TE OGH 2019/6/25 10Ob107/18k

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Veröffentlicht am 25.06.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** GmbH, *****, vertreten durch Salzborn Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Wien, gegen die beklagte Partei T*****, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner, Mag. Georg Wageneder MA, Rechtsanwälte in St. Florian, wegen 129.031,98 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 25. Oktober 2018, GZ 3 R 118/18z-15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Soweit sich das als „außerordentliche Revision“ bezeichnete Rechtsmittel gegen die zweitinstanzliche Kostenentscheidung wendet, wird es als absolut unzulässig zurückgewiesen.

II. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu Punkt I. des Spruchs:

Nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist ein Rekurs gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über den Kostenpunkt ausgeschlossen. Das Gericht zweiter Instanz entscheidet in allen mit Kostenansprüchen zusammenhängenden Fragen endgültig (RS0044233); die Anrufung des Obersten Gerichtshofs im Kostenpunkt ist daher ausgeschlossen. Auf die Revisionsausführungen zur Entscheidung des Berufungsgerichts über die Berufung im Kostenpunkt ist deshalb nicht einzugehen.

Zu Punkt II. des Spruchs:

1. Voraussetzung für den von der Klägerin geltend gemachten Provisionsanspruch ist der Nachweis einer verdienstlichen, für den Geschäftsabschluss adäquat kausalen Tätigkeit. Eine verdienstliche Tätigkeit liegt dann vor, wenn sie den Anforderungen des Vermittlungsvertrags entspricht und ihrer Art nach geeignet ist, für den Geschäftsherrn Vertragspartner aufzufinden bzw diese zum Vertragsabschluss zu bewegen (RS0106002), wobei im Immobilienmaklergewerbe die Namhaftmachung des Geschäftspartners ausreicht (RS0062747 [T2]). Wenn die Verdienstlichkeit feststeht, ist in einem weiteren Schritt das Kausalitätserfordernis zu prüfen (RS0062723; RS0062747; jüngst 7 Ob 68/18b mwN). Für das Entstehen des Provisionsanspruchs genügt nicht jede (mit-)kausale und verdienstliche Tätigkeit des Maklers; vielmehr ist entscheidend, ob seine Tätigkeit bei wertender Betrachtung der Gesamtumstände im konkreten Einzelfall für das letztlich zustande gekommene Geschäft nicht bloß als (mit-)kausal, sondern als adäquat anzusehen ist (RS0062878 [T5]; RS0029415 [T1]). Die Frage der adäquaten Verursachung erfüllt in der Regel nur dann die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer vom Obersten Gerichtshof zu korrigierenden Fehlbeurteilung beruht (RS0110361 [T4]), was hier nicht der Fall ist:

2.1 Der Oberste Gerichtshof hat – entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers – in den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen bereits ausgesprochen, dass auch eine weitere Vermittlungstätigkeit des Immobilienmaklers nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Einzelfall verdienstlich und adäquat sein kann (7 Ob 145/05g sowie die Folgeentscheidung im damaligen Verfahren, 7 Ob 169/06p).

2.2 Die Klägerin brachte den ursprünglichen Verkaufsinteressenten mit dem Beklagten als ursprünglichen Kaufinteressenten zusammen, sie förderte den Geschäftsabschluss durch eine gemeinsame Besichtigung der zum Verkauf angebotenen Hotelanlage (10. 8. 2016) und bemühte sich, Unterlagen vom Verkäufer zu erlangen. Nach der für beide Streitteile überraschenden Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Konkursverfahren über den ursprünglichen Verkaufsinteressenten und ihm zuzuordnende Gesellschaften als weitere Liegenschaftseigentümer informierte die Klägerin sowohl den Beklagten über die Möglichkeit, die Hotelanlage aus der Insolvenzmasse zu erwerben, als auch den Masseverwalter über das Kaufinteresse des Beklagten. Weil der Beklagte vom Bieterverfahren wusste, hielt er regelmäßig Nachschau in der Ediktsdatei, entdeckte dabei die Einschaltung des Masseverwalters, beteiligte sich am Bieterverfahren und konnte so ein Kaufanbot für eine GmbH legen, deren Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter er unstrittig war. Bei der Gläubigerausschusssitzung am 3. 4. 2017 erhielt „der Beklagte den Zuschlag“ (Ersturteil S 10) für den Erwerb der Liegenschaft.

2.3 Ein den Provisionsanspruch allenfalls gefährdender Erwerb der Liegenschaft in einem Zwangsversteigerungsverfahren (vgl RS0115341) erfolgte (wie in 7 Ob 169/06p) auch im vorliegenden Fall nicht. Wie im damaligen Verfahren (vgl 7 Ob 145/05g) war auch im vorliegenden Fall die Klägerin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiterhin bemüht, den Abschluss des Kaufvertrags zwischen dem Beklagten und dem Masseverwalter zu fördern. In der Entscheidung 6 Ob 25/06d sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass die Reduktion des Kaufpreises weder für sich genommen noch im Zusammenhang mit dem damals verstrichenen sechsmonatigen Zeitraum zwischen Besichtigung und Vertragsabschluss geeignet seien, die Adäquanz der Tätigkeit des Maklers zu verneinen. Wenn das Berufungsgericht zu diesem rechtlichen Ergebnis auch im vorliegenden Fall – zwischen der Besichtigung der Liegenschaft und dem Geschäftsabschluss vergingen ca 8 Monate, der in der Insolvenz der Veräußerer erzielte Kaufpreis betrug weniger als die Hälfte der von den Verkaufsinteressenten genannten ersten Verhandlungsbasis – gelangt, so begegnet dies keinen Bedenken.

3.1 Steht dem Makler ein Provisionsanspruch zu, kann der Auftraggeber wegen Verletzung wesentlicher Pflichten auch die Mäßigung nach Maßgabe der dadurch bedingten geringeren Verdienstlichkeit eines Maklers verlangen. Die Beurteilung der Pflichtverletzung ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers vorzunehmen (RS0109995 [T4]). Auch beim Ausmaß der Mäßigung des Provisionsanspruchs nach § 3 Abs 4 MaklerG handelt es sich um eine Frage des Einzelfalls, sodass nur grobe Ermessensfehler der Vorinstanzen vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmen wären (RS0111058 [T7]).

3.2 Der Beklagte hält der Klägerin auch in der Revision vor, dass sie die erforderlichen Unterlagen und Erkundigungen über das Kaufobjekt bereits vor Vermittlung des Objekts beischaffen und einholen hätte müssen, und zwar insbesondere über die Eigentumsverhältnisse auf Verkäuferseite und fehlende Genehmigungen. Nach den Feststellungen gab es keine offensichtlichen Schäden und das Hotel befand sich in einem sehr guten Zustand. Der Beklagte hatte nach der Besichtigung einen positiven Eindruck und verlangte am Ende des Termins detaillierte Unterlagen, die er näher prüfen wollte. Die Frage der Verkäuferseite, ob der Beklagte ein echtes Interesse an einem Ankauf habe, weil die Zusammenstellung der gewünschten Unterlagen mit Kosten verbunden sei, bejahte der Beklagte und erklärte ausdrücklich, für die Unterlagen keine Kosten zu übernehmen. In weiterer Folge war die Klägerin gerade mit der Einholung der vom Beklagten gewünschten Informationen beschäftigt, als sie – wie auch der Beklagte – von der Eröffnung der Insolvenzverfahren über die Liegenschaftseigentümer überrascht wurde. Die Klägerin verwendete sich dann beim Masseverwalter für den Beklagten. Sie ersuchte den Masseverwalter, ihr entsprechende Unterlagen zukommen zu lassen, um diese an den Beklagten weiterzuleiten, worüber sie den Beklagten auch in Kenntnis setzte. Vor Abschluss des Kaufvertrags mit dem Masseverwalter waren dem Beklagten
– worauf das Berufungsgericht hinwies – aufgrund der im Insolvenzverfahren eingeholten Gutachten alle Eigenschaften des Objekts hinlänglich bekannt. Wenn das Berufungsgericht vor diesem Hintergrund im konkreten Fall keinen Pflichtverstoß der Klägerin erkennen kann, der eine Mäßigung ihres Provisionsanspruchs rechtfertigen würde, begegnet dies ebenfalls keinen Bedenken.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.

Textnummer

E125570

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0100OB00107.18K.0625.000

Im RIS seit

19.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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