TE OGH 2020/3/19 11Os16/20t

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Veröffentlicht am 19.03.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. März 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Mohammad T***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Geschworenengericht vom 18. November 2019, GZ 13 Hv 109/19a-69, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenenden Urteil wurde der Angeklagte Mohammad T***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 19. Juni 2019 in K***** Ismat D***** durch das Versetzen unzähliger Messerstiche in den Kopf- und Halsbereich sowie das Durchschneiden der Kehle [vorsätzlich] getötet.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Gesetzeskonforme Ausführung einer Fragenrüge verlangt vom Beschwerdeführer die deutliche und bestimmte Bezeichnung einerseits der vermissten Frage, andererseits jenes Sachverhalts, auf den die Rechtsbegriffe der §§ 312 ff StPO abstellen, vorliegend somit eines die begehrte Zusatzfrage indizierenden Tatsachensubstrats (RIS-Justiz RS0117447; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23). Beruft sich die Rüge dabei auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweisergebnisse, darf der Nachweis der Nichtigkeit nicht auf Grundlage isoliert herausgegriffener Teile derselben geführt werden, sondern ist das jeweilige Verfahrensergebnis in seiner Gesamtheit zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0120766).

Unter Berufung auf Details aus den Angaben des Angeklagten (ON 39 S 15, ON 68 S 3 ff), wonach er in der Nacht zum 19. Juni 2019 diverse Suchtmittel konsumiert habe, sowie darauf, dass der psychiatrische Sachverständige in der Hauptverhandlung „irrig davon ausgegangen sei, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt nicht durch Drogen beeinträchtigt gewesen“ wäre, was allerdings – so die Beschwerde – nicht mit den entsprechenden gutachterlichen Ausführungen des toxikologischen Sachverständigen (ON 25 S 9, ON 49 S 2 [wonach „nicht zwingend eine Beeinträchtigung zum Tatzeitpunkt“ ableitbar wäre]) korreliere, reklamiert die Fragenrüge der Sache nach die Stellung einer Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB).

Solcherart wird die Beschwerde den dargelegten Kriterien nicht gerecht. Sie vernachlässigt, dass der psychiatrische Sachverständige das Vorliegen eines dem § 11 StGB entsprechenden Zustands aus medizinischer Sicht in vernetzter Betrachtung des Tatgeschehens, der Verantwortung des Angeklagten, des toxikologischen Gutachtens, der behaupteten Suchtgiftquanten und deren allgemeinen Wirkungsgrades verneinte (ON 39, ON 68 S 10 f), sodass mit der bloßen Bezugnahme auf einen einzelnen (isoliert betrachtet möglicherweise missverständlichen) Satz aus dem Gutachten in der Hauptverhandlung kein Sachverhaltssubstrat genannt wird, welches indizieren könnte, der Angeklagte sei zur Tatzeit aufgrund einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades unfähig gewesen, das Unrecht seiner Taten einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Mit dem Hinweis auf den Konsum von Schmerz- und Suchtmitteln durch den Angeklagten, welcher zu einem „Kontrollverlust“ geführt hätte, werden solche Verfahrensergebnisse nach den Kriterien logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungen ebenfalls nicht eindeutig aufgezeigt (RIS-Justiz RS0119417, RS0100527 [T1]; Lässig, WK-StPO § 313 Rz 8).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – wie bereits die Generalprokuratur zutreffend ausführte – bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E127767

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00016.20T.0319.000

Im RIS seit

15.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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