TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/5 G314 2211112-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.08.2019
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Entscheidungsdatum

05.08.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G314 2211112-1/10E

ENDERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Nordmazedonien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 13.11.2018, Zl. XXXX, betreffend internationalen Schutz, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene

Bescheid dahingehend abgeändert, dass es in den Spruchpunkten V. und VI. (die Spruchpunkte I. bis IV. und VIII. bleiben unverändert) richtig zu lauten hat:

"V. Es wird gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Nordmazedonien zulässig ist.

VI. Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) reiste zuletzt am 19.08.2018 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 24.10.2018 internationalen Schutz, als er bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle mit einem gefälschten bulgarischen Personalausweis aufgegriffen wurde. Am selben Tag wurde seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts durchgeführt. Am 12.11.2018 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zu seinem Antrag vernommen.

Befragt zu Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen gab er an, dass er seine Heimat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe und nach Österreich gekommen sei, um hier zu arbeiten und sich ein besseres Leben zu machen. Er habe im Bundesgebiet dann (ohne die erforderlichen Bewilligungen und unter einer falschen Identität) für einen Albaner gearbeitet. Da er bei einer finanzpolizeilichen Kontrolle die Wahrheit gesagt habe, nämlich, dass dieser ihm einen gefälschten Ausweis beschafft habe, sei er von ihm und dessen sieben Brüdern mit dem Tode bedroht worden. Bei einer Rückkehr nach Nordmazedonien befürchte er daher, von diesen Personen umgebracht zu werden. Er könne sich deshalb nicht an die nordmazedonische Polizei wenden, die bestechlich sei. In Österreich fühle er sich dagegen sicher.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag des BF sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab, erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach "Herkunftsland" [sic] fest (Spruchpunkt V.), legte gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt VI.), erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.) und trug dem BF gemäß § 15b Abs 1 AsylG auf, ab 24.10.2018 im Quartier "XXXX" Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

Der Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass der BF Nordmazedonien, wo ihm keine asylrelevante Verfolgung drohe, aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Die von ihm angegebene Verfolgung durch Privatpersonen sei keinem Konventionsgrund zuzuordnen. Der BF könne insoweit den (ausreichend vorhandenen) Schutz der nordmazedonischen Sicherheitsbehörden in Anspruch nehmen. Es lägen keine Gründe für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz vor. Angesichts des sozialen Netzwerks des BF sei nicht zu befürchten, dass er in Nordmazedonien in eine existenzbedrohende Notlage geraten werde. Er leide auch nicht an einer Krankheit, die ein Abschiebehindernis bilden könnte. Die Voraussetzungen des § 57 AsylG lägen nicht vor. Eine Rückkehrentscheidung verletze Art 8 EMRK nach Maßgabe einer Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG nicht, zumal der BF im Inland kein schützenswertes Familienleben habe und den Kontakt mit seiner in Österreich lebenden Freundin (die noch mit einem anderen Mann verheiratet sei und mit der er nie zusammengelebt habe) auch bei Besuchen im Rahmen visumfreier Aufenthalte pflegen könne. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 50 Abs 1 bis 3 FPG sei seine Abschiebung nach Nordmazedonien zulässig. Aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz sei dem BF aufgetragen worden, in einer Betreuungsstelle des Bundes Unterkunft zu nehmen, weil sich sein Antrag auf einen Staat gemäß § 19 BFA-VG beziehe. Dies sei ihm mit Verfahrensanordnung vom 24.10.2018 zur Kenntnis gebracht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde mit den Anträgen auf Durchführung einer Beschwerdeverhandlung und auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Der BF begehrt primär die Gewährung von Asyl, in eventu von subsidiärem Schutz. Hilfsweise strebt er auch die Feststellung der dauernden Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG an. Er bringt zusammengefasst vor, dass die Bescheidbegründung, insbesondere die Beweiswürdigung, mangelhaft sei. Bei der Vornahme der gebotenen Interessenabwägung iSd § 9 BFA-VG hätte die Behörde das Überwiegen der privaten und familiären Interessen des BF in Österreich und anderen Mitgliedstaaten feststellen können. Dazu legte der BF ein von ihm verfasstes handschriftliches Schreiben in albanischer Sprache und einen von der Heinrich-Böll-Stiftung publizierten Artikel vom 14.12.2016 über die Schwierigkeiten von Bürgerrechtsorganisationen in (Nord-) Mazedonien vor.

Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG mit dem Antrag vor, sie als unbegründet abzuweisen.

Mit dem Teilerkenntnis vom 18.12.2018 wies das BVwG den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurück und behob Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids. Der Beschwerde wurde somit die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Der Aufforderung des BVwG, eine Übersetzung des mit der Beschwerde vorgelegten Schreibens ins Deutsche vorzulegen, kam er insoweit nach, als er ein in deutscher Sprache verfasstes handschriftliches Schreiben vorlegte. Daraus ergibt sich, dass er in Österreich mit gefälschten Dokumenten erwerbstätig gewesen sei und mehrmals von Privatpersonen mit dem Tode bedroht worden sei. Die Polizei in Österreich könne ihn besser und effizienter schützen als die Polizei in Nordmazedonien, die bestechlich sei. Er wolle mit seiner in Österreich lebenden Freundin ein ehrliches Leben führen.

Das BFA informierte das BVwG in der Folge über zwei strafgerichtliche Verurteilungen des BF durch das Landesgericht Linz.

Mit Verfahrensanordnung vom 23.05.2019 wurde die angeordnete Unterkunftnahme aufgehoben.

Feststellungen:

Der BF wurde am XXXX in der nordmazedonischen Hauptstadt XXXX geboren und ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien. Er gehört der albanischen Volksgruppe an und bekennt sich zum Islam. Seine Muttersprache ist Albanisch; er spricht aber auch Bosnisch und Mazedonisch und hat Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Von 1994 bis 2002 besuchte er in seinem Herkunftsstaat die Schule, absolvierte aber keine weiterführende Berufsausbildung. Er ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Vor seiner Einreise in das Bundesgebiet lebte er mit seiner Schwester und seinen Eltern zusammen in Nordmazedonien im Dorf XXXX (Gemeinde XXXX). Er verdiente seinen Lebensunterhalt durch seine Erwerbstätigkeit als Bauhilfsarbeiter und Autowäscher. Seine Mutter, seine Schwester, ein Onkel und eine Tante leben nach wie vor in Nordmazedonien.

Der BF reiste erstmals im Juli 2016 in das Bundesgebiet ein. Er hatte Nordmazedonien aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, weil er in Österreich arbeiten wollte und sich ein besseres Leben erhoffte. Er begann, im Bundesgebiet unter Verwendung eines totalgefälschten slowenischen Personalausweises, ausgestellt auf die Scheinidentität "XXXX, geboren am XXXX", den er zum Nachweis seines rechtmäßigen Aufenthalts und zum Zugang zum Arbeitsmarkt als EWR-Bürger verwendete, auf Baustellen zu arbeiten. Unter dieser Scheinidentität war er von 21.07.2016 bis 01.08.2016 an einer Adresse in XXXX mit Nebenwohnsitz gemeldet.

Im August 2016 lernte der BF die in XXXX lebende thailändische Staatsangehörige XXXX kennen. Er ging mit ihr eine (Liebes-) Beziehung ein, obwohl sie noch mit einem österreichischen Staatsbürger, von dem sie auch ihre Aufenthaltserlaubnis ableitet, verheiratet war. Der BF hielt sich immer wieder ohne Wohnsitzmeldung in der von XXXX bewohnten Wohnung in XXXX auf. Andere ihm nahestehende Personen in Österreich hat er nicht.

Von 01.08. bis 17.10.2016 und von 21. bis 23.04.2018 ging der BF unter seiner richtigen Identität im Bundesgebiet einer bei der Sozialversicherung gemeldeten unselbständigen Erwerbstätigkeit nach, ohne jedoch über einen entsprechenden Aufenthaltstitel oder eine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung zu verfügen.

Der BF kehrte zwischendurch mehrmals nach Nordmazedonien zurück. Am 08.02.2018 wurde ihm dort ein bis 07.02.2028 gültiger Reisepass ausgestellt, mit dem er am 14.02.2018 wieder in den Schengenraum einreiste. Im März 2018 verstarb der Vater des BF in Nordmazedonien. Der BF begab sich daraufhin in seinen Heimatstaat. Am 23.04.2018 wies er sich bei einer Kontrolle durch die Finanzpolizei auf einer Baustelle in XXXX mit dem totalgefälschten slowenischen Personalausweis aus, der daraufhin sichergestellt wurde. Am 05.05.2018 reiste der BF aus dem Schengengebiet aus und kehrte am 09.05.2018 wieder zurück.

Zuletzt reiste er am 19.08.2018 in das Bundesgebiet ein. Am 27.08.2018 verwendete er einen totalgefälschten bulgarischen Personalausweis, ausgestellt auf die Scheinidentität "XXXX, geboren am XXXX", um damit eine Anmeldung als Arbeiter bei der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse und die Ausstellung einer auf die Scheinidentität lautenden E-Card zu erwirken. Unter dieser Scheinidentität ging er von 27.08.2018 bis 26.09.2018 einer unselbständigen Erwerbstätigkeit als Eisenbieger bei einem Unternehmen in XXXX nach.

Seit der Beantragung von internationalem Schutz bezieht der BF Grundversorgungsleistungen. Er war bis Ende Mai 2019 in der Betreuungseinrichtung des Bundes in XXXX untergebracht, seither ist er in einer Betreuungsstelle in XXXX untergebracht.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2018, XXXX, wurde der BF wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223 Abs 2, 224 StGB zu einer für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, weil er bei der finanzpolizeilichen Kontrolle am XXXX.2018 den totalgefälschten slowenischen Personalausweis gebraucht hatte. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2019, XXXX, wurde er gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die Vorverurteilung zu einer für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Zusatzfreiheitsstrafe von einem Monat verurteilt, weil er am 27.08.2018 den totalgefälschten bulgarischen Personalausweis verwendet hatte. Als mildernd wurden in den beiden Urteilen zusammengefasst das Geständnis und die Unbescholtenheit berücksichtigt; das Zusammentreffen zweier Vergehen und die Tatbegehung während eines anhängigen Verfahrens wirkten sich dagegen erschwerend aus.

Der BF ist in Nordmazedonien keiner dem Staat zurechenbaren Gefährdung oder Verfolgung ausgesetzt. Er wird dort weder strafrechtlich noch politisch verfolgt. Er hatte keine Probleme mit den nordmazedonischen Behörden; solche sind auch bei seiner Rückkehr nicht zu befürchten. Es ist nicht zu erwarten, dass er bei seiner Rückkehr nach Nordmazedonien in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage gerät. Er ist gesund und arbeitsfähig.

Der BF befürchtet bei seiner Rückkehr nach Nordmazedonien dort von einem Albaner, über den er hier eine illegale Beschäftigung erhalten habe, oder von dessen sieben Brüdern, von denen sich fünf in Österreich und zwei im Kosovo aufhalten sollen, verfolgt zu werden. Er sei von ihnen bedroht worden, weil er bei der Polizei wahrheitsgemäß angegeben habe, dass ihm dieser Mann, der ihm auch noch Geld schulde, den gefälschten slowenischen Ausweis besorgt hätte. An die nordmazedonische Polizei, der er für korrupt halte, könne er sich diesbezüglich nicht wenden.

Zur allgemeinen Lage im Nordmazedonien:

Durch die Änderung des Staatsnamens in Nordmazedonien im Februar 2019 wurde ein Abkommen mit Griechenland vom Juni 2018 umgesetzt und der Namensstreit beigelegt. Inzwischen wurde der Beitritt Nordmazedoniens zur NATO eingeleitet.

Nordmazedonien ist nach seiner Verfassung ein demokratischer Rechtsstaat mit parlamentarischem Regierungssystem und Gewaltenteilung. Das Parlament besteht aus einer Kammer. Die Abgeordneten werden in freier, gleicher und geheimer Wahl auf vier Jahre gewählt. Im Dezember 2005 erhielt Nordmazedonien den Status eines EU-Beitrittskandidaten.

Anfang 2016 trat der seit 2006 regierende Premierminister Nikola GRUEVSKI nach landesweiten Protesten wegen Korruptionsvorwürfen und eines Abhörskandals zurück. Nach der Parlamentswahl Ende 2016 und einer monatelangen Verfassungskrise bestätigte das Parlament Ende Mai 2017 das vom Sozialdemokraten Zoran ZAEV geführte Kabinett. Der Koalition gehören auch Parteien der albanischen Minderheit an. Erstmals seit 2006 gehört die nationalkonservative Partei des langjährigen Regierungschefs Nikola GRUEVSKI (VMRO-DPMNE) nicht mehr der Regierung an.

Die Sicherheitslage im gesamten Land ist stabil. Die Sicherheitslage in Kumanovo hat sich nach einer Schießerei im Mai 2015, bei der mehrere Personen ums Leben kamen und zahlreiche verletzt wurden, beruhigt. Es kann zu Protesten und Demonstrationen in der Hauptstadt Skopje und in anderen Städten kommen. Das Risiko von Terroranschlägen kann nicht ausgeschlossen werden.

Das nordmazedonische Justizsystem ist weitgehend funktionsfähig und verfügt über gesetzliche Garantien der Unabhängigkeit. Die Selbstverwaltung der Justiz wurde institutionell durch einen unabhängigen und autonomen Justizrat gestärkt. Die nicht ausreichende Finanzierung der Justiz behindert den Gerichtsbetrieb und seine Effizienz. Der Zugang zur Justiz ist schwierig; wesentliche Teile der Gerichtsbudgets werden für Zahlungen an Bürger wegen Verletzung des Rechts auf ein Verfahren innerhalb angemessener Zeit aufgewendet. Gerichtsentscheidungen erfolgen manchmal aufgrund administrativer Mängel beträchtlich verzögert. In bestimmten Fällen von großem öffentlichen Interesse werden eine "selektive Justiz" und unerlaubte (politische) Einflussnahme vermutet.

Die zivilen Behörden üben eine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus, dennoch gab es Berichte über Straffreiheit im Zuge polizeilicher Amtshandlungen. Korruption, mangelnde Transparenz und politischer Druck innerhalb des Innenministeriums werden als Hindernisse bei der Verbrechensbekämpfung, insbesondere der organisierten Kriminalität, genannt. Die Polizei ist interethisch besetzt.

Gesetze verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche und entwürdigende Behandlung und Bestrafung. Dennoch gibt es Berichte von Übergriffen seitens der Polizei bei Verdächtigen, insbesondere in Polizeigewahrsam und Gefängnissen.

Korruption ist ein ernstes Problem; es kommt nur in einem geringen Prozentsatz der Fälle zu einer polizeilichen Anzeige und noch seltener zu einer gerichtlichen Verurteilung. Die meistbetroffenen Sektoren sind Justiz, Regierung, Zoll, Staatsanwaltschaft und Parlament.

Die Verfassung garantiert alle demokratischen Grundrechte und setzt im Bereich der Menschen- und Minderheitenrechte hohe Standards. Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit, die Druckausübung der Regierung auf Medien blieb jedoch ein Problem. Zahlreiche Journalisten wurden von den Behörden abgehört. Unabhängige Journalisten wurden weiterhin angegriffen. Das Gefängnissystem ist stark unterfinanziert, personell unterbesetzt und schlecht verwaltet, was zu systemischen Verletzungen der internationalen Menschenrechtsstandards führt. Die Verfassung und andere Gesetze schützen die Religionsfreiheit und die Regierung respektiert im Allgemeinen dieses Recht in der Praxis. Die Todesstrafe wurde für alle Straftaten abgeschafft.

Nordmazedonien ist ein Staat mit stark gemischter Bevölkerung. Neben ethnischen Mazedoniern gibt es mit ethnischen Albanern, Roma, Türken, Bosniaken, Serben und Vlachen eine Vielzahl von Minderheiten. Die Minderheitenrechte sind umfassend durch die Verfassung gewährleistet, insbesondere seit dem im August 2001 geschlossenen und weitgehend umgesetzten Ohrider Rahmenabkommen, das einen bewaffneten Konflikt zwischen ethnischen Mazedoniern und Albanern beendete. Seither hat sich die Repräsentanz der Albaner und anderer Minderheiten in Regierung und Verwaltung zahlenmäßig deutlich verbessert. Roma sind von Segregation betroffen und leiden im Vergleich zur restlichen Bevölkerung besonders oft unter Armut, materieller Entbehrung und Arbeitslosigkeit. Eine systematische Verfolgung der Roma-Minderheit oder der albanischen Minderheit ist staatlicherseits durch Polizei oder andere Stellen nicht feststellbar. Dennoch bestehen Spannungen zwischen der ethnisch-mazedonischen Bevölkerungsmehrheit und der albanischen Minderheit. Verfassung und Gesetze verbieten Diskriminierung aufgrund von Alter, Geschlecht, Rasse, Behinderung, Sprache und ethnischer, sozialer oder politischer Zugehörigkeit. Grundsätzlich besteht Reise- und Niederlassungsfreiheit.

Das Durchschnittsgehalt eines Berufstätigen entspricht nach offiziellen Angaben etwa 35 % des EU-Durchschnitts. Nach Weltbank-Schätzungen leben mehr als 20 % der Bevölkerung in Armut. Die Maßnahmen im Rahmen der nationalen Strategie zur Bekämpfung der Armut zeigten nur begrenzte Auswirkungen. Die Armutsrate, vor allem unter den Roma, bleibt hoch. Die Arbeitslosenquote in Nordmazedonien war in den letzten Jahren weiterhin sehr hoch, allerdings bietet die informelle Wirtschaft zahlreiche Einkommensmöglichkeiten.

Die medizinische Versorgung ist mit Mitteleuropa annähernd vergleichbar, aber vielfach technisch, apparativ und hygienisch nicht auf dem neuesten Stand, insbesondere außerhalb der großen Städte. In Einzelfällen kann es auch zu Lücken in der Versorgung mit Medikamenten kommen. Die Rückkehr in das öffentliche Gesundheitssystem ist problemlos möglich. Es gibt keine Wartefristen für die Wiedereingliederung nach längerer Abwesenheit. Weder im Bereich der Sozialhilfe noch im Gesundheitssystem gibt es diskriminierende Sonderbestimmungen für rückkehrende Asylantragsteller, auch nicht für zwangsweise Rückgeführte.

Der Zugang zum Sozialsystem, zum Bildungs- und Gesundheitswesen sowie zum Arbeitsmarkt hängt nicht vom Besitz eines Reisepasses ab. Eine Sperrung von Sozialhilfeleistungen erfolgt nicht, sie müssen allerdings nach der Rückkehr neu beantragt werden. Die damit verbundene Prüfung kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen.

Es gibt keine Anzeichen für staatliche Repressalien gegen Rückkehrer, die im Ausland Asyl beantragt haben.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt der Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Feststellungen zur Identität des BF basieren auf seinem Reisepass, der dem BVwG in Kopie vorliegt und dessen Echtheit nicht in Zweifel gezogen wurde. Da darin XXXX als sein Geburtsort aufscheint, kann seiner Aussage, er sei in XXXX zur Welt gekommen, nicht gefolgt werden. Die Volksgruppenzugehörigkeit und das Religionsbekenntnis des BF ergeben sich aus seine Angaben bei der Erstbefragung, ebenso seine Sprachkenntnisse. Die Verständigung mit den den Befragungen im Asylverfahren beigezogenen Albanischdolmetschern war problemlos. Basiskenntnisse der deutschen Sprache werden aufgrund der entsprechenden Behauptung des BF bei der Erstbefragung festgestellt, die aufgrund seines Aufenthalts und der Erwerbstätigkeit im Inland plausibel ist. Auch die offenbar von ihm selbst auf Deutsch verfasste Beschwerdeeingabe belegt gewisse Deutschkenntnisse.

Der BF schilderte seine Schulbildung bei der Erstbefragung. Bei der Einvernahme vor dem BFA machte er schlüssige und plausible Angaben zu seinen Lebensumständen vor der Einreise in das Bundesgebiet 2016 und zu seinen in Nordmazedonien lebenden Angehörigen.

Der BF schilderte ebenso nachvollziehbar, dass er Nordmazedonien Mitte 2016 aus wirtschaftlichen Gründen verließ. Die Erwerbstätigkeit zunächst unter einer slowenischen und später unter einer bulgarischen Scheinidentität sowie die Verwendung gefälschter Ausweise gibt er unumwunden zu; dies wird auch durch die Angaben im Übergabebericht vom 24.10.2018, im E-Mail der Finanzpolizei vom 05.11.2018 und in den Urteilen des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2018 und vom XXXX.2019 untermauert. Die Wohnsitzmeldung unter der falschen slowenischen Identität ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister (ZMR). Die Anmeldung zur Sozialversicherung als "XXXX" und die auf diesen Namen ausgestellte E-Card liegen in Kopie vor.

Die Beziehung des BF zu einer in Linz lebenden thailändischen Staatsangehörigen wird anhand seiner Darstellung bei der Erstbefragung und vor dem BFA festgestellt. Dies deckt sich mit der Wohnsitzmeldung von XXXX laut ZMR. Der BF gab an, dass ein Scheidungsverfahren zwischen ihr und ihrem Ehemann anhängig sei. Es gibt aber keine aussagekräftigen Anhaltspunkte dafür, dass die Ehe mittlerweile geschieden wurde, zumal laut ZMF die Ehegatten XXXX nach wie vor an derselben Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet sind und ihr Familienstand noch immer mit "verheiratet" angegeben wird.

Andere dem BF nahestehende Bezugspersonen in Österreich werden von ihm nicht angegeben und lassen sich den Akten auch nicht entnehmen.

Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des BF im Bundesgebiet ergeben sich aus seinen Angaben und den Versicherungsdatenauszügen betreffend die von ihm verwendeten Identitäten. Er behauptet nicht, dass ihm einmal ein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Dergleichen ergibt sich auch aus den Akten und dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR) nicht. Das Fehlen einer arbeitsmarktbehördliche Bewilligung folgt schon aus dem Fehlen eines entsprechenden Aufenthaltstitels und wird durch die Verwendung falscher Identitäten und Dokumente weiter belegt.

Die Daten der letzten Ein- und Ausreisen des BF in den Schengenraum werden durch die Grenzkontrollstempel in seinem Reisepass belegt. Daraus und aus seinen eigenen Angaben folgt, dass er nach der Einreise in das Bundesgebiet im Juli 2016 immer wieder nach Nordmazedonien zurückkehrte.

Der Bezug von Grundversorgungsleistungen geht aus dem Auszug aus dem GVS-Betreuungsinformationssystem hervor; die Unterbringung des BF daraus und aus seinen Wohnsitzmeldungen laut ZMR. Aus dem GVS-Betreuungsinformationssystem ergibt sich im Übereinstimmung mit dem IZR, dass die Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG im Mai 2019 aufgehoben wurde.

Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen und zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen basieren auf dem Abwesenheitsurteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX.2018, XXXX, und dem Strafurteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX.2019, XXXX. Die Rechtskraft der Verurteilungen und wird durch die entsprechenden Einträge im Strafregister belegt, in dem keine weiteren Verurteilungen des BF dokumentiert sind. Dementsprechend wurde auch seine Unbescholtenheit als Milderungsgrund berücksichtigt. Anhaltspunkte für strafgerichtliche Verurteilungen des BF in anderen Staaten sind nicht aktenkundig.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF beruhen auf seinen schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben bei seinen Einvernahmen. Es gibt keine Hinweise auf schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen oder auf Einschränkungen seiner Arbeitsfähigkeit, zumal er in einem erwerbsfähigen Alter ist und auch noch 2018 immer wieder einer Beschäftigung nachging.

Anhaltspunkte für über die Feststellungen hinausgehende maßgebliche Integrationsmomente des BF in Österreich sind nicht aktenkundig, sodass von deren Fehlen auszugehen ist.

Die Feststellung, dass der BF in Nordmazedonien keiner dem Staat zurechenbaren Verfolgung ausgesetzt sein wird, beruht darauf, dass er keine Verfolgung durch staatliche Akteure, sondern durch (kriminelle) Privatpersonen schildert und sich auch noch nicht an die nordmazedonischen Sicherheitskräfte wendete. Die Feststellung, dass nicht zu erwarten sei, dass er bei seiner Rückkehr nach Nordmazedonien in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage gerät, beruht auf der festgestellten Lage dort, seiner Ausbildung und Arbeitsfähigkeit sowie seinem dort vorhandenen familiären Netzwerk. Der BF stellte eine allfällige, ihm bei seiner Rückkehr drohende unmenschliche Behandlung, Strafe oder staatliche Sanktion ausdrücklich in Abrede, ebenso Probleme mit Polizei, Militär oder anderen staatlichen Organen in Nordmazedonien. Er erklärte auch, dass gegen ihn keine staatlichen Fahndungsmaßnahmen bestünden und verneinte jegliche politische Aktivität.

Die Feststellungen zur Lage im Nordmazedonien beruhen auf den Länderinformationen der Staatendokumentation, die unter detaillierter Angabe der jeweiligen Quellen in den angefochtenen Bescheid aufgenommen wurden. Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung nur auszugsweise, soweit entscheidungswesentlich, wiedergegeben. Zu den Quellenangaben im Einzelnen wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen. Aufgrund der weitgehend stabilen Situation in Nordmazedonien, insbesondere seit dem Rücktritt des umstrittenen früheren Premierministers GRUEVSKI, der Parlamentswahl Ende 2016 und dem Amtsantritt der neuen Regierung unter Premierminister ZAEV im Mai 2017, sind die vom BFA herangezogenen Länderinformationen (Stand 01.06.2017) weiterhin ausreichend aktuell, wie auch der Vergleich mit dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand 15.01.2019) zeigt, aus dem sich keine entscheidungserheblichen Änderungen ergeben. Die Namensänderung zu "Nordmazedonien" im Februar 2019 ist in zahlreichen öffentlich zugänglichen Quellen und Medienberichten übereinstimmend dokumentiert (siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Nordmazedonien, Zugriff am 02.08.2019). Durch die Wahl des sozialdemokratischen Kandidaten Stevo PENDAROVSKI zum nordmazedonischen Präsidenten Anfang Mai 2019 hat sich die politische Lage mittlerweile weiter stabilisiert (siehe etwa

https://www.kleinezeitung.at/politik/aussenpolitik/5622915/GeringeWahlbeteiligung_Sozialdemokrat-Pendarovski-wird-Praesident, https://www.sn.at/politik/weltpolitik/nordmazedonien-bekommt-sozialdemokratischen-praesidenten-69772819, Zugriff jeweils am 02.08.2019).

Das BFA hat dem BF die maßgeblichen Feststellungen zur allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Der BF ist diesen Informationen nicht substantiiert entgegengetreten. Der mit der Beschwerde vorgelegte Artikel führt zu keinen anderen Feststellungen, weil er nicht mehr aktuell ist, zumal sich die politischen Verhältnisse seit dem Rücktritt des darin kritisierten früheren Premierministers GRUEVSKI signifikant geändert haben. Außerdem sind die in diesem Artikel enthaltenen Informationen zur Lage in Nordmazedonien nicht entscheidungswesentlich, weil gar kein zivilgesellschaftliches Engagement des BF aktenkundig ist.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention, kurz GFK) droht.

Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlands befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Lands zu bedienen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Unter "Verfolgung" ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350).

Einer von Privatpersonen oder privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 28.06.2011, 2011/01/0102).

Die Asylgewährung aufgrund der vom BF befürchteten Verfolgung durch Privatpersonen scheitert schon daran, dass diese auf kriminellen Motiven beruht und keinem Konventionsgrund zugeordnet werden kann (siehe VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0336). In einem solchen Fall kommt es nicht allein darauf an, ob der Staat Schutz gewähren kann. Entscheidungswesentlich ist vielmehr, auf welche Ursachen allenfalls fehlender staatlicher Schutz zurückzuführen ist. Nur wenn der Heimatstaat des Asylwerbers aus den in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren, käme einer primär kriminell motivierten Verfolgung nämlich asylrelevanter Charakter zu (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010). Hier gibt es keine Anhaltspunkte für einen aus Konventionsgründen fehlenden staatlichen Schutz. Nordmazedonien ist vielmehr als schutzfähig und -willig anzusehen, zumal der nordmazedonische Staat willens und in der Lage ist, den BF vor den befürchteten Übergriffen zu schützen. Dies ist grundsätzlich bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems, an dem der Asylwerber wirksam teilhaben kann, gewährleistet, wenn also der Herkunftsstaat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung der Verfolgungshandlungen, und der Asylwerber Zugang zu diesem Schutz hat (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233).

In Nordmazedonien gibt es eine Polizei, die von den zivilen Behörden grundsätzlich effektiv kontrolliert wird, und ein im Allgemeinen funktionierendes Justizsystem. Auch österreichische Sicherheitsbehörden könnten keinen uneingeschränkten Schutz vor Straftaten Dritter, wie den hier befürchteten gewalttätigen Übergriffen, bieten. Für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der nordmazedonischen Behörden spricht auch, dass Nordmazedonien als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 4 HStV gilt, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (vgl VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Es gibt hier keine Anhaltspunkte dafür, dass gerade der BF keinen Zugang zu dem in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich vorhandenen staatlichen Schutz hätte, zumal er sich wegen der befürchteten Verfolgung durch Private noch gar nicht an die nordmazedonische Polizei gewendet hat. Gegen eine asylrelevante Verfolgung des BF in Nordmazedonien spricht auch, dass er sich dort bis August 2018 immer wieder aufhielt und ihm im Februar 2018 ohne Probleme ein nordmazedonischer Reisepass ausgestellt wurde.

Da auch keine anderen Anhaltspunkte für eine asylrelevante Verfolgung des BF in Nordmazedonien hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt sind, ist auch bei Zugrundelegung der von ihm vorgebrachten Fluchtgründe davon auszugehen, dass keine solche besteht. Die Abweisung des Antrags des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (Abschaffung der Todesstrafe) bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

Bei der Beurteilung der Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, die eine ganzheitliche Analyse der möglichen Gefahren erfordert und sich auf die persönliche Situation der Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob sie in ihrem Herkunftsstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Dies ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen; die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK reicht nicht aus. Wenn im Herkunftsstaat einer Asylwerberin eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, die ein solches Ausmaß erreicht, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich ist, dass auch sie tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltakts sein wird, liegen stichhaltige Gründe für die ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit bei der Rückführung in diesen Staat vor. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit der Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere, in der persönlichen Situation der Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer Art 2 oder Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die der BF bei der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (vgl. VwGH 27.05.2019,

Ra 2019/14/0153).

Voraussetzung für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung oder Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und -fähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141).

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz liegen hier nicht vor. In Nordmazedonien ist die Todesstrafe abgeschafft. Angesichts der stabilen Sicherheitslage besteht keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Bei der Rückführung in seinen Herkunftsstaat droht ihm keine konkrete Gefahr, dort das Leben zu verlieren, Folter oder einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt zu sein.

Es wurde bereits dargelegt, dass Nordmazedonien ausreichend schutzfähig und -willig ist. Der BF ist ein gesunder Mann im erwerbsfähigen Alter, die mit mehreren Landessprachen und den Gepflogenheiten in Nordmazedonien vertraut ist. Er verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und hat Berufserfahrung als Hilfsarbeiter auf Baustellen und in anderen Bereichen. Er ist als nicht besonders schutzbedürftig anzusehen, sodass es ihm möglich sein wird, sich durch eigene Erwerbstätigkeit und allenfalls auch durch die Inanspruchnahme karitativer Hilfsleistungen oder staatlicher Sozialhilfeleistungen in Nordmazedonien wieder eine Existenz aufzubauen, zumal er dort auch ein familiäres Netzwerk hat. Es ist nicht zu befürchten, dass ihm bei der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Nordmazedonien - auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage dort - jedenfalls nicht vor. Der BF hat nicht konkret dargelegt, inwieweit er durch eine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat konkret dem realen Risiko ausgesetzt wäre, dort keine Existenzgrundlage vorzufinden oder sonst einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein.

Dem BF droht in Nordmazedonien im Ergebnis weder durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder fehlenden Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der gemäß § 8 Abs 1 AsylG zu berücksichtigenden, von der EMRK gewährleisteten Rechte. Es bestehen angesichts der stabilen Sicherheitslage in Nordmazedonien keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückführung dorthin für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Daher ist auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wird, ist gemäß § 58 Abs 1 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" ist gemäß § 57 Abs 1 AsylG Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Ein solcher Aufenthaltstitel ist auch Opfern von Gewalt zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO ("Schutz vor Gewalt in Wohnungen") oder nach § 382e EO ("Allgemeiner Schutz vor Gewalt") erlassen wurde oder hätte erlassen werden können, wenn dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt des BF in Österreich war zu keiner Zeit geduldet iSd § 46a FPG. Anhaltspunkte dafür, dass er hier Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde, wurden nicht behauptet und sind auch nicht hervorgekommen. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs 1 AsylG liegen nicht vor.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung über die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem achten Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird und auch kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Eine Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 2 AsylG ist hier ebenso wenig erfolgt wie eine Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 3a AsylG.

Da die Rückkehrentscheidung in das Privatleben des BF eingreift, ist sie gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß

§ 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

In diesem Zusammenhang ist hier zu berücksichtigen, dass dem deutlich unter fünfjährigen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet für sich betrachtet keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (siehe VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0191), auch wenn dieser zuletzt aufgrund des vorübergehenden Aufenthaltsrechts als Asylwerber rechtmäßig war. Ein Familienleben iSd § 9 Abs 2 Z 2 BFA-VG mit seiner thailändischen Freundin bzw. Lebensgefährtin ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil XXXX noch mit einem anderen Mann verheiratet ist und Art 8 EMRK von einer monogamen ehelichen Gemeinschaft ausgeht. Das durch seine Freundschaft mit ihr begründete Privatleben entstand zu einem Zeitpunkt, zu dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war. Er kann den Kontakt auch von Nordmazedonien (oder einem anderen künftigen Aufenthaltsstaat) aus aufrecht halten, z.B. durch Telefonate, andere Kommunikationsmittel (Internet, E-Mail, soziale Medien) oder bei wechselseitigen Besuchen. Der BF spricht zwar Deutsch, war aber im Bundesgebiet nie legal erwerbstätig und ist auch sonst nicht integriert. Er hat starke Bindungen zu seinem Heimatstaat, wo er bis 2016 lebte und arbeitete. Er wurde in Österreich zwei Mal strafgerichtlich verurteilt, wenn auch nur kurze, gänzlich bedingt nachgesehene Freiheitsstrafen (einmal als Zusatzstrafe) verhängt werden mussten. Durch das Auftreten unter falschen Identitäten, die Missachtung melderechtlicher Vorschriften, die Erwerbstätigkeit ohne die erforderlichen Bewilligungen sowie durch seinen dadurch und durch die Überschreitung der erlaubten visumfreien Aufenthaltsdauer nicht rechtmäßigen Aufenthalt verstieß er signifikant gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts. Den Behörden anzulastende überlange Verfahrensverzögerungen liegen nicht vor.

Der vergleichsweise geringen Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des BF in Österreich steht das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen gegenüber, dem als Teil des Interesses am Schutz der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib überwiegt. Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK somit im Ergebnis nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder wurden in der Beschwerde behauptet, die hier eine Rückkehrentscheidung vorübergehend oder auf Dauer unzulässig erscheinen lassen, sodass Spruchpunkt IV. nicht zu beanstanden ist.

Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für diese Feststellung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Wird in einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz im Zusammenhang mit einer Rückkehrentscheidung eine amtswegige Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG getroffen, so ist diese Feststellung, soweit sie sich auf den Herkunftsstaat bezieht, (wegen der inhaltlichen Übereinstimmung des Prüfungsmaßstabs) nur die Konsequenz der Nichtgewährung von Asyl und von subsidiärem Schutz. In dieser Konstellation kommt ihr demnach nur die Funktion zu, den Zielstaat der Abschiebung festzulegen (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat Nordmazedonien festzustellen, zumal ein Drittstaat als Zielstaat der Abschiebung nicht in Betracht kommt. Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ist daher mit der Maßgabe, dass Nordmazedonien auch im Spruch (und nicht nur in der Bescheidbegründung) ausdrücklich als Zielstaat der Abschiebung genannt wird, zu bestätigen.

Zu den Spruchpunkten VI. und VII. des angefochtenen Bescheids:

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung laut Spruchpunkt VII. wurde mit dem in dieser Angelegenheit ergangenen Teilerkenntnis behoben.

Kommt es - wie hier - nach der Vorlage der Beschwerde zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG, so hat dieses bei Bestätigung der Rückkehrentscheidung im Spruch seines Erkenntnisses gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 55 FPG K9).

Da der BF keine besonderen Umstände, die er bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, vorgebracht und keinen Ausreisetermin bekanntgegeben hat, beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids ist in diesem Sinn abzuändern.

Zu Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 15b Abs 1 AsylG kann das BFA einem Asylwerber mittels Verfahrensanordnung aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz auftragen, in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft zur Verfügung gestellten Quartier durchgängig Unterkunft zu nehmen. Über die Verfahrensanordnung ist im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Die Gründe des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung sind in § 15b Abs 2 AsylG aufgezählt, die bei der Beurteilung, ob die Unterkunftnahme aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz anzuordnen ist, relevanten Umstände in § 15a Abs 3 AsylG. In beiden Fällen handelt es sich um eine demonstrative Aufzählung, sodass auch andere als die genannten Umstände in Betracht kommen (siehe Gachowetz/Schmidt/Simma/Urban, Asyl- und Fremdenrecht im Rahmen der Zuständigkeit des BFA, 116 f).

Da der BF aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (§ 15b Abs 2 Z 2 AsylG) und vor der Beantragung von internationalem Schutz ohne Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet Unterkunft nahm, gefälschte Ausweise verwendete und unter zwei verschiedenen Scheinidentitäten unerlaubt erwerbstätig war, konnte die Unterkunftnahme gemäß § 15b Abs 1 iVm Abs 2 AsylG aus Gründen des öffentlichen Interesses und der öffentlichen Ordnung angeordnet werden. Spruchpunkt VIII. ist daher nicht zu beanstanden.

Nach § 21 Abs 7 BFA-VG kann bei Vorliegen der dort umschriebenen Voraussetzungen von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs 7 BFA-VG bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen kann im Allgemeinen nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das VwG von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft (VwGH 16.01.2019, Ra 2018/18/0272). Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt hier aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, unterbleibt eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, zumal das Fluchtvorbringen des BF aus rechtlichen Gründen die Gewährung von internationalem Schutz nicht rechtfertigen kann und ohnedies von seinen Behauptungen zu seinem Privat- und Familienleben ausgegangen wird.

Die Revision ist nicht zu zulassen, weil das BVwG keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte.

Schlagworte

freiwillige Ausreise, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
Resozialisierung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2211112.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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