TE OGH 2019/6/13 5Ob74/19x

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Veröffentlicht am 13.06.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. M*****, 2. M*****, ebenda, gegen die Antragsgegnerin B***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Müller Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, sowie sämtliche übrige Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG *****, wegen §§ 20 Abs 3, 52 Abs 1 Z 6 WEG infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Februar 2019, GZ 38 R 369/18y-21, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 20. September 2018, GZ 22 Msch 22/17p-15, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Antragsteller begehren, die Antragsgegnerin unter Androhung einer Ordnungsstrafe zur Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung für die Liegenschaft ***** zu verpflichten, bei der die Betriebskosten und die Vorschreibung der Instandhaltungsrücklage für alle Wohnungseigentümer laut Grundbuch entsprechend den jeweiligen Nutzflächen laut Nutzwertgutachten aufgeteilt werden.

Das Erstgericht wies den Antrag ab.

Das Rekursgericht gab über Rekurs der Antragsteller dem Antrag statt. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR nicht übersteige, und erklärte den Revisionsrekurs für nicht zulässig.

Dagegen erhob die Antragsgegnerin primär einen außerordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung, der Entscheidungsgegenstand sei nicht rein vermögensrechtlicher Natur und daher vom Rekursgericht nicht zu bewerten. Hilfsweise stellte sie einen Abänderungsantrag gemäß § 63 Abs 1 AußStrG an das Rekursgericht verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht legte den außerordentlichen Revisionsrekurs unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Dieser ist derzeit nicht zur Entscheidung in der Sache berufen:

1. Der Revisionsrekurs ist – außer im Fall der Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 62 Abs 3 AußStrG). Das gilt gemäß § 62 Abs 4 AußStrG allerdings nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist.

2. Nach § 52 Abs 2 WEG gelten für die in § 52 Abs 1 WEG genannten Verfahren die allgemeinen Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen unter anderem mit den in § 37 Abs 3 Z 1, 6, 8, 10 bis 19 sowie Abs 4 MRG genannten Besonderheiten. Daher ist auch die Regelung des § 37 Abs 3 Z 16 MRG, wonach die in § 37 Abs 1 MRG genannten Entscheidungsgegenstände rein vermögensrechtlicher Natur sind und die maßgebliche Wertgrenze 10.000 EUR beträgt, sinngemäß auf die Verfahren nach § 52 Abs 1 WEG zu übertragen (RIS-Justiz RS0007110 [T38]; 5 Ob 162/12b mwN; 5 Ob 91/15s). Der hier in einem solchen wohnrechtlichen Außerstreitverfahren erhobene Anspruch ist daher ex lege als rein vermögensrechtlicher Natur zu qualifizieren und war – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin – vom Rekursgericht zu bewerten.

3. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist – auch im Verfahren außer Streitsachen – unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend, wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unterbewertung oder Überbewertung nicht vorliegt oder eine Bewertung nicht überhaupt hätte unterbleiben müssen (RS0042410 [T28]; RS0042450 [T8]; RS0109332 [T1]). Hier liegt keine dieser vom Obersten Gerichtshof anerkannten Ausnahmen von dessen Bindung an den Bewertungsausspruch des Rekursgerichts vor. Der Entscheidungsgegenstand übersteigt demnach 10.000 EUR nicht und das Rekursgericht hat den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt. Ohne Abänderung dieses Zulässigkeitsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin daher jedenfalls unzulässig.

4. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat – auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge im Sinn des § 63 AußStrG zu werten sind (RS0109623; 5 Ob 156/11v). Das Rechtsmittel wird demnach im Sinn seines Eventualantrags dem Rekursgericht vorzulegen sein. Ob der Schriftsatz der Antragsgegnerin den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T5]).

5. Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

Textnummer

E125804

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00074.19X.0613.000

Im RIS seit

14.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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