich des Retentionsbeckens vom Sachverständigen für Wildbach- und Lawinenverbauung auf erst "nachzuliefernde" Lage- und Detailpläne verwiesen wurde.

Ähnlich verhält es sich mit der Forderung des forsttechnischen Sachverständigen, wonach die vorgeschriebene Ersatzaufforstungsfläche "im unmittelbaren Nahbereich der neuen Anlage" liegen solle, wofür sich "beispielsweise" die alte Lifttrasse anbiete (Auflage C.b.3).

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 10. Oktober 2007

Schlagworte

Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebietöffentlicher Verkehr Eisenbahnen Seilbahnen LifteAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007030151.X00

Im RIS seit

25.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

15.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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