TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/15 LVwG-AV-996/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.01.2020

Norm

GewO 1994 §13 Abs1
GewO 1994 §87 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin HR. Mag. Marihart über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 06.08.2019,
Zl. ***, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung für „Belagsverleger gemäß §103 Abs.1 lit. b Z 48 GewO 1973 (Verlegen, ausgenommen Spalieren von Belägen aus Kunststoff, Gummi u. Linoleum sowie textilen Belägen)“, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) ist gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha (im Folgenden: belangte Behörde) entzog Herrn A (im Folgenden: Beschwerdeführer) mit Bescheid vom 06.08.2019, Zl. ***, die Gewerbeberechtigung für Belagsverleger gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 48 GewO 1973. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes *** vom 14.11.2016, Zl. ***, rechtskräftig am 18.11.2016, nach §§ 165 (1), 156 (2) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 19 Monaten und einer Geldstrafe von 300 Tagsätzen verurteilt worden sei.

Gerade bei der Ausübung des Gewerbes Sandtennisplatzbau sei nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat zu befürchten.

Sowohl die Wirtschaftskammer Niederösterreich als auch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich hätten gegen den Entzug der Gewerbeberechtigung keine Einwände erhoben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass er es – trotz Bestehens des Urteils – mehr als befremdet empfinde, dass seitens der NÖ Wirtschaftskammer keine Einwände gegen den Entzug der Gewerbeberechtigung vorliegen würden. Immerhin sei er seit über 40 Jahren Wirtschaftskammermitglied und sei – trotz wirtschaftlicher Einbrüche – über viele Jahre hindurch ein erfolgreicher Unternehmer gewesen. Das Urteil könne er nur als Fehlurteil bezeichnen und er sei wirtschaftlich nicht stark genug gewesen, sich dagegen entsprechend zu Wehr zu setzen. Er sei in keinster Weise ein Verbrecher, vielmehr sei er karitativ, menschenfreundlich und habe auch noch nie versucht, sich auf unredliche Art Vorteile zu erschleichen. Er ersuche daher um Zurückziehung der vorliegenden Bescheide und ihm die Gewerbeberechtigungen nicht zu entziehen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 12.12.2019 eine gemeinsame öffentliche mündliche Verhandlung zu den
Zl.en LVwG-AV-992/001-2019, LVwG-AV-993/001-2019, LVwG-AV-994/001-2019, LVwG-AV-995/001-2019, LVwG-AV-996/001-2019 und LVwG-AV-997/001-2019 durch, welche von der belangten Behörde unentschuldigt unbesucht blieb. Im Rahmen dieser Verhandlung hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Beweis aufgenommen durch Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha zu Zl.en ***, ***, ***, ***, *** und *** sowie der Akten des Landesgerichtes *** zu Zl.en ***, *** und ***, sowie der Akten des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zu Zl.en LVwG-AV-992/001-2019, LVwG-AV-993/001-2019, LVwG-AV-994/001-2019, LVwG-AV-995/001-2019, LVwG-AV-996/001-2019 und LVwG-AV-997/001-2019. Weiters durch Verlesung der Firmenbuchauszüge vom 12.12.2019 zur Zl. ***, sowie der GISA-Auszüge zu Zl.en ***, ***, ***, ***, ***, sowie der Ausdruck der Justiz Ediktsdatei zur Zl. *** und der Insolvenzdatei zur Zl. ***, sowie durch Einvernahme des Herrn A sowohl als Beschwerdeführer (LVwG-AV-995/001-2019, LVwG-AV-996/001-2019 und
LVwG-AV-997/001-2019) als auch als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (LVwG-AV-992/001-2019, LVwG-AV-993/001-2019 und
LVwG-AV-994/001-2019).

Nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung steht für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

Der am *** geborene Beschwerdeführer ist seit dem Jahr 1976 berufstätig und hat sich im Jahr 1993 als Belagsverleger selbständig gemacht.

Anfang der 90er Jahre hat der Beschwerdeführer die B GmbH gegründet.

Seit 2014 erlangte die C GmbH drei weitere Gewerbeberechtigungen: Bodenleger, Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe und Instandhaltung und Wartung von Tennisplätzen.

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der C GmbH.

Die Haupttätigkeit des Beschwerdeführers ist das Bauen von Sandtennisplätzen sowie das Verlegen, ausgenommen Spalieren von Belägen aus Kunststoff, Gummi und Linoleum sowie von textilen Belägen.

Im Rahmen seiner Tätigkeit hatte der Beschwerdeführer häufig Kundenkontakt und verlief die Zusammenarbeit problemlos.

Der Beschwerdeführer hat unter anderem für den Devis-Cup Belege bereitgestellt.

Im Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) ist das verfahrensgegenständliche Gewerbe Belagsverleger gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 48 GewO 1973 mit Entstehungszeitpunkt 08.06.1993 zur Zl. *** sowie das Gewerbe Sandtennisplatzbau mit Entstehungszeitpunkt 13.04.1995 zur Zl. *** eingetragen.

Mit Urteil vom 14.11.2016, Zl. ***, rechtskräftig am 18.11.2016, wurde der Beschwerdeführer nach § 156 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 19 Monaten und einer Geldstrafe von 300 Tagsätzen verurteilt, wovon die Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Feststellungen zu den der Verurteilung zu Grunde liegenden Tathandlungen:

Der Beschwerdeführer hat Bestandteile des Vermögens der B GmbH beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger vereitelt oder geschmälert, und zwar I. im Zeitraum 2009 bis Ende 2013 als faktischer Geschäftsführer der Gesellschaft, wobei er einen nicht näher feststellbaren, EUR 300.000,- jedenfalls übersteigenden, Gesamtschaden herbeiführte, indem er 1. diverse Kunden der B GmbH in zumindest 58 Fällen unter Vorlage von Rechnungen, die er nicht in die Buchhaltung aufnahm und welche Rechnungsnummern aufwiesen, welche in der Buchhaltung bereits vergeben waren, veranlasste, Rechnungsbeiträge des Unternehmens nicht auf ein Konto der GmbH, sondern auf private Konten der D, E GmbH bzw. des F zu überweisen, diese in bar behob und die Rechnungen danach vernichtete; 2. Die Rechnungsbeträge von korrekt mit dem Konto der B GmbH versehenen Rechnungen bar kassierte, die Rechnungen danach vernichtete und sohin nicht der Buchhaltung der B GmbH zuführte; 3. Geschäfte der B GmbH über die G gmbH abwickelte und die Rechnungsbeträge behob; 4. Aus der Buchhaltung der B GmbH ersichtliche Rechnungen in bar kassierte, den Zahlungseingang aber nicht in der Buchhaltung erfasste, sodass diese buchhalterisch offen blieben; 5. Bargeldabhebungen von den Konten der B GmbH durchführte und II. gemeinsam mit F im Zeitraum vom Mai bis Juli 2013 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter, indem er von bzw. während laufenden Insolvenzverfahren 3 laufenden Verträge der B GmbH auf das Einzelunternehmen des F übertrugen und abwickelten, wobei sie durch die Taten einen Schaden in Höhe von EUR 18.853,01 herbeiführten und zwar 1. Im Zeitraum April bis Juni 2013 EUR 10.333,60 aus einem Vertrag mit der H GmbH und Co KG; 2. Im Zeitraum Mai und Juni 2013 EUR 6.005,- aus einem Vertrag mit der I GmbH und 3. Im Zeitraum Juni bis Juli 2013 EUR 2.514,41 aus einem Vertrag mit der J AG.

Die Verurteilung zu Zl. *** ist sowohl zum Entscheidungszeitpunkt der Verwaltungsbehörde als auch zum Entscheidungszeitpunkt des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich noch nicht getilgt.

Sowohl die Wirtschaftskammer Niederösterreich als auch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich haben gegen die Entziehung des gegenständlichen Gewerbes keine Einwände erhoben.

Am 12.07.2019 wurde das Schuldenregulierungsverfahren des Beschwerdeführers bekannt gemacht.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für Belagsverleger entzogen.

Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Pension und übt kein Gewerbe aus. Er bezieht eine Pension in Höhe von monatlich € 2.900,- brutto, welche allerdings aufgrund der Eröffnung des Konkursverfahrens gepfändet wird, wobei ihm monatlich € 1.300,- netto verbleiben.

Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aufgrund der Gerichtsakten zu
Zl.en LVwG-AV-992/001-2019, LVwG-AV-993/001-2019, LVwG-AV-994/001-2019, LVwG-AV-995/001-2019, LVwG-AV-996/001-2019 und LVwG-AV-997/001-2019, sowie der in der mündlichen Verhandlung getätigten Aussagen des Herrn A, welche auch mit den Inhalten der Verwaltungsakte der Verwaltungsbehörde zu Zl.en ***, ***, ***, ***, *** und *** übereinstimmen.

Dass es sich beim Beschwerdeführer um Herrn A, geboren am ***, handelt, ergibt sich sowohl aus dem von ihm vorgelegten Pass sowie der in dem im vorgelegten Verwaltungsakt inne liegenden Passkopie als auch aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer die an ihn gerichtete Ladung zur mündlichen Verhandlung tatsächlich erhalten hat.

Die Feststellungen betreffend den beruflichen Werdegang des Beschwerdeführers sowie der Gründung der B GmbH, ergeben sich aus den glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers, und weiters aus dem Firmenbuchauszug zur Zl. ***.

Betreffend die Funktion des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C GmbH wurde in einen aktuellen Firmenbuchsauszug zur Zl. *** Einsicht genommen.

Ebenso wurde in das aktuelle gewerberechtliche Informationssystem GISA zu dem verfahrensgegenständlichen Gewerbe „Belagsverleger“ zu GISA Zl. *** sowie der weiteren Gewerbe „Sandtennisplatzbau“ zu GISA Zl. *** Einsicht genommen.

Die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Akten des Landesgerichtes *** zu Zl.en ***,*** und ***.

Die der Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten ergeben sich ebenfalls aus den Akten des Landesgerichtes *** zu Zl.en ***,*** und ***.

Ebenso wurde in die Insolvenzdatei der Justiz Einsicht genommen, aus der sich die Eröffnung des ergibt.

Dass der Beschwerdeführer unter anderem zahlreiche Tennisplätze geplant hat, ergibt sich aufgrund der nachvollziehbaren und glaubwürdigen Ausführungen des Beschwerdeführers. Ebenso konnte er dem Gericht nachvollziehbar darlegen, dass er im Zuge des Bauens der Plätze häufig Kontakt mit Kunden hatte. Dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner fachlichen Tätigkeit mit den Kunden keine Probleme hatte, ist für das erkennende Gericht nachvollziehbar und glaubwürdig.

Dass sich der Beschwerdeführer derzeit in Pension befindet, keine Gewerbe ausübt, ein Teil seiner Pension gepfändet wird, ergibt sich ebenfalls aufgrund der glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers.

Rechtslage:

Folgende rechtliche Bestimmungen kommen im gegenständlichen Fall zur Anwendung:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[…]

§ 13 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lautet:

(1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

1.       von einem Gericht verurteilt worden sind

a)       wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

b)       wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

2.       die Verurteilung nicht getilgt ist.

Von der Ausübung eines Gastgewerbes sind natürliche Personen ausgeschlossen, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31a des Suchtmittelgesetzes, BGBl. I Nr. 112/1997, in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Bei Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusammenzuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch, wenn mit den angeführten Ausschlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.

§ 87 Abs. 1 Z. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lautet:

Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlußgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Erwägungen:

Bei der mit Urteil des Landesgerichtes *** vom 14.11.2016,
Zl. ***, rechtskräftig seit 18.11.2016, verhängten, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 19 Monaten (Probezeit drei Jahre) und einer Geldstrafe von 300 Tagsätzen wegen des Verbrechens der § 156 Abs. 1 und 2 StGB, handelt es sich um eine einschlägige Strafe iSd § 13 Abs. 1 Z 1 lit. a GewO 1994. Diese Strafe ist zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das erkennende Gericht nicht getilgt, womit auch das Tatbestandsmerkmal der Z. 2 des § 13 Abs. 1 GewO 1994 gegeben ist.

Liegen die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 GewO vor, ist die bestehende Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist. In einem ist somit eine Prognoseentscheidung zu treffen, basierend auf den Kriterien „Eigenart der strafbaren Handlung“ sowie „Persönlichkeit des Verurteilten“.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist bei Vorliegen einer einschlägigen, rechtskräftigen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Entscheidung an diese gebunden.

Somit ist das erkennende Gericht jedenfalls an die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers zu Zl. *** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und 2 StGB gebunden.

Nach der Systematik des § 13 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ist eine Gewerbeberechtigung dann zu entziehen, wenn kumulativ die beiden folgenden Tatbestandselemente vorliegen, nämlich eine rechtskräftige Verurteilung wegen eines Deliktes und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist. Bei der nach Abs. 1 Z 1 zweiter Halbsatz durchzuführenden Prognoseentscheidung legt die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen strengen Maßstab an. Demnach reicht zur Verneinung des Vorliegens dieses Tatbestandes nicht aus, dass die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat kaum zu befürchten ist, sondern ist vielmehr entscheidend, dass die in der durch die fragliche Straftat manifestierten Persönlichkeit begründete Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes eben gar nicht besteht (vgl. dazu Erkenntnis des VwGH vom 09.05.2001, 2001/04/0072, u.a.).

Für den Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist es erforderlich, dass die Gewerbebehörde auf Grundlage des Verhaltens in der Vergangenheit eine begründete und nachvollziehbare Prognose über das zukünftige Verhalten einer Person anstellt. Die Prognose nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 setzt daher die Feststellung der Tathandlungen voraus, die der (den Ausschlussgrund nach § 13 Abs. 1 GewO 1994 bildenden) Verurteilung konkret zugrunde gelegen sind und von denen die Gewerbebehörde in Bindung an die rechtskräftige Verurteilung bei ihrer Prognose auszugehen hat (VwGH vom 12.06.2013, 2013/04/0064). Das erkennende Gericht kommt aufgrund der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten – welche bereits oben festgestellt und vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten wurden – zu dem Ergebnis, dass die in der durch die fragliche Straftat manifestierten Persönlichkeit begründete Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes weiterhin besteht.

Das Gericht hat zur Beurteilung der Persönlichkeit des Verurteilten aller auf ihn bezugnehmenden, relevanten Fakten heranzuziehen.

Zwar sind für die Entziehung einer Gewerbeberechtigung weder die Ursachen für die zur Verurteilung führende Straftat noch die wirtschaftlichen Folgen der Entziehung der Gewerbeberechtigung für den Verurteilten maßgeblich, gerade das der Straftat zugrundeliegende Motiv (Geldmangel) kann jedoch gemeinsam mit dem sich aus der Straftat manifestierenden Charakter des Beschwerdeführers Anlass zur Befürchtung geben, der Beschwerdeführer werde, sollte er neuerlich in eine vergleichbare Situation geraten, wiederum einen Ausweg in einer ähnlichen Straftat suchen (siehe dazu Erkenntnis des VwGH vom 07.11.2005, 2005/04/0206). Davonausgehend ist derzeit zu befürchten, dass der Beschwerdeführer ähnliche Straftaten auch bei Ausübung seines mit Kunden verbundenen Gewerbes begehen werde.

Weiters sind bei der Persönlichkeitswertung alle äußeren Umstände zu berücksichtigen, die auf die Persönlichkeitsentwicklung – sei es im positiven oder negativen Sinn – von Einfluss sein können, wie zB Schadenswidergutmachung; unbescholtenen Lebensführung seit Tatbegehung, Rückfall in neuerliche Straftaten. Diese Umstände sind mit der Eigenart und Schwere begangener Straftaten sowie stets mit Blick auf die Frage abzuwägen, ob eine nahvollziehbare Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Antragsteller bei Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen wird. Diese Abwägung kann idR aufgrund allgemeiner menschlicher Erfahrung vorgenommen werden; (Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO).

Im Zusammenhang damit ist auszuführen, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe keine kriminelle Ader und habe diese Straftat lediglich aufgrund der bevorstehenden Insolvenz gesetzt, um diese hinauszuzögern, entgegenzuhalten ist, dass sein Tätigwerden dennoch eine Straftat nach dem StGB darstellt. Darüber hinaus ist anzumerken, dass dem Beschwerdeführer durchaus auch andere Möglichkeiten – wie zum Beispiel der Wechsel der Bank – zur Verfügung gestanden wären, um weiterhin auf die Betriebsmittel der C GmbH Zugriff zu haben sowie die Gläubiger weiterhin befriedigen und das Unternehmen liquid halten zu können. Zudem erweckt die Aussage des Beschwerdeführers, er habe diese Vorgehensweise lediglich aufgrund der Wucherzinsen der Bank gesetzt, den Anschein, dass er das von ihm gesetzte Fehlverhalten tatsächlich nicht erkennt sowie das Problem nicht in seiner Person sieht. Zumal er mehrmals betont, dass er dieses Verhalten lediglich aufgrund „unkorrekter“ Vorgehensweisen anderer Beteiligten gesetzt hat.

Aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers kann derzeit nicht der Schluss gezogen werden, dass die in der durch die fragliche Straftat manifestierten Persönlichkeit begründete Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes durch den Beschwerdeführer eben gar nicht besteht (vgl. dazu Erkenntnis des VwGH vom 09.05.2001, 2001/04/0072, u.a.).

Da die gegenständliche Verurteilung erst vor drei Jahr stattgefunden hat und seither zu wenig Zeit vergangen ist, um von einem Wohlverhalten des Beschwerdeführers ausgehen zu können, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zuzulassen, da die gegenständliche Entscheidung nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und der gegenständlichen Entscheidung auch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Handelsgewerbe; Gewerbeberechtigung; Entziehung; Prognose;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.996.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten