TE Bvwg Beschluss 2020/2/11 I413 2167075-4

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Veröffentlicht am 11.02.2020
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Entscheidungsdatum

11.02.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I413 2167075-4/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX) geb. XXXX, StA Nigeria, vertreten durch Edward W. DAIGNEAULT, solicitor, gegen den mündlich verkündeten Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 04.02.2020, Zl. XXXX:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.08. 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In der am 10.08.2015 erfolgten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund Folgendes an: "Mein Vater hat Götter angebetet. Und er hatte eine Maske. Die Dorfbewohner haben meinen Vater und meine Mutter umgebracht. Aus Angst habe ich mein Heimatland verlassen."

3. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 05.07. 2017 durch die belangte Behörde gab der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtmotive an: "Der Grund warum ich das Land verlassen habe, ich bin der Grund, warum mein Vater getötet wurde. Als die Dorfleute rausfanden, dass ich mit einem Mann schlafe, das ist nicht üblich in unserem Land, gingen Sie zu meinem Vater nach Hause und fragten nach mir. Ich war nicht zu Hause. Ich bekam einen Anruf mit der Information, dass diese Leute mit meinem Vater streiten. Ich weiß nicht ob mein Vater sich gewehrt hat. Diese Leute haben dann meine Mutter mitgenommen. Seit diesem Zeitpunkt habe ich nichts mehr von meiner Mutter gehört. Ich musste flüchten, falls sie mich sehen würden, würden Sie mich umbringen."

4. Mit Bescheid vom 18.07.2017, XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III) sowie dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV). Letztlich wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23.10.2017 I409 2167075-1/7E als unbegründet ab. Dieses Erkenntnis erwuchs am 27.10.2017 in Rechtskraft.

5. Am 06.12.2017 stellte der Beschwerdeführer den ersten Folgeantrag auf internationalen Schutz, den er in der Erstbefragung am 06.12.2017 damit begründete, dass seine Fluchtgründe, welche er im Erstverfahren vorgebracht habe, immer noch bestünden. Am 01.10.2017 habe er mit einem Freund aus Nigeria telefoniert, dieser habe ihm berichtet, dass die Polizei nach ihm suchen würde. Bei einer Rückkehr in seine Heimat drohe ihm die Todesstrafe, weil er homosexuell sei.

6. Am 06.07.2018 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei begründete der Beschwerdeführer seinen Folgeantrag damit, dass ihm Freunde aus Nigeria mitgeteilt hätten, dass nach ihm immer noch gesucht werde und seine Mutter entführt worden sei.

7. Mit Bescheid vom 05.11.2018, XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz vom 06.12.2017 hinsichtlich des Status des Beschwerdeführers (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurück. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 03.12.2018, XXXX, als unbegründet ab. Das Erkenntnis erwuchs am 03.12.2018 rechtskräftig.

8. Der Beschwerdeführer stellte am 16.01.2019 einen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag stattgefunden Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er zusammengefasst an, dass seine Fluchtgründe, welche er im Erstverfahren vorgebracht habe, immer noch bestehen würden. Er habe einen Lebenspartner, den er heiraten und mit ihm zusammenziehen wolle. Bei einer Rückkehr in seine Heimat drohe ihm eine 15jährige Haftstrafe oder die Todesstrafe.

9. Am 04.04.2019 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei begründete der Beschwerdeführer seinen Folgeantrag damit, dass er ein Problem mit der Polizei in Nigeria wegen seiner Homosexualität hatte. Er habe jetzt einen Freund in Österreich.

10. Mit Bescheid vom 29.08.2019, XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz vom 16.01.2019 hinsichtlich des Status des Beschwerdeführers (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurück. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.10.2019, XXXX, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 02.10.2019 in Rechtskraft.

11. Der Beschwerdeführer stellte am 07.11.2019 einen weiteren (dritten) Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erklärte er:

"Meine bei der ersten Asylantragstellung angegebenen Gründe sind immer noch aufrecht. Ich werde nach wie vor in meiner Heimat verfolgt und gesucht. Ich habe einige Leute in meiner Heimat angerufen und nachgefragt, ob das Problem immer noch besteht. Diese gingen dann zu meinem Haus und sahen, dass keiner von meiner Familie dort lebt. Mein Haus war zerstört. Das sind meine neuen Fluchtgründe."

12. Der Beschwerdeführer wurde am 04.02.2020 niederschriftlich durch die belangte Behörde einvernommen. Er erklärte, man habe ihm nach Abschluss seines ersten Asylverfahrens erklärt, dass man ihn nach Hause zurückschicken wolle. Er habe dann jemandem in Afrika ein -Mail geschickt und gebeten nachzuschauen, ob irgendjemand in seiner Gemeinschaft anzutreffen sei, aber jemand habe nein gesagt. Es sei niemand angetroffen worden. Man habe ihm mitgeteilt, dass das Gebäude niedergebrant worden sei. Das einzige, was ihm geschickt worden sei, sei das Kleid seiner Mutter. Er könne daran seine Mutter riechen. Ihm sei mitgeteilt worden, dass sein Bild überall bekannt sei und nach ihm überall gesucht werde. Er habe bereits im letzten Asylantrag angegeben, dass der Mann, der ihn in die Homosexualität eingeführt habe, getötet worden sei. Er habe OSASIGE geheißen. Beweismittel habe er für sein Vorbringen keine. Im Anschluss wurde mit mündlich verkündeten Bescheid der faktische Abschiebeschutz des Beschwerdeführers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.

12. Der Verwaltungsakt langte am 06.02.2020 bei der Gerichtsabteilung I405 ein. Aufgrund der von der Leiterin der Gerichtsabteilung I405 abgegebenen Unzuständigkeitseinrede wegen § 20 AsylG, wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung I413 neu zugeteilt und langte dort am 10.02.2020 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die belangte Behörde hat dem Bundesverwaltungsgericht im Falle einer Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes die Verwaltungsakten unverzüglich zur Überprüfung zu übermitteln. Die Vorlage des Aktes durch die belangte Behörde gilt gemäß § 22 Abs 10 AsylG bereits als Beschwerde. Die Pflicht zur Überprüfung des verwaltungsbehördlichen Bescheides wird mit dem Einlangen der Verwaltungsakten, die die belangte Behörde zu übermitteln hat, ausgelöst (vgl die VfSlg 19215/2010 zugrundeliegende Gesetzessystematik).

Des Weiteren liegt auch eine Beschwerde iSd Art 130 B-VG vor. Gemäß Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG kann eine Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde ua erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet ("Parteibeschwerde"). Art 132 B-VG regelt somit, wem die Beschwerdeberechtigung zukommt; eine Beschwerde kann ausschließlich von einem legitimierten Beschwerdeführer erhoben werden. Die Beschwerdelegitimation knüpft dabei an den jeweiligen Beschwerdegegenstand an. Die gemäß § 22 Abs 10 AsylG erfolgte Übermittlung der Verwaltungsakten an das Bundesverwaltungsgericht gilt nach der ausdrücklichen Anordnung des § 22 Abs 10 vierter Satz leg cit als Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde. Vor diesem Hintergrund ist nach VfGH 10.10.2018, G186/2018 ua davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Übermittlung der Verwaltungsakten intendiert, eine Parteibeschwerde, also die Geltendmachung einer Rechtswidrigkeit durch den Betroffenen im Sinne des Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG, zu fingieren.

Die vom Gesetzgeber in § 22 Abs 10 AsylG und § 22 BFA-VG angeordnete Rechtsschutzkonstruktion in Form einer fiktiven Parteibeschwerde in ausnahmslos jedem Fall einer Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist - vor dem Hintergrund des engen inhaltlichen Zusammenhanges des Aufhebungsverfahrens mit dem Folgeantrag - mit dem in Art 130 und 132 B-VG vorgesehenen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit vereinbar (VfGH 10.10.2018, G186/2018).

1. Feststellungen:

Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt.

Der volljährige Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest.

Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 09.08.2017 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.07.2017 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.10.2017 abgewiesen; die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Den ersten Folgeantrag vom 06.12.2017 wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 05.11.2018 wegen entschiedener Sache zurück und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.12.2018 abgewiesen; die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Den zweiten Folgeantrag vom 16.01.2019 wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 29.08.2019 wegen entschiedener Sache zurück und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2019 abgewiesen; die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Im gegenständlichen, aufgrund des dritten Folgeantrages vom 07.11.2019 durchgeführten Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.

Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Nigeria noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist in den letzten zweieinhalb Monaten und damit seit Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung eine maßgebliche Änderung eingetreten.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Gegen ihn wurde am 17.02.2016 eine Anzeige wegen des Verdachtes des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 15 StGB, § 27 SMG erstattet, von der Verfolgung dieses Delikts jedoch durch die Staatsanwaltschaft Wien endgültig abgesehen.

Der Beschwerdeführer hält sich seit August 2015 in Österreich auf; er ist ledig und kinderlos, hat in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte und verfügt über keine maßgebliche Integrationsverfestigung. Er bezieht Mittel aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. In seiner Heimat hat er den Beruf des Elektrikers gelernt. Der Beschwerdeführer leidet an verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, jedoch an keiner Krankheit, die lebensbedrohend ist. Die Krankheiten, an denen der Beschwerdeführer leidet, sind auch in seinem Heimatstaat behandelbar, die von ihm benötigten Wirkstoffe bzw. Medikamente sind auch in Nigeria verfügbar. Eine Änderung seines Privat- und Familienlebens in den letzten Monaten liegt ebenso wenig vor wie eine Änderung seiner gesundheitlichen Situation.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers ergibt sich aus den im im ersten Asylverfahren sowie den Folgeverfahren und auch in diesem Verfahren konsistenten Angaben des Beschwerdeführers. Sie entsprechen den Feststellungen in den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.10.2017, 03.12.2018 und 01.10.2019. Mangels Vorlage eines seine Identität zweifelsfrei bestätigenden Dokuments steht seine Identiät nicht fest. Die den Vorverfahren zugrunde gelegte nigerianische Staatsbürgerschaft wird daher auch für dieses Verfahren angenommen.

Die Feststellung zu seinem strafrechtlichen Leumund ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 10.02.2020. Die Feststellungen zur Anzeige wegen des Verdachtes des versuchten unerlaubten Umganges mit Suchtmitteln ergibt sich aus dem kriminalpolizeilichen Aktenindex.

Die Feststellungen zur persönlichen Situation des Beschwerdeführers, zu seinem Aufenthalt in Österreich, seiner Ausbildung, seiner Integration und seiner Gesundheit basiert auf den vor der belangten Behörde agetätigten Angaben und aus den - unstrittigen - Feststellungen im zuletzt am 01.10.2019 erlassenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zum abgeschlossenen dritten Asylverfahren. Es finden sich keine Anzeichen einer hinsichtlich einer möglichen Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers, welche geeignet wären, eine Änderung der Sachlage herbeizuführen. Der Beschwerdeführer gibt zu seiner Situation lediglich an, Mitglied von Queer Base zu sein. Der Beschwerdeführer kann keine Deutschprüfungszeugnisse vorlegen. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen sich auf die Aussagen des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vom 04.04.2019, in die dort festgestellte Fähigkeit zur Einvernahme und auf die vorgelegten Rezepte über schmerz- und entzündungshemmende Medikamente sowie Magenpräparate. Es sind auch sonst keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa dass eine schwere Erkrankung, die in der Heimat nicht behandelbar wäre oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand vorliege, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen lassen würde. In der nunmehrigen Einvernahme am 04.02.2020 gibt der Beschwerdeführer nichts zu seiner Gesundheit an.

Die Angaben zu dem bereits abgeschlossenen Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Akten sowie aus den Gerichtsaktem des Bundesverwaltungsgerichts zu den abgeschlossenen Verfahren I409 2167075-1, I141 2167075-2, I407 217075-3. Der Beschwerdeführer hatte im ersten Asylverfahren zunächst angegeben, sein Vater habe Götter angebetet und eine Maske gehabt. Die Dorfbewohner hätten meinen Vater und meine Mutter umgebracht und der Beschwerdefüher habe aus Angst sein Heimatland verlassen (Erstbefragung vom 10.08.2015). Bereits in der niederschriftlichen Einvernahme am 05.07. 2017 änderte der Beschwerdeführer sein Vorbringen und gab an, der Grund, warum er das Land verlassen habe, sei er selbst. Er sei der der Grund, warum sein Vater getötet wurde. Als die Dorfleute herausgefunden hätten, dass der Beschwerdeführer mit einem Mann schlafe, seien sie zu seinem Vater nach Hause gekommen und hätten nach ihm gefragt. Der Beschwerdeführer sei aber nicht zu Hause gewesen und habe einen Anruf erhalten, dass sich die Leute mit dem Vater streiten würden. Sie hätten auch die Mutter mitgenommen und er habe nichts mehr von ihr gehört. Er habe flüchten müssen, da er, falls sie ihn sehen würden, ihn umbrächten. In den Folgeverfahren begründete der Beschwerdeführer seinen ersten Folgeantrag damit, dass seine bereits im ersten Verfahren angegebenen Fluchtgründe immer noch bestünden und ihm Freunde aus Nigeria mitgeteilt hätten, dass nach ihm immer noch gesucht werde und seine Mutter entführt worden sei Niederschriftliche Einvernahme durch das BFA vom 06.07.2018). Den zweiten Folgeantrag begründete er zusammengefasst damit, dass seine Fluchtgründe, welche er im Erstverfahren vorgebracht habe, immer noch bestehen würden. Er habe einen Lebenspartner, den er heiraten und mit ihm zusammenziehen wolle. Bei einer Rückkehr in seine Heimat drohe ihm eine 15jährige Haftstrafe oder die Todesstrafe. Er habe ein Problem mit der Polizei in Nigeria wegen seiner Homosexualität und jetzt einen Freund in Österreich (Niederschriftliche Einvernahme des BFA vom 04.04.2019).

Im gegenständlichen Verfahren erklärte er am 07.11.2019 explizit, dass seine im ersten Asylverfahren angegebenen Gründe immer noch aufrecht seien. Auch bei der Einvernahme am 04.02.2020 wiederholte er - im Einklang mit den Angaben im bereits abgeschlossenen Erstverfahren, dass er nach wie vor in Nigeria gesucht werde und niemand von seiner Familie mehr in dem Haus in Nigeria lebe. Er wiederholt im gegenständlichen Folgeantragsverfahren genau jene Gründe, die bereits Gegenstand der Vorverfahrens waren.

Eine maßgebliche Änderung der Lage in Nigeria seit Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.01.2019 wurde nicht behauptet. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich nach Nigeria entgegenstünden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 22 Abs 10 AsylG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.

Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

Die in Rede stehende Norm des § 12a Abs 2 AsylG sieht vor, dass die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden, der einen Folgeantrag gestellt hat und bei dem - wie im vorliegenden Fall - die Voraussetzungen des § 12a Abs 1 AsylG nicht erfüllt sind, aberkennen kann, wenn drei Voraussetzungen gegeben sind: Erstens muss gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG bestehen; zweitens muss die Prognose zu treffen sein, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und drittens darf die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen.

Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs 2 Z 1 AsylG ("Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG"): Gemäß § 12 Abs 6 AsylG bleiben Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG achtzehn Monate ab der Ausreise eines Fremden aufrecht. Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet nicht verlassen. Gegenständlich liegt daher eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor.

Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs 2 Z 2 AsylG ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") führen die Gesetzesmaterialien (EBRV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs 2 AsylG. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern (vgl dazu zuletzt VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010).

Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art 41 Ab. 1 lit b der Verfahrensrichtlinie - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).

Der Antrag vom 07.11.2019 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlich Verfahren erklärt, die bereits im Vorverfahren vorgebrachten Fluchtgründe aufrechterhalten zu wollen und gibt keinen gegenüber dem Vorfahren geänderter Sachverhalt im Sinne neuer Fluchtgründe an. Auch die Situation in Nigeria hat sich seit dem Vorverfahren nicht geändert. Es ist daher davon auszugehen, dass sein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs 2 Z 3 AsylG (EMRK-Verletzung): Im vorangegangenen Verfahrensgang hatten das BFA bzw das Bundesverwaltungsgericht bereits ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).

Auch im gegenständlichen Asylverfahren vor dem BFA sind keine Risiken für den Beschwerdeführer im Sinne von § 12a Abs 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden.

Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Der Beschwerdeführer hatte zu keinem Zeitpunkt eine wesentliche gesundheitliche Einschränkung vorgebracht. Eine lebensbedrohliche Situation ergibt sich durch eine Abschiebung nicht.

Ebenso gibt es keine Hinweise darauf, dass sich sein Privat- oder Familienleben in Österreich in den letzten Monaten geändert hätte. Er hat keine Familie in Österreich und ist auch nicht in Österreich integriert.

Im Lichte des § 22 BFA - VG und des eindeutigen Sachverhaltes hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.

Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 04.02.2020 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art 133 Abs 4 B-VG aus.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real risk, reale
Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I413.2167075.4.00

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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