TE Bvwg Beschluss 2019/12/3 W185 2191666-1

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Veröffentlicht am 03.12.2019
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Entscheidungsdatum

03.12.2019

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W185 2191668-1/2E

W185 2191666-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX und 2) mj. XXXX , geb. XXXX , beide StA. Syrien, der minderjährige Beschwerdeführer gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , sämtliche vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Riyadh vom 27.11.2017, beschlossen:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs 3 VwGVG stattgegeben, die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Entscheidungen an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Am 27.12.2016 stellte die Erstbeschwerdeführerin für sich und ihren minderjährigen Sohn bei der Österreichischen Botschaft Riyadh (in der Folge: ÖB Riyadh) Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG. Als Bezugsperson wurde der (angebliche) Vater des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers bzw. Ehemann der Erstbeschwerdeführerin, XXXX , geb. XXXX , StA Syriens, angeführt, welchem mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) vom 10.08.2016 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Den Anträgen angeschlossen waren

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Kopien der Reisepässe der Beschwerdeführer

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Geburtsurkunde des Zweitbeschwerdeführers

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Registrierung einer Heiratsurkunde in englischer Übersetzung die Erstbeschwerdeführerin und die Bezugsperson betreffend

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Kopie der Asylkarte der Bezugsperson

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Kopie des Asylbescheids des Bundesamtes vom 10.08.2016 die Bezugsperson betreffend

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Kopie einer Meldebestätigung die Bezugsperson betreffend

Nachdem die Antragsunterlagen dem Bundesamt übermittelt wurden, teilte dieses in seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG, datiert mit 21.07.2017, mit, dass die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder eines subsidiär Schutzberechtigten aus folgenden Gründen nicht wahrscheinlich sei:

-

Der Antragsteller konnte die Erfüllung folgender Erteilungsvoraussetzung/en gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 - 3 AsylG 2005 nicht nachweisen und die Einreise der Antragsteller erscheint zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK nicht geboten:

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Dass sein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (vgl dazu § 11 Abs. 5 NAG) führen könnte (§ 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005).

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Die Ehe zwischen dem Antragsteller und der Bezugsperson hat nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden, weshalb der Antragsteller kein Familienangehöriger im Sinn des 4. Hauptstückes des AsylG 2005 ist (§ 35 Abs. 5 AsylG).

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Die Fortsetzung des zwischen dem Antragsteller und der Bezugsperson bestehenden Familienlebens ist in einem anderen Staat als Österreich, nämlich Saudi Arabien, möglich.

Näheres ergibt sich aus der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes.

In der angesprochenen Stellungnahme des Bundesamtes, datiert mit 21.07.2017, wurde ausgeführt, dass als Bezugsperson XXXX , geb. XXXX , welcher seit 10.08.2016 asylberechtigt sei, angeführt werde.

Vorbringen zum behaupteten Familienangehörigenverhältnis: Die Antragstellerin behauptet die Ehefrau der Bezugsperson zu sein und deren Sohn wäre somit der Sohn des Antragstellers.

Wahrscheinlichkeitsprognose: Im vorliegenden Fall ergaben sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinne von § 35 Abs. 5 AsylG) Familienverhältnisses, weil die Eheschließung angeblich am 27.11.2014 durchgeführt wurde. Der angebliche Ehemann gab jedoch am 20.05.2015 bei der Polizei, befragt nach dem zeitlichen Beginn seiner Flucht an, dass er vor 9 Monaten Syrien verlassen hätte. Dies war somit ca. im August 2014. Die Trauung konnte damit nicht am 27.11.2014 in Syrien stattfinden. Also hat im Herkunftsstaat auch keine Ehe und kein Eheleben stattgefunden. Selbst wenn die Ankerperson tatsächlich der leibliche Vater von XXXX wäre, hat noch nie ein Familienleben bestanden, da er seinen Sohn noch nie gesehen hat und somit ist die Familienzusammenführung mit der Begründung auf Fortführung des Familienlebens unzulässig. Anscheinend handelt es sich um eine arrangierte Ehe, um der damals noch minderjährigen XXXX , die Einreise nach Österreich zu ermöglichen. Auch dies ist mit österreichischen Werten nicht vereinbar.

Jedenfalls ist es Herrn XXXX zuzumuten, dass er sich zu seinen Eltern, Geschwistern, seinem angeblichen Sohn und seiner angeblichen Ehefrau nach Saudi Arabien begibt, um dort sein erwünschtes Familienleben fortzuführen - in Abwägung aller Interessen, wäre dies der Einreise von Frau XXXX und deren Sohn nach Österreich vorzuziehen. Denn Herr XXXX hat es in seinem nun über 2 Jahren dauernden Aufenthalt in Österreich zwar geschafft die deutsche Sprache zu erlernen, jedoch sind keine Bemühungen zu erkennen einer Arbeit nachzugehen. Aufgrund dessen wäre die "Familienzusammenführung" in Österreich eine finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft (vgl. dazu § 11 Abs. 5 NAG) (§ 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005). Jedoch die Eltern und Geschwister von Herrn XXXX , sowie die Familie von Frau XXXX , welche alle in Saudi Arabien leben, haben es geschafft dort legal zu arbeiten und selber für die Mieten zweier Häuser aufzukommen. Die Vorgehensweise in Saudi Arabien ist, dass man nach einer Jobzusage eine Aufenthaltsberechtigung bekommt (Siehe beiliegende Anfragebeantwortung). Da der Vater von Herrn XXXX einen Job auf einer Baustelle hat, ein Bruder von Herrn XXXX Techniker ist, ein weiterer Bruder als Ingenieur tätig ist und der angebliche Schwiegervater in einem Restaurant arbeitet, kann mit absoluter Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass auch Herr XXXX dort eine Arbeitsstelle bekommen würde und somit die dementsprechende Aufenthaltsberechtigung. An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass Herr XXXX bereits in seinem Asylverfahren die Behörde getäuscht hatte, indem er angegeben hat, dass er damals aus Saudi Arabien abgeschoben wurde. Er hatte damals Saudi Arabien freiwillig verlassen, vermutlich mit der Absicht einen Asylantrag in Österreich zu stellen, um danach die Sozialleistungen zu genießen - so wie er es auch derzeit tut und dann seine "Familie" nachzuholen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass Herr XXXX Ali Saudi Arabien verlassen "musste", da es dort keine Meldepflicht gibt (Siehe beiliegende Anfragebeantwortung).

Auch die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren liegen nicht vor, weil die Voraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 3 iVm § 11 Abs. 2 Z 4 + § 11 Abs. 5 NAG + § 293 ASVG nicht vorliegen.

Mit Schreiben vom 05.09.2017, zugestellt am selben Tag, wurde den Beschwerdeführern eine Aufforderung zur Stellungnahme (Parteiengehör) übermittelt. Es wurde mitgeteilt, dass das Bundesamt nach Prüfung des Antrags mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei; hingewiesen wurde hiebei auf die beiliegende Mitteilung und Stellungnahme des Bundesamtes vom 21.07.2017. Daraus ergebe sich, dass die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 Abs. 4 AsylG abzulehnen wären. Es werde Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

In einer Stellungnahme vom 12.09.2017, verfasst durch die rechtsfreundliche Vertretung, brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass amtswegige Ermittlungen zur Frage fehlen würden, ob sich die Beschwerdeführer möglicherweise fristgerecht innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft der positiven Asylentscheidung um eine Antragstellung bemüht hätten, somit ob innerhalb dieses Zeitraums mit der ÖB Riyadh Kontakt aufgenommen worden und ein Termin vereinbart worden sei, dieser sich jedoch aus administrativen Gründen außerhalb der dreimonatigen Frist des § 35 Abs. 1 AsylG befunden hätte. Diesfalls wären die Nachweise iSd § 60 Abs. 2 AsylG nicht zu erbringen. Von den Voraussetzungen gem. § 60 AsylG könne gemäß § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG abgesehen werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dringend geboten sei. Weiters werde eine Befragung der Bezugsperson beantragt. Mit der am 01.11.2017 in Kraft tretenden Novellierung des § 35 Abs. 5 AsylG werde dieser dahingehend angepasst, dass die Ehe vor Einreise der Bezugsperson - und nicht wie bisher im Herkunftsstaat - bestanden haben müsse. Das Familienleben sei vor der Einreise der Bezugsperson geschlossen worden. Dies ergebe sich aus dem Datum der Eheschließung und aus der Geburt des gemeinsamen Kindes. Auch werde bei einer Entscheidung über den Antrag nach dem 01.11.2017 die Argumentation der Möglichkeit der Fortsetzung des Familienlebens in Saudi Arabien rechtlich unzulässig sein.

Betreffend die Argumentation des Bundesamtes, es handle sich um eine arrangierte Ehe und die Erstbeschwerdeführerin sei im Zeitpunkt der Eheschließung minderjährig gewesen, sei anzuführen, dass es für das Zustandekommen einer familiären Bindung gemäß Art. 8 EMRK unerheblich sei, ob es sich um eine arrangierte Ehe handle. Eine arrangierte Ehe sei streng von einer Zwangsehe abzugrenzen; daher liege nicht per se ein ordre public-Verstoß vor. Hinsichtlich der Minderjährigkeit der Erstbeschwerdeführerin im Zeitpunkt der Eheschließung sei auszuführen, dass es sich hier nicht um eine klassische, dem ordre public widersprechende Kinderehe handle. Die Erstbeschwerdeführerin sei damals bereits 17 Jahre alt gewesen und sei der Altersunterschied der Ehegatten nicht gravierend gewesen. Auch in Österreich sei eine Eheschließung mit 17 Jahren mit der Zustimmung des Pflegschaftsgerichtes möglich. Auch entstamme der Ehe bereits ein gemeinsames Kind. Der allfällige Mangel (Minderjährigkeit) sei mittlerweile geheilt. Der OGH nenne zwar auch das Verbot der Kinderehe als Grundwert der österreichischen Rechtsordnung, jedoch könne eine solche Bewertung nicht losgelöst vom Einzelfall und dem Schutzzweck der Norm erfolgen. Das Verbot der Kinderehe diene vor allem dazu, minderjährige Personen, die die notwendige Reife nicht besitzen, vor einer Zwangsehe und damit verbundener sexueller Ausbeutung, Gewalt und Zwangsarbeit zu schützen. Dies sei gegenständlich jedoch nicht der Fall.

Weiters sei nicht nachvollziehbar weshalb dem Zweitbeschwerdeführer die Einreise nicht gewährt worden sei. Es gehe nicht hervor, worin sich die vermeintlichen Zweifel an der Vaterschaft begründen würden. Sollten tatsächlich Zweifel an der Vaterschaft der Bezugsperson bestehen, sei die Familie zur Durchführung eines DNA-Tests bereit und ersuche um eine entsprechende Belehrung seitens des Bundesamtes. Gestützt auf die Vaterschaft der Bezugsperson zum Zweitbeschwerdeführer müssten Erwägungen im Hinblick auf Art. 8 EMRK hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin getroffen werden. Eine Trennung der Mutter vom Kleinkind würde jedenfalls Art. 8 EMRK widersprechen. Aus der Judikatur des EGMR gehe hervor, dass das familiäre Band zwischen einem Vater und seinem Kind derart stark sei, dass es nur unter exzeptionellen Umständen zerreißen könne. Weiters müsse das Kindeswohl beachtet werden.

Mit E-Mail vom 26.09.2017 übermittelte die Rechtsvertretung der Beschwerdeführer folgende Nachweise zum Bemühen der Integration der Bezugsperson in den österreichischen Arbeitsmarkt:

Teilnahmebestätigung Deutschkurs A1, A1-Deutschzertifikat, Kursbestätigung Kompetenzcheck des BFI sowie Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs.

Nachdem die ÖB Riyadh die Stellungnahmen der Beschwerdeführer an das Bundesamt übermittelte, teilte dieses am 09.10.2017 mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe.

Mit ergänzender Stellungnahme (Anm: zur Gesetzesänderung durch das FrÄG 2017 vom 02.11.2017) wurde von den Beschwerdeführern vorgebracht, dass die allfällige Möglichkeit der Fortsetzung des Familienlebens in einem anderen Staat nunmehr keine taugliche Grundlage für eine Abweisung des Antrages sei. Darüber hinaus müsse nunmehr die Ehe vor Einreise - und nicht wie bisher bereits im Herkunftsstaat - bestanden haben. Aufgrund der fehlenden Übergangsbestimmung trete das Gesetz mit 01.11.2017 in Kraft und sei daher auf das gegenständliche Verfahren anzuwenden. Es sei auch bereits kundgetan worden, dass die Familie einem DNA-Test zustimmen würde und nochmals um eine diesbezügliche Belehrung ersuchen würde.

Mit Bescheiden der ÖB Riyadh vom 27.11.2017, zugestellt an den gewillkürten Vertreter der Beschwerdeführer am selben Tag, wurden die Einreiseanträge gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Das Bundesamt habe nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Eine ausführliche Begründung sei der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes zu entnehmen gewesen. Die Stellungnahmen der Beschwerdeführer vom 12.09.2017 und 26.09.2017 seien dem Bundesamt zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung zugeleitet worden. Nach deren Prüfung habe die Behörde mitgeteilt, dass vollinhaltlich an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde. Daraus habe sich ergeben, dass die Anträge abzulehnen gewesen wären.

Gegen die Bescheide der ÖB Riyadh wurden, vertreten durch die rechtsfreundliche Vertretung, fristgerecht Beschwerden erhoben. Im Zuge der Sachverhaltserzählung wurde erneut darauf hingewiesen, dass schon in der Stellungnahme vom 12.09.2017 vorgebracht worden sei, dass von den Nachsichtsgründen des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG Gebrauch zu machen sei. Auch sei ausgeführt worden, dass die Ehe bereits vor der Einreise der Bezugsperson bestanden habe und dass auch eine arrangierte Ehe im Lichte des Art. 8 EMRK berücksichtigungswürdig sei. Auf die ergänzende Stellungnahme zum FrÄG 2017 wurde hingewiesen. Die Ausführungen der Stellungnahme vom 12.09.2017 betreffend die Nachsicht der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 35 Abs. 4 Z 3 und die Erfordernisse des Art. 8 EMRK wurden wiederholt. Die traditionell geschlossene Ehe sei auch registriert worden und daher auch in Österreich anzuerkennen. Es liege eine formelle Rechtswidrigkeit vor, da dem Antrag, die Bezugsperson einzuvernehmen, ohne Begründung nicht stattgegeben worden sei. Auch seien Ermittlungen unterlassen worden, weshalb der gegenständliche Antrag nicht innerhalb der Frist von drei Monaten ab Zuerkennung des Status des Asylberechtigten der Bezugsperson gestellt worden sei. Weiters sei auch auf die ergänzende Stellungnahme betreffend das FrÄG 2017 nicht eingegangen worden. Die Behörde habe Willkür geübt.

Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.

Mit einem am 09.04.2018 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 04.04.2018 wurden dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden samt Verwaltungsakt vorgelegt. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich im Akt ein nicht zugestellter Entwurf einer Beschwerdevorentscheidung befinde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Stattgebung der Beschwerden und Zurückverweisung:

Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 34 AsylG 2005 idgF:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§ 35 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) idgF:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

"§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idgF lautet:

"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 27.12.2016, und somit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG 2005 war daher § 35 AsylG 2005 in der geltenden Fassung anzuwenden.

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG)

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

"§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte."

[...]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 FPG lautet:

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4

AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

§ 13 Abs. 4 BFA-VG lautet:

"Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht oder in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen. Das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht hat dem Fremden die Kosten der DNA-Analyse auf Antrag zu erstatten, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde und sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält."

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

Mit Erkenntnis vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, hat der VwGH festgestellt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Im Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/20002 bis 0007, hält der VwGH zunächst fest, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalem Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht.

Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip somit nicht im Widerspruch zu stehen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, sofern in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel:

"Verwaltungsverfahren Band I2", E 84 zu § 39 AVG).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Auch wenn es sich bei der Mitteilung des Bundesamtes um keinen Bescheid handelt, der vom Antragsteller (selbständig) angefochten werden kann (VwGH 06. 10.2010, 2008/19/0527), setzt die Möglichkeit einer Überprüfung der Richtigkeit dieser Prognose durch das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls voraus, dass dieser Mitteilung des Bundesamtes in nachvollziehbarer Weise zu entnehmen ist, aus welchen Gründen das Bundesamt die Zuerkennung des beantragten Schutzstatus für nicht wahrscheinlich hält.

Im gegenständlichen Fall liegt eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor bzw. wurde auch Verfahrensvorschriften nicht ausreichend Rechnung getragen:

Die Erstbeschwerdeführerin gibt an, die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und Gattin des als Bezugsperson angeführten XXXX , , geb. XXXX , StA Syrien, welchem in Österreich am 10.08.2016 rechtskräftig der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde, zu sein. Die Bezugsperson sei der leibliche Vater des Zweitbeschwerdeführers.

Die Behörde wies die Einreiseanträge gegenständlich im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 -3 AsylG nicht erfüllt seien und die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine, der Aufenthalt der Beschwerdeführer zu einer finanziellen Belastung der Gebietskörperschaft führen könnte, die Ehe der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe und die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens in einem anderen Staat als Österreich, nämlich Saudi Arabien, möglich sei. Es sei auch nicht erwiesen, dass die Bezugsperson der leibliche Vater des mj Zweitbeschwerdeführers sei. Näheres würde sich aus der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes ergeben.

Die Beschwerdeführer führten zur Nichterfüllung der Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 - 3 AsylG aus, dass die Behörde nicht ermittelt hätte, ob sich die Beschwerdeführer innerhalb der Frist von drei Monaten nach Rechtskraft der positiven Asylentscheidung um eine Antragstellung bemüht hätten und sich der vereinbarte Termin dann lediglich aus administrativen Gründen außerhalb der dreimonatigen Frist des § 35 Abs. 1 AsylG befunden habe. Weiters könne von den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Z 1 - 3 AsylG gemäß § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG abgesehen werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dringend geboten sei. Die Behörde werde im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die verspätete Antragstellung durch die Beschwerdeführer aufgrund besonderer Umstände objektiv entschuldbar gewesen sei (VwGH vom 25.06.2019, Ra 2018/19/0568). Die Ehe der Erstbeschwerdeführerin mit der Bezugsperson sei zwar arrangiert worden, was jedoch von einer Zwangsehe zu unterscheiden sei. Zum Zeitpunkt der Eheschließung in Syrien sei die Erstbeschwerdeführerin 17 Jahre alt gewesen, wonach keine klassische, ordre-public-widrige Kinderehe vorliegen würde. Aus der Entscheidung der Behörde gehe nicht hervor, worauf sich die Zweifel an der Vaterschaft der Bezugsperson stützen würden; die Familie sei zur Vornahme von DNA-Tests bereit und ersuche um eine entsprechende Belehrung seitens des Bundesamtes. Auch auf die Änderungen im FrÄG 2017 wurde Bezug genommen.

Mit dem FrÄG 2017 (BGBl. I Nr. 145/2017) entfiel vor dem Hintergrund der Bestimmungen der Richtlinie 2011/95/EU - "StatusRL" (vgl. EBzRV 1523 der Beilagen XXV. GP) mit Inkrafttretensdatum 01.11.2017 ohne Übergangsbestimmung (vgl. § 73 Abs. 18 AsylG 2005) unter anderem in § 34 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG 2005 jeweils die Z. 2, in § 35 Abs. 5 leg.cit. wurden die Wendungen "im Herkunftsstaat" jeweils durch die Wortfolge "vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten" ersetzt.

Die nach der alten Rechtslage (kumulativ) geforderte Voraussetzung, dass die "Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, in einem anderen Staat nicht möglich ist", besteht nun nicht mehr. Der Begründung der Behörde, das Familienleben könne in einem anderen Staat als Österreich fortgesetzt werden, kommt somit kein Begründungswert mehr zu.

Die Behörde stützt ihre abweisende Entscheidung wesentlich darauf, dass die Ehe nicht bereits im Herkunftsstaat (Anm: nach nunmehriger Rechtslage vor Einreise nach Österreich) bestanden habe. Belastbare Feststellungen hiezu werden jedoch nicht getroffen:

Ausgehend von einer - wie im Verfahren vorgebracht - traditionellen Eheschließung im Herkunftsstaat mit nachfolgender staatlicher Registrierung, ist darauf hinzuweisen, dass durch die Judikatur des VwGH nunmehr klargestellt ist, dass syrische traditionell-muslimische Eheschließungen, eine nachfolgende staatliche Registrierung vorausgesetzt, grundsätzlich rückwirkend mit dem Datum der traditionell-muslimischen Hochzeit als rechtsgültig anzusehen sind - dies, sofern keine sonstigen dem ordre public widersprechenden Umstände (wie etwa Kinderehe oder Ehezwang oder Mehrfachehe), somit inhaltliche Vorbehalte, die gegen die Gültigkeit der Ehe sprechen, vorliegen.

Aus der Entscheidung des VwGH vom 06.09.2018, Ra 2018/18/0094 (und darauf verweisend jüngst in Ra 2018/18/0534-9 vom 14.03.2019) geht, hervor dass der bloße Umstand der Anerkennung einer traditionellen Eheschließung mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung im ausländischen Recht nicht gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung im Sinne der zitierten Judikatur der Höchstgerichte verstoße. Daraus ergibt sich, dass eine die Formvorschriften des Ortes der Eheschließung erfüllende Ehe grundsätzlich gültig ist.

Was die Frage der Beurteilung der Rechtsgültigkeit einer Eheschließung von Drittstaatsangehörigen im Ausland betrifft, so entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ausländisches Recht keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage darstellt, welche in einem - grundsätzlich amtswegigen - Ermittlungsverfahren festzustellen ist, wobei eine Mitwirkungspflicht der Partei besteht, soweit dies erforderlich ist (z.B. VwGH 27.06.2017, Ra 2016/18/0277; 19.03.2009, 2007/01/0633). Im Zusammenhang mit der Frage der Gültigkeit einer Eheschließung von (dort:) somalischen Staatsangehörigen in deren Herkunftsstaat hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 27.06.2017 Folgendes näher ausgeführt:

"Gemäß § 3 Bundesgesetz über das internationale Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 idF BGBl. I Nr. 87/2015 (IPRG), ist maßgebliches fremdes Recht von Amts wegen und wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden, wobei es in erster Linie auf die dort von der Rechtsprechung geprägte Anwendungspraxis ankommt (vgl. OGH RIS-Justiz, RS0113594). Nach § 4 Abs. 1 IPRG ist das fremde Recht und die Anwendungspraxis dazu (OGH RIS-Justiz RS0113594 (T2), siehe auch OGH RIS-Justiz RS0109415) von Amts wegen zu ermitteln. Zulässige Hilfsmittel hiefür sind etwa die Mitwirkung der Beteiligten, Sachverständigengutachten und die Inanspruchnahme der Staatendokumentation (§ 5 Abs. 3 BFA-G).

Nach dem IPRG sind die Form einer Eheschließung im Ausland, die Voraussetzungen der Eheschließung sowie die der Ehenichtigkeit und der Aufhebung und die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe nach dem Personalstatut jedes der Verlobten, sofern sich auf Grund von Rück- und Weiterverweisung kein anderer Anknüpfungspunkt ergibt (vgl. dazu § 5 IPRG), zu beurteilen (vgl. im Näheren insbesondere die §§ 9, 16 ff IPRG).

In Bezug auf ausländisches Recht gilt der Grundsatz "iura novit curia" nicht, sodass dieses in einem - grundsätzlich amtswegigen - Ermittlungsverfahren festzustellen ist, wobei eine Mitwirkungspflicht der Partei besteht, soweit die Mitwirkung der Beteiligten erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne VwGH vom 19. März 2009, 2007/01/0633)."

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia-Gericht durchführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia-Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt.

Jede in Syrien abgeschlossene Ehe bedarf demnach der Eintragung in das Zivilregister, um rechtliche Folgen auszulösen. Gemäß Art. 30 des Dekrets No. 26/2007 über den zivilen Status gelten Ehen erst als rechtsgültig und daher durchsetzbar, wenn sie im Zivilregister eingetragen wurden. Im Falle einer außerhalb eines Gerichtes abgeschlossenen Ehe (sogenannte traditionelle Ehe) muss deren Gültigkeit zunächst durch den Richter (in der Regel vor Scharia-Gerichten) bestätigt werden. Die Bestätigung der Gültigkeit der Ehe kann auch rückwirkend erfolgen. Soll eine traditionelle Eheschließung in Syrien staatlich anerkannt werden, müssen auf die Trauung durch einen Scheich oder Imam somit noch zwei weitere Rechtsakte erfolgen: Ein Antrag auf Eheschließung ist vor dem (Scharia)-Richter gemeinsam mit einer Reihe von Unterlagen [Art. 40 syrisches Personalstatutgesetz (PSG)] einzureichen. Der Richter führt dann die Trauung durch (Art 43 PSG) oder bestätigt die Richtigkeit einer zuvor erfolgten traditionellen Eheschließung. Laut Anfragebeantwortung der Staatendokumentation sollen auch die Zeugen anwesend sein. Danach muss eine Abschrift der Bestätigung der Eheschließung durch das Gericht innerhalb von zehn Tagen an das zuständige Standesamt weitergeleitet werden, das anschließend die Registrierung der Ehe im Zivilregister vornimmt, wodurch die Ehe Rechtsgültigkeit erlangt (Art. 45 PSG).

Eine (nochmalige) Anwesenheit beider Eheleute bei der nachfolgenden staatlichen Registrierung der traditionell geschlossenen Ehe ist nach syrischem Eherecht nicht erforderlich, da die traditionellen Heiratsdokumente allenfalls auch an die Behörde "gesendet" werden können, um eine behördliche Registrierung vorzunehmen

(vgl. zu all dem die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien Eheschließungen, deren Voraussetzungen und Eheregistrierungen vom 05.05.2017).

Was die Ausführungen der Behörde zum (angenommenen) Vorliegen einer Kinderehe, einer arrangierten Ehe (bzw einer Zwangsehe?) anbelangt, so wird sie im fortgesetzten Verfahren das Zutreffen ihrer Annahmen bzw die Relevanz für die Gültigkeit der "Ehe" in Österreich in Hinblick auf den von ihr ins Spiel gebrachten ordre public zu prüfen haben.

Im fortgesetzten Verfahren wird nach dem Gesagten insbesondere zu klären sein, ob inhaltliche Vorbehalte gegen die Eheschließung, die eine Verletzung des ordre public begründen könnten vorliegen, ob und wann nach den Formvorschriften des Ortes der Eheschließung eine nachfolgende Registrierung korrekt erfolgt ist und gegebenenfalls ab wann die Ehe als gültig zu Stande gekommen anzusehen ist. Insbesondere ist festzustellen, ob die Registrierung einer vormals traditionellen Ehe auch in Abwesenheit eines Ehepartners, wenn dieser vertreten wird, zulässig ist bzw. wer bei der Registrierung anwesend sein muss. Zu ermitteln ist außerdem, ob es Formvorschriften für die Vollmacht, welche zur Stellvertretung bei der Registrierung ermächtigt, gibt, wie diese aussehen und ob diese im gegenständlichen Fall eingehalten wurden.

Sollte es sich um eine nach syrischem Recht gültige Ehe handeln und käme einer Ausstellung einer Heiratsurkunde und Eintragung in das Register bloß deklarativer Charakter zu, so würde die Erstbeschwerdeführerin unter den Begriff der Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 idgF fallen, weil diesfalls die Ehe mit der Bezugsperson bereits vor deren Einreise nach Österreich bestanden hätte.

Die Behörde hat darüber hinaus nicht konkret dargelegt, ob der mj Zweitbeschwerdeführer als Familienangehöriger der in Österreich lebenden Bezugsperson zu qualifizieren ist oder nicht, sondern lässt dies im Ergebnis offen.

In der Wahrscheinlichkeitsprognose vom 21.07.2017 findet sich dann auch folgende Formulierung: "...selbst wenn die Ankerperson

tatsächlich der leibliche Vater von XXXX wäre,........". Aus dieser

Wendung ergibt sich für das erkennende Gericht, dass seitens der Behörde in Wahrheit Zweifel an der Abstammung und damit an der Familienangehörigeneigenschaft des Zweitbeschwerdeführers bestanden haben.

In diesem Zusammenhang verweist die Behörde weiters auch auf ein nicht bestehendes Eheverhältnis bzw. Familienleben der Bezugsperson mit der Erstbeschwerdeführerin. Gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ist jedoch Familienangehöriger auch, wer zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich in seinem Erkenntnis vom 27. November 2017, E 1001-1005/2017, festgehalten, dass das Bestehen einer Ehe nach dem klaren Wortlaut des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 lediglich für die Qualifikation von Ehepartnern als Familienangehörige, nicht jedoch für die Rechtsstellung von ledigen minderjährigen Kindern von anerkannten Flüchtlingen maßgeblich ist (vgl. VwGH vom 25.10.2018, Ra 2017/20/0513).

Davon abgesehen entsteht nach ständiger Rechtsprechung des EGMR ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (vgl. EGMR 21.6.1988, Fall Berrehab, Appl. 10730/84 [Z 21]; 26.5.1994, Fall Keegan, Appl. 16969/90 [Z 44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR 19.2.1996, Fall Gül, Appl. 23218/94 [Z 32]). Im Beschwerdefall war die Bezugsperson jedoch aufgrund der fluchtauslösenden Ereignisse gezwungen, die Familie in Saudi Arabien zurückzulassen, sodass keinesfalls davon gesprochen werden kann, dass jede Verbindung gelöst wurde (EGMR, Fall Boughanemi, Z 35).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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