TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/24 W126 2163085-1

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Veröffentlicht am 24.06.2019
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Entscheidungsdatum

24.06.2019

Norm

ASVG §412 Abs3
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W126 2163085-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 10.04.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat:

"Der Antrag des Landesgerichts XXXX als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.10.2016 wird mangels Zuständigkeit des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gemäß § 412 Abs. 3 zurückgewiesen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Verfahren vor dem Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht (im Folgenden: ASG):

1. Mit Bescheid der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (im Folgenden: VAEB) vom 19.03.2015 betreffend XXXX , VSNR XXXX , (im Folgenden: Mitbeteiligter) wurde die angezeigte Gesundheitsstörung nicht als Berufskrankheit anerkannt und die Gewährung von Leistungen abgelehnt.

2. Mit der beim ASG am 10.04.2015 eingebrachten Klage gegen die VAEB wurde die Gewährung einer Versehrtenrente in der gesetzlichen Höhe ab Stichtag begehrt.

3. Aus dem vom ASG eingeholten dermatologischen Gutachten vom 08.07.2015 geht hervor, dass die berufliche Tätigkeit bei der Firma

XXXX GmbH (im Folgenden: D GmbH) mit hoher Wahrscheinlichkeit als Auslöser des Handekzems anzusehen sei. Das Handekzem zwinge zwar zur Aufgabe der der schädigenden Tätigkeit, wobei dieser Zwang im Juli 2011 noch nicht bestanden habe. Die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit sei vermutlich zwischen Ende Juli und Mitte September 2012 erfolgt.

4. Nach Einwendung der mangelnden passiven Klagslegitimation durch die VAEB fasste das ASG am 21.09.2016 den Beschluss das Verfahren zu unterbrechen und regte die Einleitung eines Verfahrens beim Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (im Folgenden: BMASK) zur Klärung der Frage der Versicherungs- und Leistungszuständigkeit an.

Verfahren nach § 412 Abs. 1 ASVG:

5. In der eingeholten Stellungnahme der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 16.01.2017 sprach sich diese für eine Zuständigkeit der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (im Folgenden: AUVA) aus, da es mangels eindeutiger positivrechtlicher Regelung sachgerecht sei - insbesondere im Hinblick auf das die Unfallversicherung prägende Kausalitätsprinzip - für die Frage der Versicherungs-zuständigkeit auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles abzustellen.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.04.2017 sprach der BMASK aus, dass zuständiger Versicherungsträger für den Mitbeteiligten in Bezug auf das Verfahren über die Zuerkennung einer Versehrtenrente bzw. die Anerkennung als Berufskrankheit, lfd. Nr. 19 der Anlage 1 zu § 177 ASVG, gemäß § 28 Z 1 iVm § 174 Z 2 ASVG die AUVA sei. Eine Versicherungszuständigkeit der VAEB sei somit nicht gegeben.

Die belangte Behörde stellte fest, dass die als Berufskrankheit geltend gemachte Hauterkrankung des Mitbeteiligten erstmals im Zuge seiner vom 07.02.2011 bis 22.07.2011 ausgeübten Tätigkeit bei der D GmbH aufgetreten sei. Dieser Dienstgeber falle in die Zuständigkeit der AUVA. Der Mitbeteiligte habe diese Tätigkeit aufgrund des Auftretens der Hauterkrankung beendet und sei rund ein halbes Jahr arbeitslos gewesen. Ab 23.01.2012 bis April 2015 sei er bei der in die Versicherungszuständigkeit der VAEB fallenden XXXX Ges.m.b.H (im Folgenden: I GmbH) beschäftigt gewesen.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass die Feststellung der materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere die für die Anerkennung als Berufskrankheit bei Hauterkrankungen nach BK 19 nach der Judikatur als anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal erforderliche Aufgabe schädigender Tätigkeiten dem Leistungs(streit)verfahren vorbehalten bleibe und nicht vom Bundesministerium in seiner Entscheidung nach § 412 ASVG über die Versicherungszuständigkeit zu beurteilen sei. Gemäß § 28 Z 1 ASVG obliege die sachliche Zuständigkeit zur Durchführung der Unfallversicherung der AUVA, sofern nicht gemäß Z 2 und 3 leg. cit. die Sozialversicherungsanstalt der Bauern oder die VAEB zuständig seien. Da der Mitbeteiligte im Zeitverlauf mehrere versicherungspflichtige Tätigkeiten ausgeübt habe, für die unterschiedliche Unfallversicherungsträger zuständig seien, sei der maßgebliche Anknüpfungspunkt für die Versicherungszuständigkeit festzustellen. Mangels eindeutiger positivrechtlicher Regelung sei es sachgerecht auf den Eintritt des Versicherungsfalles abzustellen. Dieser sei gemäß § 174 Z 2 ASVG mit dem Beginn der Krankheit anzunehmen, während die alternative Variante des Eintritts mit Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit lediglich als den Versicherten begünstigende Ausnahmeregelung normiert sei. Das Abstellen auf den Eintritt der Erkrankung sei auch im Lichte des die Unfallversicherung prägenden Kausalitätsprinzip nachvollziehbar, da damit am ehesten die Zurechnung zur schädigenden Tätigkeit gewährleistet sei. Aus diesen Erwägungen und dem zusätzlichen Argument der Generalkompetenz der AUVA werde somit im vorliegenden Fall die Versicherungszuständigkeit der AUVA begründet. Das Unfallversicherungsrecht sehe auch keine Regelung bei Wechsel der Versicherungszuständigkeit vor, wie das für die Krankenversicherung in § 126 ASVG normiert sei. Eine einmal begründete Versicherungszuständigkeit bleibe damit auch bei einem Wechsel der Beschäftigung unverändert weiterbestehen. Schließlich sei die Zuordnung der Zuständigkeit zur AUVA auch insofern sachlich gerechtfertigt, da die mutmaßliche Ursache der geltend gemachten Berufskrankheit auf eine Beschäftigung in einem in die Zuständigkeit der AUVA fallenden Betrieb zurückgeht, sodass der Aufwand für eine Entschädigung dieses Versicherungsfalles letztlich die AUVA belasten solle.

7. Gegen diesen Bescheid erhob die AUVA fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass die Feststellung der belangten Behörde, dass im Leistungsverfahren insbesondere die Frage der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit relevant sei, unrichtig sei. Die belangte Behörde gehe zu Unrecht davon aus, dass der Versicherungsfall bei einer beruflich verursachten Hautkrankheit bereits durch die bloße Aufgabe der schädigenden Tätigkeit eintrete, da sie § 177 Abs. 1 ASVG nicht berücksichtigt habe. Demnach würden Hautkrankheiten nur dann als Berufskrankheiten gelten, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen. Da das Leistungsfeststellungsverfahren der AUVA ergeben habe, dass die Tätigkeit bei der D GmbH zwar beendet worden sei, dass aber noch kein Zwang zur Aufgabe bestanden habe, habe die AUVA den Fall an die VAEB abgetreten. Das BMASK hätte daher feststellen müssen, dass im Leistungsverfahren die Frage des Zwanges zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit relevant gewesen sei. Gemäß dem dermatologischen Gutachten vom 08.07.2015 habe bei der Beschäftigung bei der D GmbH noch kein Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit bestanden. Außerdem werde ausgeführt, dass die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit vermutlich zwischen Ende Juli und Mitte September 2012 erfolgt sei, sodass - selbst wenn man nur auf die Aufgabe der Tätigkeit abstelle - diese im Zuständigkeitsbereich der VAEB erfolgt sei. Gerade dieser berufliche Verlauf zeige, dass ein Abstellen auf den Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit logisch und sinnvoll sei, da es sonst eine Kette von identen Versicherungsfällen geben würde. Der Eintritt des Versicherungsfalles habe aufgrund der Regelung des § 179 Abs. 1 ASVG Auswirkungen auf die Höhe einer gegebenenfalls zustehenden Versehrtenrente. Richtigerweise hätte das BMASK daher feststellen müssen, dass die VAEB zuständiger Versicherungsträger sei. Es sei außerdem zu berücksichtigten, dass die VAEB bereits einen Bescheid erlassen habe, in dem sie über die rechtliche Qualifikation der Hauterkrankung entschieden habe. Es liege daher kein negativer Kompetenzkonflikt vor, da die Zuständigkeit zur Entscheidung bejaht worden sei. Ein Wechsel der Versicherungszuständigkeit im Sinne des § 412 sei daher nicht mehr zu prüfen.

Die AUVA beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid abändern und feststellen, dass die VAEB gemäß § 28 Z 1 iVm § 174 Z 2 iVm §177 Abs. 1 ASVG zuständiger Versicherungsträger für den Mitbeteiligten in Bezug auf das Verfahren über die Zuerkennung einer Versehrtenrente bzw. die Anerkennung als Berufskrankheit, lfd. Nr. 19 der Anlage 1 zu § 177 ASVG, ist und dass eine Versicherungszuständigkeit der AUVA nicht gegeben ist. In eventu möge das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Mitbeteiligte war im Zeitraum 07.02.2011 bis 22.07.2011 als Arbeiter bei der D GmbH beschäftigt. Von 16.08.2011 bis 22.01.2012 bezog der Mitbeteiligte - lediglich unterbrochen durch zwei kurzfristige Tätigkeiten - im Wesentlichen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Ab 23.01.2012 bis April 2015 war der Mitbeteiligte bei der I GmbH beschäftigt.

Mit Bescheid der VAEB vom 19.03.2015 wurde die vom Mitbeteiligten angezeigte Gesundheitsstörung (Ekzem auf den Händen) nicht als Berufskrankheit anerkannt und die Gewährung von Leistungen abgelehnt.

Mit der beim ASG am 10.04.2015 eingebrachten Klage gegen die VAEB begehrte der Mitbeteiligte die Gewährung einer Versehrtenrente in der gesetzlichen Höhe ab Stichtag.

Die VAEB wendete ein, dass es ihr an passiver Klagslegitimation mangelt, sollte die Beschäftigung des Mitbeteiligten für die D GmbH kausal für den Eintritt der Berufskrankheit gewesen sein und er zur Aufgabe seiner Tätigkeit gezwungen gewesen sein. In diesem Fall, wäre die AUVA zuständiger Unfallversicherungsträger. Daraufhin fasste das ASG am 21.09.2016 den Beschluss das Verfahren zu unterbrechen und regte die Einleitung eines Verfahrens beim BMASK zur Klärung der Frage der Versicherungs- und Leistungszuständigkeit an.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.04.2017 sprach der BMASK - gestützt auf ein durch das ASG eingeholtes dermatologisches Gutachten - aus, dass zuständiger Versicherungsträger für den Mitbeteiligten in Bezug auf das Verfahren über die Zuerkennung einer Versehrtenrente bzw. die Anerkennung als Berufskrankheit, lfd. Nr. 19 der Anlage 1 zu § 177 ASVG, gemäß § 28 Z 1 iVm § 174 Z 2 ASVG die AUVA ist. Eine Versicherungszuständigkeit der VAEB ist somit nicht gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem Inhalt der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten des ASG und der belangten Behörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Rechtliche Grundlagen

Gemäß § 28 ASVG (in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 102/2010) sind zur Durchführung der Unfallversicherung sachlich zuständig

1. die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, soweit nicht einer der unter Z 2 und 3 genannten Versicherungsträger zuständig ist

[...]

3. die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau für

a) die Personen nach § 26 Abs. 1 Z 4 lit. a bis e, für welche die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau oder die Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe zur Durchführung der Krankenversicherung sachlich zuständig ist oder nach Art der Beschäftigung zuständig wäre;

b) die Versicherungsvertreter(innen) in den Verwaltungskörpern der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe und der Träger der zusätzlichen Pensionsversicherung (§ 479);

c) die Mitglieder der Beiräte (§§ 440 ff) der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau.

Gemäß § 412 Abs. 1 ASVG (in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 87/2013) entscheidet der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Versicherungszugehörigkeit oder Versicherungszuständigkeit, in der Pensionsversicherung auch über die Leistungszugehörigkeit oder Leistungszuständigkeit, auf Antrag eines beteiligten Versicherungsträgers, einer anderen Partei oder eines Gerichtes, wenn Zweifel oder Streit darüber bestehen, welcher Versicherung eine Person versicherungs- oder leistungszugehörig ist oder welcher Versicherungsträger für sie versicherungs- oder leistungszuständig ist.

Gemäß § 412 Abs. 2 ASVG (in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 87/2013) wirkt die rechtskräftige Entscheidung über die Versicherungszuständigkeit in der Krankenversicherung nur für künftig fällige Beitragsleistungen und künftig eintretende Versicherungsfälle.

Gemäß § 412 Abs. 3 ASVG (in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 87/2013) darf im Verfahren über Leistungssachen über die Fragen der Versicherungs(Leistungs)zugehörigkeit oder Versicherungs(Leistungs)zuständigkeit nicht als Vorfragen entschieden werden. Der Versicherungsträger oder das Gericht hat vielmehr die Einleitung des Verfahrens beim Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz anzuregen und das eigene Verfahren bis zur Rechtskraft der Entscheidung auszusetzen (zu unterbrechen). Einem Rekurs gegen den Unterbrechungsbeschluss kann aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden.

Gemäß § 174 ASVG (in der anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 31/1973) gilt der Versicherungsfall als eingetreten:

1. bei Arbeitsunfällen mit dem Unfallereignis;

2. bei Berufskrankheiten mit dem Beginn der Krankheit (§ 120 Abs. 1 Z 1) oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, mit dem Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 203).

Gemäß § 177 Abs. 1 ASVG (in der anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 61/2010) gelten als Berufskrankheiten die in der Anlage 1 zu diesem Bundesgesetz bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen, wenn sie durch Ausübung der die Versicherung begründenden Beschäftigung in einem in Spalte 3 der Anlage bezeichneten Unternehmen verursacht sind. Hautkrankheiten gelten nur dann als Berufskrankheiten, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen. Dies gilt nicht, wenn die Hautkrankheit eine Erscheinungsform einer Allgemeinerkrankung ist, die durch Aufnahme einer oder mehrerer der in der Anlage 1 angeführten schädigenden Stoffe in den Körper verursacht wurde.

3.2. Zur Prüfung der Zuständigkeit der belangten Behörde im vorliegenden Fall:

Eingangs ist festzuhalten, dass Verwaltungsgerichte gemäß § 27 VwGVG eine allfällige Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzugreifen haben und zwar unabhängig davon, ob eine solche in der Beschwerde geltend gemacht wurde (vgl. zuletzt VwGH 27.03.2018, Ra 2017/06/0247). Obwohl in der Beschwerde kein Vorbringen betreffend die Zuständigkeit des BMASK zur Erlassung des angefochtenen Bescheides erstattet wurde, war damit dessen Zuständigkeit amtswegig zu prüfen.

Gemäß § 354 Z 1 ASVG sind Leistungssachen die Angelegenheiten, in denen es sich um die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung einschließlich einer Feststellung nach § 367 Abs. 1 handelt, soweit nicht hiebei die Versicherungszugehörigkeit (§§ 13 bis 15), die Versicherungszuständigkeit (§§ 26 bis 30), die Leistungszugehörigkeit (§ 245) oder die Leistungszuständigkeit (§ 246) in Frage steht.

Gemäß § 355 ASVG sind alle nicht gemäß § 354 als Leistungssachen geltenden Angelegenheiten, für die nach § 352 die Bestimmungen dieses Teiles gelten, Verwaltungssachen. Dazu gehören gemäß § 355 Z 2 ASVG insbesondere die Feststellung der Versicherungszugehörigkeit und -zuständigkeit, in der Pensionsversicherung auch der Leistungszugehörigkeit und - zuständigkeit.

Die gesonderte Hervorhebung der Pensionsversicherung in § 412 ASVG erklärt sich daraus, dass eine gesonderte Leistungszuständigkeit bzw. -zugehörigkeit nur in der Pensionsversicherung vorgesehen ist (§§ 29, 245 f; vgl. Teschner/Pöltner, ASVG § 413 Anm 2 mwN). Dies hängt damit zusammen, dass nur hier aus der Erwerbsbiografie des Versicherten konkurrierende Zuständigkeiten bzw. Zugehörigkeiten entstehen können, während in der Krankenversicherung und Unfallversicherung stets die jeweils aktuelle(n) Erwerbstätigkeit(en) und die korrespondierende(n) Versicherung(en) für die Zuständigkeit zur Leistungsgewährung den Ausschlag geben. Häufig gibt es auch kein entweder/oder, wenn z.B. bei Mehrfachversicherung in der Krankenversicherung Geldleistungen aus jedem der Krankenversicherungszweige gebühren. Eine gesonderte Entscheidung über die Leistungszuständigkeit darf daher in der Krankenversicherung oder Unfallversicherung nach § 412 Abs 1 selbst dann nicht getroffen werden, wenn die Durchführung der Krankenversicherung oder Unfallversicherung auch eine Aussage über die Leistungszuständigkeit impliziert. (vgl. Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 412 ASVG Rz 5)

Der in § 28 Abs. 1 ASVG verwendete Begriff "Durchführung der UV" ist weit zu verstehen. Darunter fällt u.a. die Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist. Dafür ist demnach der Unfallversicherungsträger sachlich zuständig. Das gilt jedoch nicht für die Entscheidung, ob und in welchem Ausmaß ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht. Hierzu ist ausschließlich das ASG berufen (VwGH 96/08/0037, ZAS 1997/15, 120 [Pfeil]). Ebenfalls als Durchführung der Unfallversicherung ist die Erbringung von Leistungen zu verstehen. § 28 regelt somit neben der Versicherungszuständigkeit auch die Leistungszuständigkeit der Unfallversicherungsträger (VwGH 89/08/0222, VwSlg 13.327 A). Diese Unterscheidung ist für das Verfahrensrecht von Relevanz, insbesondere im Hinblick auf die sachliche Zuständigkeit des Bundesministers gemäß § 412 Abs 1. Dieser ist in der Unfallversicherung nur zur Feststellung der Versicherungszuständigkeit, nicht auch der Leistungszuständigkeit berufen (noch zur Rechtslage vor BGBl I 2013/87 vgl. VwGH 89/08/0347, ZfVB 1993/143). Ebenfalls außerhalb des Kompetenzbereichs des Bundesministers liegen Fragen des Leistungsanspruchs eines Versicherten; z.B. ob ein Unfall eines nach § 3 BSVG Pflichtversicherten als Arbeitsunfall im Sinne des § 175 Abs 1 ASVG zu qualifizieren ist und daher die SVB nach § 28 Z 2 lit a leistungszuständig ist oder ob ein Unfall iSd § 176 Abs 1 Z 6 ASVG vorliegt, der in die Zuständigkeit der AUVA nach § 28 Z 1 fällt. In diesem Fall ist nicht die Versicherungszuständigkeit strittig, sondern ein Tatbestandsmerkmal des Leistungsanspruchs (wiederum zur Rechtslage vor BGBl I 2013/87 vgl. VwGH 89/08/0100, SVSlg 38.698; 89/08/0347, ZfVB 1993/143). (vgl. Felten in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 28 ASVG Rz 2)

Die belangte Behörde vertrat im angefochtenen Bescheid die Rechtsansicht, dass es sich bei dem vom ASG gestellten Antrag, bei dem es sich auf § 412 ASVG stützte, um eine Frage der Versicherungszuständigkeit handle. Die für die Beurteilung der Versicherungszuständigkeit maßgeblichen Kriterien sind in § 28 ASVG geregelt. Dabei wird darauf abgestellt, welche versicherungspflichtigen Tätigkeiten im jeweiligen Zeitraum ausgeübt wurden.

Im vorliegenden Fall stand jedoch bereits im Verfahren vor dem ASG unstrittig fest, dass betreffend den Mitbeteiligten für den Zeitraum 07.02.2011 bis 22.07.2011 aufgrund seiner Tätigkeit bei der D GmbH und der anschließenden Phase der Arbeitslosigkeit bzw. kurzen Beschäftigungsverhältnissen eine Versicherungszugehörigkeit zur AUVA bestand, während ab 23.01.2012 bis April 2015 aufgrund der Beschäftigung bei der I GmbH eine Versicherungszugehörigkeit zur VAEB gegeben war. Strittig war im Verfahren vor dem ASG lediglich, ob und zu welchem Zeitpunkt eine Berufskrankheit im Sinne des § 177 ASVG aufgetreten ist, die gemäß § 174 Z 2 ASVG als Versicherungsfall gilt. Mit dieser Frage setzte sich auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auseinander und stützte sich dabei auf ein bereits vom ASG eingeholtes medizinisches Sachverständigengutachten.

Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Frage der Versicherungszugehörigkeit im Sinne des § 28 ASVG, über die der BMASK aufgrund eines Antrags gemäß § 412 ASVG zu entscheiden hätte, sondern um eine Frage der Leistungszuständigkeit, wie die im Folgenden angeführte höchstgerichtliche Judikatur nahelegt.

Zu § 413 ASVG in einer alten Fassung, die statt der nunmehrigen Zuständigkeit des BMASK eine Zuständigkeit des Landeshauptmannes vorsah, im Übrigen aber der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung des § 412 ASVG entspricht, sprach der VwGH in seiner Entscheidung vom 27.11.1990, 89/08/0222, Folgendes aus:

"Der Landeshauptmann ist zur Entscheidung über eine (als Antrag iSd § 413 Abs 1 Z 2 ASVG zu wertende) Anregung eines Gerichtes nach § 413 Abs 4 ASVG nur dann zuständig, wenn die ihm vorgetragene Frage zu den in § 413 Abs 1 Z 2 ASVG genannten Fragen zählt."

"Wie sich aus § 413 Abs 1 Z 2 ASVG iVm § 354 Z 1 leg cit ergibt, ist der Landeshauptmann nach der zuerst genannten Gesetzesstelle in der Unfallversicherung nur zu einer Entscheidung über die Versicherungszuständigkeit (§ 28 ASVG), aber - anders als in der Pensionsversicherung (§ 246 ASVG) - nicht auch zu einer (gesonderten) Feststellung der Leistungszuständigkeit berufen."

"Zwar ist unter der sachlichen Zuständigkeit "zur Durchführung der Unfallversicherung" iSd § 28 ASVG auch jene zur Erbringung der Leistungen der Unfallversicherung, also die Leistungszuständigkeit, zu verstehen (so dienen die Zuständigkeitstatbestände des § 28 Z 2 lit e und f ASVG ausschließlich der Abgrenzung der Leistungszuständigkeit: vgl dazu den Ausschußbericht zur 9. ASVG-Nov, BGBl 1962/13, 517 Blg NR 9 GP, 59); daraus folgt aber nicht, daß der Landeshauptmann deshalb nach § 413 Abs 1 Z 2 ASVG auch zu einer bloßen (gesonderten) Entscheidung der Leistungszuständigkeit in der Unfallversicherung berufen wäre. Seine sachliche Zuständigkeit nach der eben zitierten Norm setzt jedenfalls voraus, daß die strittige oder zweifelhafte "Vorfrage" der Versicherungszuständigkeit in der Unfallversicherung "unabhängig" von einem Leistungsfeststellungsverfahren oder vom Leistungsstreitverfahren bei Durchführung der Versicherung auftauchen" kann (vgl die EB 599 Blg NR 7 GP, 107)."

"Bei der in einem Leistungsstreitverfahren strittigen "Vorfrage", ob sich ein Unfall des nur nach § 3 BSVG Pflichtversicherten im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Unfallversicherung nach § 3 BSVG begründenden Beschäftigung ereignet hat und daher als Arbeitsunfall iSd § 175 Abs 1 zu werten ist, oder ob sich ein Unfall iSd § 176 Abs 1 Z 6 ASVG ereignet hat, liegt kein Streit über die Versicherungszuständigkeit, sondern nur ein solcher über die Klärung eines Tatbestandsmerkmales des Leistungsanspruches und der dadurch mitentschiedenen Leistungszuständigkeit und damit Versicherungszuständigkeit nach § 28 ASVG vor. Zählte man auch diese Streitfrage zu den dem Landeshauptmann zur Entscheidung als Hauptfrage überlassenen strittigen "Vorfragen" der Versicherungszuständigkeit in der Unfallversicherung, so hätte dies zur Konsequenz, daß der Landeshauptmann zu einer das Gericht bindenden Klärung eines nur für das Leistungsverfahren bedeutsamen Sachverhaltselementes berufen wäre. Einer solchen Interpretation des § 413 Abs 1 Z 2 iVm § 354 Z 1 ASVG und § 65 Abs 1 Z 1 ASGG stehen nicht nur die zitierten Gesetzesmaterialien, sondern auch die von Schrammel im Kommentar zum Beschluß des OGH vom 8. März 1988, 10 Ob S 22/88, ZAS 1979, 213f zutreffend geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen."

In seinem Beschluss vom 13.09.2018, 10 ObS 30/18m, stützt sich der OGH ebenfalls auf diese Judikatur des VwGH und kommt zu dem Schluss, dass keine Frage der Versicherungszugehörigkeit vorliegt. In diesem Verfahren stützte sich der Kläger nämlich ausdrücklich auf die Bestimmungen des ASVG betreffend die Gewährung einer Versehrtenrente. Da für die Durchführung der Bestimmungen des ASVG jedoch die AUVA zuständig ist und der Kläger auch nicht behauptet hat, dass sich der Unfall im Zuge einer nach dem BSVG versicherungspflichtigen Nebentätigkeit ereignet hätte, handelte es sich auch in diesem vergleichbaren Fall nicht um eine Vorfrage der Versicherungszuständigkeit. Eine Aussetzung des Verfahrens erfolgte in diesem Fall vielmehr zur Klärung der Frage, ob im (unstrittig feststehenden) Unfallzeitpunkt eine Pflichtversicherung bestanden hat.

Die Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Berufskrankheit ist, ist eine Leistungssache. Dies unabhängig davon, ob es sich um eine abstrakte Berufskrankheit, also eine in der Anlage 1 zum ASVG aufgezählten, handelt oder um eine im Einzelfall festzustellende Berufskrankheit (§ 92 Abs. 3 B-KUVG, § 177 Abs. 2 ASVG). (VwGH 04.08.2004, 2001/08/0223)

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die belangte Behörde zu der von ihr im vorliegenden Fall getroffenen Entscheidung nicht zuständig war. Immerhin nahm sie in ihrem Bescheid die Feststellung nur für das Leistungsverfahren bedeutsamer Sachverhaltselemente - nämlich, dass überhaupt eine Berufskrankheit vorliegt und den Zeitpunkt des Eintritts dieser - vorweg und würde damit das ASG unzulässigerweise an diese Feststellungen binden. Die allenfalls durch Verwaltungsbehörden zu entscheidende Vorfrage, in welchen Zeiträumen der Mitbeteiligte bei welchen Unfallversicherungsträgern versichert gewesen ist, ergibt sich im vorliegenden Fall jedoch unstrittig aus dem Versicherungsdatenauszug und auch aus dem übrigen Verfahrensakt des ASG haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass diesbezüglich Zweifel aufgekommen wären. Zudem zeigt bereits der Umstand, dass durch das ASG ein Gutachten betreffend das Vorliegen bzw. den Zeitpunkt des Eintritts der Berufskrankheit in Auftrag gegeben wurde, dass sich das ASG für die Feststellung dieser Sachverhaltselemente als zuständig erachtet.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides war daher spruchgemäß dahingehend abzuändern, dass der Antrag des ASG zurückzuweisen ist.

3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin nicht beantragt. Im gegenständlichen Fall ergab sich zudem klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der Sachverhalt stellte sich aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde zur Beurteilung der Zuständigkeit der belangten Behörde als hinreichend geklärt dar und war im entscheidungswesentlichen Umfang unstrittig. Da sich durch die Feststellung der Unzuständigkeit der belangten Behörde weitere Feststellungen erübrigten, gab es keine darüber hinaus zu klärenden Rechts- oder Tatfragen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. ua VfGH 18.06.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (s. die unter 3.2. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Leistungssache, Spruchpunkt - Abänderung, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W126.2163085.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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