Entscheidungsdatum
10.09.2019Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W144 2220097-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft in Damaskus/Syrien vom 26.01.2018, Zl.: XXXX , aufgrund des Vorlageantrags der XXXX , geb. XXXX , StA von Syrien, über ihre Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Damaskus vom 05.10.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 35 Abs. 1 und 5 AsylG idgF als
unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige aus Syrien, stellte am 31.05.2017 bei der österreichischen Botschaft in Damaskus (im Folgenden: ÖB) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG.
Begründend führte die BF aus, dass sie die Ehegattin des XXXX , XXXX geb., ebenfalls StA von Syrien, (im Folgenden: Bezugsperson) sei, dem mit Bescheid des BFA vom 16.02.2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei. Die Ehe sei im Jahr 2015 (traditionell-muslimisch) geschlossen und am XXXX staatlich registriert worden.
Am Befragungsformular der ÖB sind folgende Aussagen der BF zur Eheschließung vermerkt:
* Die BF habe die Bezugsperson am XXXX in der Türkei geheiratet.
* Die Ehe sei am XXXX "legalisiert" worden.
In der beigeschlossenen staatlichen Urkunde des Schariagerichts in Damaskus vom XXXX über die Registrierung der Ehe der BF mit der Bezugsperson wird ausgeführt, dass die Ehe am XXXX in Damaskus geschlossen worden sei.
In der asylrechtlichen Niederschrift der Bezugsperson vor der LPD Niederösterreich vom 31.10.2015 erklärte diese, dass seine "Ehegattin 18 Jahre alt" sei.
Die Bezugsperson habe ihr Heimatland Syrien am 28.10.2014 verlassen, sich in die Türkei begeben und sei nach einem dortigen, etwa einjährigen Aufenthalt über Griechenland und die Balkanroute nach Österreich gereist.
In der Folge übermittelte die ÖB den Antrag und Sachverhalt mit Schreiben vom 02.06.2017 an das BFA zur Erstattung einer Stellungnahme gemäß § 35 Abs. 4 AsylG und einer diesbezüglichen Wahrscheinlichkeitsprognose, ob die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten an die BF im Familienverfahren wahrscheinlich erscheine.
Mit Schreiben vom 22.08.2017 erstattete das BFA eine solche Stellungnahme und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Zuerkennung des Status nicht wahrscheinlich sei, weil die behauptete Gültigkeit der Ehe wegen Verstoßes gegen den ordre public (Stellvertreterehe, Kinderehe) nicht gegeben sei.
Mit Schreiben vom 23.08.2017, übernommen am 24.08.2017, wurde die BF seitens der ÖB aufgefordert, zur Gleichzeitig vorgehaltenen Stellungnahme des BFA Stellung zu nehmen.
Mit Schriftsatz/email vom 30.08.2017 erstattete die BF im Wege ihres gleichzeitig bevollmächtigten Rechtsvertreters eine solche Stellungnahme und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Eheschließung nach syrischem Recht gültig sei, diese sei auch "persönlich" geschlossen worden, lediglich die Registrierung sei nicht persönlich erfolgt. Von einer Kinderehe könne nicht die Rede sein, das Mündigkeitsalter sei schon damals erreicht worden und sei nach syrischem Recht Ehefähigkeit gegeben gewesen.
Am 31.08.2017 übermittelte die ÖB diese Stellungnahme der BF an das BFA.
Mit Schreiben via e-mail vom 04.10.2017 teilte das BFA der ÖB in einer neuerlichen Stellungnahme mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose weiterhin aufrecht bleibe.
Mit Bescheid vom 05.10.2017, zugestellt offensichtlich erst am 12.12.2017 (- kryptische Anmerkungen der Botschaft, wonach der Bescheid am 05.10.2017 an den Rechtsvertreter "gesendet" worden sei, sowie völlig unleserliche Buchstabenkombinationen verbunden mit dem Datum "05.12.2017" blieben jedenfalls ohne jeglichen Zustellnachweis), verweigerte die ÖB das Visum mit der Begründung, dass das BFA an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten habe.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben/email vom 09.01.2018 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend führte die BF im Wesentlichen aus, dass die Ehe, die sie mit der Bezugsperson geschlossen habe, nach syrischem Recht gültig sei. Da die Ehe in der Folge registriert worden sei, seien allfällige Mängel bei der Eheschließung rückwirkend als geheilt anzusehen. Von einer Stellvertreterehe könne keine Rede sein, da eine Registrierung von jedem Ehepartner beantragt werden könne und es nur des Nachweises der Eheschließung durch den Imam bedürfe.
In der Folge erlies die ÖB mit Bescheid vom 26.01.2018, Zl. XXXX , eine Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 Abs. 1 VwGVG, mit welcher die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend führte die Botschaft im Wesentlichen Folgendes aus:
"Unabhängig von dieser Bindungswirkung teilt die belangte Behörde die Beweiswürdigung des BFA über das Nichtvorliegen einer Ehe im Herkunftsstaat. Da in Syrien traditionelle Eheschließungen nicht anerkannt werden und die erforderliche Registrierung der Eheschließung erst am XXXX , nach Antragstellung der Bezugsperson stattfand, kann dem gegenständlichen Antrag mangels Familiengemeinschaft der Beschwerdeführerin kein Erfolg beschieden sein.
Wie das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 17.5.2016, W161_2125339-1, zutreffend ausgeführt hat, widerspricht "eine 'Stellvertreter-Ehe' eindeutig den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung" und folgt auch im vorliegenden Beschwerdefall aus § 6 IPRG, dass die behauptete Eheschließung in Österreich keinen Rechtsbestand hat.
Aber selbst dann, wenn man (losgelöst vom Neuerungsverbot des § 11a Abs. 2 FPG) hinsichtlich des Datums der Eheschließung der Behauptung in der Beschwerde folgt, ist daraus für die beschwerdeführende Partei nichts zu gewinnen, weil dann eine Kinderehe und eine solche mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. Ein solcher "ordre public"-Verstoß ist im Verbot der Kinderehe gegeben (vgl. VwGH 11.10.2016, Ra 2016/01/0025; ebenso OGH 28. 2. 2011, 9 Ob 34/10f; vgl aber auch insb. Die gefestigte Rechtsprechung des BVwG wie zB BVwG 19.1.2016, W211 2118334-1/2E, oder 28.11.2016 W161 2132911-1/)."
Dagegen brachte die BF mit Schriftsatz vom 26.01.2018 per email und somit fristgerecht einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 12.06.2019 wurde am 17.06.2019 dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt dem Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.) Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der oben wiedergegebene Verfahrensgang.
Zur behaupteten Ehe wird festgestellt:
1. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF mit der Bezugsperson am XXXX überhaupt eine Ehe eingegangen ist.
2. Wenn eine Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson geschlossen worden sein sollte, dann wäre die am XXXX geborene BF zum Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung am XXXX erst 14 Jahre und XXXX Monate alt gewesen.
Eheschließungen in Syrien, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt.
2.) Beweiswürdigung:
Die Festgestellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt der ÖB.
Die Negativ-Feststellungen zur Eheschließung Punkt 1., ergeben sich aus folgenden Erwägungen:
a) Zunächst fällt auf, dass die ÖB Aussagen der BF zur Eheschließung am Antragsformular vermerkt hat, wobei diese Angaben keine Plausibilität aufweisen, wenn die BF zunächst angegeben hat, dass sie die Bezugsperson am XXXX in der Türkei geehelicht habe, während sie auch vorbringt, dass diese Ehe am XXXX "legalisiert" worden sei. Derartige Aussagen erscheinen nicht plausibel, zumal eine frühere Legalisierung einer erst später geschlossenen Ehe schon chronologisch nicht nachvollziehbar ist und zudem eine Eheschließung in der Türkei, wie sie von der BF erwähnt worden ist, mit den später vorgelegten Urkunden in keiner Weise übereinstimmt, wonach die Ehe in Damaskus geschlossen worden sei.
b) Weiters fällt auf, dass einer Eheschließung unter Anwesenheit beider Brautleute am XXXX in Damaskus - wie auf der Heiratsurkunde vermerkt ist - entgegensteht, dass die Bezugsperson bereits am 28.10.2014 Syrien verlassen und sich in die Türkei begeben hat, wo sie in der Folge etwa ein Jahr lang verblieben ist bis sie sich nach Europa weiterbegeben hat. Bereits vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, wie XXXX eine Eheschließung in Syrien unter Anwesenheit beider hätte erfolgen sollen.
c) Drittens erscheint in höchstem Maße auffällig, dass die Bezugsperson im Zuge ihrer Erstbefragung nach dem Asylgesetz im Oktober des Jahres 2015 vor der LPD Nö. ausdrücklich angegeben hat, dass seine Ehegattin, die BF, 18 Jahre alt sei, während diese hingegen (ausgehend von den Angaben in ihrem Reisepass) erst 14 Jahre und XXXX Monate alt gewesen wäre. Nach menschlichem Ermessen und der allgemeinen Lebenserfahrung müsste ein Ehegatte doch angeben können, ob seine Ehegattin erst knapp 15 oder schon 18 Jahre alt wäre. Auch diese eklatanten Widersprüche bezüglich des Alters legen den Schluss nahe, dass keine Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson, sondern bloß konstruiertes Vorbringen (!) vorliegt.
Insgesamt betrachtet liegen somit keine plausiblen, sondern vielmehr grob widersprüchliche Angaben zum Vorbringen über die behauptete Eheschließung vor, sodass von einer Glaubhaftmachung nicht gesprochen werden kann. Es wird bei der Abwägung nicht übersehen, dass die BF schriftliche Unterlagen, Dokumente über ihre Eheschließung vorgelegt hat, doch kommt ausländischen Urkunden nicht die Vermutung der Echtheit und Richtigkeit per se zu, sodass im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auch durch die Vorlage dieser Personenstandsurkunden die vorhandenen Zweifel nicht ausgeräumt werden können.
Die weitere Feststellung zur behaupteten Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson (Punkt 2.), wonach alternativ, falls doch eine Ehe zwischen den Genannten geschlossen worden wäre, die BF zum Zeitpunkt der Eheschließung erst 14 Jahre und XXXX Monate alt gewesen ist, ergibt sich aus dem von ihr vorgelegten Reisepass, der ihr Geburtsdatum mit XXXX ausweist, und dem behaupteten Datum der Eheschließung XXXX .
Die Feststellungen zum syrischen Eherecht und dem Erfordernis der gerichtlichen/standesamtlichen Registrierung einer Ehe, um staatlich anerkannt zu sein, ergeben sich aus einer notorischen Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum syrischen Eherecht steht.
3.) Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:
"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Beschwerdevorentscheidung
§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Vorlageantrag
§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1.
von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2.
von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.
§16 [ ... ]
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."
§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) lauten wie folgt:
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1.
gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2.
das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3.
im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 16 und 6) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:
Form der Eheschließung:
§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.
(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Vorbehaltsklausel (ordre public)
§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.
Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 1,2, 3 und 17) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:
Recht der Eheschließung
A. Ehefähigkeit
§ 1. (1) Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind ehemündig.
(2) Das Gericht hat eine Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, auf ihren Antrag für ehemündig zu erklären, wenn der künftige Ehegatte volljährig ist und sie für diese Ehe reif erscheint.
Geschäftsunfähigkeit
§ 2 Wer geschäftsunfähig ist, kann eine Ehe nicht eingehen.
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und des Erziehungsberechtigten
§ 3 (1) Wer minderjährig oder aus anderen Gründen in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bedarf zur Eingehung einer Ehe der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
(2) Außerdem bedarf er der Einwilligung desjenigen, dem seine Pflege und Erziehung zustehen.
(3) Werden die nach den Abs. 1 und 2 erforderlichen Einwilligungen verweigert, so hat das Gericht sie auf Antrag des Verlobten, der ihrer bedarf, zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.
Form der Eheschließung:
§ 17 (1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.
(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich asylberechtigte XXXX , XXXX geb., als Ehegatte der BF genannt.
Wie bereits oben in der Beweiswürdigung ausgeführt liegen massive Zweifel daran vor, ob die BF überhaupt jemals eine Ehe mit der Bezugsperson eingegangen ist. Doch selbst wenn man vom Vorliegen einer Ehe ausgehen sollte und annehmen würde, dass die Genannten am XXXX traditionell-muslimisch geheiratet hätten, wäre auszuführen, dass dieser Ehe im österreichischen Rechtsverkehr keine Gültigkeit zukommt:
Die BF wäre zum Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung am XXXX mit der Bezugsperson erst 14 Jahre und XXXX Monate alt gewesen.
Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz internationales Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 (IPRG), ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört. § 9 Abs. 3 IPRG regelt, dass das Personalstatut einer Person, die Flüchtling im Sinn der für Österreich geltenden internationalen Übereinkommen ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, das Recht des Staates ist, in dem sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine Verweisung dieses Rechtes auf das Recht des Heimatstaates (§ 5 IPRG) ist unbeachtlich. Gemäß § 12 IPRG sind die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Person nach deren Personalstatut zu beurteilen. Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.
Nach österreichischem Recht ist eine Ehe, die von einer unter 16-Jährigen geschlossen wird, keinesfalls gültig, da eine solche Kinderehe den Grundwerten der österr. Rechtsordnung widerspricht.
Der Oberste Gerichtshof hat jeweils unter Verweis auf Art. 16 Haager Minderjährigenschutzabkommen und § 6 IPRG in seinen Entscheidungen OGH 7Ob 600/86, 9 Ob 34/10f und 6 Ob 138/13g dargelegt, dass außerhalb der verfassungsrechtlich geschützten Grundwertungen etwa die Einehe, das Verbot der Kinderehe und des Ehezwanges, der Schutz des Kindeswohles im Kindschaftsrecht oder das Verbot der Ausbeutung der wirtschaftlichen und sozial schwächeren Partei zum Inhalt der geschützten Grundwertungen des österreichischen Rechts zählen.
Es ist daher im gegenständlichen Verfahren davon auszugehen, dass keine rechtskonforme Ehe der BF gemäß dem Internationalen Privatrechtsgesetz mit der Asylberechtigten Bezugsperson in Österreich besteht. Nach § 6 IPRG ist eine Bestimmung des fremden Rechtes dann nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. Eine Kinderehe widerspricht eindeutig den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung, und folgt aus § 6 IPRG, dass die von der BF und der Bezugsperson geschlossene Ehe hier keinen Rechtsbestand hat.
Auch aus der Entscheidung des EGMR vom 08.12.2009 (Case of Munoz Diaz vs. Spain, No. 49.151/07) geht hervor, dass keine Verpflichtung besteht, Eheschließungen auf Grundlage fremder Rechtsordnungen anzuerkennen, die den Grundwerten der nationalen Rechtsordnung widersprechen.
Soweit die BF in ihrer Beschwerde geltend macht, dass ihre Ehefähigkeit nach syrischem Recht gegeben gewesen wäre, ist entgegenzuhalten, dass im Bundesgebiet unter 16-jährige Personen eben nicht ehefähig sind und auch keine Ehefähigkeitserklärung durch das Gericht erfolgen kann, da Jugendliche/Kinder unter 16 Jahren eben schutzwürdig sind. Im Übrigen erschöpfen sich die Angaben der BF zur Gültigkeit ihrer Ehe letztlich in bloßen Behauptungen, die jedoch auch in den Schriftsätzen eine nachvollziehbare Plausibilität, etwa hinsichtlich Chronologie und der Anwesenheit der Brautleute vermissen lässt.
Nach der Aktenlage hätte eine Eheschließung am XXXX in Damaskus lediglich unter Abwesenheit der Bezugsperson stattfinden können, da diese bereits seit dem 28.10.2014 nicht mehr in Syrien, sondern zu diesem Zeitpunkt in der Türkei und sodann in Europa aufhältig war. Auch aus diesem Grunde könnte die Eheschließung rechtlich keinen Bestand haben, da es sich um eine dem ordre public widersprechende Stellvertreterehe handeln würde.
Die oben zitierten Erwägungen, auch jene der ÖB, stehen im Einklang mit der ständigen Judikatur des BVwG wie oben ausgeführt. Damit erweist sich jedoch eine Schutzgewährung an die BF im Rahmen eines Familienverfahrens gem. § 34 ASylG als unwahrscheinlich und war der Einreisetitel daher gem. § 35 Abs. 1 und 4 AsylG zu versagen.
Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht durchzuführen.
Barauslagen iSd § 11a Abs. 3 leg.cit. sind im Beschwerdeverfahren nicht entstanden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Einreisetitel, Kinderehe, ordre publicEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W144.2220097.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.01.2020