TE Lvwg Erkenntnis 2019/9/30 LVwG-2019/44/1942-1

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Veröffentlicht am 30.09.2019
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Entscheidungsdatum

30.09.2019

Index

L82407 Abfall, Müll
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AWG Tir 1990 §11 Abs2
AWG Tir 1990 §20 Abs2 litb
VStG §9

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde des AA, geb am xx.xx.xxxx, Adresse 1, Z, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei BB, Adresse 2, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 26.08.2019, Zl ***, betreffend einer Übertretung nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und sohin als im Sinne des § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ der CC GmbH, Adresse 1, Z, zu verantworten, dass im Zeitraum vom 31.03.2019 bis zum 01.04.2019 in W, bei der Sammelinsel Nr. ***, Adresse 3, Abfall in Form von unsortierten Wertstoffen, Biomüll und Restmüll, verteilt auf 11 Stück 80-Liter-Kunststoffsäcke vor den dort aufgestellten Wertstoffsammelcontainern deponiert und dadurch nicht dafür gesorgt wurde, dass

1. der Restmüll ausschließlich in die Restmüllbehälter eingebracht wird;

2. die getrennt zu sammelnden Siedlungsabfälle in die hierzu bestimmten Behältnisse eingebracht werden;

3.       die biologisch verwertbaren Abfälle in die hierzu bestimmten Biomüllbehälter eingebracht werden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 11 Abs. 2 lit. a Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz iVm § 20 Abs. 2 lit. b Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz

2. § 11 Abs. 2 lit. b Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz iVm § 20 Abs. 2 lit. b Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz

3.       § 11 Abs. 2 lit. c Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz iVm § 20 Abs. 2 lit. b Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz

Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Ihnen eine Ermahnung erteilt. Rechtsgrundlage: § 45 Abs. 1 letzter Satz des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG“

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19.09.2019 fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgebracht, dass eine seiner Mitarbeiterinnen die Müllsäcke eigenmächtig entgegen den Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz entsorgt habe. Es würde eine Überspannung der Kontrollpflichten des Beschwerdeführers bedeuten, wenn dieser alle seine Mitarbeiter ständig – insbesondere auch nach Dienstschluss – überwachen müsse. Zudem könne auch nicht festgestellt werden, ob seine Mitarbeiterin die Müllsäcke während oder nach ihrem Dienst entsorgt habe.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC GmbH, Adresse 1, Z. Zwischen diesem Unternehmen und der DD AG bestand im Tatzeitraum ein Werkvertrag zur Reinigung des Gebäudes Adresse 4, W. Der Umfang der Dienstleistung umfasste neben der Reinigung die Entleerung der Abfallbehälter, die Trennung der Abfallarten sowie das Bereitstellen der Müllcontainer für die Müllabfuhr.

Im Zuge einer Kontrolle hat EE, die als Objektleiterin der CC GmbH für das Gebäude der DD AG zuständig war, festgestellt, dass FF, die als Mitarbeiterin der CC GmbH mit der Reinigung dieses Gebäudes betraut war, es über längere Zeit unterlassen hat, den Abfall zur Abholung für die Müllabfuhr bereit zu stellen. EE hat FF daher beauftragt, den Abfall für die Abholung bereitzustellen. Entgegen dieser Anweisung hat FF im Zeitraum vom 31.03.2019 bis 01.04.2019 eigenmächtig den unsortierten Abfall (getrennt zu sammelnden Siedlungsabfälle, Biomüll und Restmüll) mit ihrem privaten PKW zur Sammelinsel Nr *** in die Adresse 3 in W transportiert und in 11 80-Liter-Kunststoffsäcken vor den dort aufgestellten Wertstoffsammelcontainern deponiert.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem angefochtenen Bescheid und aus der Beschwerde. Insbesondere bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass eine Mitarbeiterin der CC GmbH im Rahmen der Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten den inkriminierten Abfall eigenmächtig entsorgt hat.

IV.      Rechtslage:

Die relevante Bestimmung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) lautet auszugsweise wie folgt:

„Begriffsbestimmungen

§ 2.

(…)

(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

1.       ist „Abfallbesitzer“

a)       der Abfallerzeuger oder

b)       jede Person, welche die Abfälle innehat;

(…)“

Die relevanten Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes (TAWG) lauten auszugsweise wie folgt:

„§ 11

Sammlung und Abfuhr von Siedlungsabfällen

(…)

(2) Die Abfallbesitzer haben dafür zu sorgen, dass

a)       der Restmüll ausschließlich in die Restmüllbehälter eingebracht wird,

b)       die getrennt zu sammelnden Siedlungsabfälle in die hierzu bestimmten Behältnisse eingebracht werden,

c)       die biologisch verwertbaren Abfälle in die hierzu bestimmten Biomüllbehälter eingebracht werden, soweit sie nicht auf dem Grundstück des Erzeugers fachgerecht kompostiert oder, soweit dies nach anderen bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen zulässig ist, an Tiere verfüttert werden, und

(…)

§ 20

Strafbestimmungen

(…)

(2) Wer

(…)

b)       als Abfallbesitzer den Verpflichtungen nach § 11 Abs. 2 und 3 und § 13 Abs. 3 nicht nachkommt,

(…)

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 3.600,– Euro zu bestrafen.“

Die relevante Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) lautet auszugsweise wie folgt:

„Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9.

(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(…)“

V.       Erwägungen:

Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, dass eine Mitarbeiterin der CC GmbH durch die Deponierung von Abfall zur Tatzeit am Tatort eine Verwaltungsübertretung nach §§ 11 Abs 2 lit a, b und c iVm § 20 Abs 2 lit b TAWG begangen hat. Er bestreitet jedoch, dass er als Geschäftsführer der CC GmbH dafür gemäß § 9 VStG zur Verantwortung zu ziehen ist.

Bezugspunkt des § 9 VStG ist die Verantwortlichkeit für jene Rechtsvorschriften, deren Einhaltung der juristischen Person bzw der eingetragenen Personengesellschaft obliegt. Die Verantwortlichkeit gemäß § 9 VStG setzt daher voraus, dass die in Rede stehenden Straftaten nicht bloß im Umfeld der juristischen Person begangen werden, sondern dieser auch rechtlich zurechenbar sind. Voraussetzung einer solchen Zurechnung ist das Bestehen einer einschlägigen, die juristische Person bzw die Personengesellschaft als solche treffende Rechtspflicht. Bezieht sich die Rechtspflicht bloß auf das Verhalten einer natürlichen Person, so ist § 9 VStG unanwendbar (vgl Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 9 RZ 7, Stand 01.05.2017, rdb.at).

Im vorliegenden Fall hat sich die CC GmbH mittels Werkvertrag verpflichtet, den Abfall der DD AG zu sammeln, zu trennen und für die Müllabfuhr bereitzustellen. Im Rahmen dieser zivilrechtlichen Verpflichtung hat die Mitarbeiterin der CC GmbH den inkriminierten Abfall von der DD AG als Vorbesitzerin übernommen. Damit ist die Innehabung auf die CC GmbH übergegangen. Gemäß § 2 Abs 6 Z 1 lit b AWG 2002 ist jede Person „Abfallbesitzer“, welche die Abfälle innehat. Es reicht somit bereits die Innehabung der Abfälle aus, wobei der Begriff "Abfallbesitzer" weit auszulegen ist. Auf einen "Besitzwillen" des Inhabers kommt es nicht an (vgl VwGH 28.05.2019, Ro 2018/05/0019). Die CC GmbH wurde somit zur Abfallbesitzerin iSd § 2 Abs 6 Z 1 lit b AWG 2002 und muss für die diesbezüglich einschlägigen Pflichten – insbesondere für die ordnungsgemäße Einbringung der Abfälle in die jeweiligen Müllbehälter iSd § 11 Abs 2 TAWG – einstehen (vgl auch VwGH 22.03.2012, 2008/07/0204). Der CC GmbH ist somit das rechtswidrige Handeln seiner Mitarbeiterin bei der Entsorgung der Abfälle zuzurechnen.

Bei Übertretungen der § 11 Abs 2 iVm § 20 Abs 2 lit b TAWG handelt es sich um so genannte Ungehorsamsdelikte, weil zu den Tatbestandsvoraussetzungen weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehört. Für solche Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens bedeutet dabei, dass die Behörde von der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache zu überzeugen ist (vgl VwGH 01.10.1997, 96/09/0007). Der Täter hat hierzu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen. Ist der Beschuldigte verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG, so hat er darzulegen, dass die Einhaltung der Norm ohne sein Verschulden nicht möglich war (vgl VwGH 19.09.1989, 89/08/0221).

Die Strafbarkeit der nach § 9 VStG verantwortlichen Personen folgt nicht aus der bloßen Innehabung einer solchen Stellung, sondern kraft eigenen Fehlverhaltens. Die Strafbarkeit besteht also nur im Rahmen eigenen Verschuldens (vgl VwGH 19.09.1990, 90/03/0148). Soweit im Zuständigkeitsbereich dieser verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Personen – aus welchen Gründen immer – keine Verwaltungsübertretungen stattfinden, stellt sich die Frage der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung nicht; die Einrichtung eines Regel- oder Kontrollsystems kann auf sich beruhen. Kommt es allerdings zu einem Rechtsverstoß, dann hat der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche für diese Rechtsverletzung einzustehen, soweit er nicht durch geeignete Maßnahmen entsprechende Vorsorge zur Vermeidung solcher Rechtswidrigkeiten getroffen hat. Diese Vorsorge muss der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche nicht notwendigerweise durch eine eigene operative Betätigung in der Überwachung von Mitarbeitern (als „Unternehmenspolizist“) treffen. In Betracht kommt auch die Einrichtung und Effektuierung eines der Verhinderung von Regelverstößen dienenden Regel- und Kontrollsystems (vgl VwGH 13.10.1993, 93/02/0181). Dazu sind alle Vorkehrungen zu treffen, wodurch bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit (vgl VwGH 25.11.1987, 86/09/0174) unter den vorhersehbaren Verhältnissen (vgl VwGH 07.03.1984, 84/09/0032) der Rechtsverstoß hätte vermieden werden können; dazu gehört nicht nur ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von Aufsichtsorganen, sondern auch dessen Überwachung (vgl VwGH 25.11.1987, 86/09/0174). Ein diesbezügliches Organisationsverschulden führt zur Strafbarkeit des verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen (vgl VwGH 26.06.2006, 2006/09/0004). Hat diese Person aber ein nach objektiven Maßstäben taugliches Regel- und Kontrollsystem eingerichtet (und damit seine diesbezüglichen Sorgfaltsanforderungen erfüllt), begründet nach der Rechtsprechung (vgl VwGH 23.04.1996, 95/11/0411) das Versagen dieses Systems im Einzelfall keinen zur Strafbarkeit führenden Fehler (vgl auch Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 9 RZ 42, Stand 01.05.2017, rdb.at).

Die inhaltlichen Anforderungen an ein wirksames Regel- und Kontrollsystem sind streng. Dieses muss so beschaffen sein, dass es die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lässt; und zwar auch dann, wenn die Verstöße ohne Wissen und Willen des verantwortlichen Organs begangen werden (vgl VwGH 30.03.1982, 81/11/0080). Erforderlich sind jedenfalls diesbezügliche Instruktionen und gegebenenfalls Schulungen, wirksame Kontrollen sowie für den Fall von Verstößen Sanktionierungsinstrumente zur Sicherstellung regelkonformen Verhaltens. Hinsichtlich des Kontrollsystems ist es nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, dass die Leitungsorgane oder die von ihnen Beauftragten eigenhändig die entsprechenden Überwachungen vornehmen, es bedarf aber einer direkten diesbezüglichen Einbindung der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen; und zwar derart, dass – ausgehend von ihnen selbst – eine durchgehende Kontroll- und Überwachungskette bis zur untersten Ebene besteht, die die Einhaltung der entsprechenden Regeln und Instruktionen sicherstellt. Weisungen, Anweisungen und Schulungen ohne wirksame Kontrollen sind insoweit nicht ausreichend (vgl VwGH 19.09.2001, 99/09/0258; 26.01.1996, 96/02/0005). Darzulegen ist, welche Maßnahmen der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Systems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl VwGH 20.12.1996, 93/02/0160; 26.01.2001, 96/02/0011; 19.12.1997, 96/02/0173). Der Beschuldigte hat das Bestehen eines – den vorgenannten Anforderungen entsprechenden – Regel- und Kontrollsystems im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheit gemäß § 5 Abs 1 VStG aus Eigenem darzutun. Eine abstrakte Beschreibung reicht nicht aus; aufzuzeigen ist, wie das System konkret im Einzelfall funktionieren sollte, also wer welche Maßnahmen in welcher Form zu ergreifen verpflichtet war, um das Funktionieren des Systems insgesamt zu gewährleisten (vgl VwGH 19.12.1997, 96/02/0173). Anzugeben ist dabei, auf welche Art, in welchem Umfang und in welchen zeitlichen Abständen Kontrollen durchgeführt wurden (vgl VwGH 19.11.1990, 90/19/0413). Hat sich der Rechtsverstoß an einem bestimmten Dienstort des Unternehmens ereignet, dann ist nach der Rechtsprechung (vgl VwGH 02.07.1990, 90/19/0109) das Funktionieren des Systems auch und gerade an diesem Dienstort konkret darzulegen (vgl auch Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 9 Rz 43 und 44, Stand 01.05.2017, rdb.at).

Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC GmbH war. Als solcher hatte er dafür Sorge zu tragen, dass die Vorschriften des Verwaltungsstrafrechts eingehalten werden. Der Beschwerdeführer hat aber weder das Bestehen eines Regel- oder Kontrollsystems in seinem Unternehmen ins Treffen geführt, noch hat er konkrete Maßnahmen beschrieben, die die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorschriften im Rahmen des Reinigungsauftrages am Tatort hätten sicherstellen können. Ganz im Gegenteil hat er sogar ausgeführt, dass es eine Überspannung seiner Kontrollpflichten bedeuten würde, wenn er alle seine Mitarbeiter ständig überwachen müsse. Dem Beschwerdeführer ist es damit nicht gelungen, das Bestehen eines wirksamen Regel- und Kontrollsystems glaubhaft zu machen.

Soweit der Beschwerdeführer einwendet, dass seine Mitarbeiterin eigenmächtig gehandelt habe, ist klarzustellen, dass das im Unternehmen einzurichtende Regel- und Kontrollsystem nach stRsp selbst für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern Platz zu greifen hat. Es kann daher kein Vertrauen darauf geben, dass auch eingewiesene, laufend geschulte und ordnungsgemäß ausgerüstete Arbeitnehmer die einschlägigen Vorschriften einhalten (vgl VwGH 05.06.2019, Ra 2016/08/0088).

Auch dass die betroffene Mitarbeiterin von ihrer Vorgesetzten angewiesen wurde, den Abfall ordnungsgemäß zu entsorgen, befreit den Beschwerdeführer nicht von seiner Verantwortung. Nach stRsp reicht nämlich die Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer Oberaufsicht nicht aus, um unter vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten zu lassen. Um von einem wirksamen Kontrollsystem sprechen zu können, bedarf es der Überwachung der erteilten Weisungen auf ihre Befolgung (vgl VwGH 08.07.1991, 91/19/0086).

Schließlich spielt es auch keine Rolle, ob die rechtswidrige Abfallentsorgung vor oder nach Dienstschluss der Mitarbeiterin des Beschwerdeführers stattgefunden hat. Die Verantwortung des Geschäftsführers für die ordnungsgemäße Abfallbehandlung in seinem Unternehmen endet nämlich weder mit dem Verlassen des Betriebsgeländes (vgl auch VwGH 20.03.2018, Ra 2017/03/0092; 21.04.1999, 98/03/0350) noch mit dem Dienstschluss seiner Mitarbeiter.

Übernimmt jemand die Tätigkeit eines handelsrechtlichen Geschäftsführers, so ist er verpflichtet, sich mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten vertraut zu machen. Darunter fällt auch, dafür zu sorgen, dass die Rechtsvorschriften durch Mitarbeiter des Betriebes eingehalten werden. (vgl VwGH 15.10.2009, Zl 2009/09/0195). Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Abschließend wird festgehalten, dass gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung absehen werden konnte, da im angefochtenen Bescheid keine Geldstrafe über € 500,- verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Aufgrund des Umstandes, dass der Gesetzgeber bei einer Ermahnung nicht den Begriff des Straferkenntnisses verwendet (gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz VStG kann „die Behörde mit Bescheid eine Ermahnung erteilen“), sind auch keine Verfahrenskosten im Sinne des § 52 VwGVG vorzuschreiben.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

Schlagworte

Abfallentsorgung;
Kontrollsystem;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.44.1942.1

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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