TE Dok 2019/6/26 01087/14-DK/17

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Veröffentlicht am 26.06.2019
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Norm

BDG 1979 §44
BDG 1979 §47

Schlagworte

Weisung, nicht dienstlich veranlasste Abfragen im AIS von Verwandten, Freunden und der eigenen Person, zu unterlassen, Befangenheitsbestimmungen nicht wahrgenommen

Text

SPRUCH

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat I, hat am 11.06.2019 durch HR Dr. Renate Windbichler als Senatsvorsitzende sowie HR Mag. Elfriede Teichert und OR Mag. Friedrich Mannsberger als weitere Mitglieder des Disziplinarsenats, im Disziplinarverfahren gegen FOI Beschuldigten (B), Beamter des Finanzamtes XY, nach durchgeführter mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Verteidigers des Disziplinarbeschuldigten, RA Mag. W. K., sowie des Disziplinaranwaltes AL MR Mag. Alfred Hacker und des Schriftführers Mag. Andreas Zosis, jedoch in Abwesenheit des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt: FOI B Teamreferent im Finanzamt XY, Standort Y, ist schuldig von den nachstehend angeführten Personen im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung (AIS DB2) in der Zeit von 08.01.2010–28.09.2016 Datenzugriffe, wie in der nachfolgenden Tabelle dargestellt, ohne dienstliche Veranlassung durchgeführt zu haben: Auflistung von 1.164 Abfragen

FOI B hat durch dieses Verhalten die Erlässe des

? BMF GZ 66 1009/30-VI/6/00 vom 30.10.2000

? BMF GZ 66 1009/19-VI/6/01 vom 13.06.2001

? BMF GZ 16 1270/1-I/20/04 vom 19.03.2004

? BMF GZ 320700/0001-I/20/2004 vom 16.11.2004

nicht eingehalten und somit schuldhaft Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen und zwar gemäß § 44 BDG 1979 (die Verpflichtung, Weisungen zu beachten) in Verbindung mit § 47 BDG 1979 (Befangenheit). Es wird daher über FOI B gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 iVm § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 800,00 verhängt.

Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 hat der Disziplinarbeschuldigte die Kosten des Disziplinarverfahrens (Reiseaufwand der Senatsmitglieder und des Schriftführers zur mündlichen Verhandlung am 21.11.2017 sowie den Reiseaufwand der Senatsmitglieder zur mündlichen Verhandlung am 11.06.2019 und die weiteren Kosten der Beweisaufnahme der zur Verhandlung geladenen Zeuginnen) zu ersetzen. Die Kosten werden in einem gesonderten Bescheid festgesetzt.

Begründung

I. Verwendete Abkürzungen

AIS=Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung

AS=Aktenseite

AS v=Aktenseite verso (Rückseite)

BAO=Bundesabgabenordnung

BDG=Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

BFA=Bundesfinanzakademie

BIA=Büro für interne Angelegenheiten beim BMF

BMF=Bundesministerium für Finanzen

BVwG=Bundesverwaltungsgericht

DB=Disziplinarbeschuldigter

FA=Finanzamt

FOI=Fachoberinspektor

FON=FinanzOnline

Screenshot=optische Wiedergabe der Bildschirmansicht

VwGH=Verwaltungsgerichtshof

II Verfahrensrechtliche Entscheidungen

Zusammensetzung des Disziplinarsenates

Das Disziplinarverfahren wurde am 30.03.2017 eingeleitet. Die Zusammensetzung des Disziplinarsenates erfolgte unter Beachtung der Geschäftsverteilung der Disziplinarkommission beim BMF des Jahres 2017 vom 01.12.2016 unter GZ. 50 000/8-DK/16. Der seinerzeitige Vorsitzende HR Mag. Wolfgang Puchleitner ist aus dem Disziplinarsenat in Folge Pensionierung mit 30.04.2018 ausgeschieden. Aufgrund der Geschäftsverteilung BMF GZ. 50 000/5-DK/18 Stand, 09. Mai 2018, tritt an die Stelle des ausgeschiedenen Senatsmitgliedes HR Mag. Wolfgang Puchleitner, HR Dr. Renate Windbichler, nachdem sie in der neuen Geschäftsverteilung an seine Stelle in den Disziplinarsenat eingetreten ist.

III Beweismittel:

Die in der Folge dargestellten Beweismittel waren Gegenstand der Beweisaufnahme in den mündlichen Verhandlungen vom 21.11.2017 und vom 11.06.2019. Sie sind für die Feststellung des dem Verfahren zugrundeliegenden Sachverhaltes zu würdigen:

? Disziplinaranzeige des Finanzamtes XY (AS 2-30v)

? Anonyme Anzeige (AS 31-31v)

? Ermittlungs- und Empfehlungsbericht des BIA (AS 32-37)

? Vernehmung des FOI B durch BIA (AS 38-42v)

? GZ. 66 1009/30-VI/6/00 vom 30.10.2000, "Abfragen und Eingaben im AIS bzw. DB7A und DB7B" (AS 46)

? GZ. 66 1009/19-VI/6/01 vom 13.06.2001, "Abhaltung von Dienstbesprechungen über die Zulässigkeit der Verwendung von Daten" (AS 47-47v)

? GZ. 66 1009/20-VI/6/01 vom 20.06.2001, "Abhaltung von Dienstbesprechungen über die Zulässigkeit der Verwendung von Daten – Ergänzung" inkl. Information (AS 48-49)

? GZ. 16 1270/1-I/20/04 vom 19.03.2004, "Meldung von Nebenbeschäftigungen, Abfrage interner Datenbanken" (AS 50-50v)

? GZ. BMF-320700/0001-I/20/2004 vom 16.11.2004, "Anlassbezogene

? Logfileauswertungen" (AS 51-57)

? GZ. BMF-320700/0004-I/1/2017 vom 21.06.2017, "Logfile-Auswertungen-Aktualisierung" (AS 58-60v)

? Einleitungsbeschluss (AS 62-121)

? Bekanntgabe d. Vollmacht für RA Mag. W. K. (AS 128-129)

? Verhandlungsschrift vom 21.11.2017 (AS 143-148)

? Stellungnahme des DB durch RA (AS 150-153)

? Erhebungsauftrag der DK an FA (AS 155-157)

? Ermittlungsergebnis des FA (AS 159-159v)

? Beilage Einschulungsliste (AS 160-161)

? Beilage Fortbildung B (AS 162-163)

? Erhebungsauftrag der DK an BFA (AS 168-169)

? Ermittlungsergebnis der BFA mittels Email (AS 170)

? Erhebungsauftrag der DK mittels Email an FA (AS 172)

? Ermittlungsergebnis des FA mittels Email (AS 173)

? E-Learning Programm „Informationssicherheit“, Online-Test-Fragen (AS 181-190)

? E-Learning Programm „Datenschutz“, Online-Test-Wiederholungsfragen (AS 191-210)

? GZ. BMF-330000/0036-I/6/2010 vom 28.05.2010, "Erlass praktische Ausbildung am Arbeitsplatz" (AS 229-255)

? GZ. BMF-01 1002/3-I/21/04 vom 07.04.2004, "Grundausbildung-praktische Ausbildung am Arbeitsplatz" (AS 264-272)

? Erhebungsauftrag der DK mittels Email an BIA (AS 273-274)

? Ermittlungsergebnis des BIA (AS 275-300)

? Erhebungsauftrag der DK mittels Email an FA (AS 305)

? Ermittlungsergebnis des FA (AS 306-310)

? ergänzender Erhebungsauftrag der DK mittels Email an FA (AS 311)

? ergänzendes Ermittlungsergebnis des FA (AS 311)

? Verhandlungsschrift vom 11.16.2019 (AS 311-328)

IV Sachverhalt

Aufgrund der unter Punkt III dargestellten Beweismittel ist als erwiesener Sachverhalt festzustellen: Das BIA wurde im März 2016 betreffend des beim Finanzamt XY im Team Allgemeinveranlagung/Infocenter tätigen Beamten, FOI B, um die Durchführung einer Logfileanalyse seines Abfrageverhaltens ersucht. Hintergrund dieses Ersuchens war der Umstand, dass am 16.03.2016 beim Finanzamt XY eine anonyme Anzeige (AS 31) einging, in welcher FOI B beschuldigt wurde, er würde „rascheste persönliche Erledigung“ von Anbringen an die Finanzverwaltung versprechen, wenn man seinen Heurigenbetrieb besuche und eine „ordentliche Zech“ mache. Am 22.12.2016 übermittelte das BIA der Dienstbehörde eine Analyse der Abfragen des FOI B im AIS (AS 32 – 37). In dieser hat das BIA festgestellt, dass FOI B in der Zeit von 08.01.2010 bis 28.09.2016 im AIS der Finanzverwaltung 1.164 Zugriffe im Hinblick auf die im Spruch angeführten Verwandten, seine Gattin, deren Heurigenbetrieb und auf seine eigene Steuernummer durchgeführt hatte, deren dienstliche Veranlassung nicht erkennbar war. In einer Befragung durch das BIA am 21.12.2016 (AS 38-42v) konnte FOI B die dienstlich nicht veranlassten Zugriffe auf Datensätze seiner Familie und auf seine eigene Steuernummer nicht ausräumen. Er erklärte, dass ihm die Einstiegsmaske der Zentralen Anwendungen bekannt sei, wonach die Datenbank nur im dienstlichen Interesse genutzt werden darf. Er habe die Zugriffe getätigt, weil er von seinen Familienmitgliedern um diverse Auskünfte gebeten worden sei. Die Abfragen zu seiner eigenen Steuernummer seien im Hinblick auf abgegebene Arbeitnehmerveranlagungen erfolgt. Er habe diese Abfragen über den Dienst-PC durchgeführt, nachdem er keinen privaten Internetzugang und auch kein FON habe. Wörtlich gab er zu Protokoll: [...] „Beim letzten Ausgleich habe ich nicht mehr gewusst ob ich bei meiner Behinderung 40% oder 50% eingetragen habe“[...] Überdies fügte er hinzu: [...] “Ich habe außerdem ein seit Jahren offenes Verfahren beim Gebührenamt und BFG. Ich habe wegen des Verfahrensstandes öfters deswegen im System bei mir nachgesehen“. [...] Aufgrund dieser Ermittlungen sah sich die Dienstbehörde veranlasst eine Disziplinaranzeige zu erstatteten. Dies erfolgte am 13.02.2017. Mit Einleitungsbeschluss vom 30.03.2017 wurde ein Disziplinarverfahren gegen
FOI B eingeleitet, in welchem gegen ihn der Vorwurf erhoben wurde, er habe Dienstpflichten gem. § 44 BDG 1979 und gem. § 47 BDG 1979 schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen gem. § 91 BDG 1979 begangen. Am 21.11.2017 fand eine mündliche Verhandlung statt, bei der FOI B selbst nicht anwesend war, jedoch durch seinen Verteidiger, RA Mag. W. K., vertreten wurde. FOI B verantwortete sich dahingehend, dass sämtliche verfahrensgegenständlichen Abfragen dienstlich veranlasst durchgeführt worden seien und „es keine geständige Verantwortung gebe“ (AS 146). Konkret führte der Verteidiger aus, dass FOI B für die Einschulung neuer Mitarbeiter und Ersatzkräfte zuständig gewesen sei und dass für Schulungszwecke für diese neuen Mitarbeiter Einsicht in die Daten genommen wurde. Wörtlich gab er zu Protokoll: [...] „Es wurde bei Schulungsveranstaltungen gesagt, dass man zu Schulungszwecken auf Daten zugreifen darf. Vortragender war damals L. K. Der Beschuldigte hat sicher 20 neue Mitarbeiter des Finanzamts Bruck an der Leitha eingeschult“ [...] (AS 146). Aufgrund dieses Vorbringens wurde die mündliche Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt, zum Zweck der Durchführungen weiterer Ermittlungen im Hinblick auf die Feststellung dieses Sachverhaltes.

Bereits zwei Tage später, nämlich am 23.11.2017, folgte ein Schriftsatz der Verteidigung. In diesem wurden der Disziplinarkommission 25 Namen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekannt gegeben, bei welchen FOI B Einschulungen vorgenommen habe. Weiters wurde in dieser Eingabe ausgeführt: [...] „Im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben im Servicecenter wird er (gemeint FOI B) auch regelmäßig mit österreichweiten Kundenanfragen konfrontiert–wie bei den Anfragen seiner Angehörigen–wo es ihm selbstverständlich erlaubt ist zur Beantwortung dieser Anliegen von Kunden Abfragen im AIS durchzuführen.“ [...] [...] “Es macht für den Disziplinarbeschuldigten bei der Erfüllung seiner dienstlichen Tätigkeit keinen Unterschied ob ein Kunde („naher Angehöriger“) beim Finanzamt direkt vorspricht oder durch die Ringleitung zufällig mit ihm verbunden wird um dort sein Anliegen vorzutragen, oder die Anfrage von seinen Familienmitgliedern gleich auf direktem Weg erfolgt.“ [...] [...] „Die gegenständlichen Datenabfragen seiner Familienangehörigen (laut Einleitungsbeschluss) erfolgte daher allesamt im Rahmen der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben als bediensteter des Servicecenters und demzufolge weisungskonform.“[...] (AS 151-152) Dazu hat der Disziplinarsenat die Dienstbehörde mit der Durchführung von Ermittlungen betraut. Erhoben wurden Daten zu jenen namhaft gemachten 25 Personen, die FOI B in seiner Eingabe vom 23.11.2017 als seine Einschülerinnen bzw. Einschüler bezeichnet hatte. Diesbezüglich wurde durch die Dienstbehörde festgestellt, seit wann diese Personen in der Finanzverwaltung tätig sind (waren) und wann sie am Standort Y im Team AV/IC des FOI B anwesend waren (AS 155-156). Weiters hat die DK das Finanzamt ersucht bekanntzugeben, welche Fortbildungsveranstaltungen FOI B an der BFA besucht habe.

Dazu hat die Dienstbehörde dem Disziplinarsenat vorgelegt: 1. Liste der Einschülerinnen und Einschüler (AS 160 – 161) 2. Liste der von FOI B besuchten Fortbildungsveranstaltungen an der BFA (AS 162-163). Der Leiter der BFA, teilte der DK mittels E-Mail vom 17.10.2018 mit (AS 170-171), dass der ehemalige Vortragende L. K. mit 01.12.2009 pensioniert wurde und eine Vortragstätigkeit danach „eher auszuschließen ist (AS 170). In einem weiteren Erhebungsauftrag an die Dienstbehörde vom 17.04.2019 (AS 172) wurde ersucht darzulegen, wann die Einschulungsphase der in der Liste der Einschüler enthaltenen Personen mit Bezug auf Sch. G., S. M. und T. H. S. abgeschlossen war. Dazu wurde von der Dienstbehörde mit E-Mail vom 17.04.2019 ausgeführt, dass die grundlegende Einschulung im AV/IC 2-3 Monate dauern würde und wurden die Bezug habenden Daten übermittelt (AS 173). Am 21.05.2019 wurde das BIA von der DK ersucht, die von FOI B durchgeführten einzelnen Abfragen des 23.09.2010 durch Screenshot zu dokumentieren (AS 273-274). Am gleichen Tag hat das BIA diesem Auftrag entsprochen (AS 275-300). Aus dieser Visualisierung der jeweiligen Abfragen ist erkennbar, welche Datenzugriffe von FOI B im AIS ersichtlich gemacht wurden. Am 29.05.2019 wurde die Dienstbehörde gebeten für jene Mitarbeiterinnen, deren derzeitiger Arbeitsplatz noch im AV/IC ist, die Zeitkarten für September 2010 zu übermitteln, um beispielhaft den 23.09.2010 überprüfen zu können, ob Einschulungsmaßnahmen theoretisch an diesem Tag bei diesen genau bezeichneten Bediensteten möglich waren. Am 31.05.2019 wurden von der Dienstbehörde die Zeitkarten folgender Personen vorgelegt (AS 307-310): H. H., H. R., K. G., T. H. S. Daraus ist ersichtlich, dass am 23.09.2010 lediglich H. R. im Dienst war (AS 308). Frau H. ist seit 18.10.1982 im Finanzdienst und ab 01.01.2005 im AV/IV des FA tätig (AS 160). Frau H. H. war am 23.09.2010 auf Erholungsurlaub (AS 307), ebenso Frau T. H. (AS 310). Frau K. G. befand sich am 23.09.2010 im Beschäftigungsverbot (AS 309). In der mündlichen Verhandlung am 11.06.2019, bei der FOI B gesundheitsbedingt nicht anwesend war, führte der Verteidiger Nachstehendes aus: [...] „Der Beschuldigte verweist auf seine Aussage beim Büro für interne Angelegenheiten (BIA) vom 21.12.2016 (AS 38-42v). Seiner Ansicht nach war sein Verhalten korrekt, weil es zu seinem Aufgabengebiet gehörte, im Rahmen der Servicestelle des FA, österreichweit Telefonauskünfte betreffend steuerlicher Angelegenheiten den Anrufern zu geben und am Schalter persönlich Auskunftserteilungen zu tätigen. Die gegenständlichen Auskünfte waren von seinem Aufgabenbereich umfasst.“[...]; [...] „Ich nehme an, dass mein Mandant Kenntnis von den Erlässen hatte, eine nähere Information ist mir darüber aber nicht bekannt.“[...]; [...] „Mein Mandant sagt, er sei kein Betriebsprüfer, sondern ein Beamter der im Rahmen der Ringleitung und im Infocenter Auskünfte zu geben hat. Wenn ihn ein Familienmitglied um Auskunft ersucht und nachdem diese Tätigkeit mit seinem Arbeitsplatz auch verbunden ist, dann macht es für ihn keinen Unterschied ob beispielsweise die Tochter zum Amt kommt oder ihm den Auftrag persönlich gibt. Es wird auf das Erkenntnis des VwGH 2008/09/0140 vom 08.08.2008 verwiesen.“ [...]

[...] “Ja, die Bestimmung des § 76 BAO ist dem DB bekannt.“ [...] § 25 BAO käme nur zur Anwendung, wenn Abgabenerklärungen von Familienangehörigen bearbeitet werden würden. Auf die Aussage meines Mandanten vor dem BIA am 21.12.2016 wird verwiesen.“[...] [...] „Hinsichtlich der Familienmitglieder hatte er einen konkreten Auftrag. Jedes Betätigen einer Taste stellt eine Abfrage dar und es wird bei solchen Abfragen vielfach geblättert. Wesentlich ist, dass die Abfrage zu den dienstlichen Aufgaben im Rahmen der Tätigkeit meines Mandanten im Telefondienst (österreichweite Telefonringleitung) gezählt hat. Er ist der Ansicht, es sei kein Unterschied, ob etwa ein Dritter aus Vorarlberg bei ihm anruft oder ein Familienmitglied. Es gibt keinen Unterschied zwischen Familienmitgliedern und Dritten.“ [...] Befragt zum 23.09.2010 und einer übergebenen Zusammenstellung des Abfrageverhaltens, welches Wissen FOI B an diesem Tag bei 24 Abfragen binnen 3 Minuten und 49 Sekunden weitergegeben hat, antwortete der Verteidiger: [...] „Diese Abfragen dienten nicht Einschulungszwecken. Das waren Abfragen, die von den betroffenen Personen in Auftrag gegeben wurden und im Rahmen des Arbeitsplatzes des Beschuldigten auch zulässig waren.“[...] In Bezug auf die Fragestellung, wonach der Zeitraum vom 08.01.2010 bis 30.09.2010 näher beleuchtet wird und die Feststellung getroffen wird, dass während dieser neun Monate der DB A. S. 18 x, D. S. 17 x, M. S. 22 x, R. S. 66 x, die Personengesellschaft S. 25 x und sich selbst 55 x abgefragt hat, also insgesamt 203 Datenzugriffe im AIS tätigte und diese für Einschulungszwecke durchgeführt hat, kommen nur folgende Personen in Betracht, die zu dieser Zeit im Team des DB anwesend waren (Beilage Einschulungsliste AS 160-161). Es handelt sich dabei um H. H., H. R., SCH. (nunmehr K.) G. und T. H. S. Hierzu gab der Verteidiger nachstehende Auskunft: [...] “Dazu gab es immer einen Auftrag und es wird auf die Niederschrift vor dem BIA vom 21.12.2016 verwiesen. Hinsichtlich der 55 Abfragen zur eigenen Person wird ebenso auf die Niederschrift vor dem BIA vom 21.12.2016 verwiesen.“ [...]

V Rechtslage

Durch diesen Sachverhalt sind die folgenden gesetzlichen Bestimmungen berührt:

§ 44 Abs. 1 BDG 1979: Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

§ 47 BDG 1979: Der Beamte hat sich der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen. Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Organ nicht sogleich bewirkt werden kann, auch der befangene Beamte die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen. § 7 des AVG und sonstige die Befangenheit regelnde Verfahrensvorschriften bleiben unberührt

§ 76 Abs. 1 BAO: Organe der Abgabenbehörden haben sich der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen,

a) wenn es sich um ihre eigenen Abgabenangelegenheiten oder um jene eines ihrer Angehörigen (§ 25), oder um jene eines ihrer Pflegebefohlenen handelt;

b) wenn sie als Vertreter einer Partei (§ 78) noch bestellt sind oder bestellt waren;

c) wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

§ 7 AVG Abs. 1: Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen: 1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind; 2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind; 3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen; 4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64 a) mitgewirkt haben.

Abs. 2: Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Verwaltungsorgan nicht sogleich bewirkt werden kann, auch das befangene Organ die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen.

§ 25 Abs. 1 BAO: Angehörige im Sinn der Abgabenvorschriften sind 1. der Ehegatte; 2. die Verwandten in gerader Linie und die Verwandten zweiten, dritten und vierten Grades in der Seitenlinie; 3. die Verschwägerten in gerader Linie und die Verschwägerten zweiten Grades in der Seitenlinie;

Zu dieser Rechtslage sind unter Bezugnahme auf § 44 Abs. 1 BDG 1979 (Verpflichtung Weisungen zu befolgen) folgende Erlässe des BMF mit ihren wesentlichen Dienstanweisungen auszugsweise darzustellen:

BMF GZ. 66 1009/30-VI/6/00 vom 30. Oktober 2000 (AS 46)

„Die Eingabe oder Abfrage von Daten im AIS oder im DB7A bzw. DB7B ist nur dann zulässig, wenn eine dienstliche Veranlassung vorliegt. Werden Eingaben oder Abfragen ohne solche Begründung durchgeführt, ist zumindest ein dienstrechtlich relevanter Sachverhalt gegeben“

BMF GZ. 66 1009/19-VI/6/01 vom 13. Juni 2001 (AS 47)

„Um die Bediensteten entsprechend zu informieren und damit weitere Fehlverhalten von Bediensteten der Finanzverwaltung möglichst zu vermeiden, sind in allen Dienststellen Dienstbesprechungen abzuhalten. Dabei sind insbesondere folgende Inhalte zu vermitteln:

1. …

2. Erlass O 299 vom 30.10.2000, BMF GZ. 66 1009/30-VI/6/00“

BMF GZ 66 1009/20-VI/6/01 vom 20.06.2001 (AS 48)

Betr: „Abhaltung von Dienstbesprechungen über die Zulässigkeit der Verwendung von Daten - Ergänzung

BMF GZ. 16 1270/1-I/20/04 vom 19. März 2004 (AS 50)

„Aus gegebenem Anlass werden den Bediensteten des Finanzressorts die Erlässe…vom 30.10.2000, GZ 66 1009/30-VI/6/00, über die illegale Abfrage von internen Datenbanken in Erinnerung gerufen.“

BMF GZ – 320700/0001-I/2004 vom 16.11.2004 (AS 51- 57)

„An alle Bediensteten […] Der Dienstgeber hat seit dem Jahr 2000 wiederholt und nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verwendung (das Abfragen) des Datenbestandes der österreichischen Finanzverwaltung ausschließlich im dienstlichen Interesse zulässig ist [...]

[...]Als unzulässige Abfragen gelten grundsätzlich alle Zugriffe (d.h. jeder einzelne Zugriff) auf das AIS ohne dienstliche Veranlassung. Darunter sind jene Zugriffe zu verstehen, die durch generelle Anordnungen in Gesetzen, Verordnungen oder Erlässen oder durch Weisungen im Einzelfall nicht gedeckt sind[...]

[...] Dem beim Bundesministerium für Finanzen eingerichteten Büro für interne Angelegenheiten…obliegt unter anderem auch die Überwachung der Rechtmäßigkeit von Zugriffen auf das AIS für das gesamte Ressort [...]“

VI Rechtliche Würdigung

Der Disziplinarsenat stellt als erwiesen fest, dass FOI B die im Spruch dieses Erkenntnisses dargestellten Abfragen im AIS der Finanzverwaltung durchgeführt hat. Dies folgt aus dem Ermittlungsergebnis des BIA (AS 32-37) und ist durch den Disziplinarbeschuldigten auch nicht bestritten. Eine dienstliche Veranlassung für diese Datenbankzugriffe ist nicht zu erkennen, da die Zugriffe auf Daten durchgeführt wurden, die FOI B selbst sowie seine Verwandten, seine Gattin und die Personengesellschaft S. betreffen. Zugriffe auf das AIS dürfen–unter Bezugnahme auf die unter dem Punkt V (Rechtslage) dargestellten Erlässe - durch Bedienstete nur beim Vorliegen einer dienstlichen Veranlassung durchgeführt werden.

In seiner Entscheidung vom 22.02.2006, Zl. 2005/09/0147 führt der VwGH aus, dass bei der Beurteilung, ob eine dienstliche Veranlassung vorliegt, auf § 36 BDG 1979 Bezug zu nehmen ist. Nach dieser Bestimmung ist jede Beamtin/jeder Beamte mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines in der Geschäftseinteilung seiner Dienststelle vorgesehenen Arbeitsplatzes zu betrauen. Dienstliche Aufgaben sind alle bzw. im Umkehrschluss nur jene mit dem Arbeitsplatz des Beamten verbundenen Aufgaben, die durch interne Vorschriften wie die Geschäftsverteilung bzw. die Arbeitsplatzbeschreibung dokumentiert sind. Eine Auskunftserteilung beim Akt der Gattin und bei jenen von Verwandten bzw. die Selbstkontrolle über das Vorhandensein persönlicher Daten im AIS, wie beispielsweise die Höhe des geltend gemachten Behinderungsgrades oder die Kontrolle des Einlangens von Steuererklärungen, der Zahlungseingänge usw., kann schon aus dem Wortlaut des Gesetzes keine dienstliche Veranlassung begründen. § 76 Abs. 1 lit a BAO legt fest, dass sich Beamte der Ausübung ihres Amtes zu enthalten haben in Angelegenheiten, an denen sie selbst beteiligt sind oder wenn es sich um Angelegenheiten eines ihrer Angehörigen handelt. Unter den Begriff „Angehörige“ fallen gem. § 25 BAO jedenfalls die Ehegattin, die Kinder, Schwiegerkinder sowie die Mutter, Tante usw. des Disziplinarbeschuldigten. Aus diesem Grund konnten sowohl die Abfragen der eigenen Daten, aber auch jene der Gattin und der Verwandten sowie der im Familienverband betriebene Heurigenbetrieb niemals ein Amtsgeschäft sein. Bedienstete sind aber ausschließlich in Erfüllung eines Amtsgeschäftes berechtigt bzw. verpflichtet, auf das AIS zuzugreifen. Somit folgt aus § 76 Abs. 1 lit a BAO iVm. § 25 BAO unmittelbar, dass eine dienstliche Veranlassung bei den verfahrensgegenständlichen Abfragen aus den Gründen der Befangenheit ausgeschlossen ist.

Es lag auch keine sonstige Dienstanweisung vor, die FOI B beauftragt hätte, mit Bezug auf die im Spruch angeführten Personen und auf sich selbst eine dienstliche Tätigkeit zu entfalten. Er hätte somit weder auf die Daten seiner Tochter, seines Sohnes, seiner Schwiegertochter, seiner Mutter, seiner Gattin, des familieneigenen Unternehmens, noch auf seine eigenen Daten unter Beachtung der steuerrechtlichen (§ 76 Abs. 1 BAO) und der dienstrechtlichen (§ 47 BDG 1979) gesetzlichen Regelungen zur Befangenheit zugreifen dürfen. Der Disziplinarsenat stellt somit als erwiesen fest, dass die verfahrensgegenständlichen Datenzugriffe des Disziplinarbeschuldigten nicht dienstlich veranlasst waren. Unter Einbeziehung seiner Verantwortung in den beiden mündlichen Verhandlungen sowie in der abgegebenen Stellungnahme vom 23.11.2017, eingebracht durch seinen Verteidiger, ist zusammenfassend festzustellen, dass die im Spruch dargestellten Zugriffe auf Daten im AIS im privaten Interesse gelegen sind. Die ursprüngliche Rechtfertigung des FOI B, er habe auf das AIS aus Schulungszwecken zugegriffen, wurde von ihm im Verfahren nicht aufrechterhalten. Darüber hinaus ist diese Argumentation am Beispiel der Stichprobe (23.09.2010) widerlegt. An diesem Tag hat FOI B 24 Abfragen innerhalb von 3 Minuten und 49 Sekunden durchgeführt, wobei zu diesem Zeitpunkt keine einzuschulenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in seinem Team anwesend waren. Lediglich R. H. war an diesem 23.09.2010 anwesend. Sie war bereits seit 28 Jahren im Finanzdienst und seit 5 Jahren im Team AV/IC und somit keine Einschülerin. Die ursprüngliche Rechtfertigung erweist sich daher auch aufgrund dieses Einzelfalles als unzutreffend. Wie aus den oben zitierten Gesetzesstellen und Erlässen eindeutig abzuleiten ist, darf ein Zugriff auf Daten im AIS nur erfolgen, wenn er dienstlich veranlasst ist. FOI B hat diese Gesetze und dienstlichen Erlässe (Weisungen) nicht beachtet und dadurch zweifelsfrei ein Verhalten der fortlaufenden Missachtung von unmissverständlich erteilten dienstlichen Weisungen gesetzt und gegen die Dienstpflicht des § 44 Abs. 1 BDG 1979 (Weisungen einzuhalten) sowie des § 47 BDG 1979 (Befangenheit) verstoßen.

VII Verschulden

§ 6 Abs. 1 StGB: Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

§ 6 Abs. 2 StGB: Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will.

§ 6 Abs. 3 StGB: Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.

Die unter den Beweismitteln dargestellten Erlässe aus den Jahren 2000 bis 2004 (mit Bezug auf Datenzugriffe) weisen alle Bediensteten der Finanz- und Zollverwaltung darauf hin, dass Abfragen im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung ausschließlich im dienstlichen Interesse durchgeführt werden dürfen. Da ein dienstliches Interesse der verfahrensgegenständlichen Abfragen nicht feststellbar ist, verstoßen die im Spruch dargestellten Abfragen gegen die einschlägigen Erlässe und gegen das Gebot des § 44 Abs. BDG 1979, wonach Beamte die Weisungen ihrer Vorgesetzten zu befolgen haben. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist, somit auch das BMF, das die Bezug habenden Weisungen durch Erlässe erteilt hat. Der Disziplinarsenat stellt als erwiesen fest, dass FOI B vom Inhalt der Erlässe Kenntnis hatte, wozu begründend auszuführen ist:

? Die im Zeitraum 2000 – 2004 vom BMF herausgegebenen Erlässe wurden noch als Papierdokumente erstellt und an die Bediensteten verteilt.

? Die Dienststellen wurden verpflichtet, den Erlass von 2001 und den Erlass von 2004 allen Bediensteten nachweislich zur Kenntnis zu bringen. Der Disziplinarsenat hat daher unter Beachtung des Vertrauensgrundsatzes, dass sich Behörden und Organe von Behörden grundsätzlich an die Gesetze halten (konkret Beachtung der Weisung im Sinne des § 44 Abs. 1 BDG 1979 durch die Dienststellen, einen Erlass nachweislich allen Bediensteten zur Kenntnis zu bringen) davon auszugehen, dass auch
FOI B diese Erlässe nachweislich zur Kenntnis gebracht wurden.

? Das Thema der unerlaubten Datenbankzugriffe erlangte innerhalb der Finanzverwaltung eine erhöhte Publizität und Aufmerksamkeit und war daher auch aus diesem Grund geeignet von jedermann bewusst wahrgenommen zu werden. So beginnt der Erlass vom 30.10.2000 mit den Worten: „Unter Hinweis auf die derzeit in der Öffentlichkeit laufende Diskussion über die Berechtigung sensible Daten abzufragen bzw. einzugeben…“.

§ 43 BDG 1979 verpflichtet die Beamtinnen und Beamten, ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung ... mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Somit haben Beamtinnen und Beamte von sich aus dafür Sorge zu tragen, alle Vorschriften, seien sie durch Gesetz oder Weisung bedingt, aus Eigeninitiative zur Kenntnis zu nehmen und, da die Erlässe Voraussetzung ihrer Dienstausübung sind, zu beachten. Da die Weisung dienstlich nicht veranlasste Datenbankabfragen zu unterlassen wiederholt durch Erlässe erteilt wurde, konnten diese Weisungen FOI B nicht verborgen bleiben, selbst dann nicht, wenn man Beamtinnen und Beamten im Rahmen einer zuzubilligenden Fehlertoleranz zugestehen sollte, gelegentlich einen Erlass zu übersehen.

? Vor jedem Einstieg in das AIS wird von der EDV automatisch eine Maske eingespielt, die darauf hinweist, dass die Datenbank nur im dienstlichen Interesse genutzt werden darf.

Aufgrund dieser Erwägungen zieht der Disziplinarsenat den Schluss, dass FOI B die Dienstpflicht des § 44 Abs. 1 BDG 1979 iVm. § 47 BDG 1979 schuldhaft verletzt hat, weil er sich in Kenntnis der Erlässe grob fahrlässig über diese Bestimmungen hinweggesetzt hatte. Aus dem Gesamtbild des von FOI B gesetzten Sachverhaltes ist kein anderer Schluss zu ziehen als der, dass er bei den von ihm begangenen Dienstpflichtverletzungen schuldhaft und zwar zumindest grob fahrlässig gehandelt hat. Grob fahrlässig handelt nämlich, wer das gewöhnliche Maß an nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens ganz erheblich übersteigt. Das Kriterium der groben Fahrlässigkeit ist deliktspezifisch zu beurteilen und im vorliegenden Fall ergibt sich diese Schuldform sowohl aus der Aussage vor dem BIA, dem eingereichten Schriftsatz und der Verteidigungslinie bei der mündlichen Verhandlung am 11.06.2019. Er hat über einen sehr langen Zeitraum die Dienstanweisungen nicht eingehalten und die gesetzlich normierte Bestimmung der Befangenheit nicht geltend gemacht. Es bleibt somit für den Disziplinarsenat im gegenständlichen Verfahren für die Annahme eines nicht schuldhaften Verhaltens von FOI B kein Raum, sondern man muss bei seinem gesetzten Sachverhalt vielmehr von einer Nachlässigkeit der gebotenen Sorgfalt ausgehen, sodass der Eintritt von Dienstpflichtverletzungen für ihn als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar sein mussten. Die Ausführungen des FOI B, seine Zugriffe auf das AIS auf seine eigenen Daten und mit Bezug auf die Daten seiner Verwandten seien rechtlich unbedenklich, weil der Vortragende an der BFA, Herr L. K., dies empfohlen habe, mag ihn hinsichtlich einer schuldhaft bewirkten Dienstpflichtverletzung nicht zu entschuldigen. Die Ermittlung des Sachverhaltes hat ergeben, dass Herr L. K. bereits im Jahr 2009 aus dem aktiven Finanzdienst ausgeschieden ist. Seit dem Ergehen, der zu beachtenden Erlässe, ab dem Jahr 2000 hat FOI B bei Herrn L. K. keinen entsprechenden Kurs besucht. Wäre ihm dennoch, eine von den Erlässen abweichende Rechtsansicht des ehemaligen Vortragenden an der BFA zugekommen, so wäre er mit Bezug auf § 43 BDG 1979 verpflichtet gewesen, diese Diskrepanz zwischen den bestehenden schriftlichen Weisungen (Erlässen) und der davon abweichenden Rechtsmeinung eines Vortragenden, in einem Gespräch mit seinen Dienstvorgesetzten abzuklären. Die bewirkten Verletzungen der Dienstpflichten hat der Disziplinarbeschuldigte in allen Punkten des umseits angeführten Spruches grob fahrlässig zu verantworten und es liegen somit Dienstpflichtverletzungen gem. § 91 BDG 1979 vor.

VI Strafbemessung

Rechtslage

§ 93 Abs. 1 BDG 1979: Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

§ 92. Abs. 1 BDG 1979 (Disziplinarstrafen)

1. der Verweis,

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges

3. die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen

4.  die Entlassung.

Abs. 2: In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

In Interpretation des § 93 BDG 1979 hat der VwGH zuletzt am 12.11.2013 unter VwGH Zl. 2013/09/0045 wörtlich ausgeführt: „Gem. § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung als Maß für die Höhe der Strafe festgelegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der Strafbemessungsschuld des Strafrechts. Für die Strafbemessung ist daher sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 Blg. Nr. 14 GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der Unrechtsgehalt) wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB – wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt.“ Der Disziplinarsenat billigt dem Unrechtsgehalt der Tat (dienstlich nicht veranlasste Datenbankabfrage unter Nichtwahrnehmung der Befangenheit) erhebliches Gewicht zu. Dabei ist in Erwägung zu ziehen, dass das BMF wiederholt darauf hingewiesen hat, dass durch Bedienstete konsequent jede dienstlich nicht veranlasste Datenverwendung zu unterlassen ist. Ein Verstoß gegen diese Weisungen ist geeignet das Vertrauen der Bürgerinnen und der Bürger in die Finanzverwaltung zu erschüttern. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine gesetzeskonforme Verwaltung ist aber eine tragende Säule, die die Qualität des Rechtsstaates bestimmt. Wie das BVwG in seiner Entscheidung GZ W208 2002916-1/3Z vom 15.04.2014 dargelegt hat, ist die Befolgung von Weisungen bzw. Anordnungen bzw. der dienstliche Gehorsam eine der vornehmsten Pflichten der Beamten. Die Schwere eines Verstoßes gegen diese Dienstpflicht wird mit Bezug auf die Erlässe über Datenbankabfragen am Interesse des Dienstgebers erkennbar, warum er gerade der Einhaltung dieser Dienstpflicht besonderes Gewicht beimisst. Dieses Interesse ist erkennbar an der mehrmaligen bzw. mehrjährigen, und eindringlich formulierten Wiederholung der Dienstanweisung in den Jahren 2000 bis 2004 sowie in der über die bloße Verteilung der Erlässe hinausreichende Anordnung, diese Erlässe auch verpflichtend zum Gegenstand einer Dienstbesprechung zu machen. Die weitere Dienstpflichtverletzung gem. § 47 BDG 1979 (Befangenheit) wird als erschwerend berücksichtigt.

Strafrahmen

Von den gem. § 92 Abs. 1 BDG 1979 möglichen Disziplinarstrafen erachtet der Disziplinarsenat die Festsetzung einer Geldbuße aufgrund der Art und Umstände der Tat und der Schwere des Disziplinarvergehens sowie der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten als zutreffende Sanktion. Bei der Ausmessung der Geldbuße sind die Gebote der Spezialprävention und der Generalprävention gem. § 93 Abs. 1 BDG 1979 zu beachten. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Dazu hat der Disziplinarsenat erwogen, dass bei der Auswahl der möglichen Disziplinarstrafen aus spezialpräventiven Gründen eine schwerere Strafe (Geldstrafe) nicht erforderlich ist um zu garantieren, dass die Finanzverwaltung durch ein gleichartiges Verhalten von FOI B in Zukunft keinen Schaden nimmt. Im Weiteren ist im Sinne des § 93 Abs. 1 BDG 1979 der generalpräventive Aspekt bei der Festsetzung der Strafe im gleichen Ausmaß zu berücksichtigen wie die Spezialprävention. Auch diesem gesetzlichen Erfordernis ist dadurch die Höhe der Ausmessung der Geldbuße zu entsprechen und ein deutliches Signal zu setzen, dass das Verhalten der Beamtinnen und Beamten mit der Rechtsordnung im Einklang zu stehen hat. Dem generalpräventiven Aspekt wird zusätzlich dadurch Gewicht verliehen, dass der Disziplinarsenat in den letzten Jahren wiederholt über gleichartige Disziplinarvergehen zu entscheiden hatte, sodass das verfahrensgegenständliche Delikt als erhöhtes disziplinarrechtliches Risikofeld der Bediensteten der Finanzverwaltung zu erkennen ist (vgl. die Veröffentlichungen im RIS). Als Milderungsgründe sind die bisherige Unbescholtenheit sowie die positive Dienstbeurteilung eingeflossen; hingegen erschwerend der lange Zeitraum (wiederholte Zugriffe im Zeitraum von fast sieben Jahren) des strafbaren Verhaltens. Von besonderem Gewicht war für die Ausmessung der Geldbuße aber der generalpräventive Aspekt aus den bereits angeführten Gründen.

Strafhöhe

Gemäß § 93 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe nach der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu bemessen, wobei darauf Rücksicht zu nehmen ist, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um die Beamtin von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Der Monatsbezug von FOI B errechnet sich aus dem Grundbezug und der Funktionszulage sowie der Verwendungszulage. Die festgesetzte Geldbuße von € 800,00 findet in diesem Rahmen Deckung. Der Disziplinarsenat erkennt die Ausmessung dieser Geldbuße unter Hinweis auf sämtliche dargelegte Erwägungen als der Schwere der Tat und der Schuld angemessen und ausgewogen. Auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde Bedacht genommen und sind im Wesentlichen durch ein regelmäßiges fortlaufendes Einkommen bestimmt. Sorgepflichten bestehen beim DB nicht. Die derzeitige Verschuldung erscheint unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse abbaubar, ohne die Lebensverhältnisse extrem zu beeinflussen.

-END-

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2020
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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