TE Vwgh Erkenntnis 2001/2/22 2000/07/0254

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Veröffentlicht am 22.02.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §52;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2 Z2;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde der Wassergenossenschaft D in X, vertreten durch Dr. Robert Steiner, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, Ortenburgerstraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 11. September 2000, Zl. 8W-Allg-439/2/2000, betreffend Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Unter dem Datum des 12. November 1998 erließ der Landeshauptmann von Kärnten (LH) gegenüber der beschwerdeführenden Partei einen Bescheid, dessen Spruch folgenden Wortlaut hat:

"I. Der Landeshauptmann von Kärnten bewilligt gemäß § 40, § 99 Abs. 1 lit. f sowie § 111 Abs. 1 und 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) der (beschwerdeführenden Partei) die im Ausführungsprojekt vom Oktober 1986 des Wasserbauamtes Spittal/Drau dargestellte Abänderung auf Parzelle 470 KG R der M P, wobei der auf der Parzelle bestehende offene Graben auf Parzelle 470 entsprechend dem Vorbringen der M P, vertreten durch den Sohn R P, erstattet anlässlich der örtlichen mündlichen Verhandlung vom 16.5.1997, zu verrohren und zu verschütten ist.

II. Gemäß § 121 Wasserrechtsgesetz 1959 in Verbindung mit Paragraph 99 Abs. 1 lit. f WRG 1959 wird festgestellt, dass die oben nachträglich bewilligte Maßnahmen dem Ausführungsprojekt vom Oktober 1986 des Wasserbauamtes Spittal/Drau entspricht."

In der Einleitung zu diesem Bescheid heißt es, mit Bescheid des LH vom 23. November 1983 sei der beschwerdeführenden Partei die Bewilligung zur Erneuerung der Entwässerungsanlagen nach Maßgabe des vorgelegten Projektes erteilt worden. Die im bewilligten Projekt dargestellten Arbeiten seien abweichend durchgeführt und die Anlage in drei Teilschritten mit den Bescheiden des LH vom 22. August 1994, vom 2. August 1996 und vom 24. Dezember 1996 kollaudiert worden. Aus dem Bescheid des LH vom 22. August 1994 sei die Liegenschaft Parzelle 470 KG R (Eigentümer M P) ausdrücklich ausgenommen worden, da zwischen der verfahrensbeteiligten Partei M P und der beschwerdeführenden Partei über die geänderte Anlagenerrichtung auf der genannten Parzelle kein Einvernehmen habe erzielt werden können. Letztendlich sei nach Durchführung eines umfangreichen Verfahrens mit entsprechenden Zeugeneinvernahmen am 16. Mai 1997 eine abschließende mündliche Verhandlung über die Frage der Inanspruchnahme der Parzelle 470 durchgeführt worden.

In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, die im Jahre 1983 der beschwerdeführenden Partei bewilligte Entwässerungsanlage, welche in wesentlichen Teilen nicht entsprechend dem seinerzeitigen Bewilligungsbescheid errichtet worden sei, sei in mehreren Teilschritten nachbewilligt und kollaudiert worden. Anlässlich der Kollaudierungsverhandlung über das Ausführungsprojekt am 22. Juli 1993 sei durch die Eigentümerin der Parzelle 470, M P, ausgeführt worden, dass eine Zustimmung für die Errichtung eines Entwässerungsgrabens auf dieser Parzelle niemals erteilt worden sei und die Beseitigung dieser Neuerung begehrt werde. Nach den vorliegenden Projektsunterlagen sei in dem mit Bescheid des LH vom 23. November 1983 bewilligten Projekt die Führung eines Rohrkanales an der südlichen Parzellengrenze der Parzelle 470 zu den Parzellen 475, 474 und 473 vorgesehen gewesen. Anstelle des Rohrkanales sei "mittig der Parzelle 470" ein Entwässerungsgraben errichtet worden, welcher bis auf die Parzelle 469 reiche. Seitens der beschwerdeführenden Partei sei anlässlich der Verhandlung vom 22. Juli 1993 ausgeführt worden, dass die Zustimmung des R P zur durchgeführten geänderten Ausführung ausdrücklich gegeben worden sei. Dieser habe bei einer Verhandlung am 16. Mai 1997 erklärt, er habe der Errichtung des Entwässerungsgrabens auf der Grundfläche 470 niemals zugestimmt. Es sei auch bei seinem Nachbargrundstück auf Parzelle 471 zu einer Verrohrung gekommen und er bestehe darauf, dass der offene Graben auf Parzelle 470 verrohrt werde. Die beschwerdeführende Partei habe erklärt, dass sie den Forderungen des R P nicht nachzukommen gedenke.

Im Erwägungsteil führte der LH nach Anführung des § 121 Abs. 1 WRG 1959 aus, Gegenstand eines Überprüfungsverfahrens und des ein solches Verfahren abschließenden Bescheides sei die Feststellung der Übereinstimmung der hergestellten Anlage mit der erteilten Bewilligung. Bereits die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 1993 habe erwiesen, dass auch in Bezug auf die Parzelle 470 eine wesentliche Abweichung vorliege, welche nicht nur die Trassenführung, sondern auch die Art der durchgeführten Entwässerung betreffe. Dieser Umstand sei auch vom Eigentümer der Parzelle 470 ausdrücklich gerügt und die Beseitigung dieser Abänderung verlangt worden. Abweichungen von einem bewilligten Projekt seien im Kollaudierungsbescheid entweder im Sinne des § 121 Abs. 1 WRG 1959 einem Beseitigungsauftrag zu unterziehen oder einer nachträglichen Bewilligung zuzuführen. Ebenso bleibe die Möglichkeit offen, wie im gegenständlichen Verfahren Teilkollaudierungen in Verbindung mit der Durchführung eines gesonderten neuerlichen Bewilligungsverfahrens für nicht mehr geringfügige, aber bewilligungsfähige Projektsabweichungen durchzuführen. Anlässlich der Kollaudierungsverhandlung vom 22. Juli 1993 sei ursprünglich durch die beteiligte M P ausdrücklich die Beseitigung des Entwässerungsgrabens auf der Parzelle 470 verlangt worden. Auf Grund des durch die beschwerdeführende Partei eingebrachten Antrages um Bewilligung der getroffenen Abänderungen sei gleichzeitig mit diesem Antrag der Antrag auf Einräumung eines Zwangsrechtes als gestellt anzusehen. Die Einräumung eines Zwangsrechtes komme aber schon auf Grund mangelnden öffentlichen Interesses nicht in Betracht. Im Gefolge der eingeholten Zeugenaussagen, mit welchen der Beteiligte R P als Vertreter seiner Mutter anlässlich der Verhandlung vom 16. Mai 1997 konfrontiert worden sei, habe er abweichend von den ursprünglichen Anträgen auf Beseitigung ausgeführt, dass er auf einer Verrohrung des offenen Grabens auf Parzelle 470 bestehe, da ausdrücklich vereinbart worden sei, dass es im Falle einer Grundzusammenlegung zu einem Flächenausgleich für die Entwässerungsgräben komme. Somit sei durch die Eigentümerin der Parzelle 470 unter der Voraussetzung der Durchführung der Verrohrung des offenen Grabens die Zustimmung zur Belassung der Entwässerungsanlage auf Parzelle 470 in der geänderten Situierung gegeben worden. Zur Frage der bereits vor der Kollaudierung auf Grund der schriftlichen Unterlagen der beschwerdeführenden Partei ausgewiesenen, jedoch strittigen Zustimmung des R P als Vertreter der M P sei auszuführen, dass trotz des umfangreichen Ermittlungsverfahrens keine völlige Klarheit geschaffen habe werden können, ob eine liquide Zustimmung zur Herstellung des Entwässerungsgrabens in der vorliegenden Situierung gegeben worden sei. Es habe jedoch davon unabhängig der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. Juli 1997, 95/07/0087, ausgeführt, dass die privatrechtliche Zustimmung der Erhebung von Einwendungen im Wasserrechtsverfahren nicht entgegenstehe. Die Nichterteilung der Zustimmung im Kollaudierungsverfahren bzw. einem nachträglichen Bewilligungsverfahren müsse daher dazu führen, dass - abgesehen vom Fall der Einräumung eines Zwangsrechtes - die getroffene Abänderung nicht bewilligungsfähig sei (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1997, 96/07/0195). Es habe somit die Bewilligung zur Abänderung nur deshalb erteilt werden können, weil durch den Eigentümer der Parzelle 470 in der Verhandlung vom 22. Juli 1993 der geänderten Situierung der Entwässerung ausdrücklich zugestimmt worden sei; dies jedoch unter der Auflage, dass es zu einer Verrohrung des hergestellten Vorflutgrabens komme.

Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 8. März 1999 teilte M P der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau (BH) mit, dass die beschwerdeführende Partei ihrer Verpflichtung, den auf dem Grundstück 470 bestehenden offenen Graben zu verrohren und zu verschütten, bisher nicht nachgekommen sei. Sie stellte den Antrag, die BH wolle den dem Punkt I des Bescheides des LH vom 12. November 1998 entsprechenden Zustand in einem Verwaltungsvollstreckungsverfahren herstellen.

Die BH führte am 19. Mai 1999 auf Grund dieses Begehrens eine mit einem Ortsaugenschein verbundene Besprechung durch, an der R P für die Antragstellerin, der Obmann der beschwerdeführenden Partei sowie Sachverständige des Amtes der Kärntner Landesregierung teilnahmen.

In einem von der BH erstellten Aktenvermerk vom 19. Mai 1999 heißt es, beim Ortsaugenschein sei festgestellt worden, dass die mit Bescheid des LH vom 12. November 1998 auferlegte Verrohrung und Verschüttung noch nicht durchgeführt worden sei. Der wasserfachliche Amtssachverständige habe zu der Frage, in welcher Art und Weise und bis wann diese Maßnahmen auszuführen wären, folgende Äußerung abgegeben:

"Da weder im Bewilligungsprojekt, Ausführungsprojekt und oben erwähnten Bescheid eine entsprechende Beschreibung der Ausführung bzw. Überdeckung der Verrohrungsstrecke angeführt ist, wird aus wasserfachlicher Sicht vorgeschlagen, selbige dem Rohrdurchmesser auf der Parzelle 471 KG R entsprechend anzupassen. Die Überschüttung sollte in einer Mächtigkeit erfolgen, die eine ortsübliche Bewirtschaftung zulässt und keine Beschädigung der Rohrleitung entsteht, das heißt die Überschüttung sollte mindestens 1 m über Rohrscheitel erfolgen. Da beim oben erwähnten Bescheid kein Termin für die Durchführung der Maßnahmen aufscheint, sollte dieser in Zeiten erfolgen, wo Flurschäden so gering als möglich gehalten werden."

Weiters ist noch die Äußerung des Amtssachverständigen zitiert, der Termin für die Durchführung der Maßnahmen solle von einem landwirtschaftlichen Sachverständigen festgelegt werden.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 1999 drohte die BH der beschwerdeführenden Partei die Ersatzvornahme an.

In dieser Androhung wurde zunächst Spruchabschnitt I des Bescheides des LH vom 12. November 1998 wörtlich wiedergegeben. Es folgt die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei dieser Verpflichtung bisher nicht nachgekommen sei. Daran anschließend heißt es dann in der Androhung:

"Im Bereich der Parzelle Nr. 470 der KG R haben Sie daher nachstehende Maßnahmen zu treffen:

1. Der bestehende offene Graben ist zu verrohren und zu verschütten.

2. Die Verrohrung ist dem Rohrdurchmesser auf der Parzelle Nr. 471 der KG R entsprechend anzupassen.

3. Die Überschüttung hat in einer Mächtigkeit zu erfolgen, die eine ortsübliche Bewirtschaftung zulässt und dass keine Beschädigung der Rohrleitung entsteht; das heißt die Überschüttung sollte mindestens 1 m über Rohrscheitel erfolgen.

4. Die Maßnahmen sind nach erfolgter Beweidung und Aberntung (letzter Schnitt bzw. nach erfolgter Nachweide und vor der Frostperiode durchzuführen.

Wir setzen Ihnen für die Erbringung der Leistung noch einmal eine Frist bis 30.11.1999.

Sollten Sie ihre Verpflichtung bis dahin wieder nicht erfüllt haben, werden wir veranlassen, dass die Leistung auf ihre Gefahr und Kosten von jemandem Anderen erbracht wird."

Die BH holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Wasserbautechnik zu der Frage ein, mit welchen Kosten im Vollstreckungsverfahren zu rechnen sei, wobei als Grundlage der Aktenvermerk vom 19. Mai 1999 diente.

Mit Schreiben vom 21. März 2000 teilte der Amtssachverständige der BH mit, im Aktenvermerk vom 19. Mai 1999 werde festgestellt, dass die Überschüttung des Rohres mit einer Mächtigkeit von mindestens 1 m zu erfolgen habe, um eine Beschädigung des Rohres hintanzuhalten bzw. dass der Rohrdurchmesser so gewählt werden solle, dass er dem auf die Parzelle 471 führenden Rohrdurchmesser entspreche. Da im Bescheid des LH vom 12. November 1998 angeordnet sei, dass der Rohrgraben zur Gänze aufzuschütten sei, beziehe sich das folgende Schätzungsgutachten auf eine geländeebene Ausführung.

Im Anschluss an diese Ausführungen erfolgt eine nach einzelnen Posten aufgegliederte Schätzung, die eine Gesamtsumme von 1,148.500 S (ohne Mehrwertsteuer) ergibt.

Dieses Schätzungsgutachten wurde der beschwerdeführenden Partei zur Kenntnis gebracht und ihr Gelegenheit gegeben, hiezu Stellung zu nehmen.

In ihrer Stellungnahme vom 3. April 2000 führte die beschwerdeführende Partei aus, im Gutachten würden andere Maßnahmen kostenmäßig erfasst als in der Androhung der Ersatzvornahme festgelegt worden seien. Während in den "Modalitäten" zur Erfüllung der Auflage im Spruch des Bescheides des LH vom 12. November 1998 noch die Auffüllung des Grabens auf eine Höhe von 1 m festgelegt worden sei, werde im Schätzgutachten von einer geländeebenen Auffüllung ausgegangen. Obwohl im Bescheid vom 12. November 1998 keine Rohrdimension für die Verrohrung angegeben worden sei, nehme der Gutachter eine Rohrdimension an, ohne in Kenntnis des Grabengefälles und der abzuführenden Wassermenge zu sein. Der Hinweis auf die Rohrdimension auf Parzelle 471 sei nicht ausreichend, da für diese Verrohrung die Rohrdimension auf das vorhandene Gefälle und eine bestimmte abzuführende Wassermenge ausgelegt worden sei. Die Kostenschätzung selbst sei für die beschwerdeführende Partei nicht nachvollziehbar, da diese weder durch Planunterlagen noch durch Massenermittlungen, Preiskalkulationen, ergänzende Erklärungen und Begründungen untermauert sei.

Mit Schreiben vom 14. Juni 2000 wies der LH die BH an, das Vollstreckungsverfahren durch- bzw. fortzuführen. Die Ersatzvornahme sei neuerlich anzudrohen, wobei der beschwerdeführenden Partei eine angemessene Frist zu setzen sei. Die Fristsetzung habe auf der Grundlage eines Gutachtens des wasserbautechnischen Amtssachverständigen zu erfolgen. Die Androhung der Ersatzvornahme und die Anordnung der Ersatzvornahme hätten mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinzustimmen und dürften keine zusätzlichen konkretisierenden Verpflichtungen enthalten (z.B. betreffend das Material des zu verlegenden Rohres, die Zeit nach erfolgter Beweidung, etc.). Bei der Vollstreckung sei auf die Übereinstimmung des Verhaltens mit der übrigen Rechtsordnung zu achten. Hinsichtlich des Zustandes des Entwässerungsgrabens auf dem Grundstück des Unterliegers sei daher zu gewährleisten, dass weiterhin dem Bescheid des LH vom 22. August 1994, Auflagenpunkt Nr. 15, entsprochen werden könne.

Es werde folgende Formulierung vorgeschlagen:

"Der auf Grundstück Nr. 470, KG R, bestehende offene Graben ist in einer Weise zu verrohren, dass die Rohrdimension jener des vorhandenen Kanals auf Grundstück Nr. 471, KG R, entspricht. Nach erfolgter Verrohrung ist der Graben zu verschütten (das heißt zur Gänze aufzuschütten)."

In der Kostenvorschreibung bzw. einem allfälligen Kostenvorauszahlungsauftrag dürfe eine Entschädigung für die eingeschränkte Nutzung des Grundstückes sowie Kosten für die Instandsetzung des Zufahrtsweges nicht vorgesehen werden.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2000 ordnete die BH "die mit Schreiben vom 27.10.1999 angedrohte Ersatzvornahme" an. Gleichzeitig verpflichtete sie die beschwerdeführende Partei, als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme einen Betrag von S 1,068.500,-- zu erlegen.

In der Begründung erläuterte sie die Differenz zwischen der Kostenschätzung des Amtssachverständigen, die einen Betrag von S 1,148.500,-- ergeben hatte und dem im Bescheid vorgeschriebenen Betrag von S 1,068.500,-- damit, dass im Kostenvorauszahlungsauftrag eine Entschädigung für die eingeschränkte Nutzung des Grundstückes sowie die Kosten für die Instandsetzung des Zufahrtsweges nicht vorgesehen werden dürfe. Daraus habe sich eine Verminderung des Betrages ergeben.

Die beschwerdeführende Partei berief.

Sie machte geltend, der Bescheid des LH vom 12. November 1998 sei eine der beschwerdeführenden Partei erteilte wasserrechtliche Bewilligung. Von einer solchen Bewilligung müsse nicht Gebrauch gemacht werden, sodass diese auch einer Vollstreckung niemals zugänglich sei. Außerdem dürften im Vollstreckungsverfahren keine zusätzlichen konkretisierenden Verpflichtungen auferlegt werden. Die Anordnung der Ersatzvornahme müsse mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimmen. Das sei nicht der Fall. Der als Titelbescheid herangezogene Bescheid enthalte auch keine Leistungsfrist. Überdies sei er für eine Vollstreckung zu unbestimmt. In der Kostenschätzung würden andere Maßnahmen zugrunde gelegt als in der Androhung der Ersatzvornahme. Die Kostenschätzung sei nicht nachvollziehbar. Im Titelbescheid sei neben der Bewilligung gleichzeitig auch eine Kollaudierung ausgesprochen worden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 11. September 2000 gab die belangte Behörde der Berufung insofern Folge, als der zweite und dritte Satz im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides geändert wurde. An die Stelle des zweiten Satzes des Spruches, welcher die Anordnung der Ersatzvornahme enthält, wurde folgender Text gesetzt:

"Es wird daher die gemäß Punkt 1. und 2. des Schreibens vom 27.10.1999, Zl. 5-WG-20/6-1999, angedrohte Ersatzvornahme angeordnet. Das heißt, dass der auf Grundstück Nr. 470, KG R, bestehende offene Graben zu verrohren und zu verschütten ist, wobei die Verrohrung in der Weise vorzunehmen ist, dass die Rohrdimension jener der auf dem Nachbargrundstück Nr. 471, KG R, vorhandenen Entwässerungsanlage entspricht und nach erfolgter Verrohrung der Graben zur Gänze aufzuschütten ist."

Der dritte Satz im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides, welcher den Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme enthält, wurde durch folgende zwei Absätze ersetzt:

"Als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme haben Sie bei der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau S 1,015.800,-- gegen nachträgliche Verrechnung zu erlegen. Der Betrag wird wie folgt aufgeschlüsselt:

1.

Rohre (PVC DN 250) liefern und verlegen a. 230 lfm a S 550,--

S

126.500,--

2.

Verfüllung des Grabens inkl. Verdichten ca. 4.000 m3 a S 180,--

S

720.000,--

 

 

S

846.500,--

 

plus 20 % MWSt

S

169.300,--

 

Gesamtsumme

S

1,015.800,--"

Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen.

In der Begründung wird ausgeführt, auszugehen sei vom Bescheid des LH vom 12. November 1998, mit welchem der beschwerdeführenden Partei im Zusammenhang mit der Endüberprüfung der mit Bescheid vom 23. November 1983 bewilligten Entwässerungsanlage die mehr als geringfügig abweichend errichtete Anlage auf Grundstück Nr. 470 im Zuge eines neuen Bewilligungsverfahrens wasserrechtlich bewilligt worden sei. Die Bewilligung sei mit einer Auflage dahingehend untrennbar verbunden worden, dass die beschwerdeführende Partei den auf der Parzelle 470 errichteten Graben zu verschütten und zu verrohren habe. Unbestritten sei, dass diese Auflage bis zum heutigen Tag nicht erfüllt worden sei. Entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, dass der Titelbescheid vom 12. November 1998 lediglich eine unvollstreckbare wasserrechtliche Bewilligung sei, von der nicht Gebrauch gemacht werden müsse, werde darauf hingewiesen, dass die beschwerdeführende Partei sehr wohl von der wasserrechtlichen Bewilligung Gebrauch gemacht habe, jedoch die mit der Bewilligung verbundene Auflage hinsichtlich der Verrohrung und Verschüttung des Grabens, die als vollstreckbarer Leistungsbefehl gelte, nicht erfüllt habe. Da die beschwerdeführende Partei offensichtlich der irrigen Meinung sei, von der wasserrechtlichen Bewilligung keinen Gebrauch gemacht zu haben, sei darauf hingewiesen, dass die von ihr durch den offenen Graben auf Parzelle Nr. 470 errichtete wasserrechtlich bewilligungspflichtige Entwässerungsanlage jene Anlage sei, die mit dem Titelbescheid als "Abänderung" (gemäß dem Ausführungsprojekt vom Oktober 1996 des Wasserbauamtes Spittal an der Drau) bewilligt worden sei. Von der ursprünglich erteilten Bewilligung vom 23. November 1983 sei der Anlagenteil auf Grundstück Nr. 470 auf Grund von mehr als geringfügigen Abweichungen nicht umfasst. Die Entwässerungsanlage auf Grundstück Nr. 470 stütze sich somit einzig und allein auf den Spruchabschnitt I des Bescheides des LH vom 12. November 1998, welcher untrennbar mit der Auflage hinsichtlich der Verrohrung und Verschüttung des Grabens verbunden sei. Da die beschwerdeführende Partei durch Errichtung ihrer Entwässerungsanlage auf dem Grundstück Nr. 470 von der Bewilligung Gebrauch gemacht habe, gelte die Auflage bezüglich der Verrohrung und Verschüttung des Grabens als vollstreckbarer Polizeibefehl.

Eine weitere Präzisierung des zu vollstreckenden Leistungsauftrages halte die belangte Behörde nicht für erforderlich, zumal auch die Auflage Nr. 15 des Bewilligungsbescheides vom 22. August 1994, wonach der offene Kanal auf dem Nachbargrundstück Nr. 471 zu verrohren und zu verschütten sei, von der beschwerdeführenden Partei ohne Schwierigkeiten habe erfüllt werden können. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Titelbescheid auch dann vollstreckbar, wenn zwar die in diesem Bescheid aufgetragenen Leistungen nicht im Einzelnen aufgezählt, aber so umschrieben seien, dass Art und Umfang von einem Fachkundigen festgestellt werden könnten. Im vorliegenden Fall liege angesichts der bereits erfolgten ordnungsgemäßen Erfüllung der Auflage 15 des Bescheides vom 22. August 1994 durch die beschwerdeführende Partei mit Sicherheit eine ausreichende Auflagenpräzisierung vor und es ergebe sich auch im Fall des Titelbescheides schlüssig aus dem Schätzgutachten des wasserbautechnischen Sachverständigen vom 21. März 2000, welches alle erforderlichen Maßnahmen aufzähle, dass ohne weitere Präzisierung der Auflage von einem Fachmann festgestellt werden könne, welche Maßnahmen zu ergreifen seien. Die notwendige Rohrdimension ergebe sich, wie auch im Gutachten vom 21. März 2000 ausgeführt, aus jener des Rohres auf dem Nachbargrundstück Nr. 471. Dass der Graben zur Gänze aufzuschütten sei, dass also die Aufschüttung geländeeben auszuführen sei, ergebe sich aus der Formulierung klar. Wenn Anderes gemeint gewesen wäre, müsste sich im Titelbescheid eine andere Formulierung finden, etwa in der Richtung, dass der Graben zur Hälfte oder bis 1 m unter Geländeoberkante aufzufüllen sei.

Zur Behauptung, es könne nicht nachvollzogen werden, ob es bei Durchführung der Ersatzvornahme zu einer Beeinträchtigung des Unterliegers kommen könne, sei darauf zu verweisen, dass darüber bereits im Titelbescheid abgesprochen worden sei.

Der Kostenvorauszahlungsauftrag basiere auf einem Amtssachverständigengutachten, dem die beschwerdeführende Partei nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei.

Dass der Titelbescheid keine Leistungsfrist enthalte, bedeute nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass dem Verpflichteten zur Erfüllung seiner Verpflichtung eine nach den jeweils gegebenen Umständen angemessene Frist dafür zur Verfügung stehe. Die seit Vorschreibung der Auflage vergangene Frist von mehr als zweieinhalb Jahren für die Verrohrung und Verschüttung eines 230 m langen Grabens sei mehr als ausreichend und angemessen.

Der Titelbescheid sei ausreichend bestimmt.

Spruchabschnitt II des Titelbescheides stelle keine Kollaudierung der im Spruchabschnitt I desselben Bescheides ausgesprochenen, mit einer Auflage versehenen Bewilligung dar, sondern eine bloße Tatsachenfeststellung in der Richtung, dass die nachträglich bewilligte Maßnahme dem Ausführungsprojekt vom Oktober 1986 entspricht. Eine wasserrechtliche Endüberprüfung gemäß § 121 WRG 1959 sei jedoch die Feststellung der Übereinstimmung der hergestellten Anlage mit der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung. Eine solche Feststellung enthalte der Titelbescheid nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, der Bescheid des LH vom 12. November 1998 stelle aus mehreren Gründen keine taugliche Grundlage für ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren dar. Bei diesem Bescheid handle es sich um eine der beschwerdeführenden Partei erteilte wasserrechtliche Bewilligung. Von einer solchen Bewilligung müsse nicht Gebrauch gemacht werden, sodass diese auch niemals einer Vollstreckung zugänglich sei (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1966, VwSlg. N.F 6912/A). Im Verwaltungsvollstreckungsverfahren dürften keine zusätzlichen konkretisierenden Verpflichtungen auferlegt werden. Im Titelbescheid werde jedoch hinsichtlich Art und Umfang der Verrohrung und Verschüttung auf ein Vorbringen des Vertreters der Grundstückseigentümerin anlässlich einer mündlichen Verhandlung verwiesen, welche einerseits keine einer Vollstreckung zugänglichen Konkretisierungen enthalte und andererseits nur eine Verrohrung, nicht jedoch auch eine Verschüttung umfasse. In der Androhung der Ersatzvornahme werde hinsichtlich der Verschüttung ausgeführt, dass diese in einer Mächtigkeit zu erfolgen habe, die eine ortsübliche Bewirtschaftung zulasse und dass keine Beschädigung der Rohrleitung entstehe, das heißt, die Überschüttung sollte mindestens 1 m über dem Rohrscheitel erfolgen. Die sodann vorgenommene Kostenschätzung gehe jedoch ohne entsprechende Grundlage von einer gänzlichen Verschüttung aus, ebenso der Bescheid, mit welchem die Ersatzvornahme verfügt werde. Auch hier zeige sich, dass die Vollstreckungsbehörde über keinen ausreichend konkretisierten Titelbescheid verfüge.

Wäre im Zeitpunkt der Erlassung des Titelbescheides die Anlage noch nicht errichtet gewesen, so wäre die in diesem Bescheid hinsichtlich der Verrohrung und Verschüttung ausgesprochene Auflage zweifellos als "projektsändernde Auflage" zu qualifizieren. Derartige projektsändernde Auflagen könnten nicht als bedingte Polizeibefehle gewertet werden, welche bei Gebrauchnahme von der Bewilligung zu unbedingten würden. Sie stellten vielmehr in untrennbarer Einheit mit den durch sie modifizierten Plänen und Beschreibungen den Gegenstand der Bewilligung dar. Eine von solchen projektsändernden Auflagen abweichende Bauausführung stelle daher keine Gebrauchnahme von der Baubewilligung dar, sondern sei als konsenswidrige Bauführung anzusehen. Daraus folge, dass in solchen Fällen nicht die Erfüllung projektsändernder Auflagen unmittelbar auf Grund der rechtskräftigen Baubewilligung im Wege der Verwaltungsvollstreckung erzwungen werden könne, sondern vorerst lediglich ein baupolizeiliches Auftragsverfahren in Betracht komme. Der in einem solchen Verfahren rechtskräftig ergangene baupolizeiliche Auftrag sei sodann im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzbar (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1981, VwSlg. N.F. 10614/A).

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe die beschwerdeführende Partei durch die Sanierung des bereits in einem mehr als 80 Jahre zurückliegenden Wasserrechtsverfahrens bewilligten Grabens nicht von einer nunmehr als Titelbescheid des Vollstreckungsverfahrens bezeichneten Baubewilligung vom 12. November 1998 Gebrauch gemacht, sondern einen bereits im Jahr 1906 bewilligten Zustand belassen bzw. bereits vor Bescheiderlassung saniert. Die Nichtbefolgung einer "projektsändernden Auflage" könnte auch nur dazu führen, dass von der Bauführerin die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes gefordert werde, nicht jedoch die Herstellung eines Erfolges bzw. Zustandes der ohne entsprechende Verfahrensgrundlagen erst von der Berufungsbehörde konkretisiert werde.

Alleine die Kosten der Ersatzvornahme von mehr als einer Million Schilling zeigten auch, dass durch eine derartige Vorgangsweise massiv in das Eigentumsrecht der beschwerdeführenden Partei eingegriffen würde, da diese für eine Anlage zu bezahlen hätte, die von ihr gar nicht beantragt worden sei.

Der Bescheid des LH vom 12. November 1998 könne auch deshalb niemals Grundlage eines Vollstreckungsverfahrens sein, da die in diesem enthaltene Auflage derart unbestimmt sei, dass ohne Dazwischentreten eines weiteren Ermittlungsverfahrens keine Vollstreckung möglich sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Ersatzvornahme der der beschwerdeführenden Partei im Bescheid des LH vom 12. November 1998 auferlegten Verpflichtungen angeordnet und gleichzeitig der beschwerdeführenden Partei ein Auftrag zur Kostenvorauszahlung erteilt.

Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann nach § 4 Abs. 1 VVG die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Nach § 4 Abs. 2 VVG kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

Die Anordnung der Ersatzvornahme setzt einen vollstreckbaren Titelbescheid voraus. Zur Vollstreckbarkeit gehört auch die ausreichende Bestimmtheit des Titelbescheides.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss der Spruch eines Bescheides, mit dem eine Verpflichtung auferlegt wird, so bestimmt gefasst sein, dass einerseits dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, und andererseits ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung im Rahmen einer allfälligen, ihrem Umfang nach deutlich abgegrenzten Ersatzvornahme ergehen kann. Ist ein Bescheid mit unbestimmtem Inhalt in Rechtskraft erwachsen, so ändert das nichts an seiner Unbestimmtheit. Die Unbestimmtheit bewirkt, dass der Bescheid nicht vollzugstauglich ist (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1999, 99/07/0063, und vom 21. Oktober 1999, 99/07/0080).

Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters in seinem Erkenntnis vom 29. Juni 2000, 2000/07/0014, ausgesprochen hat, bemisst sich die Frage, ob eine einem Bescheid beigefügte Auflage ausreichend bestimmt im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG ist, nach den Umständen des Einzelfalles. Die Anforderungen an die Umschreibung von Auflagen dürfen nicht überspannt werden. Eine Auflage ist nicht schon dann zu unbestimmt, wenn ihr Inhalt nicht für jedermann unmittelbar eindeutig erkennbar ist. Ausreichende Bestimmtheit einer Auflage ist auch dann anzunehmen, wenn ihr Inhalt für den Bescheidadressaten objektiv eindeutig erkennbar ist. Gleiches gilt, wenn die Umsetzung des Bescheides durch den Bescheidadressaten unter Zuziehung von Fachleuten - etwa aus dem Baubereich - zu erfolgen hat und für diese Fachleute der Inhalt der Auflage objektiv eindeutig erkennbar ist. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, er habe eine ausführliche Umschreibung von Sachverhalten gefordert, die schon durch eine kurze Umschreibung für die Behörde und ihre Sachverständigen auf der einen und die Bescheidadressaten (unmittelbar oder über die von ihnen bei der Bescheidumsetzung beizuziehenden Fachleute) auf der anderen Seite einen objektiv erkennbaren eindeutigen Inhalt haben. Eine Umschreibung des Auflageninhalts in einer Art und Weise, dass ihr Inhalt für jedermann ohne Zuhilfenahme von Fachleuten jederzeit klar ist, ist in vielen Fällen gar nicht möglich. Die Frage der ausreichenden Bestimmtheit einer Auflage ist daher nicht allein eine Rechtsfrage, sondern auch eine Fachfrage.

Diese auf Auflagen zugeschnittenen Ausführungen gelten für die Bestimmtheit von Bescheiden ganz allgemein.

Zu ergänzen sind diese Ausführungen noch dahingehend, dass dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden kann, er habe die Behörde verhalten wollen, in einem Bescheid alle nur möglichen Details anzuführen.

Als Titelbescheid wurde im Beschwerdefall der Bescheid des LH vom 28. November 1998 herangezogen.

Mit diesem Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei die Bewilligung zur Abweichung von einem bewilligten Entwässerungsprojekt erteilt und gleichzeitig der Auftrag, den in der Mitte des Grundstückes Nr. 470 angelegten Entwässerungsgraben, welcher die Abweichung vom bewilligten Projekt darstellt, zu verrohren und zu verfüllen. Dieser Auftrag zur Verrohrung und Verfüllung des Grabens ist ausreichend bestimmt. Die Verrohrung hat so zu erfolgen, dass sie das Wasser dieses Grabens aufnehmen und schadlos weiterleiten kann; als selbstverständlich anzusehen ist auch, dass die Verrohrung so auszuführen ist, dass sie mit einer allenfalls schon bestehenden Verrohrung auf Nachbargrundstücken zusammenpasst. Zur Ermittlung dieses Inhalts des Titelbescheides bedarf es nicht einmal eines Sachverständigen. Im Titelbescheid ist angeordnet, dass der Graben zu verrohren und zu verschütten ist. Mangels einer diesbezüglichen Einschränkung ergibt sich daraus, dass der Graben zur Gänze zu verfüllen ist. Die Verfüllung hat - auch das ist selbst für einen Laien klar - so zu erfolgen, dass sie sich der umliegenden landwirtschaftlich genutzten Fläche anpasst. Welche Konkretisierungen die beschwerdeführende Partei vermisst, ist unklar. In diesem Zusammenhang kommt auch dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten, von der beschwerdeführenden Partei nicht in Abrede gestellten Umstand Bedeutung zu, dass die beschwerdeführende Partei sehr wohl in der Lage war, eine ähnlich strukturierte Vorschreibung für die Verrohrung und Verfüllung des Grabens auf der benachbarten Parzelle anstandslos zu erfüllen.

Dass im Titelbescheid ein Hinweis auf das Vorbringen des Vertreters der Grundeigentümerin bei der mündlichen Verhandlung enthalten ist, gibt nur die Motivation der Behörde für die Erteilung des Verrohrungsauftrages wieder, ändert aber nichts an der ausreichenden Bestimmtheit des Auftrages.

Dass die Grundeigentümerin nur eine Verrohrung, aber keine Verfüllung gefordert hat, ist ohne Belang, da der Auftrag zur Verrohrung und Verfüllung in Rechtskraft erwachsen ist.

Es trifft zu, dass im Vollstreckungsverfahren dem Verpflichteten gegenüber dem Titelbescheid keine zusätzlichen Verpflichtungen auferlegt werden dürfen. Dies ist im Beschwerdefall aber nicht geschehen. Dass die Anordnung der Ersatzvornahme Maßnahmen aufzählt, die im Titelbescheid nicht genannt sind, schadet im Beschwerdefall deswegen nicht, weil es sich dabei um Maßnahmen handelt, die im Titelbescheid implizit enthalten sind. Solche Konkretisierungen in einer Vollstreckungsverfügung sind zulässig.

Unzutreffend ist auch die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, sie habe von der im Titelbescheid erteilten Bewilligung keinen Gebrauch gemacht und es sei daher auch die als Auflage anzusehende Verpflichtung zur Verrohrung und Verfüllung des Grabens auf Parzelle 470 keiner Vollstreckung zugänglich.

Bewilligt wurde der beschwerdeführenden Partei (nachträglich) eine Abweichung von einem bereits bewilligten Entwässerungsprojekt. Diese Abweichung bestand darin, dass ein Entwässerungsgerinne nicht in verrohrter Form am südlichen Rand der Parzelle 470, sondern in offener Form in der Mitte dieses Grundstückes ausgeführt wurde. Diese Abweichung wurde nachträglich mit der Einschränkung bewilligt, dass das Entwässerungsgerinne nicht in offener, sondern nur in verrohrter und überschütteter Form bestehen bleiben darf. Warum angesichts dieses Umstandes von einer Nichtkonsumtion der Bewilligung zu dieser Abweichung gesprochen werden kann, bleibt unerfindlich.

Der Hinweis auf eine schon im Jahre 1906 erteilte Bewilligung für dieses offene Gerinne kann schon deswegen nicht verfangen, weil eine solche Bewilligung, wenn sie überhaupt je existierte, durch den Titelbescheid vernichtet worden ist. Ausführungen darüber, was gewesen wäre, wenn die Anlage im Zeitpunkt der Erlassung des Bewilligungsbescheides noch nicht errichtet gewesen wäre, sind hypothetischer Natur und daher für die Beurteilung des Beschwerdefalls belanglos.

Im Ergebnis im Recht ist die beschwerdeführende Partei aber, wenn sie darauf hinweist, dass die Androhung der Ersatzvornahme nicht mit der tatsächlich angeordneten Ersatzvornahme übereinstimmt.

In der Androhung der Ersatzvornahme vom 27. Oktober 1999 wird unter Punkt 3 der von der beschwerdeführenden Partei zu treffenden Maßnahmen angeführt, dass die Überschüttung in einer Mächtigkeit zu erfolgen hat, die eine ortsübliche Bewirtschaftung zulässt und dass keine Beschädigung der Rohrleitung entsteht, dass heißt die Überschüttung sollte mindestens 1 m über Rohrscheitel erfolgen.

Im angefochtenen Bescheid wird hingegen angeordnet, dass nach erfolgter Verrohrung der Graben zur Gänze aufzuschütten ist. Eine Aufschüttung des Grabens zur Gänze entspricht, wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat, dem Titelbescheid, auch wenn dort nicht ausdrücklich die Worte "zur Gänze" enthalten sind.

Dass es sich bei einer "Überschüttung mindestens 1 m über Rohrscheitel" inhaltlich um etwas anderes handelt als bei einer "Verfüllung zur Gänze", gesteht die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides selbst zu, wenn sie ausführt, eine Überschüttung von mindestens 1 m sei nicht Inhalt des Titelbescheides.

Auch aus dem Kostenschätzungsgutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik vom 21. März 2000 geht deutlich hervor, dass eine Überfüllung von mindestens 1 m nicht ident ist mit einer gänzlichen Verfüllung des Grabens, wenn dort ausgeführt wird, in einer (früheren) Stellungnahme des Amtssachverständigen werde festgestellt, dass die Verschüttung des Rohres mit einer Mächtigkeit von mindestens 1 m zu erfolgen habe; da aber nach dem Bescheid des LH vom 12. November 1998 der Rohrgraben zur Gänze aufzuschütten sei, beziehe sich das Kostenschätzungsgutachten auf eine geländeebene Anschüttung.

Nach § 4 Abs. 1 VVG hat der Anordnung der Ersatzvornahme deren Androhung voranzugehen. Die Androhung der Ersatzvornahme ist eine unbedingte Voraussetzung für die gesetzmäßige Anwendung dieser Zwangsmaßnahme (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Mai 1979, VwSlg.NF.9836/A).

Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 VVG, wonach der Anordnung der Ersatzvornahme deren Androhung voranzugehen hat, hat den Zweck, dem Verpflichteten vor Augen zu führen, welche Leistungen er durchzuführen hat. Sie soll ihm auch zeigen, in welchen Punkten die Behörde eine Nichterfüllung der Verpflichtung des Titelbescheides annimmt. Durch die Androhung soll dem Verpflichteten aufgezeigt werden, durch welche anderen, durch ihn einzuleitenden Maßnahmen jene späteren behördlichen Zwangsmaßnahmen hintangehalten werden könnten, für die durch die Androhung der Ersatzvornahme die Voraussetzung für eine dem Gesetz entsprechende Ersatzvornahme geschaffen wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1990, 90/05/0009). Damit die Androhung diese Aufgaben erfüllen kann, muss sie mit der Anordnung der Ersatzvornahme übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, so erweist sich die Anordnung der Ersatzvornahme als inhaltlich rechtswidrig. Anderes gilt allerdings dann, wenn die Anordnung der Ersatzvornahme im Umfang hinter der Androhung zurückbleibt, etwa weil der Titelbescheid mittlerweile schon zum Teil erfüllt wurde oder seine volle Vollstreckung aus anderen Gründen nicht (mehr) erforderlich ist. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die mangelnde Übereinstimmung von Androhung und Anordnung der Ersatzvornahme führen daher im Beschwerdefall zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit der Anordnung der Ersatzvornahme. Vor Erlassung einer Vollstreckungsverfügung, welche die dem Titelbescheid entsprechende gänzliche Verfüllung des Grabens anordnet, wäre eine (nochmalige) Androhung mit diesem Inhalt durch die BH erforderlich gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei auch ein Kostenvorauszahlungsauftrag erteilt.

Die Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages setzt das Vorliegen einer Androhung der Ersatzvornahme voraus (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren II2, 1342, angeführte Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall liegt zwar eine Androhung der Ersatzvornahme vor; sie bezieht sich aber auf andere Leistungen als diejenigen, die dem Kostenvorauszahlungsauftrag zugrunde liegen. Wie bereits dargelegt, ist in der Androhung von einer Überschüttung von mindestens 1 m die Rede. Der Kostenvorauszahlungsauftrag basiert hingegen, wie sich zweifelsfrei aus dem ihm zugrunde liegenden Gutachten ergibt, auf einer gänzlichen Verfüllung des Grabens. Die vorliegende Androhung der Ersatzvornahme stellt daher aus den bereits zum Vollstreckungsauftrag dargestellten Gründen auch keine geeignete Grundlage für den Kostenvorauszahlungsauftrag dar.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Entrichtung der Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG ist die beschwerdeführende Partei als Körperschaft öffentlichen Rechts nach § 2 Z. 3 des Gebührengesetzes 1957 befreit (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1995, 92/07/0080). Der Antrag auf Zuerkennung des Ersatzes für diese Gebühr war daher abzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2001

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000070254.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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