TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/30 W186 2207943-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.2019
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Entscheidungsdatum

30.07.2019

Norm

BFA-VG §22a
BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W186 2207943-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia, vertreten durch RA Mag. Wagner, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2018, Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft von 11.10.2018 bis 18.10.2018 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 10.10.2018 wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gleichzeitig wird die Anhaltung in Schubhaft von 11.10.2018 bis 18.10.2018 für rechtswidrig erklärt.

II. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte am 10.07.2016 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 21.07.2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung nach Gambia erlassen (Spruchpunkt III.). Unter einem wurde festgestellt, dass keine Frist zur freiwilligen Ausreise besteht (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.), und gegen den BF ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von zwei Jahren erlassen (Spruchpunkt VI.). Mangels aufrechter Meldeadresse musste der Bescheid dem BF durch Hinterlegung zugestellt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht wies eine gegen den negativen Asylbescheid erhobene Beschwerde mit mündlich verkündeten Erkenntnis vom 29.11.2018 als unbegründet ab (I409 2166762-1). Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seitens des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte nicht.

Das Bundesamt erließ am 07.08.2017 einen Festnahmeauftrag gegen den BF, wonach dieser aufgrund der seit 21.07.2017 durchsetzbaren Rückkehrentscheidung und mangels Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG festzunehmen sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 11.07.2018 wurde dem BF gemäß § 46 Abs. 2a und 2 b FPG iVm § 19 AVG aufgetragen, an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Der BF wurde aufgefordert den Interviewtermin beim BFA am 27.07.2018 wahrzunehmen.

Mit Aktenvermerk vom 02.08.2018 hielt das Bundesamt fest, dass der BF in weiterer Folge aufgrund des durchgeführten Interviewtermins vor einer Delegation der gambischen Vertretungsbehörde positiv als gambischer Staatsangehöriger identifiziert werden habe können, sodass für den BF die Ausstellung eines Heimreisezertifikats zugesichert worden sei. Aufgrund einer urlaubsbedingten Abwesenheit des Honorargeneralkonsuls von Gambia könne der BF nicht mehr für den vorgesehenen Charter am 16.08.2018 angemeldet werden, da am heutigen Tag der Anmeldeschluss für diesen Charter sei und die gambische Vertretungsbehörde die Flugbuchungsbestätigung für die Ausstellung eines HRZ ca. 10 Tage vor Ausstellung benötige.

2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 10.10.2018 verhängte das Bundesamt über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung.

Das Bundesamt traf nachstehende Feststellungen:

"Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

Sie haben einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dieser wurde in 1. Instanz negativ entschieden und befindet sich zur Zeit in Beschwerde beim BVwG. Sie sind zwar nach wie vor in 7000 Eisenstadt, Ruster Straße 112 gemeldet, doch auf Grund Ihres Verhaltens in der Vergangenheit (unbekannter Aufenthalt von 13.07.2017 bis 02.08.2017), sowie der beharrlichen Weigerung ihrem rechtskräftigen Ausreiseauftrag Folge zu leisten, muss das BFA schließen, dass nunmehr, da Sie wissen, dass Sie in Bälde abgeschoben werden, massivste Fluchtgefahr in Ihrem konkreten Fall vorliegt.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Die im Asylverfahren erlassene Rückkehrentscheidung ist seit 31.07.2017 durchsetzbar. Sie erhoben Beschwerde, die dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde, wo sie am 07.08.2017 einlangte. Die Rückkehrentscheidung ist infolge Ablauf der 7-Tages-Frist (§ 16 Abs. 4 BFA-VG) durchführbar.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

Sie halten sich seit der durchführbaren negativen Asylentscheidung illegal im Bundesgebiet auf, verweigerten beharrlich die Ausreise.

Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie Ihrer durchführbaren Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sind.

Sie tauchten in Österreich unter, indem Sie zwischen 13.07.2017 und 02.08.2017 nicht behördlich gemeldet waren.

Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand, verweigerten Sie die Ausreise aus Österreich.

Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren, leben in der Grundversorgung. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.

Nach dem Sie nunmehr nachweislich über den in Kürze bevorstehenden Abschiebetermin informiert wurden, ist - unter Einbeziehung Ihres Verhaltens in der Vergangenheit - jedenfalls damit zu rechnen, dass Sie sich der terminlich bereits fixierten Abschiebung entziehen suchen werden, in Ihrem konkreten Fall liegt daher ein erheblich gesteigerter Sicherungsbedarf vor.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

Es sind keinerlei Hinweise auf Anbindungen hervorgekommen, auch gibt es keine Hinweise auf eventuelle Veränderungen seit der durchführbaren Entscheidung."

Rechtlich führte das Bundesamt aus:

"Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Sie haben durch Ihr Verhalten in der Vergangenheit gezeigt, dass Sie sich dem Verfahren und vor allem der Abschiebung jedenfalls entziehen werden. In Ihrem konkreten Fall ist grundsätzlich schon von einer sehr hohen Fluchtgefahr auszugehen. Angesichts des

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, da ein HRZ zugesichert wurde, der Abschiebetermin bereits fixiert ist und Ihr Aufenthalt in Haft daher nur sehr kurz sein wird. Die Behörde hat daher von vorne herein stets darauf gedrungen, die Dauer der Schubhaft so kurz wie möglich zu halten.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

In Ihrem konkreten Fall musste mit Schubhaft vorgegangen werden, da massive Fluchtgefahr vorliegt und der Abschiebetermin bereits fixiert wurde, Sie über diesen Termin auch in Kenntnis gesetzt wurden.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Es sind keinerlei Hinweise auf eine Haftunfähigkeit hervorgekommen, Sie geben selbst an, dass Sie gesund sind, auch werden Sie noch von einem Amtsarzt auf Ihre Haftfähigkeit hin untersucht werden.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde dem BF der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für ein etwaiges Beschwerdeverfahren amtswegig zur Verfügung gestellt.

Das Bundesamt erließ am 10.10.2018 einen Abschiebeauftrag für den BF am 18.10.2018 auf dem Luftweg nach Gambia.

Der gegenständlich angefochtene Schubhaftbescheid wurde dem BF am 11.10.2018 durch persönliche Übernahme zugestellt.

Der BF wurde am 11.10.2018 an seiner Meldeadresse festgenommen, der Schubhaftbescheid in Vollzug gesetzt und in das PAZ Hernalser Gürtel eingeliefert.

Die gambische Vertretungsbehörde stellte für den BF am 16.10.2018 ein von 17.10.2018 - 19.10.2018 gültiges Heimreisezertifikat aus.

3. Der BF erhob durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde gegen den im Spruch genannten Schubhaftbescheid. Begründend wurde ausgeführt, der BF habe im Bundesgebiet soziale Anknüpfungspunkte da er eine Lebensgefährtin habe. Er werde von ihr und ihrer Familie unterstützt. Auch sei der BF im Bundesgebiet aufrecht gemeldet, weshalb sich die Schubhaftverhängung als unverhältnismäßig darstelle. Neben der Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und der Aufhebung des angefochtenen Bescheides wurde beantragt, den Bescheid aufzuheben und nach Ergänzung des Verfahrens neuerlich zu entscheiden, sowie den BF unter Anwendung gelinderer Mittel zu entlassen. Ein Antrag auf Ersatz der Verfahrenskosten iSd § 35 VwGVG wurde explizit nicht gestellt.

4. Mit Eingabe vom 22.10.2018 erstattete das Bundesamt nachstehende Stellungnahme:

"Der Beschwerdeführer (Bf.) aus Gambia reiste nach eigenen Angaben spätestens am 09.07.2016 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.

Am 09.07.2016 stellten dieser einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, Staatsangehöriger von Gambia zu sein und am XXXX (nach der Altersfeststellung XXXX ) geboren zu sein.

Sein Asylantrag wurde vom BFA am 21.07.2017 abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung nach Gambia iVm einem befristeten Einreiseverbot wurde erlassen. Gegen diesen Bescheid hat er in offener Frist Beschwerde eingebracht, welche derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist. Es wurde seitens des BFA ein HRZ Verfahren eingeleitet, die Ausstellung eines HRZ war bereits durch die Botschaft zugesichert.

Der BF zeigte sich im bisherigen Verfahren bisweilen qualifiziert ausreiseunwillig.

Am 11.10.2018 wurde dem Bf. die Information über die bevorstehende Abschiebung am 18.10.2018 zugestellt. Danach wurde der Bf. zur Sicherung der Abschiebung gem. Schubhaftbescheid vom 10.10.2018 in Schubhaft genommen, da auf Grund seines Verhaltens in der Vergangenheit (unbekannter Aufenthalt von 13.07.2017 bis 02.08.2017), sowie der beharrlichen Weigerung dem durchsetzbaren Ausreiseauftrag Folge zu leisten, das BFA schließen musste, dass nunmehr, da der Bf. wusste, dass er am 18.10.2018 abgeschoben würde, massivste Fluchtgefahr in diesem konkreten Fall vorlag."

Neben der Abweisung der Beschwerde beantragt das Bundesamt den Ersatz der Kosten für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand.

5. Der BF wurde am 18.10.2018 nach Gambia abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist gambischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.

Er stellte am 10.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, der vom Bundesamt mit Bescheid vom 21.07.2017 abgewiesen wurde. Einer Beschwerde gegen den Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Das Bundesverwaltungsgericht wies die gegen den Bescheid vom 21.07.2017 erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 29.11.2018 als unbegründet ab. Eine aufschiebende Wirkung wurde zuvor seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht zuerkannt.

Der BF wurde am 27.07.2018 einer gambischen Delegation vorgeführt und konnte als Staatsangehöriger Gambias identifiziert werden.

Mit Mandatsbescheid vom 10.10.2018 verhängte das Bundesamt über den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung.

Das Bundesamt organisierte die Abschiebung des BF nach Gambia für den 18.10.2018 und stellte die gambische Vertretungsbehörde dem BF am 16.10.2018 ein Heimreisezertifikat aus.

Der BF befand sich von 11.10.2018 bis 18.10.2018 in Schubhaft, die im PAZ Hernalser Gürtel vollzogen wurde.

Er war haftfähig und wurde am 18.10.2018 auf dem Luftweg nach Gambia abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die dazu getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde.

Insbesondere ergibt sich die Feststellung zur Identität des BF aus dem in Kopie im Akt befindlichen Heimreisezertifikat der gambischen Botschaft (AS 169).

Die Angaben zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Beschwerde gegen den abweisenden Asylbescheid, sowie insbesondere der Umstand, dass es zu keiner Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seitens des Bundesverwaltungsgerichtes kam, resultiert aus dem Akt im Verfahren I409 2166762-1.

Die Angaben zur Organisation der Abschiebung des BF und der Zusammenarbeit mit der gambischen Botschaft beruhen ebenfalls auf den Verwaltungsakt, insbesondere aus der Information zur bevorstehenden Abschiebung vom 10.10.2018 (AS 161), sowie aus dem behördeninternen Mailverkehr (AS 89, 113).

Die Angaben zur Festnahme und Schubhaftverhängung ergeben sich aus einem Auszug aus der Anhaltedatei.

Dass der BF bei seiner Inschubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft haftfähig war, beruht auf dem Umstand, dass kein gegenteiliges Vorbringen in der Beschwerde erstattet wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.

2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A.I.) Bescheid vom 10.10.2018 und Anhaltung in Schubhaft von 11.10.2018 - 18.10.2018:

3.1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1); dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 2), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 3). Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

Gemäß Abs. 2a leg. cit. ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt gemäß Abs. 3. leg. cit. vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des unionsrechtlichen Sekundärrechts lauten wie folgt:

3.2.1. Gemäß Art. 15 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 (in Folge: RückführungsRL) dürfen die Mitgliedstaaten, sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, und zwar insbesondere dann, wenn

a) Fluchtgefahr besteht oder

b) die betreffenden Drittstaatsangehörigen die Vorbereitung der Rückkehr oder das Abschiebungsverfahren umgehen oder behindern.

Die Haftdauer hat so kurz wie möglich zu sein und sich nur auf die Dauer der laufenden Abschiebungsvorkehrungen erstrecken, solange diese mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden.

3.2.2. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2013/33/EU vom 26.06.2013 (in Folge: AufnahmeRL) nehmen die Mitgliedstaaten eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie ein Antragsteller im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes ist.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. dürfen die Mitgliedstaaten in Fällen, in denen es erforderlich ist, auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung den Antragsteller in Haft nehmen, wenn sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.

Ein Antragsteller darf gemäß Abs. 3 leg. cit. nur in Haft genommen werden,

a) um seine Identität oder Staatsangehörigkeit festzustellen oder zu überprüfen;

b) um Beweise zu sichern, auf die sich sein Antrag auf internationalen Schutz stützt und die ohne Haft unter Umständen nicht zu erhalten wären, insbesondere wenn Fluchtgefahr des Antragstellers besteht;

c) um im Rahmen eines Verfahrens über das Recht des Antragstellers auf Einreise in das Hoheitsgebiet zu entscheiden;

d) wenn er sich aufgrund eines Rückkehrverfahrens gemäß der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger ( 2 ) zur Vorbereitung seiner Rückführung und/oder Fortsetzung des Abschiebungsverfahrens in Haft befindet und der betreffende Mitgliedstaat auf der Grundlage objektiver Kriterien, einschließlich der Tatsache, dass der Antragsteller bereits Gelegenheit zum Zugang zum Asylverfahren hatte, belegen kann, dass berechtigte Gründe für die Annahme bestehen, dass er den Antrag auf internationalen Schutz nur beantragt, um die Vollstreckung der Rückkehrentscheidung zu verzögern oder zu vereiteln;

e) wenn dies aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung erforderlich ist,

f) wenn dies mit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist, in Einklang steht.

Haftgründe werden im einzelstaatlichen Recht geregelt.

Die Mitgliedstaaten stellen gemäß Abs. 4 leg. cit. sicher, dass die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften Bestimmungen für Alternativen zur Inhaftnahme enthalten wie zum Beispiel Meldeauflagen, die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit oder die Pflicht, sich an einem zugewiesenen Ort aufzuhalten.

Die AufnahmeRL gilt gemäß ihrem Art. 3 Abs. 1 für alle Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die (insbesondere) im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats internationalen Schutz beantragen, solange sie als Antragsteller im Hoheitsgebiet verbleiben dürfen.

Haft gegen Angehörige dieses Personenkreises kommt also nur nach Maßgabe des erwähnten Art. 8 Aufnahme-RL in Betracht, während sonst die Rückführungs-RL - v.a. deren schon angesprochener Art. 15 - den unionsrechtlichen Bezugsrahmen bildet.

3.3 Der BF ist gambischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Sohin ist er Fremder iSd § 76 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und wurde zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft angehalten. Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung und der Anhaltung in Schubhaft verfügte er jedoch noch über ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, weshalb sich in weiterer Folge die zur Sicherung der Abschiebung verhängte Schubhaft als rechtswidrig erweist:

Über die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 21.07.2017 erhobene Beschwerde war - auch in Bezug auf die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung - bis 29.11.2018 noch keine Entscheidung des BVwG ergangen. Damit kam dem BF ungeachtet der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde und ungeachtet der daran anknüpfenden innerstaatlichen Regelung des § 16 Abs. 4 zweiter Satz BFA-VG, wonach in einem solchen Fall mit der Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme (hier: der Rückkehrentscheidung) nur bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Einlangen der Beschwerdevorlage beim BVwG zugewartet werden müsse, weiterhin ein Bleiberecht zu (so schon VwGH 05.10.2017, Ro 2017/21/0009, Rn. 12, sowie nunmehr in Auseinandersetzung mit dem Urteil EuGH 19.6.2018, Gnandi, C-181/16, und dem Beschluss EuGH 5.7.2018, C., J., und S., C-269/18 PPU, VwGH 13.12.2018, Ro 2018/18/0008, Rn. 31). Er unterlag daher zum Zeitpunkt der gegenständlichen Schubhaftverhängung und der gesamten Anhaltedauer noch der AufnahmeRL. Der gegenständlich angewandte Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idF des FrÄG 2018 unterliegt jedoch den Vorgaben der Rückführungs-RL (vgl. ErläutRV zum FrÄG 2018 189 BlgNR 26. GP 19), weshalb der darauf gegründete Schubhaftbescheid vom 10.10.2018 sowie die auf diesem Bescheid basierende Anhaltung des BF keine taugliche Rechtsgrundlage hatten und daher für rechtswidrig zu erklären waren (vgl. hierzu VwGH 16.5.2019, Ra 2018/21/0177, Rn. 11 bis 16 und VwGH 16.05.2019, Ra 2019/21/0029, Rn. 14-15).

War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0014; 19.03.2013, 2011/21/025; 28.08.2012, 2010/21/0388).

Der Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 10.10.2018 war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Gleichzeitig war die Anhaltung in Schubhaft von 11.10.2018 bis 18.10.2018 für rechtswidrig zu erklären.

Ein Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG war nicht zu treffen, da die Schubhaft zum Entscheidungszeitpunkt bereits beendet war.

Zu A. II.) - Kostenersatz

1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz auf Antrag der Parteien zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

2. Lediglich die belangte Behörde beantragten in ihrer Stellungnahme den Ersatz der Kosten gemäß § 35 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall ist der BF aufgrund der Beschwerdestattgabe obsiegende Partei und die belangte Behörde unterlegene Partei.

Mangels Antragsstellung auf Kostenersatz gem. § 35 Abs. 7 VwGVG waren dem BF keine Kosten zuzusprechen.

Der Antrag auf Kostenersatz der belangten Behörde als unterlegene Partei war abzuweisen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Da im gegenständlichen Fall der maßgebliche und der hg. Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung sohin unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B. - Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Weder wich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlte es an einer Rechtsprechung; weiters war die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch lagen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor: Die Rechtslage zu § 76 Abs. 2 Z 2FPG und § 16 Abs. 4 BFA-VG war auf Grund der zitierten Erkenntnisse des VwGH und EuGH (vgl. VwGH 05.10.2017, Ro 2017/21/0009, EuGH 19.6.2018, Gnandi, C-181/16, EuGH 5.7.2018, C., J., und S., C-269/18 PPU, VwGH 13.12.2018, Ro 2018/18/0008, VwGH 16.05.2019, Ra 2018/21/0177), geklärt.

Die Revision war daher in Bezug auf alle Spruchpunkte nicht zuzulassen

Schlagworte

Aufenthaltsrecht, Kostenersatz, Rechtswidrigkeit, Schubhaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W186.2207943.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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