TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/19 W120 2206866-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.08.2019
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Entscheidungsdatum

19.08.2019

Norm

AVG §42 Abs3
AVG §71 Abs1 Z1
AVG §71 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4
TKG 2003 §109 Abs1
TKG 2003 §78 Abs1
VwGG §46
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §33
VwGVG §33 Abs1
VwGVG §33 Abs2
VwGVG §33 Abs3
VwGVG §33 Abs4
VwGVG §33 Abs4a

Spruch

W120 2206866-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Eisner über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Fernmeldebüros für Steiermark und Kärnten vom 06.08.2018, BMVIT-636.540/0218-III/FBG/2017 (Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung vom 19.07.2018 in die Frist zur Erhebung einer Beschwerde), zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass es im Spruch des angefochtenen Bescheides statt "§ 71 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl I 51/1991 i.d.g.F." "§ 33 Abs 1 VwGVG" zu lauten hat.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Straferkenntnis vom 16.04.2018 entschied die belangte Behörde betreffend den Beschwerdeführer wie folgt:

"Herr XXXX , geb. am XXXX , hat am Standort ‚ XXXX ' entgegen § 78 Abs 1 Z 2 Telekommunikationsgesetz, BGBl I 70/2003, i.d.F. BGBl I 6/2016, eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet, indem er ausgehend von der E-Mail-Adresse XXXX an die E-Mail-Adresse XXXX am 27.8.2017 um 17.01 Uhr eine E-Mail-Nachricht mit dem Betreff ‚Betrug, Korruption, Amtsmissbrauch - das ist XXXX ', am 23.9.2017 um 23.55 Uhr eine

E-Mail-Nachricht mit dem Betreff ‚ XXXX ', am 10.10.2017 um 11.06 Uhr eine E-Mail-Nachricht mit dem Betreff ‚Dann klescht's - XXXX gefährliche Drohung an XXXX ' und am 3.11.2017 um 8.37 Uhr eine E-Mail-Nachricht mit dem Betreff ‚ XXXX Euro 1,35 Mio statt für Gehälter für Betrug XXXX ', ua. Informationen im Zusammenhang mit der Liegenschaft XXXX - trotz Aufforderung des XXXX mit E-Mail-Nachricht vom 29.8.2017, weitere Zusendungen zu unterlassen, zugesendet hat. Er hat somit andere Benützer grob belästigt und dadurch eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet."

Es wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer dadurch eine Verwaltungsübertretung nach "§ 109 Abs 1 Z 5 TKG" begangen habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verhängt. Samt dem Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von EUR 30,-- (§ 64 VStG) betrug der zu zahlende Gesamtbetrag insgesamt EUR 330,--.

Diese Entscheidung wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers (im Folgenden Rechtsvertreter) postalisch durch Hinterlegung zugestellt. Auf dem Rückschein ist der Beginn der Abholfrist mit dem 04.05.2018 eingetragen.

2. Mit den Schreiben vom 04.07.2018 und vom 09.07.2018 ersuchte der Rechtsvertreter die belangte Behörde um Bekanntgabe, zu welchem Zeitpunkt die Beschwerde gegen das obgenannte Straferkenntnis bei der belangten Behörde eingegangen sei, da aufgrund eines Serverproblems "der Ausgang der Beschwerde" bei der an diesem Tag stattgefundenen "Nachkontrolle" nicht habe festgestellt werden können.

3. Die belangte Behörde teilte dem Rechtsvertreter mit Schreiben vom 10.07.2018 mit, dass der Eingang einer Beschwerde gegen das obgenannte Straferkenntnis nicht habe festgestellt werden können.

4. Mit Schreiben vom selben Tag informierte der Rechtsvertreter die belangte Behörde dahingehend, dass er "leider Wiedereinsetzungsantrag machen und die Beschwerde nachholen" müsse. Zudem ersuchte er die belangte Behörde um Bekanntgabe, mit welchem "Eingang der Strafbescheid bei Ihnen vermerkt ist".

5. Am 19.07.2018 stellte der Rechtsvertreter den vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig Beschwerde. Den Antrag auf Wiedereinsetzung begründete der Rechtsvertreter wie folgt:

5.1. Nach Ortsabwesenheit des Rechtsvertreters am 03.05.2018 sei das hinterlegte Straferkenntnis nach dessen Rückkehr abgeholt worden. Am 09.05.2018 sei das Schriftstück gescannt und hochgeladen sowie danach die Termineintragung durchgeführt worden. Durch Anklicken erscheine ein grüner Button, der vorher rot sei. Dies sei die Bestätigung, dass die Frist eingetragen sei und erledigt werde. Dieser Vorgang werde auch vom Rechtsvertreter laufend kontrolliert.

Es habe, wie sich bei einer Durchsicht der Akten am 04.07.2018 herausgestellt habe, Serverprobleme gegeben, welche dazu geführt hätten, dass mangels Fehlermeldungen unbemerkt diverse Daten und Erledigungen nicht durchgeführt worden seien. Eine Erledigung der Beschwerde, welche in Papierform im Akt vorgelegen habe, habe sich in der elektronischen Erledigung nicht gefunden, weshalb sofort das E-Mail vom 04.07.2018 an die belangte Behörde verschickt worden sei.

Nach einer schriftlichen Urgenz am 09.07.2018 sei dem Rechtsvertreter von der belangten Behörde am 10.07.2018 per E-Mail mitgeteilt worden, dass bis dato keine Beschwerde eingegangen sei. Aufgrund dieser Information habe sich ergeben, dass die Beschwerdeerledigung aufgrund des Serverproblems nicht elektronisch versandt worden sei, wovon man somit am 10.07.2018 Kenntnis erlangt habe.

5.2. Das EDV-System des Rechtsvertreters sei bis zu diesem Zeitpunkt verlässlich gewesen. Welcher EDV-Fehler vorgelegen habe, lasse sich im Nachhinein nicht mehr feststellen, da durch Serverupdates eine Gesamtinstandsetzung erfolgt sei und nicht Einzelfehler behoben werden hätten können.

Mit derartigen Missverständnissen und Fehlleistungen könne der Rechtsvertreter nicht rechnen, sodass ihn ein unvorhersehbares Ereignis an der rechtzeitigen Erbringung der Beschwerde gehindert habe.

Es sei im Interesse vernünftiger Rechtsschutzwahrung nicht angezeigt, dass jedes Missgeschick eines Rechtsanwaltes - im vorliegenden Fall handle es sich erstens um eine Mitarbeiterin des Rechtsvertreters und nicht den Rechtsanwalt selbst sowie zweitens um einen Fehler in der EDV - ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden darstelle.

5.3. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien somit gegeben.

5.4. Die Kenntnis des Versäumnisses sei am Tag der Mitteilung der belangten Behörde am 10.07.2018 erfolgt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werde somit binnen offener Frist erhoben.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 06.08.2018 wurde hinsichtlich des Antrags auf Wiedereinsetzung vom 19.07.2018 wie folgt entschieden:

"Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 19.7.2018 des XXXX , vertreten durch XXXX , betreffend die Beschwerde gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Steiermark und Kärnten zu GZ BMVIT-636.540/0218-III/FBG/2017 vom 16.4.2018 wird gemäß § 71 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl I 51/1991 i. d.g.F. als unbegründet abgewiesen."

7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit 06.09.2018 datierte Beschwerde, in welcher auf das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag vom 19.07.2018 verwiesen wird.

Es werde daher beantragt,

"das Fernmeldebüro für Steiermark und Kärnten möge den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgeben und die Beschwerde als rechtzeitig anerkennen.

Das Straferkenntnis der Republik Österreich, Fernmeldebüro für Steiermark und Kärnten vom 16.04.2018, GZ. BMVIT-636.540/0218-III/FBG/2017 aufzuheben, und das Verfahren einzustellen, da keine Gründe vorliegen, über XXXX eine Gelstrafe zu verhängen;

-

eine mündliche Beschwerdeverhandlung mit Beweisverfahren unter Ladung des Beschwerdeführers und des Polizisten XXXX , sowie eines graphologischen Gutachters durchzuführen sowie

-

die Entscheidung durch einen Senat, falls nicht zuvor schon das Verfahren eingestellt wird."

8. Mit hg. am 02.10.2018 eingelangter Beschwerdevorlage übermittelte die belangte Behörde den vorliegenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis vom 16.04.2018 entschied die belangte Behörde betreffend den Beschwerdeführer wie folgt:

" XXXX , hat am Standort ‚ XXXX ' entgegen § 78 Abs 1 Z 2 Telekommunikationsgesetz, BGBl I 70/2003, i.d.F. BGBl I 6/2016, eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet, indem er ausgehend von der E-Mail-Adresse XXXX , XXXX an die E-Mail-Adresse XXXX am 27.8.2017 um 17.01 Uhr eine E-Mail-Nachricht mit dem Betreff ‚Betrug, Korruption, Amtsmissbrauch - das ist XXXX ', am 23.9.2017 um 23.55 Uhr eine E-Mail-Nachricht mit dem Betreff ‚ XXXX

XXXX ', am 10.10.2017 um 11.06 Uhr eine E-Mail-Nachricht mit dem Betreff ‚Dann klescht's - XXXX gefährliche Drohung an XXXX ' und am 3.11.2017 um 8.37 Uhr eine E-Mail-Nachricht mit dem Betreff ‚ XXXX Euro 1,35 Mio statt für Gehälter für Betrug XXXX ', ua. Informationen im Zusammenhang mit der Liegenschaft XXXX - trotz Aufforderung des XXXX mit E-Mail-Nachricht vom 29.8.2017, weitere Zusendungen zu unterlassen, zugesendet hat. Er hat somit andere Benützer grob belästigt und dadurch eine Telekommunikationsendeinrichtung missbräuchlich verwendet."

Diese Entscheidung wurde dem Rechtsvertreter postalisch durch Hinterlegung zugestellt. Auf dem Rückschein ist der Beginn der Abholfrist mit dem 04.05.2018 eingetragen. Dem Rechtsvertreter gelangte erst aufgrund seiner Nachfrage bei der belangten Behörde am 10.07.2018 konkret zur Kenntnis, dass die Abholfrist mit dem 04.05.2018 geendet hatte.

Innerhalb der offenen Beschwerdefrist langte keine Beschwerde bei der belangten Behörde ein.

Am 04.07.2018 stellte der Rechtsvertreter fest, dass sein EDV-System nicht einwandfrei funktionierte. Der Rechtsvertreter bemerkte an diesem Tag erstmals, dass sich die "Erledigung der Beschwerde" nicht "in der elektronischen Erledigung" befand.

Mit den Schreiben vom 04.07.2018 und vom 09.07.2018 ersuchte der Rechtsvertreter die belangte Behörde um Bekanntgabe, zu welchem Zeitpunkt die Beschwerde gegen das obgenannte Straferkenntnis bei der belangten Behörde eingegangen sei, da aufgrund eines "Serverproblems" der Ausgang der Beschwerde bei der an diesem Tag stattgefundenen "Nachkontrolle" nicht habe festgestellt werden können.

Am 19.07.2018 stellte der Rechtsvertreter einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig Beschwerde. Dieser war eine "Eidesstattliche Erklärung" angeschlossen.

"Eidesstattliche Erklärung

Wien, am 19.7.2018

Ich, XXXX , geb. am XXXX , erkläre an Eides statt, dass nach Hinterlegung am 3.5.2018 wegen Ortsabwesenheit das Straferkenntnis der Fernmeldebüro für Steiermark und Kärnten zu GZ BMVIT-636.540/0218-III/FBG/2017 vom 16.4.2018 nach Rückkehr von der Post abgeholt, am 9.5.2018 gescannt und hochgeladen, und im Kanzleiterminkalender die Frist für die Beschwerde vermerkt wurde.

Ich erkläre ebenfalls an Eides statt, dass sich bei Durchsicht der Akten am 4.7.2018 herausgestellt hat, dass es Serverprobleme gab, die dazu führten, dass diverse Erledigungen, darunter möglicherweise auch die Beschwerdeversendung, nicht durchgeführt wurden. Eine Erledigung der Beschwerde, welche in Papierform im Akt vorlag, fand sich in der elektronischen Erledigung nicht, weshalb sofort am 4.7.2018 ein Email an das Fernmeldebüro für Steiermark und Kärnten, Fb.Graz@bmvit.gv.at, gerichtet wurde mit dem Ersuchen um Mitteilung, ob die Beschwerde bei der Behörde Eingang gefunden hat.

Dass die Beschwerde nicht versandt wurde, ist mir nicht aufgefallen und konnte sich

XXXX aufgrund meiner ständig an den Tag gelegten Sorgfalt und der sonstigen Verlässlichkeit des EDV-Systems darauf verlassen, dass dies erledigt ist.

Nach einer schriftlichen Urgenz am 9.7.2018 wurde XXXX durch die stellvertretende Leiterin/Strafreferentin der Fernmeldebehörde 1. Instanz, Fernmeldebüro für Steiermark und Kärnten, XXXX , am 10.7.2018 per Email mitgeteilt, dass bis dato keine Beschwerde eingegangen sei.

Welcher EDV-Fehler vorlag und für welchen Zeitraum, lässt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen, da durch Serverupdates eine Gesamtinstandsetzung erfolgte und nicht Einzelfehler behoben wurden."

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 06.08.2018 wurde hinsichtlich des Antrags auf Wiedereinsetzung vom 19.07.2018 wie folgt entschieden:

"Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 19.7.2018 des XXXX , vertreten durch XXXX , betreffend die Beschwerde gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Steiermark und Kärnten zu GZ BMVIT-636.540/0218-III/FBG/2017 vom 16.4.2018 wird gemäß § 71 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl I 51/1991 i. d.g.F. als unbegründet abgewiesen."

2. Beweiswürdigung:

Diese Ausführungen gründen sich auf die jeweils erwähnten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätze, welche Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Spruchpunkt A)

3.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71 und 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. VwGH 20.04.2017, Ra 2017/19/0113, mit Verweis auf VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013). Grundsätzlich sind die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar (vgl. VwGH 20.04.2017, Ra 2017/19/0113, mit Verweis auf VwGH 17.03.2015, Ra 2014/01/0134).

3.2. § 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, lautet:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

3.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann jegliches Geschehen, dh nicht nur tatsächliches, in der Außenwelt stattfindendes, sondern auch so genannte psychologische Vorgänge, wie Vergessen, Verschreiben, sich Irren usw., als "Ereignis" iSd § 42 Abs. 3 AVG gewertet werden (vgl. ua VwGH 27.09.2013, 2010/05/0202). Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis "unabwendbar" ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (vgl. VwGH 24.01.1996, 94/12/0179; Hengstschläger/Leeb, AVG [2009] § 71 Rz 39 mwN). Die Beurteilung, ob ein Ereignis "unvorhergesehen" ist, hängt demgegenüber nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, "wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und sein Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte, wobei das im Begriff der ‚Unvorhergesehenheit' gelegene Zumutbarkeitsmoment dahin zu verstehen ist, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit auch dann noch gewahrt ist, wenn der Partei ein nur ‚minderer Grad des Versehens' unterläuft" (vgl. VwGH 29.02.2008, 2008/04/0006).

Die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt somit voraus, dass die Partei an der Versäumung der Frist oder der mündlichen Verhandlung kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Unter einem minderen Grad des Versehens ist nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, dh er darf die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra 2015/01/0125). Dabei ist an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (ua VwGH 20.06.2013, 2013/06/0098 mwN; VwGH 02.09.2009, 2009/15/0096;

Hengstschläger/Leeb, AVG [2009] § 71 Rz 44 mwN). War die Versäumung voraussehbar und hätte sie durch ein dem Parteienvertreter zumutbares Verhalten abgewendet werden können, dann ist die Wiedereinsetzung zu verweigern (ua VwGH 01.06.2006, 2005/07/0044 mwN). Vor allem ist der Vertreter verpflichtet, um sein Verschulden auszuschließen, sich auch selbst unverzüglich die erforderlichen Informationen zu verschaffen, um die Einspruchsfrist wahren zu können (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG [2009] § 71 Rz 45 mwN). Als Maßstab ordnet das Gesetz die Glaubhaftmachung des Ereignisses an, es muss als hinreichend wahrscheinlich dargestellt werden (vgl. dazu Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 [2017] § 33 VwGVG Anm K8).

Soweit sich eine Partei im Verfahren eines Rechtsvertreters bedient, ist ihr nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Verschulden dieses Vertreters wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Im Falle einer Fristversäumung hängt die Bewilligung der Wiedereinsetzung diesfalls (ua) davon ab, dass weder die Partei noch den bevollmächtigten Rechtsanwalt ein Verschulden trifft, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht (ua VwGH 17.07.2008, 2007/21/0227). Dabei stellt ein einem Rechtsanwalt widerfahrendes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden des Rechtsanwaltes, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (ua VwGH 23.06.2008, 2008/05/0122).

Dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses vom 16.04.2018 durch den gegenständlichen Rechtsvertreter vertreten war, ergibt sich aus dessen Ausführungen im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

3.4. Der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nach Ortsabwesenheit des Rechtsvertreters am 03.05.2018 das hinterlegte Straferkenntnis vom 16.04.2018 nach dessen Rückkehr abgeholt worden sei. Am 09.05.2018 sei das Straferkenntnis gescannt und hochgeladen sowie die Termineintragung durchgeführt worden. Nach Durchsicht der Akten am 04.07.2018 habe sich herausgestellt, dass sich aufgrund von "Serverproblemen", "welche dazu führten, dass, mangels Fehlermeldungen unbemerkt, diverse Daten und Erledigungen nicht, und andere doch, durchgeführt wurden", keine Erledigung der Beschwerde in der "elektronischen Erledigung" vorgefunden habe. Der Rechtsvertreter überwache den Vorgang der Termineintragung "laufend". Es treffe den Rechtsvertreter daher kein Verschulden bzw. nur ein Verschulden minderen Grades. Die zuständige Mitarbeiterin sei "äußerst gewissenhaft im Umgang mit Postzusendungen und der Kalendierung von Fristen sowie der Beachtung der Erledigung dieser. Das EDV-System des Rechtsvertreters war bis zu diesem Zeitpunkt verlässlich. Welcher EDV-Fehler vorlag, lässt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen, da durch Serverupdates eine Gesamtinstandsetzung erfolgt und nicht Einzelfehler behoben werden."

3.5. Zu überprüfen ist daher im gegenständlichen Fall, ob das Verhalten des Rechtsvertreters die Stattgabe eines Wiedereinsetzungsantrags, dh ob dem Rechtsvertreter ua kein Verschulden bzw. kein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzulasten ist, zu begründen vermag, da dem Beschwerdeführer das Verhalten seines Rechtsvertreters jedenfalls zuzurechnen ist (vgl. VwGH 17.07.2008, 2007/21/0227):

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Fehlausweisung der Fristvormerkung in einem EDV-mäßig geführten Fristenbuch bei Anwendung eines gut eingeführten Programmes ein "Ereignis" iSd § 71 Abs. 1 AVG sein kann, wenn die Partei nach den Umständen des Einzelfalles dessen Eintritt unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte (vgl. VwGH 07.03.1997, 97/19/0349).

Die Fristenberechnung und -kontrolle gehört zu den haftungsträchtigsten Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes (vgl. VwGH 30.05.1995, 95/05/0060).

Ein beruflicher rechtskundiger Parteienvertreter hat seine Kanzlei so zu organisieren, dass nach menschlichem Ermessen die Versäumung von Fristen ausgeschlossen ist (vgl. VwGH 30.06.2015, Ra 2015/03/0037).

Die entsprechenden Kontrollen, die durchzuführen sind, um Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen, haben auch dort stattzufinden, wo sich Kanzleikräfte eines EDV-Systems bedienen, weil auch in diesem Bereich Fehlbedienungen der Kanzleiangestellten nicht ausgeschlossen sind. Während nämlich bei einem händisch geführten Terminkalender eine Streichung eines Termins einen entsprechenden Auffälligkeitswert hat, sodass der Rechtsanwalt bei seiner Kontrolle die Richtigkeit der Streichung nachvollziehen kann, lässt sich die Löschung einer Texteintragung in einer EDV-Datei nicht ohne weiteres nachträglich erkennen. Wenn nun jegliches Kontrollsystem dahingehend fehlt, ob die in der Vorwoche noch ausgeworfenen Terminfälle mit dem aktuellen Fristenausdruck der Folgewoche übereinstimmen (abzüglich der erledigten Fälle), stellt dies einen Organisationsmangel dar, der auch nicht als minderer Grad des Versehens iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG qualifiziert werden kann (vgl. VwGH 07.03.1997, 97/19/0349).

Das Straferkenntnis vom 16.04.2018 wurde im gegenständlichen Fall dem Rechtsvertreter durch Hinterlegung zugestellt; der Beginn der Abholfrist ist mit dem 04.05.2018 auszumachen. Am 09.05.2018 sei das entsprechende Straferkenntnis eingescannt und im EDV-System hochgeladen worden. Des Weiteren sei eine entsprechende Termineintragung im Kanzleiterminkalender erfolgt. Das Auftreten von Fehlern im EDV-System sei dem Rechtsvertreter erst am 04.07.2018 bewusst geworden.

Der Rechtsvertreter vermag weder im Wiedereinsetzungsantrag noch in der vorliegenden Beschwerde anzugeben, ob die Beschwerde gegen das Straferkenntnisses aufgrund des nicht erfolgten Hinweises des Fristendes durch sein EDV-System oder aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Aufnahme des Aktes in das EDV-System des Rechtsvertreters erfolgte (arg. "[...] wurde danach die Termineintragung durchgeführt. Durch Anklicken erscheint ein grüner Button, der vorher rot ist, die Bestätigung, welche Kontrolle durch alle Sachbearbeiter erfolgt, die dadurch sehen, dass die Frist eingetragen ist und erledigt wird."; "[...] dass, mangels Fehlermeldungen unbemerkt, diverse Daten und Erledigungen nicht, und andere doch, durchgeführt wurden.").

Der Fehler wurde von ihm nicht weiter konkret umschrieben.

Aus der Erklärung der Mitarbeiterin des Rechtsvertreters ergibt sich auch nur, dass weder die Art des Fehlers noch der Zeitraum festgestellt werden konnte. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes konnte der Rechtsvertreter mit diesem Vorbringen in der Beschwerde und dem Antrag, auf den in der Beschwerde verwiesen wurde, kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis glaubhaft machen. Im konkreten Fall wurde vom Rechtsvertreter kein Sachverhalt dargestellt, der einen Schluss auf ein solches Ereignis ermöglicht. Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 46 VwGG (vgl. 20.12.2016, Ro 2015/03/0037) ergibt sich, dass ein beruflicher rechtskundiger Parteienvertreter seine Kanzlei so zu organisieren hat, "dass nach menschlichem Ermessen die Versäumung von Frist ausgeschlossen ist. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des VwGH auch, dass sich der Parteienvertreter bei der Übermittlung von Eingaben im elektronischen Weg vergewissert, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde. Unterbleibt diese Kontrolle aus welchen Gründen auch immer, stellt dies ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden dar (vgl etwa zur Kontrolle des Sendeberichts bei der Übermittlung mittels Telefax VwGH vom 8. Juli 2004, 2004/07/0100, mwN, vom 30. März 2004, 2003/06/0043, und vom 15. September 2005, 2005/07/0104; zur Kontrolle des Postausgangsordners bei der Benützung von E-Mail-Programmen VwGH vom 22. Februar 2006, 2005/09/0015 (VwSlg 16.834 A), vom 15. Dezember 2009, 2009/05/0257, 0258 und vom 23. April 2015, 2012/07/0222)."

Der Rechtsvertreter bringt zwar in der gegenständlichen Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung vor, die Termineintragungen würden laufend kontrolliert werden (arg. "Dieser Vorgang wird auch von XXXX laufend kontrolliert."). Dass die "laufenden" Kontrollen des Rechtsvertreters im Zuge seines Kanzleibetriebes unzulänglich sind, zeigt sich insbesondere daran, dass dem Rechtsvertreter im vorliegenden Fall erst zwei Monate nach Zustellung des Straferkenntnisses Zweifel ob der erfolgten (elektronischen) Übermittlung der gegenständlichen Beschwerde aufkamen. Ferner ist diesbezüglich zu berücksichtigen, dass der Rechtsvertreter auch nicht konkretisierte, wie er in seiner Kanzlei die richtige Eintragung des Fristbeginns, der Art der Frist und der Fristendauer durch seine Kanzleimitarbeiter überprüfe und ob er besondere Vorkehrungen für die Art der Friststreichung ergriffen habe. Er brachte gerade auch nicht vor, wie er konkret kontrolliert habe, dass die Übertragung im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung plangemäß durchgeführt worden sei.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich im gegenständlichen Fall keine elektronische Erledigung im EDV-System des Rechtsvertreters befand, jedoch die Beschwerde in Papierform im Akt des Rechtsvertreters (auch ohne einen entsprechenden Abfertigungs- bzw. Aufgabevermerk) vorlag, und sich somit zeigt, dass der Rechtsvertreter einen elektronischen Akt und andererseits einen Akt in Papierform führt, jedoch im Zuge des Kanzleibetriebs scheinbar kein Abgleich zwischen dem elektronischen Akt und jenem in Papierform erfolgt, ist für das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall daher nicht erkennbar, dass der Rechtsvertreter seine Kanzlei in der Weise organisiert hat, dass nach menschlichen Ermessen die Versäumung von Fristen ausgeschlossen ist.

Im vorliegenden Fall war der Rechtsvertreter - unabhängig davon, ob das EDV-System dem Rechtsvertreter das Ende der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen das Straferkenntnis nicht anzeigte - offenbar auch nicht in Kenntnis des Beginns der Frist zur Abholung des beim zuständigen Postamtes hinterlegten Straferkenntnisses (vgl. das E-Mail vom 10.07.2018 an die belangte Behörde, arg. "Bitte teilen Sie mir mit, welchem Eingang der Strafbescheid bei Ihnen vermerkt ist, da ich im Widereinsetzungsantrag streng formell alles angeben muss und das Kuvert nur den Aufgabestempel trägt von welchem beginnend die Frist bei mir eingetragen wurde."), obwohl ua die Kenntnis des entsprechenden Zustelldatums bzw. des Beginns der Abholfrist ausschlaggebend für die fristgerechte Einbringung des jeweiligen Rechtsmittels ist.

Im vorliegenden Fall ist daher nicht davon auszugehen, dass der Rechtsvertreter die berufsgebotene Sorgfaltspflicht bei der Kontrolle der Evidenzhaltung und Wahrnehmung von Terminen und Fristen erfüllte. Folglich war in Bezug auf den Rechtsvertreter das Nicht-Vorliegen von Verschulden bzw. das Vorliegen eines minderen Grad des Versehens nicht anzunehmen.

3.6. Da sohin der vorliegende Sachverhalt in Bezug auf den Rechtsvertreter das Nicht-Vorliegen von Verschulden und das Vorliegen eines minderen Grad des Versehens nicht anzunehmen ist und daher keine Stattgabe eines Antrags auf Wiedereinsetzung zu begründen vermag, konnte dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung einer Beschwerde von der belangten Behörde nicht stattgegeben werden, weshalb die vorliegende Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist.

3.7. Abgesehen davon, wäre nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - bereits davon auszugehen, dass der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung nicht innerhalb der vierzehntägigen Frist eingebracht wurde:

§ 33 Abs. 3 VwGVG legt für die Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrags eine Höchstfrist von zwei Wochen fest, die - im konkreten Fall - mit dem Wegfall des Hindernisses zu laufen beginnt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist von der Partei binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des "Hindernisses", also des (unvorhergesehenen oder unabwendbaren) Ereignisses zu stellen. Entscheidend dafür ist allein, zu welchem Zeitpunkt das Ereignis weggefallen ist, welches die Partei daran hinderte, die (versäumte) Verfahrenshandlung fristgerecht auszuführen. Als fristenauslösendes Ereignis, mit dem das Hindernis wegfällt, kommt etwa der Zeitpunkt in Betracht, in dem der Vertreter einer Partei von seinem Irrtum Kenntnis erlangt. Die Kenntnis des den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Sachverhalts durch den Vertreter einer Partei bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit nach § 71 Abs. 2 AVG ist der Kenntnis der Partei selbst gleichzusetzen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG [2009] § 71 Rz 100 und 101 mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass von einer Kenntnis der Verspätung eines Rechtsmittels bereits auszugehen ist, sobald die Partei (bzw. deren Vertreter) die Verspätung bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen konnte und musste (vgl. Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG2 [2014] § 72 Rz 100-202 mit Verweis auf VwGH 30.03.2004, 2003/06/0070; 26.07.2002, 99/02/0314; 18.09.1996, 96/03/0140). Wurde dieses "Erkennen" beispielsweise durch eine mangelnde Kanzleiorganisation des Parteienvertreters verhindert, beginnt die zweiwöchige Frist des § 72 Abs. 2 AVG dennoch mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die Verspätung hätte erkannt werden können und müssen (vgl. VwGH 21.04.2006, 2006/02/0073).

Hinsichtlich der Einhaltung der vierzehntägigen Frist bringt der Rechtsvertreter im vorliegenden Fall zusammengefasst vor, dass er bei einer Durchsicht der Akten am 04.07.2018 festgestellt habe, dass "Serverprobleme" dazu geführt hätten, dass mangels Fehlermeldungen unbemerkt manche Daten und Erledigungen nicht durchgeführt worden seien. Eine Erledigung der vorliegenden Beschwerde, welche in Papierform im Akt vorgelegen habe, habe sich nicht in der elektronischen Erledigung gefunden, weshalb sofort das E-Mail vom 04.07.2018 an die belangte Behörde verschickt worden sei. Nach einer schriftlichen Urgenz am 09.07.2018 sei dem Rechtsvertreter von der belangten Behörde am 10.07.2018 per E-Mail mitgeteilt worden, dass bis dato keine Beschwerde eingegangen sei.

Der Rechtsvertreter stellte somit bei seiner Durchsicht am 04.07.2018 fest, dass aufgrund von "Serverprobleme[n]" diverse Erledigungen nicht durchgeführt wurden; der Rechtsvertreter fand am 04.07.2018 zwar die Erledigung der Beschwerde in Papierform vor, jedoch war diese als elektronische Erledigung nicht vorhanden. Vor dem Hintergrund, dass es keine Übereinstimmung zwischen der Erledigung in elektronischer Form und jener in Papierform gab, hätte der Rechtsvertreter bereits zu diesem Zeitpunkt die Verspätung bzw. die Nichteinbringung der Beschwerde erkennen können. Mit gehöriger Aufmerksamkeit hätte dem Rechtsvertreter bereits am 04.07.2018 bewusst sein müssen, dass die Übermittlung der Beschwerde an die belangte Behörde nicht innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist im Mai 2018 erfolgte, zumal er in seinem Schreiben vom 04.07.2018 auch konkret festhielt, dass "der Ausgang der Beschwerde, bei einer heutigen Nachkontrolle, nicht festgestellt werden kann" und "unbemerkt, diverse Daten und Erledigungen nicht, und andere doch, durchgeführt wurden".

Davon ausgehend ist das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht, dass die zweiwöchige Frist des § 33 Abs. 3 VwGVG daher schon am 04.07.2018 (und nicht erst - wie vom Rechtsvertreter ins Treffen geführt - am 10.07.2018) zu laufen begann und am 18.07.2018 endete.

Der am 19.07.2018 gestellte Wiedereinsetzungsantrag erweist sich daher (abgesehen von dessen fehlender Begründetheit) auch als verspätet.

3.8. Sowohl die belangte Behörde als auch das Verwaltungsgericht müssen nicht gleichzeitig über den Antrag auf Wiedereinsetzung und die versäumte Handlung entscheiden (Reisner, in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2017] § 33 Rz 32 mit Hinweis auf VwGH 24.02.2005, 2005/07/0004). Folglich kann über die Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 16.04.2018 vom Bundesverwaltungsgericht gesondert entschieden werden.

3.9. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt im gegenständlichen Fall geklärt ist, in der vorliegenden Beschwerde die behördliche Beweiswürdigung nicht bekämpft wurde, der festgestellte Sachverhalt unbestritten blieb und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ausschließlich Rechtsfragen (das Vorliegen eines unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses sowie das Nicht-Vorliegen von Verschulden bzw. das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens in Bezug auf den Rechtsvertreter) von Bedeutung waren, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine öffentlich mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK wie auch Art. 47 GRC in Hinblick auf unionsrechtlich garantierte Rechte stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die Rechtslage ist eindeutig und die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

Schlagworte

Belästigung, Beschwerdefrist, E - Mail - Absendung, Fahrlässigkeit,
Fristablauf, Fristüberschreitung, Fristversäumung, Geldstrafe,
Kognitionsbefugnis, konkrete Darlegung, Konkretisierung, minderer
Grad eines Versehens, Missbrauch, Ortsabwesenheit,
Parteienvertretung, Rechtsmittelfrist, Rechtzeitigkeit,
Sorgfaltspflicht, Straferkenntnis, Telekommunikation, unabwendbares
Ereignis, Unterlassung, unvorhergesehenes und unabwendbares
Ereignis, Verschulden, verspätete Beschwerde, Verspätung,
Verwaltungsstrafe, Verwaltungsstrafverfahren,
Verwaltungsübertretung, Wiedereinsetzungsantrag, zumutbare Sorgfalt,
Zurückweisung, Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W120.2206866.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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