Entscheidungsdatum
15.10.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
G305 2222517-1/9E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 04.10.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN
ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.08.2019, Zl. XXXX, gerichtete Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Marokko, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, vom 19.08.2019, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20/5, 1090 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n.
II. Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen wird abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG n i c h t z u l ä s s
i g.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde), Regionaldirektion Tirol, vom 01.08.2019, Zl. XXXX, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: so oder kurz: BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
2. Am 19.08.2019 erhob er im Wege seiner Rechtsvertretung (innert offener Frist) Beschwerde gegen den oben näher bezeichneten Bescheid, die er mit den Anträgen verband, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) der Beschwerde stattgeben, den bekämpften Bescheid beheben, sowie die Anordnung der Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft durch den gegenständlichen Schubhaftbescheid für unzulässig erklären, 2.) in eventu erkennen, dass der Bund bzw. die belangte Behörde schuldig sei, die dem BF durch das Verfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß binnen zu bestimmender Frist bei sonstiger Exekution zu ersetzen,
3.) in enventu die Anordnung eines gelinderen Mittels vornehmen, 4.) in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverweisen, sowie 5.) eine mündliche Verhandlung anberaumen.
Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass er derzeit eine Strafhaft in der Justizanstalt XXXX verbüße. Mit dem angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde die Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft angeordnet, dies zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung. Da die Schubhaft nur als letztes Mittel im Falle der unbedingten Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit angewendet werden dürfe, sei er der Ansicht, dass die Schubhaftverhängung nicht gerechtfertigt, nicht verhältnismäßig und auch nicht notwendig sei. Die Zulässigkeit einer Maßnahme nach § 76 FPG verlange nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung die Prüfung ihrer Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit, zu deren Beurteilung eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung und der Aufenthaltsberechtigung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen sei. Bei dieser Prüfung sei unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses vor allem der Frage nachzugehen, ob im jeweils vorliegenden Einzelfall ein Sicherungsbedürfnis gegeben sei. Für die Verhängung von Schubhaft als "ultima ratio" würden im vorliegenden Fall die erforderlichen Voraussetzungen fehlen.
3. Am 23.09.2019 brachte die belangte Behörde die zum 19.08.2019 datierte Schubhaftbeschwerde und die Bezug habenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage; hier wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.
4. Am 04.10.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers und eines Dolmetsch für die Muttersprache des Beschwerdeführers durchgeführt.
5. Mit zum 04.10.2019 datiertem Schriftsatz begehrte der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung eine schriftliche Ausfertigung des am 04.10.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses und gab er zeitgleich bekannt, dass mit der Beendigung des Beschwerdeverfahrens das zu seiner Rechtsvertretung bestandene Rechtsverhältnis ende.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer behauptet nunmehr, den Namen XXXX zu führen, am XXXX geboren und Staatsbürger Marokkos zu sein.
Zuvor behauptete er noch, dass er den Namen XXXX führe und am XXXX geboren bzw. den Namen XXXX und am XXXX geboren zu sein und Staatsangehöriger Algeriens zu sein.
Fest steht, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG ist.
Er ist gesund und arbeitsfähig.
1.2. Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2009 reiste er illegal (ohne Reisedokument) ins Bundesgebiet ein (PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.10.2019, S. 4 oben) und stellte am 02.05.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Asylantragsstellung behauptete er, dass er den Namen XXXX führe, aus Algerien stamme und am XXXXgeboren sei.
1.3. Mit am 07.07.2009 erlassenen Bescheid wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers und den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab und verfügte die Ausweisung seiner Person aus dem Bundesgebiet. Dieser Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs am 24.09.2009 in Rechtskraft.
Nachdem dem Beschwerdeführer der negative Asylbescheid vom 07.07.2009 zugestellt wurde, verließ er das Bundesgebiet zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2009 in die Schweiz, wo er sich für die Dauer von vier Jahren aufhielt. Als die Schweizer Behörden zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2013 den illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers feststellten, wurde er nach Österreich zurückgeschoben (PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.10.2019, S. 4 unten).
1.4. Nach seiner Zurückschiebung aus der Schweiz stellte er am 07.05.2013 neuerlich einen Asyl(folge)antrag, der von der belangten Behörde mit Bescheid vom 29.05.2013 ebenfalls abgewiesen wurde. Auch mit diesem (am 26.06.2013 in Rechtskraft erwachsenen) Bescheid verfügte die belangte Behörde die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet.
1.5. Am 21.05.2014 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für XXXX zu Zl. XXXXwegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall SMG und Abs. 3 SMG iVm. § 15 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 7 Monaten verurteilt.
1.6. Ungeachtet der wider ihn erlassenen (in Rechtskraft erwachsenen) Ausweisungsentscheidung hielt er sich weiterhin (illegal) im Bundesgebiet auf und wurde er mehrmals wegen seines illegalen Aufenthalts zur Anzeige erbracht.
1.7. Anlässlich einer durch Organe der Polizeiinspektion XXXXam 21.07.2016 durchgeführten fremdenpolizeilichen Kontrolle wurde festgestellt, dass eine rechtskräftige Ausweisung gegen ihn bestehe. Es kam zur Festnahme und Vorführung des BF vor die belangte Behörde. Am 28.11.2016 wurde er zu möglichen Schubhaftverhängung einvernommen und die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung mit Mandatsbescheid vom 28.11.2016 über ihn verhängt.
1.8. Am 06.12.2016 wurde er der algerischen Delegation vorgeführt, jedoch weigerte er sich, mit den Gesandten der Delegation zu kommunizieren. Dies verhinderte die Feststellung der Identität des Beschwerdeführers und eine auf ihn bezogene Ausstellung eines Heimreisezertifikats. Am 07.12.2016 wurde der Beschwerdeführer wieder aus der Schubhaft entlassen.
1.9. Am 21.08.2017 wurde er über das Bundeskriminalamt von der IP Algier identifiziert.
1.10. Am 30.09.2017 wurde er auf Grund eines aufrechten Vorführungsbefehls festgenommen und ins PAZ XXXX überstellt.
1.11. Am 14.12.2017 erfolgte seine Festnahme gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG, nachdem er wegen Körperverletzung in einer Winternotschlafstelle angezeigt worden war.
1.12. Am 14.12.2017 unternahm die belangte Behörde den Versuch, den Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für Arabisch und Französisch einzuvernehmen; jedoch verweigerte er jede Mitwirkung.
Noch am selben Tag wurde über ihn die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt. Nachdem er neuerlich der algerischen Delegation vorgeführt wurde und eine Mitwirkung verweigerte, wurde er aus der Schubhaft entlassen.
1.13. Am 15.12.2017 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet und ihm mangels Mitwirkungswillens ein schriftliches Parteiengehör zugemittelt und ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, die er jedoch nicht nützte.
1.14. Am 17.01.2018 verweigerte die algerische Gesandtschaft die Zustimmung zur Übernahme des Beschwerdeführers.
1.15. Am 28.05.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG, des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 9 Monaten verurteilt.
1.16. Am 18.09.2018 gewährte ihm die belangte Behörde neuerlich Parteiengehör zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes und gab ihm die Gelegenheit, sich binnen zwei Wochen zu äußern. Auch diese Frist ließ er ungenützt verstreichen.
1.17. Da er es unterließ, sich selbst ein Reisedokument für eine Ausreise aus dem Bundesgebiet zu besorgen und stattdessen weiter illegal im Bundesgebiet verweilte, erging ein weiteres Ersuchen der belangten Behörde an die algerische Botschaft für eine Vorsprache mit dem Beschwerdeführer. Da er es unterließ, der Behörde eine Adresse, unter der er erreicht werden konnte, bekannt zu geben und auch eine Anmeldung im Zentralen Melderegister unterblieb, wurde ein Festnahmeauftrag wider ihn erlassen.
Am 19.10.2018 wurde er im Rahmen einer Schwerpunktaktion der Polizei im Bereich des Innsbrucker Hauptbahnhofs angetroffen und wegen des bestehenden Festnahmeauftrages von den einschreitenden Exekutivorganen festgenommen.
1.18. Am 19.10.2018 verhängte die belangte Behörde die Schubhaft über den Beschwerdeführer.
1.19. Mit einer am 30.10.2018 stimmte die marokkanische Botschaft (nach Identifizierung des Beschwerdeführers als marokkanischer Staatsangehöriger) mit Verbalnote der Ausstellung eines Heimreisezertifikates (in der Folge kurz: HRZ) für den Beschwerdeführer zu.
1.20. Mit einem weiteren, zum 22.11.2018 erlassenen Bescheid erließ die belangte Behörde eine Rückkehrentscheidung und ein auf 10 Jahre befristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer. Der ihm im Stande der Schubhaft zugestellte Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs am 22.12.2018 in Rechtskraft.
1.21. Am 09.12.2018 versuchte die belangte Behörde eine (begleitete) Abschiebung des BF mit dem Flugzeug, doch unterblieb der Transport in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wegen dessen ungebührlichen, die öffentliche Sicherheit gefährdenden Verhaltens.
1.22. Als am 09.01.2019 neuerlich versucht wurde, ihn mit dem Flugzeug begleitet nach Marokko abzuschieben, leistete er aktiven Widerstand, indem er gegen die ihn begleitenden Beamten trat, diesen Schläge versetzte, sie biss und schwer verletzte.
Wegen des geleisteten Widerstandes ordnete das Landesgericht XXXX in der Folge Untersuchungshaft über den Beschwerdeführer an.
Am 29.01.2019 verhängte das Landesgericht XXXX zu Zl. XXXX wegen des Verbrechens nach § 269 Abs. 1 erster Fall StGB eine unbedingte Freiheitsstrafe im Ausmaß von einem Jahr über den Beschwerdeführer. Seitdem befindet er sich in Strafhaft und ist die frühestmögliche Entlassung aus der Strafhaft für den 02.05.2020 vorgesehen.
1.23. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid verhängte die belangte Behörde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung nach erfolgter Verbüßung der Freiheitsstrafe.
1.24. Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im Jahr 2014 und im Jahr 2016 versuchte der Beschwerdeführer zwei Mal, nach Italien zu gelangen. Beide Male wurde er beim Versuch, das Bundesgebiet illegal zu verlassen, an der Staatsgrenze betreten, festgenommen und nach Österreich zurückgestellt.
1.25. Der Beschwerdeführer hat im Bundesgebiet weder Verwandte, noch kann er auf nennenswerte private Anknüpfungspunkte verweisen.
Er besitzt weder Ersparnisse, noch Immobilienbesitz im Bundesgebiet, die ihm allfällig einen legalen Aufenthalt ermöglichen könnten. Ebenso wenig verfügt er über eine Unterkunft im Bundesgebiet, die als nicht nur vorübergehend bezeichnet werden kann.
Der BF ist vollkommen rückkehrunwillig.
1.26 Gegen ihn liegt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der vor dem erkennenden Gericht am 04.10.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität und Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.
Die Feststellung zur unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt und der (von ihm auch eingeräumten) Tatsache, dass er ohne die erforderlichen Dokumente (Reisedokument, Visum) nach Österreich einreiste.
Die Feststellung zum unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet ergibt sich aus der Tatsache, dass er sich ohne Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich befindet und aus dem Faktum zweier zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsener Rückkehrentscheidungen der belangten Behörde und eines wider ihn erlassenen (ebenfalls in Rechtskraft erwachsenen) Einreiseverbotes.
Die Feststellungen zur Festnahme und zur weiteren Anhaltung ergeben sich aus dem Akteninhalt und der Einsicht in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung.
Die Konstatierung, dass er rückkehrunwillig ist, beruht auf seinen eigenen Angaben und dem Verhalten, das er während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet, sowie beim Versuch, ihn in den Herkunftsstaat abzuschieben, zeigte.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde betreffend Schubhaftbescheid (Spruchpunkt A.I.):
Gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
Gemäß § 76 Abs. 2 FPG darf die Schubhaft nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1), dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 2), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 3).
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
Gemäß § 76 Abs. 3 FPG liegt Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird, oder dass er die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
Der mit "Haft" betitelte Art. 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ABl. L 180 vom 29.06.2013 S. 31 (im Folgenden: Dublin-VO), lautet:
"Artikel 28
Haft
(1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt.
(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren, dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.
(3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird.
Wird eine Person nach diesem Artikel in Haft genommen, so darf die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren gemäß dieser Verordnung durchführt, ersucht in derartigen Fällen um eine dringende Antwort. Diese Antwort erfolgt spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Wird innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.
Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Absatz 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat.
Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. Die Artikel 21, 23, 24 und 29 gelten weiterhin entsprechend.
(4) Hinsichtlich der Haftbedingungen und der Garantien für in Haft befindliche Personen gelten zwecks Absicherung der Verfahren für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, die Artikel 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU."
In Art. 28 Dublin-VO ist die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung nach der Dublin-VO geregelt. Allfällige entgegenstehende Bestimmungen des nationalen Fremdenrechts sind, sofern keine verordnungskonforme Interpretation möglich ist, demgegenüber unanwendbar. Solange die Bestimmungen der Dublin-VO gegenüber einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zur Anwendung gelangen, darf Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzugs nur nach Art. 28 Dublin-VO verhängt werden und nicht etwa nach anderen Bestimmungen des nationalen Rechts, da sonst der Schutzzweck der gegenständlichen Regelung vereitelt wäre (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, Wien 2014, S. 223).
Als "Fluchtgefahr" nach Art. 2 lit. n Dublin-VO gilt das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven - vom nationalen Gesetzgeber - gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zur Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte. Die in diesem Sinne gesetzlich festgelegten Kriterien des Vorliegens von Fluchtgefahr finden sich in § 76 Abs. 3 FPG (zur Fluchtgefahr ausführlich VwGH vom 11.05.2017, Zl. Ro 2016/21/0021; sowie EuGH vom 15.03.2017, Zl. C-528/15, Al Chodor).
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zu Grunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH vom 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH vom 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH vom 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Schubhaft erfordert nämlich keine Gewissheit darüber, dass es letztlich zu einer Abschiebung kommen könnte. Sie muss sich nach Lage des Falles bloß mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (VwGH vom 11.05.2017, Zl. Ro 2016/21/0021).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung nährt, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH vom 11.05.2017, Zl. Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH vom 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).
Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH vom 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten ließen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH vom 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).
Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:
Der BF ist nicht im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft und somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er verfügt über keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet. Auch hat er keine Verwandten oder nennenswerte soziale Kontakte im Bundesgebiet. Ebenso wenig verfügt er über eigene Barmittel oder eine Unterkunft, die nicht nur als vorübergehend bezeichnet werden kann.
Mit am 07.07.2009 erlassenen Bescheid wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers und den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab und verfügte die Ausweisung aus dem Bundesgebiet. Dieser Bescheid erwuchs am 24.09.2009 in Rechtskraft. Den negativen Asylbescheid und die wider seine Person erlassene Ausreiseentscheidung nahm er zum Anlass, das Bundesgebiet noch zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt desselben Jahres in die Schweiz zu verlassen. Dort hielt er sich bis zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2013 auf, ehe er auf Grund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes in der Schweiz nach Österreich zurückgeschoben wurde.
Seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet versuchte er in einen rechtmäßigen umzuwandeln, indem er einen Asylfolgeantrag stellte, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.05.2013 abermals abgewiesen wurde. Mit diesem Bescheid (dieser erwuchs am 26.06.2013 in Rechtskraft) wurde abermals die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet (rechtskräftig) verfügt.
In der Folge versuchte er (in Anbetracht fortgesetzter Rückschiebungsversuche) zwei Mal, nämlich zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2014 und zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2016, das Bundesgebiet mit der Bahn in Richtung Italien zu verlassen, um sich der Abschiebung in den Herkunftsstaat zu entziehen.
Dem Versuch, ein HRZ für seine Abschiebung in den (mutmaßlichen) Herkunftsstaat zu erlangen, widersetzte er sich, indem er seine Mitwirkungspflicht bei der (wahren) Feststellung der von ihm verwendeten gefälschten Identitäten verweigerte.
Als seine wahre Identität als marokkanischer Staatsangehöriger in der Folge geklärt werden konnte und sein wahrer Herkunftsstaat (Marokko) ein HRZ für ihn ausstellte, widersetzte er sich teils mit Brachialgewalt der Rückschiebung; sein gegen die Rückschiebung nach Marokko geleisteter Widerstand ist ursächlich für seine letzte strafgerichtliche Verurteilung, deretwegen er sich im Stande der Strafhaft befindet.
Diese Umstände (Vorliegen einer rechtskräftigen Ausweisungsentscheidung; mehrfacher Versuch, das Bundesgebiet ins Ausland zu verlassen; vierjähriger (illegaler) Aufenthalt in der Schweiz, um sich der Rückschiebung in den Herkunftsstaat zu widersetzen; Führung unterschiedlicher falscher Identitäten auch in Bezug auf den Herkunftsstaat; mangelnde Mitwirkung bei der Feststellung seiner wahren Identität und gewaltsames Widersetzen gegen die Rückschiebung in den Herkunftsstaat, sowie mangelnde Bereitschaft, sich an die Gesetze der Republik zu halten) begründen bei ihm das Bestehen höchster Fluchtgefahr, sollte er nicht unverzüglich nach Beendigung der Strafhaft in Schubhaft genommen werden.
Die bereits von der belangten Behörde angenommene Fluchtgefahr wird zusätzlich dadurch untermauert, dass sich der BF in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2019 weiterhin rückkehrunwillig zeigte, dies mit der Angabe, in Österreich bleiben und hier arbeiten zu wollen (PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.10.2019, S. 6 oben).
Der Beschwerdeführer ist nicht nur wegen seiner hohen Bereitschaft zu Gewalttaten, sondern auch deshalb eine große Gefahr für die öffentliche Sicherheit, weil er in der Vergangenheit wegen des Verdachts, Suchtgiftdelikte begangen zu haben, angezeigt und deshalb auch schon rechtskräftig zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Diese Bereitschaft zu Gewalttaten erfuhr im gewaltsamen Widerstand gegen den Versuch, ihn aus dem Bundesgebiet abzuschieben, weshalb er zu einer (unbedingt ausgesprochenen) Freiheitsstrafe verurteilt wurde, einen unrühmlichen Höhepunkt.
Seine Delinquenz, das Nichtvorhandensein liquiden, wie auch illiquiden Vermögens im Bundesgebiet, das Nichtvorhandensein einer eigenen Unterkunft und das Nichtvorhandensein von im Bundesgebiet lebenden Verwandten und von nennenswerten privaten Beziehungen sowie sein mehrfach unter Beweis gestellter Unwillen einer geordneten Rückschiebung in den Herkunftsstaat stehen einer gelinderen Maßnahme (wie etwa einer Wohnsitzauflage oder einer Zuweisung ins Rückkehrberatungszentrum), als der Inschubhaftnahme nach beendeter Strafhaft entgegen.
Den vorliegenden Schubhaftbescheid stützte die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG. In Anbetracht der zuvor getroffenen Erwägungen und der Delinquenz des Beschwerdeführers bestehen gegen den (bereits) im Stande der Strafhaft erlassenen Schubhaftbescheid keine Bedenken.
Aus den angeführten Gründen war der gegen den Schubhaftbescheid vom 01.08.2019 erhobenen Beschwerde der Erfolg zu versagen.
3.2. Zu den Anträgen auf Ersatz der Aufwendungen:
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
Den Ersatz von Aufwendungen im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) regelt § 35 VwGVG, wonach die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Als Aufwendungen gelten die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
Die Höhe der in solchen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 idgF, geregelt (zur Zulässigkeit des Kostenzuspruchs siehe auch VwGH vom 11.05.2017, Zl. Ra 2016/21/0144).
Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag einer Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Da die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft ausgesprochen wurde, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und die beschwerdeführende Partei unterlegene Partei.
Die belangte Behörde hat fristgerecht beantragt, dem Bund Kostenersatz im Umfang des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes sowie des Verhandlungsaufwandes zuzusprechen.
Obwohl auch der Beschwerdeführer rechtzeitig Kostenersatz im gesetzlichen Ausmaß begehrte, war ihm der begehrte Kostenersatz zu versagen und ihm stattdessen als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz (samt Verhandlungsaufwand) der belangten Behörde in der (gesetzlichen) Gesamthöhe von 887,20 Euro aufzuerlegen.
Der in der Beschwerde gestellte Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen im beantragten Umfang war gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abzuweisen, da sie (gänzlich) unterlegene Partei ist und ein Aufwandersatz somit nicht in Betracht kommt.
Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH jeweils vom 11.05.2017, Zlen. Ro 2016/21/0021 und Ra 2016/21/0144, insbesondere zur geltenden Rechtslage des § 76 FPG (im Zusammenhalt mit unionsrechtlichen Bestimmungen) und der Zulässigkeit eines Kostenzuspruchs und eines "Kostenrisikos" nach § 35 VwGVG. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen ist, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Interessenabwägung, Kostenersatz, öffentlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G305.2222517.1.00Zuletzt aktualisiert am
30.01.2020