TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/4 W117 2227169-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.2020
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Entscheidungsdatum

04.02.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z9
FPG §76 Abs6
VwGVG §35 Abs1

Spruch

W117 2227169-1/8E

Schriftliche Ausfertigung des am 09.01.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Druckenthaner als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 19-1246041102-191159107, über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA Pakistan gegen die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF, § 76 Abs. 6 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1, Z 9 FPG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

II. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF, hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Mit Bescheid der Verwaltungsbehörde wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft angeordnet. Die Verwaltungsbehörde hob in ihrem Mandatsbescheid den Versuch des BF hervor, nach illegaler Einreise weiter illegal nach Italien reisen zu wollen, stellte auch weiters fest, dass der BF über keinerlei ausreichende Barmittel zur Unterhaltsfinanzierung verfügt und außerdem keinerlei soziale und familiäre Anbindungen aufweist. Der BF habe offensichtlich Österreich nur als Durchreiseland angesehen und hat die Verwaltungsbehörde dieses Sachverhaltssubstrat den Tatbeständen des § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 9 FPG unterstellt.

Der Schubhaftbescheid wurde vor der Asylantragstellung (des Beschwerdeführers) - diese erfolgte am 13.11.2019 - am 15.09.2019 erlassen; die Verwaltungsbehörde setzte sich aber auch mit dem Asylantrag unter dem Aspekt des § 76 Abs. 6 FPG auseinander und stellte dem Beschwerdeführer den im Akt aufliegenden Aktenvermerk am 13.11.2019 zu.

Die Verwaltungsbehörde legte den Akt mit Schreiben vom 05.01.2020 zur Prüfung der weiteren Aufrechterhaltung der Schubhaft vor und führte unter anderem im Rahmen der Stellungnahme aus (Hervorhebungen laut Original):

"Erst am 13.11.2019 stellte der Fremde einen Asylantrag, seitens des BFA wurde ein AV nach § 76 Abs 6 FPG erstellt und dem Fremden zugestellt. Mit Bescheid der EAST WEST wurde der Asylantrag negativ entschieden und die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt. Dagegen erhob der Fremde fristgerecht Beschwerde, das Verfahren ist aktuell beim BVwG anhängig.

Der Fremde trat in den Hungerstreik und wurde der Heilbehandlung zugestimmt und er vom AHZ Vordernberg ins PAZ Wien HG verlegt.

Es ist in der Folge beabsichtigt unverzüglich nach Zustimmung zur HRZ-Ausstellung ehebaldigst einen Abschiebetermin festzulegen. Weitere rechtliche oder faktische Hindernisse hinsichtlich der Effektuierung der Rückkehrentscheidung sind seitens der ho. Behörde nicht zu erkennen. Der Fremde hätte aber auch die Möglichkeit, aus dem Stande der Schubhaft freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren.

Die weitere Aufrechterhaltung der Schubhaft scheint daher der Behörde aktuell nicht nur geeignet und erforderlich angesichts der bisherigen Unzuverlässigkeit des betroffenen Fremden, einen geordneten Vollzug des Fremdenwesens, durch die - nach dem derzeitigen Verfahrensstand, absolut als wahrscheinlich und auch möglich erscheinende - Abschiebung zu gewährleisten, sondern im Lichte des Umstandes, des Beurteilungsmaßstabes der novellierten § 80 Abs 2 und 4 FPG auch weiterhin als adäquat.

Sollte aufgrund des Ergebnisses des laufenden HRZ Verfahrens mit Pakistan das mit der Schubhaft verfolgte Ziel nicht mehr erreicht werden, oder sich das weitere Ausstellungsprozedere eines Ersatzreisedokumentes als unverhältnismäßig lang erweisen oder der BVwG im Asylbeschwerdeverfahren die Entscheidung des BFA nicht bestätigen sollte, wird seitens der ho. Behörde unverzüglich die Entlassung des BF veranlasst werden.

Die Gründe für die Verhängung der Schubhaft liegen daher aus Sicht der Behörde derzeit auch weiterhin vor und ist diese im Hinblick auf den gesteigerten Sicherungsbedarf angesichts des fortgeschrittenen Verfahrensstandes auch weiterhin erforderlich und verhältnismäßig. Der rechtskräftige Verfahrensabschluss sowie die Effektuierung der Außerlandesbringung innerhalb der gesetzlich zulässigen Höchstdauer der Schubhaft ist nach wie vor als absolut wahrscheinlich anzusehen.

Der im Betreff Genannte befindet sich nach wie vor im PAZ Wien HG

Es wird daher beantragt festzustellen, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiter vorliegen und diese auch weiterhin verhältnismäßig ist."

Am 09.01.2010 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Verhandlung durchgeführt - diese nahm folgenden Verlauf:

"(...)

RI befragt die beschwerdeführende Partei ob diese psychisch und physisch in der Lage ist, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen und an sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß beantworten?

BF: Mir geht es gesundheitlich gut.

Beginn der Befragung:

R: Warum waren Sie vom 21. bis 25. Dezember im Hungerstreik?

BF: Ich habe keine Information bekommen.

R: Über was?

BF: Wegen meines Verfahrens oder wie es ausgeht. Ich habe nicht schlafen können. Ich war auch beim Arzt.

R: Deswegen gehen Sie in den Hungerstreik?

BF: Ich habe nicht gesagt, dass ich nichts essen werde, ich konnte einfach nichts essen.

R: Warum ist in der Anhaltedatei ausdrücklich vermerkt, dass Sie im Hungerstreik waren? Sie unterstellen einem Beamten eine Straftat.

BF: Die Beamten waren bei mir. Sie haben mir auch irgendwelche Unterlagen gezeigt. Sie haben gesagt, dass ich auf Hungerstreik bin. Beide haben nichts essen können wegen des Stresses. Das haben wir auch den Beamten gesagt, das haben wir offensichtlich missverstanden. Am 23.12. sind Psychologen gekommen in die Anstalt. Dann haben die Psychologen geraten, dass wir essen sollten und dass wir nicht in Hungerstreik gehen sollen, etwas essen sollen und abwarten sollen, was entschieden wird. Am 23. haben wir schon gegessen.

R: Es ist eingetragen, dass Sie bis 25. im Hungerstreik waren?

BF: Ich bin nach Wien verbracht worden. Ich habe einen Teller genommen. Mir wurde gesagt, ich sei im Hungerstreik. Am 25. haben wir das Essen erst ausgeteilt bekommen.

R: Das klingt nicht recht überzeugend.

BF: Ich habe kein Wort falsch gesagt oder Sie angelogen. Am 23. abends habe ich schon gegessen. Das ist auch eingetragen worden. Es wurde eine Karte hergezeigt und das wurde auch eingetragen.

R: Sie haben bereits 2014 Pakistan verlassen.

BF: Nein. 2015.

R: Dann haben Sie sich in der Türkei, in Griechenland usw. längerfristig aufgehalten. Wo ist der Reisepass oder ein sonstiges Identitätsdokument. Haben Sie in den Ländern ohne Ausweisdokument gelebt?

BF: 5 Monate war ich in Istanbul. Ich wurde nie von der Polizei oder von den Behörden dort aufgehalten worden wegen meines Ausweises.

R: Sie haben Pakistan ohne jedes Identitätsdokument verlassen? Warum haben Sie kein Identitätsdokument mitgenommen?

BF: Ich habe meine Identitätskarten meinen Vater gegeben. ich bin einfach von zu Hause weggegangen.

R: Ihre "Ausreise aus Pakistan" war nicht überstürzt. Sie haben sich nach den von Ihnen behaupteten Bombenanschlag noch einige Monate in Pakistan aufgehalten. Sie haben Ihre Ausreise langfristig geplant. Es erscheint mir unglaubwürdig, dass Sie ohne Dokument ausreisen konnten.

BF: Als das vorgefallen ist, der Bombenanschlag, war ich zu Hause eingesperrt. Ich konnte nicht hinaus. Ich wusste nicht, wie diese Länder heißen. Ich war vorher nie im Ausland.

R: Sie verlassen das Land ohne jedes Identitätsdokument?

BF: Mein Vater hat meine ganze Ausreise arrangiert.

R: Sie wurden am 15.09.2019 aus einem Reisezug nach Verona aufgegriffen. Sie wollten nach Italien?

BF: Ja.

R: Wie sind Sie eigentlich nach Österreich gekommen?

BF: Über Serbien bin ich nach Österreich gekommen. Über Serbien nach Ungarn, von Ungarn nach Österreich.

R: Warum haben Sie in keinem dieser Länder Asyl beantragt?

BF: Einmal in Saloniki/Griechenland, habe ich versucht bei einem Polizeikommissariat Asyl anzusuchen. Ich bin aber für 24 Stunden festgenommen worden, dann bin ich auf freien Fuß gesetzt worden.

R: Am 16.09 sind Sie zur möglichen Rückkehrentscheidung nach Pakistan einvernommen worden von der Behörde zur möglichen Rückkehrentscheidung.

BF: Ich habe gesagt, ich will nicht nach Pakistan zurückkehren.

R: Warum waren Sie, trotz wiederholter Nachfrage, nicht bereit, näher auszuführen, warum Sie nicht nach Pakistan zurückwollten?

BF: Mein Leben ist in meinem Heimatland gefährdet.

R: Warum haben Sie nicht dort bereits um Asyl angesucht?

BF: Ich wusste um die Vorgangsweise nicht.

R: Warum haben Sie dann in weiterer Folge als man Ihnen angeboten hat, zur Ländersituation Stellung zu nehmen, das abgelehnt? Wenn ich verfolgt werde, werde ich alles daransetzen, schnellst möglichst alles vorzubringen, was meiner Abschiebung entgegensteht.

BF: Der Dolmetscher hat gesagt dort, ja, das ist eine normale Einvernahme. Wenn ich Asyl beantrage, soll ich meine Aussagen dann bekanntgeben.

R: Obwohl Sie vom Dolmetscher Ihrer jetzigen Aussage nach offensichtlich auf die Möglichkeit eines Asylverfahrens aufmerksam gemacht wurden, warum haben Sie mit der Asylantragstellung bis 13.11.2019 zugewartet?

BF: Ich hatte keine rechtlichen Informationen wie die Vorgangsweise war. Das war mir also nicht bekannt. Es war ein Durcheinander.

R: Ich halte Ihnen vor, dass Sie im Rahmen der Schubhaftanhaltung Besuch von der Rechtsberatung unter anderem am 19.09, 26.09 usw. hatten. Das klingt für mich nicht sehr überzeugend, dass Sie rechtlich nicht informiert wurden.

BF: Am 1. Tag, nachdem ich eingereist bin mit meinen Bekannten, habe ich hier zufällig einen anderen Pakistani am Bahnhof getroffen. Er hat geholfen, Karten zu kaufen. Er sagte, dass es in Österreich schwierig ist, Asyl zu bekommen.

R: In diesem Zusammenhang halte ich Ihnen Ihre Aussage vom 20.11.2019 im Asylverfahren vor. Da haben Sie das ungefähr deckungsgleich wie heute angeführt. Sie ergänzten, dass Ihnen der Pakistani auch sagte, "wenn ich 2-3 Tage nicht um Asyl ansuche, würde ich entlassen. Deshalb habe ich gewartet. Jetzt blieb mir nichts anderes übrig". Das klingt schon sehr taktisch.

BF: Ich habe diese Aussage gemacht. Ich kenne mich, was die Asylangelegenheiten anbelangt, überhaupt nicht aus. Ich habe gemacht, was dieser Mann mir so geraten hat. Das bereue ich jetzt, dafür entschuldige ich mich.

R: Der Einvernehmer fragte Sie, ob dieser Bombenanschlag Ihnen gegolten hat. Sie sagten, "es war zufällig, der Anschlag hatte nichts mit mir zu tun". Ist das richtig?

BF: Ich habe schon um mein Leben Angst gehabt. Die Leute, die hinter dem Bombenanschlag wollten meinen Vater erschrecken und unter Druck setzen, damit er folgt, was sie verlangen.

R: Ist es richtig, dass Sie noch Familienangehörige in Pakistan haben, wenn ja, wer von Ihren Familienangehörigen lebt noch in Pakistan?

BF: Vater, Mutter und vier Brüder. Der Vater ist nie dabei. Er ist dienstlich unterwegs.

R: Der Einvernehmer fragte Sie: "Haben Sie seither mit Ihrem Vater über diese Bedrohung durch diese Gruppe gesprochen"? Sie sagten:

"Nein". Auf Nachfrage sagten Sie: "Er hat nur mit seiner Arbeit zu tun und keine Zeit für seine Familie". Das hat den einvernehmenden Beamten nachvollziehbar verwundert.

BF: Freunde meines Vaters haben in Lahore ein Zimmer genommen. Ich habe von den 2 Bekannten meines Vaters erfahren, dass die Großeltern vs und der Onkel vs von diesen Leuten umgebracht worden sind. Einmal hat auch der Bruder auch den Vater gefragt

R: Was hat dieser gesagt?

BF: Was machst du für Tätigkeiten, dass wir alle so in Gefahr leben müssen?

R: Kennen Sie die Beschwerde gegen die negative Asylentscheidung?

BF: Das 1. Mal als ich noch keinen Asylantrag stellte, habe ich ein Negativ erhalten. Beim Asylantrag Negativ habe ich dann eine Beschwerde erhoben. Dann bin ich von der DIAKONIE eingeladen worden. Dann wollte die DIAKONIE mit mir sprechen.

R: Sie haben in der Folge nach dem Bombenanschlag um ein Visum angesucht. Das sieht auch nicht sehr nach Flucht aus. Sie haben leider keines bekommen. Deswegen sind Sie schlepperunterstützt ausgereist.

BF: Das hat alles mein Vater gemacht.

R: Wie viel Geld haben Sie derzeit?

BF: Die 50 Euro, die ich bei mir hatte, habe ich schon ausgegeben.

R: Haben Sie in Österreich Familienangehörige oder in der EU?

BF: Nein.

R: Warum wollten Sie eigentlich nach Italien?

BF: Ein weiterer Bekannter hat mir gesagt, dass ich vielleicht in Italien Chancen auf Arbeit hätte.

R an BehV: Heimreisezertifikat?

BehV: Das wurde beantragt, der Antrag auf Heimreisezertifikatsausstellung wurde unmittelbar nach Befragung im Rückkehrentscheidungsverfahren gestellt. Nach Pakistan wurden voriges Jahr 107 Zertifikate ausgestellt. Die Wahrscheinlichkeit ein HRZ zu erlangen ist sehr hoch. Das Procedere dauert eigentlich 3 Monate. Bis jetzt war es noch nicht notwendig, den BF vorzuführen. Es liegt kein Dokument vor. Im Regelfall ist die Vorführung erforderlich. Durch das Asylverfahren ist das jetzt einmal blockiert.

BFV: Keine Fragen.

(...)

Nach der Rückübersetzung gibt der BF ergänzend an:

BF: ich habe nach dem Bombenanschlag 2 Freunde des Vaters angerufen, diese haben mich dann abgeholt, in ein Zimmer gebracht, und versucht, mich dort zu beruhigen. Dann kam mein Vater auch dorthin. Er sagte, dass es sich um die Rache von gewissen Leuten handle. Meine Großeltern und ein Onkel vs wurden auch von diesen Leuten umgebracht.

Nach Rückübersetzung gibt BehV ergänzend an: Nachdem die Formblätter für das HRZ vorliegen, wird eine Vorführung vor die pakistanische Botschaft nicht erforderlich sein. Die Formblätter hat der BF ausgefüllt. Das weitere Procedere wird relativ formlos sein.

BehV beantragt ausdrücklich Kostenersatz für Vorlage-, Schriftsatz und Verhandlungsaufwand.

BFV beantragt seinerseits Verhandlungsaufwand."

In der Folge wurde das Erkenntnis spruchgemäß mündlich verkündet:

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Die von der Verwaltungsbehörde im Rahmen ihres Mandatsbescheides getroffenen Feststellungen - im Rahmen obigen Verfahrensganges dargestellt - werden zum Sachverhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Es waren auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses keinerlei Umstände aufgetreten, die zu einem vom Mandatsbescheid abweichenden und für die Freilassung des Beschwerdeführers sprechenden Sachverhalt führen könnten, sodass die ausschließlich vom Beschwerdeführer zu verantwortende Schubhaft, weiter fortzusetzen war.

In Bezug auf Pakistan wurden voriges Jahr 107 Heimreisezertifikate ausgestellt. Die Wahrscheinlichkeit ein HRZ zu erlangen ist daher sehr hoch. Das Procedere von der Ausstellung bis zur Realisierung dauert circa drei Monate.

Mit nach der mündlichen Verkündung erlassenem Teilerkenntnis L527 2227203-1/2Z, vom 14.01.2020 räumte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen den negativen Asylbescheid der Verwaltungsbehörde vom 05.12.2019, Zl. 1246041102-191159107 / BMI-EAST_WEST die aufschiebende Wirkung ein - der Beschwerdeführer wurde noch am selben Tag aus der Schubhaft entlassen; er kam aber der Quartierzuweisung nicht nach und war bis 30.01.2020 unbekannten Aufenthalts.

Die Rechtsvertretung gab am 23.01.2020 die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt, weiters, dass sie keinen Kontakt mehr zum Beschwerdeführer habe.

Beweiswürdigung:

Die Verhandlung bestätigte vollinhaltlich die Schubhaftbescheidbegründung der Verwaltungsbehörde. Die Verwaltungsbehörde hob in ihrem Mandatsbescheid zutreffend den Versuch des BF hervor, nach illegaler Einreise weiter illegal nach Italien reisen zu wollen, stellte auch weiters zutreffend fest, dass der BF über keinerlei ausreichende Barmittel zur Unterhaltsfinanzierung verfügt, und außerdem keinerlei soziale und familiäre Anbindungen aufweist. Der BF habe offensichtlich Österreich nur als Durchreiseland angesehen.

Der Schubhaftbescheid wurde vor der Asylantragstellung erlassen und hatte die Verwaltungsbehörde sich aber auch mit dem Asylantrag unter dem Aspekt des § 76 Abs. 6 FPG auseinandergesetzt - siehe im Akt aufliegender Aktenvermerk - und teilt der erkennende Richter die Ansicht der Verwaltungsbehörde, dass der BF den Asylantrag in reiner Verzögerungsabsicht stellte:

Für diese Annahme spricht zunächst einmal der Umstand, dass der BF den Asylantrag ca. einen Monat nach seiner Inschubhaftnahme stellte, dass er im Rahmen der Asyleinvernahme vom 20.11.2019 anführte, den Asylantrag erst gestellt zu haben, als ihm nichts Anderes übrigblieb. Auch der Versuch der Rechtfertigung, er habe um die rechtlichen Möglichkeiten nicht recht Bescheid gewusst, überzeugt im Hinblick auf die Schubhaftbesuche seitens der heute eingeschrittenen RV in keinster Weise.

Auch eine Grobprüfung des Asylantrages in inhaltlicher Hinsicht führt zum Ergebnis der Verzögerungsabsicht: Der BF hat letztlich schon in der Asyleinvernahme eingeräumt, dass der Anschlag mit ihm persönlich nichts zu tun habe, sondern eigentlich zufällig erfolgt sei. Zusätzlich sprechen auch gegen eine Gefährdung des BF im Falle der Rückkehr der Umstand, dass auch die vier Brüder des BF noch in Pakistan aufhältig sind, ebenso wie der eigentlich behauptetermaßen unmittelbar betroffene Vater. Auch der Umstand der Ausreise - der BF versuchte durch seinen Vater mehrere Monate lang per Visum ins Ausland fahren zu können und verließ letztlich einige Monate später erst Pakistan - lässt im Rahmen einer Grobprüfung nicht den Schluss zu, dass hier eine Verfolgungsgefahr vorliege.

Der BF macht auch sonst keinen sehr glaubwürdigen Eindruck. So überzeugen seine Ausführungen in Bezug auf das Nichtvorliegen eines Hungerstreiks nicht; gab doch der BF entgegen eindeutiger Dokumentation an, bereits am 23.12.2019 wieder Nahrung zu sich genommen zu haben, andererseits führte er aber auch aus, dass man erst am 25.12. Essen ausgab. Auch die Eingangsbemerkung stellt sich zum nachfolgend ausgeführten als widersprüchlich dar, so sagte er anfänglich, dass er wegen mangelnder Informationen keine Nahrung zu sich genommen habe, erst auf Nachfrage relativierte er in Richtung Stresssituation und deswegen habe er keinen Hunger gehabt.

Nach der heutigen Verhandlung hat der erkennende Richter also den Eindruck, dass der BF im Falle seiner Freilassung sofort illegal weiter nach Italien reisen würde.

Die Verwaltungsbehörde hat völlig ausreichend dargelegt, dass Abschiebungen nach Pakistan möglich sind, indem sie in der heutigen Verhandlung angab, dass im letzten Jahr 107 Personen nach Pakistan rückgeführt werden konnten. Da der BF die Formblätter ausfüllte - dieser Umstand vermag aber im Hinblick auf das übrig Ausgeführte zur Fluchtgefahr dieselbe nicht entscheidend zu relativieren, und zwar insbesondere wegen des unbegründeten Asylverfahrens - ist mit einer raschen Abschiebung des BF nach rk. Abschluss des Asylverfahrens zu rechnen.

In dieser Hinsicht erweist sich auch die weitere Anhaltung in zeitlicher Hinsicht als verhältnismäßig - normalerweise ist mit einer Abschiebung nach Pakistan innerhalb von 3-4 Monaten zu rechnen. Vollständigkeitshalber ist anzumerken, dass es letztlich im Verantwortungsbereich des BF liegt, wie lange die Schubhaft dauert:

Die Rückführung des BF kann solange nicht erfolgen, bis das vom BF nach Grobprüfung als aussichtslos einzustufende Asylverfahren finalisiert wird.

Auch sonst sind keinerlei Umstände hervorgekommen, die die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung auch nur ansatzweise zu relativieren vermögen. Im Rahmen einer Interessensabwägung ist daher jedenfalls dem Interesse des Staates an der Umsetzung fremdenrechtlicher Normen der Vorrang gegenüber den Interessen des BF an seiner Freiheit einzuräumen.

Auf Grund der auch aktuell bestehenden Fluchtgefahr war von der Annahme eines gelinderen Mittels Abstand zu nehmen; eine finanzielle Sicherheitsleistung scheidet wegen mangelndem Vermögen/Barmittel aus.

In diesem Sinne war daher die Schubhaft fortzusetzen.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass sich die Annahme des zuständigen Einzelrichters in Bezug auf die Fluchtgefahr insofern bestätigte, als der Beschwerdeführer unmittelbar nach Einräumung der aufschiebenden Wirkung untertauchte, sodass die im Asylverfahren für den 24.01.2020 anberaumte Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, nicht stattfinden konnte. Mit Schreiben vom 23.01.2020 drückte die Rechtsvertretung ihr Bedauern aus und gab gleichzeitig die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt. Die Verwaltungsbehörde teilte mit nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Schubhaft am 14-01.2020 per Email mit, dass der Beschwerdeführer der Quartierzuweisung im Asylverfahren nicht nachgekommen war und stattdessen untertauchte.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm § 80 FPG lautet:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114; 02.08.2013, 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Vor dem Hintergrund des aktuell feststehenden Sachverhaltes, welcher aber bereits dem angeführten Mandatsbescheid zugrunde gelegt wurde, waren, wie ausgeführt, auch keine zwischenzeitlich für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren; es wird daher die rechtliche Beurteilung des Schubhaftbescheides zur rechtlichen Beurteilung erhoben:

Die Verwaltungsbehörde hatte im Ergebnis zutreffend den Sachverhalt den Tatbeständen des § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 9 FPG unterstellt.

Da - auch im Falle eines neuerlichen Aufgriffes des Beschwerdeführers - mit einer raschen Abschiebung des BF nach rk. Abschluss des Asylverfahrens zu rechnen ist, erweist/erwies sich in dieser Hinsicht auch die weitere Anhaltung bis zum 14.01.2020 in zeitlicher Hinsicht als verhältnismäßig - wie bereits angemerkt, ist mit einer Abschiebung nach Pakistan innerhalb von 3-4 Monaten zu rechnen.

Vollständigkeitshalber ist anzumerken, dass es letztlich im Verantwortungsbereich des BF liegt/lag, wie lange die Schubhaft dauert: Die Rückführung des BF kann solange nicht erfolgen, bis das vom BF nach Grobprüfung als aussichtslos einzustufende Asylverfahren finalisiert wird.

Auch sonst sind keinerlei Umstände hervorgekommen, die die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung auch nur ansatzweise zu relativieren vermögen. Im Rahmen einer Interessensabwägung ist/war daher jedenfalls dem Interesse des Staates an der Umsetzung fremdenrechtlicher Normen der Vorrang gegenüber den Interessen des BF an seiner Freiheit einzuräumen.

Auf Grund der nicht nur zum Zeitpunkt der mündlichen Verkündung des gegenständlichen Erkenntnisse, sondern auch aktuell bestehenden Fluchtgefahr - der Beschwerdeführer tauchte sofort nach seiner Freilassung am 14.01.2020 unter -, war von der Annahme eines gelinderen Mittels Abstand zu nehmen; eine finanzielle Sicherheitsleistung scheidet/schied wegen mangelndem Vermögen/Barmittel aus.

In diesem Sinne war daher die Schubhaft fortzusetzen.

Zu den Spruchpunkten II. und II. (Kosten):

In der Frage des Kostenanspruches - nur die Verwaltungsbehörde begehrte den Ersatz ihrer Aufwendungen - sind gemäß § 56 (3) leg. cit. die §§22

(1a) leg. cit. und § 35 VwGVG die maßgeblichen Normen - diese lauten:

§22 (1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Be schwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

§ 35 VwGVG

(1) Dem Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 b B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu.

Hinsichtlich der konkreten Höhe des "Ersatzes ihrer Aufwendungen" sind § 35 Abs. 4 und 5 iVm § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) maßgeblich.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

§ 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 lautet:

(...)

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

Da die Verwaltungsbehörde völlig obsiegte, waren ihr die Kosten zuzusprechen; rechtslogischerweise war das Kostenbegehren des BF zu verwerfen.

In diesem Sinne war der Verwaltungsbehörde Kostenersatz im Umfang des § 1 Z 3 und Z 4 sowie Z 5 VwG-Aufwandersatzverordnung, also in der Höhe von € 887,20 Euro, zuzusprechen.

Zu Spruchpunkt B. (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu obigen Spruchpunkten zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ausreise, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft,
Interessenabwägung, Kostenersatz, Mittellosigkeit, öffentliche
Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf,
Überprüfung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W117.2227169.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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