TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/22 I401 2195917-2

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Veröffentlicht am 22.07.2019
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Entscheidungsdatum

22.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I401 2195917-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. ALGERIEN alias LIBYEN, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 04.10.2018, Zahl:

11217420003/180791155, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer stellte am 06.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid vom 20.04.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien ab (Spruchpunkt I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V.), erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.) und gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.).

1.3. Mit in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2018, I414 2195917-1/14E, wurde die erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides insoweit abgeändert wurde, als "[g]emäß § 55 Abs. 2 FPG [...] die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage [beträgt]."

2.1. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 04.10.2018 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass die Abschiebung nach Algerien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.), erließ gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.) und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.).

2.2. Der Beschwerdeführer machte in der rechtzeitig und zulässig erhobenen Beschwerde inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde habe es unterlassen hat, den Beschwerdeführer detailliert zu seinem Privatleben in Österreich zu befragen. Ihm sei lediglich die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt worden. Der Beschwerdeführer spreche jedoch nicht Deutsch und habe in der Haft auch keine Möglichkeit gehabt, das Schreiben der belangten Behörde bzw. seine Stellungnahme übersetzen zu lassen. Dadurch sei der belangten Behörde verborgen geblieben, dass er in Frankreich Verwandtschaft habe; dort lebe sein Bruder legal mit seiner Familie. Sein Bruder gehe einer Arbeit nach.

Auch die festgestellte Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sei nicht richtig. Er stamme nicht aus Algerien, sondern vielmehr aus Libyen.

Darüber hinaus habe die belangte Behörde keinerlei Interessensabwägung unter Beachtung der konkreten Situation des Beschwerdeführers vorgenommen. Sie habe es vollkommen verabsäumt, sich zur Frage seines Familienlebens in Österreich zu äußern. Sie verweise diesbezüglich lediglich auf das Ermittlungsverfahren und auf die strafrechtlichen Verurteilungen. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Bestimmungen komme im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu, im gegenständlichen Fall überwögen aber aufgrund der dargestellten exzeptionellen Umstände in einer Gesamtabwägung aller Umstände dennoch die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich.

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid verfügte Rückkehrentscheidung und Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Algerien sei angesichts der vorliegenden Bindungen unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die belangte Behörde habe eine mangelhafte Interessensabwägung vorgenommen.

Aufgrund der oben aufgezeigten Verfahrensfehler und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sei die Rückkehrentscheidung zu Unrecht erlassen worden. Daher, und da der Beschwerdeführer libyscher Staatsbürger sei, sei die Feststellung der Abschiebung nach Algerien unzulässig.

Beim Einreiseverbot sei zwar das private Interesse des Beschwerdeführers mit dem legitimen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzuwägen, jedoch sei im vorliegenden Fall sein Gesamtverhalten als nicht so schwerwiegend anzusehen, dass die Verhängung des Einreiseverbots in der Höhe von acht Jahren als notwendig und verhältnismäßig anzusehen wäre. Die belangte Behörde habe es im konkreten Fall unterlassen, genauere Ermittlungen dazu anzustellen, ob das Verhalten des Beschwerdeführers tatsächlich eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Interessen darstelle. Sie treffe lediglich allgemeine Aussagen und geht nicht näher darauf ein, wegen welcher Taten der Beschwerdeführer verurteilt worden sei und wie die näheren Tatumstände gewesen seien. Bei einer gewichtenden Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich würden die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich überwiegen. Dabei hätte die belangte Behörde insbesondere dessen Familien- und Privatleben nach Art. 8 EMRK berücksichtigen müssen. Unter dem Gesichtspunkt, dass sich der Bruder des Beschwerdeführers legal in Frankreich befinde, sei die Verhängung, jedenfalls die Dauer des Einreiseverbots unverhältnismäßig. Dem Beschwerdeführer werde jede Möglichkeit der persönlichen Kontaktaufnahme zu seinem Bruder genommen.

Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid bezüglich der Spruchpunkte I. und II. aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben, die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt wird, den Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes III. ersatzlos zu beheben, in eventu das auf acht Jahre befristete Einreiseverbot auf eine angemessene Dauer herabzusetzen sowie das auf acht Jahre befristete bzw. auf eine angemessene Dauer herabgesetzte Einreiseverbot nur für Österreich und nicht für alle Mitgliedstaaten, für die die Rückführungsrichtlinie gelte, erlassen, Spruchpunkt IV. aufzuheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und die ordentliche Revision zuzulassen, in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen und falls nicht alle im angefochtenen Bescheid zu Lasten des Beschwerdeführers gehenden Rechtswidrigkeiten in der Beschwerde geltend gemacht worden seien, diese amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls dem Beschwerdeführer einen Verbesserungsauftrag zu erteilen, um die nicht mit der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkte ausführen zu können, sowie dem Beschwerdeführer die (in der Beschwerde näher begründete) Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr zu gewähren.

2.3. Mit dem "Mängelbehebungsauftrag" des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.07.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, ein wahrheitsgemäß und vollständig ausgefülltes Vermögensbekenntnis binnen der Frist von zehn Tagen zu übermitteln.

Mit dem Anbringen vom 11.07.2019 hat der Beschwerdeführer den "Antrag auf Verfahrenshilfe" zurückgenommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und muslimischen Glaubens sowie Staatsangehöriger Algeriens. Seine Identität steht nicht fest.

Er ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer stellte bereits am 30.06.2016 in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz. Der nach seiner illegalen Einreise nach Österreich am 06.07.2017 gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid vom 20.04.2018 abgewiesen. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2018 wurde diese Entscheidung (mit Ausnahme des Spruchpunktes VII. betreffend die Frist für die freiwillige Ausreise) bestätigt. Seither hält sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer weist eine mehrjährige Schulausbildung auf und war im Herkunftsland als Elektriker und als Maler tätig.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Ein Bruder und dessen Familie leben in Frankreich.

Er weist keine Deutschkenntnisse und keine relevante Integration in beruflicher oder sozialer Hinsicht in Österreich auf.

Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung. Er ging in Österreich keiner der Pflichtversicherung unterliegenden Erwerbstätigkeit nach.

Der Beschwerdeführer wurde zwei Mal strafrechtlich verurteilt:

Mit erstem rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 06.06.2018 wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach § 15 StGB und §§ 127 StGB und 130 Abs. 1 erster Fall StGB, der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB, des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, wobei sechs Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, verurteilt.

Der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe war am 06.07.2018 vollzogen.

Zwei Monate nach Verbüßung der Freiheitsstrafe wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener mit dem zweitem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 11.09.2018 wegen des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 15 StGB und § 269 Abs. 1 dritter Fall StGB und der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde für schuldig erkannt, am 02.08.2018 anlässlich der Feststellung seiner Identität eine Polizeibeamtin und einen Polizeibeamten im Zustiegsbereich eines Waggons zur Seite gedrängt, in weiterer Folge nach Inaussichtstellen seiner Festnahme und Anhaltung nach § 39 FPG den rechten Ringfinger des Polizeibeamten erfasst und samt der rechten Hand verdreht, sich aus dem Festhaltegriff der Polizeibeamtin durch eine heftige Drehbewegung herausgewunden, nach Öffnen der Tür des Waggons, nachdem alle gemeinsam auf den Bahnsteig gestürzt waren, durch heftiges Umherschlagen mit seinen Armen, Versetzen von Fußtritten in Richtung der Beamten und festes Ziehen an der Umhängetasche einer anderen Polizeibeamtin, wodurch diese zu Boden gedrückt wurde, und Wegstoßen der Beamten vehement versucht zu haben, sich aus deren Fixierung zu lösen, Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Identitätsfeststellung sowie seiner anschließenden Festnahme nach der StPO, zu hindern.

Bei der Strafbemessung wertete das Landesgericht die Tatbegehung im Alter von unter 21 Jahren und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als mildernd, erschwerend hingegen das Zusammentreffen von vier Vergehen, die Tatbegehung in offener Probezeit und den raschen Rückfall.

Der Beschwerdeführer wurde am 12.05.2019 unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt aus der Strafhaft entlassen.

Derzeit befindet er sich im Polizeianhaltezentrum H.

1.2. Feststellungen zur Lage in Algerien:

Algerien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Algerien ist sowohl fähig als auch willig, seinen Bürgern Schutz zu gewähren. Algerien weist eine funktionierende, unabhängige Justiz sowie einen funktionierenden Sicherheitsapparat auf. Behördliche Korruption steht unter Strafe, mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Dieses Gesetz wird nicht effektiv durchgesetzt, wenn es auch ein eigenes Zentralbüro zur Bekämpfung der Korruption gibt. Daneben sorgt die Nationale Organisation zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption für eine beratende Funktion. Die Sicherheitslage in Algerien ist, abgesehen von einigen Grenzregionen im Süden und Osten und den Bergregionen im Westen als sicher zu qualifizieren. Algerien ist allen wesentlichen internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Die Menschenrechtssituation in Algerien hat sich seit den 1990-er Jahren sukzessive verbessert. In Algerien besteht ein aufwändiges Sozialsystem. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Die medizinische Versorgung ist allgemein zugänglich und kostenfrei. In jeder größeren Stadt existieren Krankenhäuser. Grundnahrungsmittel, Energie und Wasser werden stark subventioniert. Die Wirtschaft in Algerien ist als Konsumwirtschaft zu bezeichnen, mit wenig produzierenden Unternehmen, sodass die Arbeitsplatzsituation insbesondere für junge Algerier angespannt ist. Illegal Ausreisenden droht im Falle der Rückkehr eine Geldund/oder Freiheitsstrafe, wobei in der Praxis lediglich Bewährungsstrafen verhängt werden. Nach Algerien angeschobene Personen werden 24 Stunden festgehalten und verhört, um den Grund der Ausweisung zu erfahren. Eine behördliche Rückkehrhilfe existiert nicht.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat. Ihm droht auch keine Strafe nach seiner Rückkehr nach Algerien wegen illegaler Ausreise.

Eine nach Algerien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie das Zentrale Melderegister, das Strafregister der Republik Österreich, die Grundversorgung und den Versicherungsdatenauszug.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer machte in der erhobenen Beschwerde geltend, dass die festgestellte Staatsangehörigkeit unrichtig sei; denn er stamme nicht aus Algerien, sondern aus Libyen. Auch aus diesem Grund sei die Feststellung der Abschiebung nach Algerien unzulässig.

Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - in seinem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis vom 04.07.2018 sehr ausführlich mit der Staatszugehörigkeit des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hat. In der Beweiswürdigung legte es (mit wörtlich wiedergegeben Aussagen des Beschwerdeführers) auf das Wesentlichste zusammengefasst dar, dass er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 20.04.2018 angegeben habe, entgegen seinen Angaben im Rahmen der Erstbefragung algerischer Staatsbürger zu sein. Er habe nur die algerische Währung benennen und kein Wort im libyschen Dialekt wiedergeben können. In der mündlichen Verhandlung zur libyschen Währung befragt, habe er weder die Stückelung der lybischen Münzen noch der Geldscheine richtig wiedergeben können, wie er auch die angrenzenden Staaten Libyens nicht vollständig aufzählen und die Namen der internationalen Flughäfen in Libyen nicht habe benennen können, obwohl er angegeben habe, Tripolis mit dem Flugzeug verlassen zu haben. Es habe auch den Spitzname Gaddafis und einen libyschen Fernsehsender zur Zeit Gaddafis nicht angeben können. Zudem habe er auch bei seiner Antragstellung auf internationalen Schutz in Ungarn die algerische Identität angegeben, was er auch bei der Einvernahme am 06.07.2016 vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes getan habe. Zudem habe er ein algerisches Wertkartenhandy bei sich gehabt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, aus Libyen zu stammen, sei unglaubwürdig, hingegen seien seine Angaben, aus Algerien zu stammen, glaubwürdig.

Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes in der Entscheidung vom 04.07.2018 sind nachvollziehbar und die Erwägungen zur getroffenen Feststellung, dass der Beschwerdeführer algerischer Staatsangehöriger ist, schlüssig.

Dieser Annahme setzt der Beschwerdeführer in der gegenständlich erhobenen Beschwerde lediglich die Behauptung entgegen, er sei libyscher Staatsbürger. Er legte zur Untermauerung seiner ("wahren") Staatsangehörigkeit keine Beweismittel (Reisepass, Geburtsurkunde etc. im Original oder beglaubigter Abschrift) vor. Angesichts der oben auszugsweise wiedergegebenen beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach der Beschwerdeführer ein Staatsbürger Algeriens ist, bedarf es keiner neuerlichen Auseinandersetzung mit der Frage der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zumal er die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2018 unbekämpft ließ.

Sein unsubstantiiert gebliebenes Vorbringen, libyscher Staatangehöriger zu sein, ist vielmehr als Versuch zu werten, die Durchsetzung einer Abschiebung nach Algerien zu verhindern.

Der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ist unverändert Algerien (vgl. dazu auch den Beschluss des VwGH vom 05.10.2017, Ra 2017/21/0033).

Ein identitätsbezeugendes Dokument legte der Beschwerdeführer nicht vor. Damit stehen sein (Vor- und Familien-) Name sowie sein Geburtsdatum (er verwendete im vorangegangenen Asylverfahren mehrere verschiedene Geburtsdaten) nicht fest.

Die Feststellungen, dass sein Bruder und dessen Familie in Frankreich leben, er über keine Deutschkenntnisse verfügt und er keine Beziehung in Österreich hat, ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben bei seiner niederschriftlichen Einvernahme und dem Vorbringen in der Beschwerde. Der Beschwerdeführer legte keine Dokumente vor, welche eine besondere Aufenthaltsverfestigung belegen könnten.

Dass er in Österreich keiner der Pflichtversicherung unterliegenden Erwerbstätigkeit nachging bzw. nachgeht, ergibt sich aus einem aktuellen Versicherungsdatenauszug vom 05.07.2019.

Die Feststellung zu den strafrechtlichen Verurteilungen ergibt sich durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich vom selben Tag und aus den sich im erstinstanzlichen Akt befindenden Strafurteilen.

Der Beschwerdeführer brachte selbst vor, gesund zu sein bzw. nicht an einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu leiden. Daraus ergibt sich keine Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit, was von ihm auch zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens bestritten wird.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation in Algerien nicht entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

3.1.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG sind im konkreten Fall nicht gegeben und werden diese in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

3.1.2. Zur Rückkehrentscheidung:

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Der mit "Rückkehrentscheidung" überschriebene § 52 Abs. 1 FPG normiert, dass gegen einen Drittstaatsangehörigen das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Es bestehen keine Bedenken gegen die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf und es sei daher der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erfüllt. Mit in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2018 wurde die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass gemäß § 55 Abs. 2 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage beträgt. Damit bestätigte es den Bescheid der belangten Behörde vom 20.04.2018, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen, ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung nach Algerien für zulässig erklärt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht stellte (bei Bestimmung einer Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise) damit fest, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers nicht rechtmäßig ist und ihn damit auch eine Rückkehrverpflichtung trifft. Der Beschwerdeführer legte auch kein Visum vor, verfügte über keinen anderen Aufenthaltstitel und besaß keine Aufenthaltsberechtigung für den Raum der Europäischen Union. Im Übrigen wird von ihm in der Beschwerde der Umstand des unrechtmäßigen Aufenthaltes nicht bestritten.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde.

Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist. Eine Rückkehrentscheidung ist unzulässig, wenn der Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Fremden unverhältnismäßig wäre.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Familienleben in Österreich; ein solches hat er auch nicht behauptet. Er ging in Österreich keiner (legalen) Erwerbstätigkeit nach oder war ehrenamtlich tätig. Er verfügt - wie er in der Beschwerde selbst vorbringt - über keine Deutschkenntnisse.

Eine besondere Aufenthaltsverfestigung wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und es sind auch sonst keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine tatsächliche, fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers hervorgekommen, aufgrund derer die Erteilung eines Aufenthaltstitels gerechtfertigt wäre. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass er sich seit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2018 nicht rechtmäßig in Österreich aufhält.

Der Beschwerdeführer verfügt im Vergleich zu Österreich über stärkere Bindungen in seinem Herkunftsstaat. Er hat dort den weit überwiegenden Teil seines Lebens verbracht. Er wurde in Algerien sozialisiert, spricht die Landessprache als Muttersprache und hat dort die Schule besucht und einen Beruf ausgeübt. Insgesamt liegen keine Anhaltspunkte für eine nachhaltige Integration des Beschwerdeführers in Österreich vor.

Zu prüfen ist daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erk. vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet; das Erk. vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247, zu einem zweijährigen Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erk. vom 29.11.2007, B 1958/07, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; das Erk. vom 26.04.2010, U 493/10, im Fall eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (vgl. das Urteil vom 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kürzeren Dauer des Inlandsaufenthaltes von drei Jahren davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens überwiegt. Dabei ist auch anzumerken, dass er während seines dreijährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet zwei Mal wegen verschiedener Vergehen zu unbedingten Freiheitsstrafen von insgesamt 17 Monaten verurteilt wurde, wobei er innerhalb offener Probezeit erneut straffällig und nur zwei Monate nach dem Vollzug der ersten verhängten Freiheitsstrafe wegen schwerer Körperverletzung schuldig gesprochen wurde.

Von ihm geht eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Mangels einer langen Aufenthaltsdauer, von Deutschkenntnissen, eines bestehenden Familienlebens sowie einer sozialen und beruflichen Integration ist - verstärkt durch den unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers - von einem eindeutigen Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers auszugehen. Die Aufenthaltsbeendigung von (wiederholt) straffällig gewordenen Fremden gilt grundsätzlich als legitimes Interesse eines Aufenthaltsstaates. Daher sind Straftaten wesentliche Gründe, die bei Rückkehrentscheidungen im Rahmen der Interessensabwägung zu Ungunsten eines Fremden ausschlagen können. Das wiederkehrende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers (das Begehen von mehreren Vergehen, insbesondere der schweren Körperverletzung) verdeutlicht, dass er nicht gewillt ist, sich an die für ihn maßgebenden Rechtsvorschriften seines Gastlandes zu halten.

Die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung stellt keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben dar.

Daher war dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nicht zu erteilen und wurde die Rückkehrentscheidung zu Recht erlassen.

Es war sohin die Beschwerde gegen den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien (zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Dem Beschwerdeführer wurde mit "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" der belangten Behörde vom 12.09.2018 die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu der erfolgten Beweisaufnahme betreffend das Verfahren zur Erlassung einer neuen Rückkehrentscheidung und einem Einreiseverbot sowie zur Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eingeräumt. Der Beschwerdeführer gab diesbezüglich keine Stellungnahme ab. In der erhobenen Beschwerde wurde kein substantiiertes Vorbringen erstattet, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien eine Verletzung der in Art. 2 oder 3 EMRK normierten Rechte darstellen würde. Er stützte sich dabei auf die Kriterien der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK, welche er bei der Rückkehrentscheidung ins Treffen führte.

In diesem Zusammenhang gilt es auch darauf hinzuweisen, dass es sich bei Algerien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt und beim Beschwerdeführer keine besondere Vulnerabilität vorliegt. Es ergeben sich daher keine Anhaltspunkte, an der Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien zu zweifeln und war daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. abzuweisen.

3.3. Zur Verhängung eines auf die Dauer von acht Jahren befristeten Einreisverbotes (zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Rechtslage:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist; 4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. [... .]"

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach Z 1 leg. cit. zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der Beschwerdeführer ist Drittstaatsangehöriger und wurde in Österreich zwei Mal, darunter wiederholt zu Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten, zuletzt wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt. Dass der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG verwirklicht ist, wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

Der Ansicht der belangten Behörde, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers eine tatsächliche und gegenwärtige schwerwiegende Gefahr darstellt, ist aus folgenden Gründen beizutreten:

Die belangte Behörde hat die verhängte Dauer des ausgesprochenen Einreiseverbots nicht (nur) auf die Tatsache der Verurteilungen bzw. der daraus resultierenden Strafhöhen, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist, (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603; VwGH 22.11.2012, 2012/23/0030) sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer seit dem Jahr 2016 durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer Entscheidung zugrunde gelegt.

Aufgrund der wiederholt, während der Probezeit und unmittelbar nach Verbüßung der ersten Strafhaft begangenen weiteren Straftaten ist es berechtigt, davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft bereit wäre, kriminelle Handlungen zu begehen, und von ihm eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht. Den Großteil der Zeit seines (unrechtmäßigen) Aufenthaltes im Bundesgebiet verbrachte er in Justizanstalten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH vom 22.5.2014, Ro 2014/21/0014). Von einem Gesinnungswandel kann beim Beschwerdeführer in Hinblick auf den raschen Rückfall keineswegs ausgegangen werden.

Der Beschwerdeführer wies in der erhobenen Beschwerde auf seine mangelhaften Deutschkenntnisse hin und monierte, dass er in der Haft keine Möglichkeit gehabt habe, das Schreiben der belangten Behörde vom 12.09.2018 über die "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" und seine Stellungnahme übersetzen zu lassen. Dadurch habe er entscheidungsrelevante Umstände nicht kundtun können. Daher sei verborgen geblieben, dass der Bruder des Beschwerdeführers mit seiner Familie legal in Frankreich lebe und dieser dort einer Arbeit nachgehe. Dem Beschwerdeführer werde infolge des gegen ihn verhängten Einreiseverbots jede Möglichkeit der persönlichen Kontaktaufnahme zu seinem Bruder genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass Bindungen in einen anderen "Schengen-Staat" der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes durch Österreich nicht grundsätzlich im Wege stünden. Das gelte insbesondere auch aus unionsrechtlichem Blickwinkel, und zwar sogar dann, wenn der Fremde über einen Aufenthaltstitel des anderen "Schengen-Staates" verfüge (siehe zu einer derartigen Konstellation und den sich aus Art. 25 SDÜ ergebenden Implikationen EuGH 16.1.2018, E, C-240/17). Den erwähnten familiären Bindungen sei freilich dadurch Rechnung zu tragen, dass die bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbotes zu beantwortende Frage nach einem - zulässigen - Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden dürfe, sondern dass auch die Situation in dem anderen "Schengen-Staat" in den Blick zu nehmen sei (siehe VwGH 3.7.2018, Ro 2018/21/0007, mit Hinweis auf das grundlegende Erkenntnis VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237; VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0236).

Abgesehen davon, dass es an dem Beschwerdeführer gelegen wäre, sich während seines Aufenthaltes in der Justizanstalt an die Justizwachebeamten oder an den sich dort befindenden sozialen Dienst, der für die Betreuung und Beratung von Strafgefangenen in persönlichen Angelegenheiten (betreffend die Veranlassung der Übersetzung von Schriftstücken) zuständig ist, zu wenden, belegt sein Vorbringen in der Beschwerde, sein Bruder und dessen Familie halte sich legal in Frankreich auf und infolge eines Einreiseverbots werde ihm jede Möglichkeit der persönlichen Kontaktaufnahme zu seinem Bruder genommen, keine derartige besondere Nahebeziehung, dass sich daraus in Hinblick auf den Schutz des Familien- und Privatleben nach Art. 8 EMRK eine abweichende Beurteilung ergeben würde. Er verfügt(e) auch nicht über einen gültigen Aufenthaltstitel von Frankreich oder eines anderen Schengen-Staates. Es mag zwar mit den erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ein erheblicher Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sein, jedoch überwiegen im konkreten Fall angesichts der gegenüber drei Exekutivorganen gesetzten (im Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 11.09.2018 näher dargelegten) Tathandlungen und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten die öffentlichen Interessen an der Erlassung der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbots.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände und in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere zur Wahrung des gesundheitlichen und wirtschaftlichen Wohls Österreichs, an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften sowie an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH vom 19.05.2004, 2001/18/0074). Angesichts der vorliegenden Schwere der Verstöße gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers ist daher die Verhängung des Einreiseverbotes in der von der belangten Behörde ausgesprochenen Dauer als angemessen, erforderlich und darüber hinaus auch als verhältnismäßig zu erachten. In der vorliegenden Beschwerde selbst wurden keine Umstände vorgebracht, die allenfalls eine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes zuließen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die Verhängung eines langjährigen Einreiseverbots effektiv begegnet werden kann. In der Gesamtschau der oben angeführten Umstände ist das Einreiseverbot als rechtmäßig und die festgesetzte Dauer als angemessen zu qualifizieren.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG als unbegründet abzuweisen.

3.4. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergibt aufgrund der zweimaligen Verurteilungen des Beschwerdeführers innerhalb seines dreijährigen Aufenthaltes einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen den gegenständlichen bekämpften Bescheid zulässig war.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 2 BFA-VG abzuweisen war.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und 0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungs-gericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt. Im Übrigen findet sich in der Beschwerdeschrift kein Vorbringen, welches im gegenständlichen Fall geeignet ist, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen.

Im gegenständlichen Verfahren hätte die Durchführung einer Verhandlung - wie die oben vorgenommene Interessenabwägung zeigt - auf Grund des gravierenden strafrechtlich geahndeten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers zu keinem anderen Ergebnis geführt, sodass diesbezüglich kein entscheidungswesentlicher klärungsbedürftiger Sachverhalt vorlag. (vgl. den Beschluss des VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,
Aufenthaltstitel, aufschiebende Wirkung - Entfall,
berücksichtigungswürdige Gründe, Einreiseverbot, Gefährdung der
Sicherheit, Haft, Haftstrafe, Interessenabwägung, Körperverletzung,
öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit,
Privat- und Familienleben, private Interessen, Rückkehrentscheidung,
schwere Straftat, Straffälligkeit, Strafhaft, strafrechtliche
Verurteilung, Vorstrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I401.2195917.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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