TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/27 I406 2216014-1

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Veröffentlicht am 27.05.2019
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Entscheidungsdatum

27.05.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §125 Abs25
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §69 Abs2
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I406 2216014-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Herrengasse 13/II, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2019, Zl. IFA XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 iVm § 27 VwGVG idgF behoben.

II. In Erledigung des Antrages vom 22.10.2018 wird das mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 02.04.2008, Zl. XXXX, gegen den Beschwerdeführer verhängte unbefristete Rückkehrverbot gemäß § 125 Abs. 25 zweiter Satz FPG aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 02.04.2008, Zl. XXXX, gemäß §§ 62 Abs. 1 iVm Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) in der damals geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 100/2005) ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen, weil er mit dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 05.03.2008, Zl. XXXX, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt worden war und sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde.

2. Am 26.09.2009 wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, Zl. XXXX wegen mehrfacher Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 2 Z 1 SMG und mehrfacher Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 40 Monaten verurteilt.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 30.11.2016, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 2 Z 1 SMG und der Vergehen der Vorbereitung des Suchtgifthandels nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

4. Am 22.10.2018 wurde von Seiten der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers ein Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gestellt. Der Beschwerdeführer habe das österreichische Bundesgebiet freiwillig verlassen und sich unter der Alias-Identität A.K. in Frankreich aufgehalten. Nach erfolgter Eheschließung und Richtigstellung seiner Identität sei ihm ein Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet der Republik Österreich erteilt worden. Daraufhin habe er sich wohlverhalten und sei auch einer geregelten Beschäftigung nachgegangen. Die jüngste Verurteilung durch das Landesgericht XXXXvom 30.11.2016 sei darauf zurückzuführen, dass der Beschwerdeführer aufgrund des Ablebens seines Vaters und der damit verbundenen in Algerien anfallenden Kosten der Verabschiedung dringend mehr Geld benötigt habe, als er mit legaler Arbeit erwirtschaften habe können. Der Beschwerdeführer habe sich aber mit dem Unwert seiner strafbaren Handlungen ausführlich auseinandergesetzt und gelte als geläutert. Es bestehe keinerlei Grund zu der Annahme, dass er in Zukunft wieder straffällig werde. Er sei auch bestrebt, nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug wiederum einer geregelten Beschäftigung nachzugehen. Die Tochter seiner Ehegattin sehe ihn als ihren leiblichen Vater an und schon allein deshalb sei sein weiterer Verbleib in Österreich zur Wahrung des Kindeswohles unbedingt notwendig. Zusammengefasst lieben geänderte Voraussetzungen vor, die es nicht mehr rechtfertigen würden, an dem über den Beschwerdeführer im Jahr 2008 verhängten unbefristeten Rückkehrverbot festzuhalten.

5. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25.10.2018 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen zu einem Fragenkatalog der belangten Behörde schriftlich Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 08.11.2018 stellte die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers einen Antrag auf Fristerstreckung, welchem die belangte Behörde stattgab. Mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 20.11.2018 teilte der Beschwerdeführer mit, seit dem 20.12.2014 mit einer rumänischen Staatsbürgerin verheiratet zu sein und mit dieser und deren minderjährigen Tochter zusammen zu wohnen. Ihm komme eine Aufenthaltskarte, gültig vom 03.07.2015 bis zum 02.07.2020 zu. Dem Schreiben beigelegt waren eine Geburtsurkunde der Stieftochter des Beschwerdeführers und eine Heiratsurkunde.

6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 05.02.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 22.10.2018 auf Verkürzung/Aufhebung des mit Bescheid/Erkenntnis der BPD Graz vom 02.04.2008, Zl. XXXX gegen den Beschwerdeführer erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 60 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 78 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) dem Beschwerdeführer die Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von 6,50 EUR binnen zwei Wochen aufgetragen (Spruchpunkt II.) Begründend führte die belangte Behörde aus, das Einreiseverbot sei nach wie vor notwendig, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Es lägen keine iSd Art. 8 EMRK berücksichtigungswürdigen Gründe vor. Insgesamt haben sich die für die Erlassung des Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände nicht in entscheidungsrelevanter Weise geändert.

7. Mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, als Rechtsberater für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig zur Seite gestellt.

8. Der Beschwerdeführer erhob durch seine Rechtsvertretung fristgerecht am 05.03.2019 Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid und monierte darin die Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit. Der Beschwerdeführer habe sich - anders als von der belangten Behörde festgestellt - in der Zeit von 2011 bis 2014 im Ausland aufgehalten und führe mittlerweile ein schützenswertes Ehe- und Familienleben in Österreich. Ihm komme weiterhin ein Aufenthaltstitel zu. Eine Durchsetzung des verhängten Einreiseverbotes würde mit erheblichen psychischen und physischen Folgen seiner Stieftochter einhergehen, welche zum Beschwerdeführer ein enges Vater-Kind-Verhältnis pflege. Es bestehe außerdem kein Grund zur Annahme, dass der Beschwerdeführer wieder straffällig werde. Derzeit beziehe er Arbeitslosengeld und beginne per 18.03.2019 einen Kurs als Schweißer. Die belangte Behörde habe all diese Umstände nur unzureichend gewürdigt und nicht die gebotene Interessensabwägung vorgenommen.

9. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 14.03.2019 vorgelegt.

10. Mit Eingabe vom 21.05.2019 übermittelte der Vertreter des "zum Nachweis des Aufenthaltes" ein Dokument in französischer Sprache, ohne dazu eine Übersetzung beizuschließen oder weitere Ausführungen zur erstatten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Algerien und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Seine Identität steht fest.

Gegen den Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 02.04.2008, Zl. 1-1045530/FR/08, gemäß §§ 62 Abs. 1 iVm Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) in der damals geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 100/2005) ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen, weil er mit dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 05.03.2008, Zl. XXXX, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt worden war und sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Der Bescheid erwuchs am 23.04.2008 in Rechtskraft und wurde das Rückkehrverbot mit diesem Tag durchsetzbar.

Es folgten zwei weitere rechtskräftige Verurteilungen des Beschwerdeführers.

Am 26.09.2009 wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, Zl. XXXX wegen mehrfacher Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 2 Z 1 SMG und mehrfacher Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 40 Monaten verurteilt.

Am 30.11.2016 wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, Zl. XXXX, wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 2 Z 1 SMG und der Vergehen der Vorbereitung des Suchtgifthandels nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er befand sich zuletzt von 04.06.2016 bis 30.11.2018 in Haft.

Der Beschwerdeführer ehelichte im Dezember 2014 eine rumänische Staatsangehörige. Er lebt mit seiner Ehefrau und deren sechsjährigen Tochter im gemeinsamen Haushalt in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist Inhaber einer Aufenthaltskarte für Familienangehörige, gültig bis zum 02.07.2020.

Am 22.10.2018 stellte die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, sowie in die Urteile des Landesgerichtes XXXX vom 05.03.2008, Zl. XXXX, vom 26.09.2009, Zl. XXXX, sowie vom 30.11.2016, Zl. XXXX. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister (IZR), dem AJ-WEB und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des Reisepasses mit der Nr. XXXX, ausgestellt durch die Algerische Botschaft Wien am 10.11.2015, fest.

Aus dem Bescheid der BPD Graz vom 02.04.2008, Zl. XXXX, ergibt sich die Feststellung zum gegen den Beschwerdeführer erlassenen unbefristeten Rückkehrverbot und zu den Gründen, die dazu geführt haben.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Die Feststellung zum Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus seiner Stellungnahme vom 20.11.2018, der vorgelegten Heiratsurkunde, der Geburtsurkunde des Kindes seiner Ehefrau und aus dem Verwaltungsakt. Aufgrund einer eingeholten ZMR-Abfrage steht fest, dass der Beschwerdeführer mit seiner Frau und deren Kind im gemeinsamen Haushalt wohnt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1 Prüfungsumfang:

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.1.2 Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Aufgrund der Behebung des angefochtenen Bescheides konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine Verhandlung entfallen.

Zu Spruchteil A)

3.2. Zum Antrag auf Aufhebung/Verkürzung des Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt I.)

Mit rechtskräftigem Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 02.04.2008, Zl. 1-1045530/FR/08, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß §§ 62 Abs. 1 iVm Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) in der damals geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 100/2005) ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen. Der zum Zeitpunkt der Erlassung des unbefristeten Rückkehrverbotes in Kraft befindliche § 63 Abs. 1 FPG legte fest, dass ein Rückkehrverbot in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz unbefristet erlassen werden kann.

§ 60 Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz, idF BGBl. Nr. 100/2005, welcher am 30.06.2011 außer Kraft trat, entspricht § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG idgF. Nach heutiger Rechtslage ist daher für den Sachverhalt - die strafgerichtliche Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten - welcher dem Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 02.04.2018 zugrunde gelegt worden war, nur mehr ein Einreiseverbot in der Dauer von höchstens zehn Jahren zu erlassen. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes liegen nicht mehr vor.

Gemäß § 125 Abs. 16 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 - das ist der 1. Juli 2011 - erlassene Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

Gemäß § 125 Abs. 25 zweiter Satz FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. 87/2012 - das ist der 16. August 2012 - erlassene Rückkehrverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 60 Abs. 4 und 5 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben werden oder für gegenstandslos erklärt werden. Allerdings wurden § 60 Abs. 4 und 5 FPG mit dem FNG-AnpG aufgehoben. Zudem haben sich die Gründe, die zur Erlassung des Rückkehrverbotes geführt haben (Verurteilungen, keine nachhaltige Integration in Österreich) nicht wesentlich geändert bzw. sind diese nicht weggefallen.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte in einem ähnlich gelagerten Fall, in Bezug auf einen Antrag nach § 69 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes festgestellt, dass dieser nur dann zum Erfolg führen könne, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. Eine Änderung der Rechtslage kann allerdings den Wegfall eines Grundes für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes darstellen und ist demnach bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung eines Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen (vgl. VwGH, 24. Jänner 2012, 2011/18/0267).

Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Aufrechterhaltung eines unbefristeten Rückkehrverbotes aufgrund der nunmehr geänderten Rechtslage zulässig ist, weil die Verurteilungen des Beschwerdeführers nicht unter die in § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 FPG angeführten schwerwiegenden Tatbestände subsumiert werden könnten. Der Beschwerdeführer wurde wegen eines Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von unter drei Jahren verurteilt, sodass aufgrund der durch das FrÄG 2011 geänderten Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nur ein Einreiseverbot in der Dauer von höchstens zehn Jahren hätte erlassen werden dürfen.

Da eine Verkürzung der Dauer des Rückkehrverbotes gemäß 60 Abs. 2 FPG nicht in Betracht kommt, ist dem Umstand, dass auf Grund der geänderten Rechtslage kein unbefristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen werden dürfte, in der Form nachzukommen, dass nach Ablauf von zehn Jahren das Rückkehrverbot (von Amts wegen oder auch auf Antrag) aufzuheben ist, sofern nicht zuvor das Vorliegen einer Gefährdung wegfällt oder aus sonstigen Gründen die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes nicht mehr zulässig ist (vgl. VwGH, 10.4.2014, 2011/22/0333).

Diese Vorjudikatur bestätigte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.05.2016, Ra 2016/21/0143: Dem Umstand, dass auf Grund der geänderten Rechtslage kein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen werden dürfte, sei zwingend (also ohne dass im vorliegenden Fall auf nach der Verhängung der Maßnahme eingetretene und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechende Gründe Bedacht genommen werden dürfe) in der Form nachzukommen, dass nach Ablauf von zehn Jahren das Aufenthaltsverbot (hier: über Antrag des Revisionswerbers) aufzuheben sei (Hinweis auf VwGH 24.01.2012, 2011/18/0267, und VwGH 10.04.2014, 2011/22/0333).

Die angeführte ständige Rechtsprechung des VwGH zu § 69 Abs. FPG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 lässt sich auf die wortgleiche, für alte Rückkehrverbote geltende Bestimmung des § 60 Abs. 5 FPG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 übertragen.

Gemäß § 125 Abs. 25 FPG blieb somit das am 02.04.2008 erlassene Rückkehrverbot weiterhin gültig, wäre aber - ausgehend davon, dass gegen den gegen den Beschwerdeführer nach derzeitiger Rechtslage lediglich ein zehnjähriges Einreiseverbot erlassen werden dürfte - nach Ablauf dieses Zeitraumes aufzuheben gewesen.

Nachdem seit Durchsetzbarkeit des Rückkehrverbotes mit 23.04.2008 bereits mehr als 10 Jahre vergangen sind, war dem Antrag des Beschwerdeführers daher in der Form nachzukommen, dass das gegen ihn verhängte Rückkehrverbot aufzuheben war.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Aufenthaltsverbot aufgehoben, Einreiseverbot,
Einreiseverbot aufgehoben, Kassation, Prüfungsumfang,
Rückkehrverbot, Suchtgifthandel, Suchtmitteldelikt, Verbrechen,
Zeitablauf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I406.2216014.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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