TE OGH 2020/1/30 27Ds3/19a

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Veröffentlicht am 30.01.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 30. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm als weiteren Richter und durch die Rechtsanwälte Dr. Hausmann und Mag. Vas als Anwaltsrichter in Gegenwart der Schriftführerin AAss Pelikan in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt über die

Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 29. Jänner 2018, AZ D 70/17, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Schneider, des Kammeranwalts Dr. Meyenburg und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wegen Schuld wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe dahin Folge gegeben, dass von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen wird.

Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde *****, Rechtsanwalt in *****, schuldig erkannt „zu Punkt a./ und b./ sowohl Berufspflichten verletzt, als auch Ehre und Ansehen des Standes beeinträchtigt“ zu haben, weil er

a./ zumindest vom 25. Februar 2016 bis 29. Jänner 2018 (Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) eine Homepage mit der Internet-Domain (richtig: [vgl Einleitungsbeschluss ON 8; Beilagen 1, 4])  https://www.kaufvertrag-guenstig.at online gestellt hat;

b./ jedenfalls in der Zeit vom 13. April 2016 bis 2. August 2016 auf seiner Homepage eine Seite mit dem Pfad (richtig: [vgl Einleitungsbeschluss ON 8; Beilage 2]) www.kaufvertrag-guenstig.at/preise online gestellt hat, auf welcher folgender Text veröffentlicht worden ist: „Wir locken Sie nicht mit falschen Versprechungen in unsere Kanzlei, daher haben wir uns entschlossen, unsere attraktiven Preise online zu stellen“.

Über den Disziplinarbeschuldigten wurde die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises verhängt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die – Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO relevierende (RIS-Justiz RS0128656 [T1]) und im Zweifel rechtzeitige – Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Schuld und Strafe (§ 49 letzter Satz DSt).

Indem der Berufungswerber die ersatzlose Aufhebung des Punkts a./ des Erkenntnisses anstrebt, übersieht er, dass die Punkte a./ und b./ des Spruchs nicht gesondert zu beurteilende Handlungen beschreiben, sondern damit über ein disziplinäres Verhalten, nämlich das Online-Stellen der Homepage mit der Domain https://www.kaufvertrag-guenstig.at, welche sowohl die auf Seite 5 des Erkenntnisses angeführten Formulierungen bzw das dort konstatierte (Gesamt-)Erscheinungsbild als auch die auf der „Subseite“ www.kaufvertrag-guenstig.at/preise veröffentlichte – insoweit zu Punkt b./ im Referat der entscheidenden Tatsachen nur besonders hervorgehobene –Textpassage aufwies, abgesprochen und der Disziplinarbeschuldigte (in Idealkonkurrenz) eines Disziplinarvergehens der Berufspflichtenverletzung (§ 1 Abs 1 erster Fall DSt) und eines Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes (§ 1 Abs 1 zweiter Fall DSt) schuldig erkannt (und folgerichtig auch nicht mehrfache Tatbegehung als schuldsteigernd gewertet [vgl S 6 des Erkenntnisses]) wurde.

Da ein Freispruch nur von einer selbständigen Tat in Betracht käme, sich die Berufung aber lediglich gegen einen Aspekt der Tat richtet (vgl RIS-Justiz RS0117261), geht das Rechtsmittel schon aus diesem Grund fehl.

Bleibt lediglich der Vollständigkeit halber anzumerken, dass sich die vom Berufungswerber vermissten Feststellungen zu den – gegen das Verbot marktschreierischer Werbung (§ 47 Abs 3 Z 1 RL-BA 2015) verstoßenden – Formulierungen und dem „Gesamtauftritt“ der Homepage (wenngleich disloziert in der rechtlichen Beurteilung) auf den Seiten 5 f des Erkenntnisses finden, ein Rechtsfehler mangels Feststellungen daher – bei gebotenem Festhalten am gesamten Erkenntnissachverhalt – nicht aufgezeigt wird (RIS-Justiz RS0099810).

Der Berufung wegen Schuld war daher nicht Folge zu geben.

Hingegen war bei der Entscheidung über die implizit erhobene Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe neben dem bislang ordentlichen Lebenswandel und der im Ergebnis geständigen Verantwortung auch zu berücksichtigen, dass der Disziplinarbeschuldigte nicht vorsätzlich an der Erstellung der marktschreierischen Formulierungen beteiligt war, sondern lediglich seiner Verpflichtung zur Überprüfung des veröffentlichten Inhalts der Homepage nicht nachgekommen ist. Ferner konnte angesichts dessen, das er sofort nach dem Einlangen von Beanstandungen seiner Homepage die Löschung der Seite mit dem Pfad „www.kaufvertrag-guenstig.at/preise“ veranlasste, nicht von einem langen Deliktszeitraum ausgegangen werden. Auch unter Berücksichtigung der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer und der Persönlichkeit des Beschuldigten war daher anzunehmen, dass ein Schuldspruch allein genügen werde, ihn von weiteren Disziplinarvergehen abzuhalten. Gemäß § 39 DSt konnte daher von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 54 Abs 5 DSt.

Schlagworte

kaufvertrag?guenstig.at,

Textnummer

E127654

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0270DS00003.19A.0130.000

Im RIS seit

27.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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