TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/7 LVwG-2019/45/0860-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.05.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L92007 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Tirol

Norm

AVG §68 Abs1
MSG Tir 2010 §15 Abs7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Stemmer über die Beschwerde der Frau AA, wohnhaft in Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 02.04.2019, Zl *****, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Mindestsicherungsgesetz,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 02.04.2019, Zl *****, wurde der am 22.03.2019 von der Beschwerdeführerin eingebrachte Mindestsicherungsantrag wegen bereits entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführerin mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.07.2018, Zahl *****, ihr Mindestsicherungsantrag wegen Vermögen abgelehnt worden sei. Gegen diesen Bescheid sei fristgerecht Beschwerde erhoben worden und sei diese vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit Erkenntnis vom 21.02.2019, Zahl LVwG-2018/17/1660-3, als unbegründet abgewiesen worden. Am 22.03.2019 habe die Beschwerdeführerin erneut einen Antrag auf Gewährung von Mindestsicherung eingebracht. Als Unterlage sei unter anderem eine Bestätigung der Firma „BB-GmbH“ beigelegt worden, aus der hervorgehe, dass das Haus in X, Adresse 2, aufgrund Schimmelbefalls nicht verkaufbar sei. Weiters habe sie dem Antrag eine Bestätigung der CC-Bank beigelegt, aus der hervorgehe, dass sie nur ein Konto auf Habenbasis habe, mit dem eine Kreditgewährung nicht möglich sei. Nach Ansicht der belangten Behörde trete durch die angeführten eingebrachten Beweise keine erhebliche Änderung am Sachverhalt ein. Das Haus in X, Adresse 2 sei verwertbar. Das TMSG kenne für anderes unbewegliches Vermögen auch keine Ausnahme der Verwertungspflicht. Auch die Bestätigung der CC-Bank sei nicht geeignet einen wesentlich neuen Umstand herbeizuführen und sei für die gegenständliche Entscheidung irrelevant. Zudem habe sich die Rechtslage bis zur gegenständlichen Entscheidung nicht geändert. Der gegenständliche Antrag sei daher wegen bereits entschiedener Sache zurückzuweisen.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben und darin ausgeführt wie folgt: Ihre Vermögensverhältnisse hätten sich nicht geändert – sie sei Eigentümerin eines Hauses in W, in dem sie mit ihrem Sohn wohne und ihr gehöre ein Grundstück mit Haus im Bundesland V. Die Verwertung dieses Grundstückes sei in der Vergangenheit immer wieder Thema gewesen. Nicht nur die belangte Behörde, sondern auch das Landesverwaltungsgericht habe im letzten Verfahren die Ansicht vertreten, dass das Grundstück jederzeit verkaufbar sei und es ihr Fehler sei, dass dieses noch nicht verkauft sei. Im Gegensatz zum Vorverfahren hätten sich aber die Gegebenheiten insofern geändert, als dass das Grundstück im Bundesland V in der Zwischenzeit aufgrund Schimmelbildung in Küche und Bad im Haus nicht mehr zu verkaufen sei. Das Schreiben der BB-GmbH vom 18.03.2019 bestätige dies. Entsprechend den Ausführungen im letzten Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes habe sie sich bei ihrer Hausbank CC bemüht, einen Kredit zu bekommen; dies sei ihr abgelehnt worden und im Schreiben vom 14.03.2019 bestätigt worden, dass eine Kreditaufnahme nicht möglich sei. Auch ansonsten sei es für sie nicht möglich einen Kredit zu erhalten. Im Vergleich zum Letztverfahren hätten sich damit die Gegebenheiten entscheidend verändert und auf der Basis dieser Änderung habe sie nunmehr Bestätigungen beigebracht, dass es ihr wirklich nicht möglich sei, ihre derzeitige Notlage aus Eigenem zu beseitigen. Sie werde von verschiedenen Seiten unterstützt um den Lebensunterhalt zu sichern. Ihr Sohn beziehe Mindestsicherung und könne ihr nur sehr wenig helfen. Das Haus in W decke allein den Wohnbedarf, damit seien aber auch Kosten verbunden. Hinsichtlich der Verwertung des Grundstückes im Bundesland V sei sie bisher auf die Initiative der Makler angewiesen gewesen, nunmehr müsse sie vor dem Verkauf das Haus sogar noch sanieren. Sie ersuchte das Landesverwaltungsgericht um eine rasche Entscheidung, dies ab 01.03.2019 und jetzt einmal für die nächsten Monate, damit sie auch das Schimmelproblem im Bundesland V lösen könne. Es dürfe doch kein Problem sein, ihr aus Mitteln der Mindestsicherung ein zinsenloses Darlehen zu geben. Wenn es der Beschleunigung des Verfahrens diene, verzichte sie auf eine mündliche Verhandlung, stehe aber telefonisch für allfällige Anfragen zur Verfügung.

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt sowie in den vorliegenden Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol und in den Akt der Landesverwaltungsgerichts Tirol zu Zahl LVwG-2018/17/1660. Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden. Laut dieser Bestimmung kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Für das Landesverwaltungsgericht steht der Sachverhalt aufgrund der vorliegenden Aktenlage fest. Zudem war im gegenständlichen Verfahren im Wesentlichen eine Rechtsfrage zu klären. Vor diesem Hintergrund konnte das Landesverwaltungsgericht auch unter dem Gesichtspunkt des Art 6 EMRK auf die Durchführung der Verhandlung verzichten (vgl VwGH 22.06.2017, Ra 2017/11/0077 mwN). Die Beschwerdeführerin hat im Übrigen in der Beschwerde auf eine öffentliche mündliche Verhandlung verzichtet.

II.      Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist am XX.XX.XXXX geboren. Sie ist Alleineigentümerin der Liegenschaft Einlagezahl ***, Grundbuch KG X, mit einer Fläche von **** m2 und dem darauf errichteten Wohnhaus Adresse 2 sowie der Liegenschaft Einlagezahl ***, Grundbuch KG W, mit einer Fläche von **** m2. Auf diesem Grundstück in W befindet sich auch ein Wohnhaus, das die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Sohn bewohnt.

Am 23.05.2018 brachte die Beschwerdeführerin über die Gemeinde W einen Antrag auf Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes) ein. Als Begründung für ihre Notlage brachte sie vor, dass sie keine Pension beziehe. In diesem Zusammenhang legte die Beschwerdeführerin ein Schreiben Ihres Rechtsanwaltes DD vom 15.05.2018 mit folgendem Inhalt vor: „Über Ihrer Nachfrage erlaube ich mir zu bestätigen, dass aufgrund von erheblichen Wasserschäden an dem in Ihrem Eigentum stehenden Wohnhaus im Bundesland V diverse Professionistenleistungen erforderlich wurden, insbesondere wurden Trocknungsarbeiten, Innenausbauarbeiten, durchgeführt, die Anlass zu einem mehrjährigen Rechtsstreit über deren mangelhafte Ausführung ergaben. Dieser Rechtsstreit betraf damit auch Folgeschäden am Objekt, insbesondere Schimmelbildungen etc. Der Rechtsstreit wurde im Jahre 2013 vom Trockenbauunternehmen begonnen, er führte durch zwei Instanzen und konnte erst am 21.08.2017 durch einen gerichtlichen Vergleich zu einem Abschluss gebracht werden. Da diese Mangelhaftigkeiten die Bausubstanz betrafen, wurde in diesem Rechtsstreit auch die durch diese Schäden nicht mehr gegebene adäquate Verkäuflichkeit dieser Liegenschaft (im Verfahren thematisiert wurde ein Liegenschaftswert von *****) angesprochen.“

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.07.2018, Zahl *****, wurde dieser Mindestsicherungsantrag wegen Vermögen abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Besitz einer Liegenschaft samt darauf errichtetem Wohnhaus in X ist und dieser Besitz dem Begriff „verwertbares Vermögen“ zuzuordnen ist. Der derzeitige Marktwert des Objektes beträgt laut RA DD ungefähr Euro *****. Durch einen möglichen Verkauf des obigen Besitzes und den dadurch bedingten Einkommensertrag wäre die Beschwerdeführerin zumindest eine Zeit lang in der Lage ihren Lebensbedarf zu decken. Eine Veräußerung dieses verwertbaren Vermögens ist der Beschwerdeführerin überdies auch zumutbar, da sie ein weiteres Wohnhaus in W besitzt, das von ihr und ihrem Sohn bewohnt wird.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerechte Beschwerde erhoben. Diese wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit Erkenntnis vom 21.02.2019, Zahl LVwG-2018/17/1660-3, als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Landesveraltungsgericht aus, dass die Verwertungspflicht von unbeweglichem Vermögen nach der eindeutigen Regelung des § 15 Abs 7 TMSG nur dann nicht greift, wenn dieses Vermögen für die Deckung des eigenen Wohnbedarfs dient. Diese Notwendigkeit des Eigenbedarfs liegt bei der Beschwerdeführerin jedoch nicht vor, wohnt sie doch in ihrem zweiten Haus in W. Die Beschwerdeführerin hätte daher zwischenzeitlich längst ihren Grundbesitz in X verwerten müssen um in der Folge, sollte ihr da das Geld dann ausgehen, Leistungen nach dem TMSG beziehen zu können. Diese Regelung lässt sich auch sachlich damit rechtfertigen, dass öffentliche Mittel für die Mindestsicherung dann nicht einzusetzen sind, wenn der Wohnbedarf auch aus einer im Eigentum der Antragstellerin stehenden Immobilie gedeckt werden kann. Damit einhergehend besteht in einem Fall wie dem vorliegenden aber auch kein Anspruch auf Gewährung sonstiger Leistungen. Diese Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol wurde der Beschwerdeführerin am 01.03.2019 zugestellt und von ihr nicht bekämpft.

Am 22.03.2019 brachte die Beschwerdeführerin erneut einen Antrag auf Gewährung von Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes ab dem 01.03.2019) über die Gemeinde W ein. Sie legte dem Antrag unter anderem ein Schreiben der Firma „BB-GmbH“ vom 18.03.2019 mit folgendem Wortlaut bei: „Aufgrund der Tatsache, dass durch diverse Wasserschäden, wobei sich nun aufgrund der Feuchtigkeit Schimmel in diversen Bereichen in der Küche und auch im Bad gebildet haben, ist es mir nicht möglich das Haus in diesem Zustand weder weiterhin anzubieten, geschweige denn zu verkaufen.“ Unterschrieben wurde das Schreiben von „EE“. Ebenso legte die Beschwerdeführerin eine „Kurzmitteilung“ der CC-Bank vom 14.03.2019 vor, nach der die Beschwerdeführerin „in unserem Haus ein Konto NUR auf Habenbasis führt. Ein Kredit ist leider NICHT möglich.“

In der Folge erließ die belangte Behörde den nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid, mit dem der Mindestsicherungsantrag der Beschwerdeführerin vom 22.03.2019 wegen bereits entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorliegenden Aktenlage und ist im Übrigen nicht strittig. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin in der Beschwerde selbst angeführt, dass sich „ihre Vermögensverhältnisse nicht verändert haben“.

IV.      Rechtslage:

Die entscheidungsrelevante Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) lautet wie folgt:

Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 68.

(1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

[…]

V.       Erwägungen:

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 02.04.2019 hat diese spruchgemäß eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG vorgenommen. Gegenstand der Prüfung durch das Landesverwaltungsgericht ist somit ausschließlich, ob diese Zurückweisung, also eine Formalentscheidung, zu Recht ergangen ist. Dabei hat das Landesverwaltungsgericht Tirol sich mit der Rechtsfrage auseinanderzusetzen, ob die von der belangten Behörde getroffene Annahme einer entschiedenen Sache im Sinne des § 68 Abs 1 AVG dieser Bestimmung entspricht. Eine solche Prüfung fällt in die Entscheidungsbefugnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, auch wenn gemäß § 17 VwGVG der vierte Teil des AVG und damit dessen § 68 in Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG nicht anzuwenden ist. Ein Widerspruch zu dieser Bestimmung ist nicht gegeben, da das Landesverwaltungsgericht Tirol lediglich prüft, ob die belangte Behörde die Zurückweisung eines Antrages zu Recht auf § 68 Abs 1 AVG gestützt hat (vgl VfGH 18.06.2015, Zl G5/2014-9; LVwG Tirol 09.12.2015, LVwG-2015/37/2385-3).

Die Zurückweisung eines Anbringens gem § 68 Abs 1 AVG setzt zweierlei voraus: Zum einen muss sich der Antrag auf eine entschiedene Sache beziehen, die nur dann vorliegt, wenn sich gegenüber dem Bescheid, dessen Abänderung oder Aufhebung begehrt wird, weder am erheblichen Sachverhalt noch an der maßgeblichen Rechtslage etwas geändert hat und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9. 7. 1992, 92/06/0062; 27. 5. 2004, 2003/07/0100; 17. 12. 2009, 2008/22/0275; 13. 5. 2011, 2011/10/0040). Zum anderen muss die Partei einen rechtlichen Anspruch auf neuerliche Entscheidung in derselben Sache – sei es unter unzutreffendem Vorbringen (vermeintlich) geänderter Sach- oder Rechtslage oder unter einfachem Hinwegsetzen über den bereits rechtskräftig gewordenen Bescheid – geltend gemacht haben (VwGH 28. 7. 1995, 95/02/0082; 28. 3. 2000, 99/08/0284; 24. 3. 2004, 99/12/0114; vgl auch FB VI 49; Kolonovits/Muzak/Stöger10 Rz 648 f; Walter/Thienel I2 AVG § 68 Anm 5), der ihr nicht zusteht (Thienel/Schulev-Steindl5 300) (Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 (Stand 1.3.2018, rdb.at) RZ 39). Die zweite Voraussetzung liegt unstrittig vor – die Beschwerdeführerin hat durch ihren Mindestsicherungsantrag vom 22.03.2019 einen neuerlichen Entscheidungsanspruch gegenüber der belangten Behörde geltend gemacht.

Identität der Rechtslage als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG liegt vor, wenn seit der Erlassung des Bescheides, dessen Abänderung begehrt wird, in den die Entscheidung tragenden Normen, in der Rechtslage, auf welche die Behörde den Bescheid gestützt hat (VwGH 29. 11. 1988, 87/12/0004; 25. 4. 2003, 2000/12/0055), keine wesentliche, dh die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Modifikation eingetreten ist (VwGH 12. 9. 2006, 2003/03/0279; 21. 6. 2007, 2006/10/0093; 29. 4. 2015, 2012/05/0152). Dies ist im vorliegenden Fall gegeben; die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des § 15 TMSG haben sich seit Erlassen des ersten Bescheides am 10.07.2018 nicht geändert; die letzte Änderung des relevanten § 15 TMSG erfolgte durch LGBl Nr 18/2018 vom 29.01.2018 und betraf zudem nicht den hier wesentlichen Abs 7. Auch wird von der Beschwerdeführerin eine Änderung der Rechtslage in keinster Weise behauptet oder vorgebracht.

Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 AVG ist nach der stRsp des VwGH dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, welcher dem Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat (VwGH 21. 2. 2007, 2006/06/0085; 24. 3. 2011, 2007/07/0155; 24. 5. 2016, Ra 2016/21/0143). Bei der Beurteilung der „Identität der Sache“ ist in primär rechtlicher (und nicht etwa in rein technischer oder mathematischer [VwGH 26. 2. 1974, 500/72; 9. 7. 1992, 92/06/0062; 27. 6. 2006, 2005/06/0358]) Betrachtungsweise festzustellen, ob in den entscheidungsrelevanten Fakten eine wesentliche Änderung eingetreten ist (VwGH 22. 11. 2004; 2001/10/0035; 21. 6. 2007, 2006/10/0093; vgl auch Kolonovits/Muzak/Stöger10 Rz 483). Maßgeblich für die Entscheidung der Behörde ist dabei nicht nur § 68 Abs 1 AVG und für die Berufungsbehörde im Hinblick auf ihre Entscheidungskompetenz § 66 Abs 4 AVG (bzw für das VwG § 28 Abs 2 und 3 erster Satz VwGVG). Vielmehr hat die Behörde (das VwG) die Identität der Sache im Vergleich mit dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt im Lichte der darauf angewendeten (insb materiellrechtlichen) Rechtsvorschriften zu beurteilen (vgl Raschauer, Rechtskraftdurchbrechungen 286 f) und sich damit auseinanderzusetzen, ob sich an diesem Sachverhalt oder seiner „rechtlichen Beurteilung“ (an der Rechtslage) im Zeitpunkt ihrer Entscheidung über den neuen Antrag eine wesentliche Änderung ergeben hat (VwGH 31. 3. 2005, 2003/20/0536; vgl auch VwGH 23. 5. 1995, 94/04/0081; 7. 5. 1997, 95/09/0203; 19. 1. 2010, 2009/05/0097; 20. 5. 2010, 2008/07/0104; Kolonovits/Muzak/Stöger10 Rz 481 ff; Walter/Thienel I2 AVG § 68 Anm 12; ferner Mayer, ZfV 1977, 488) (Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 (Stand 1.3.2018, rdb.at) RZ 24).

Die belangte Behörde und in der Folge das Landesverwaltungsgericht Tirol sind im vorangegangenen Verfahren davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin mit dem Grundstück samt Wohnhaus im Bundesland V über unbewegliches Vermögen verfügt, das nicht zur Deckung ihres unmittelbaren Wohnbedarfes erforderlich ist. Sie ist dabei von einem Marktwert von Euro ***** ausgegangen. Dieser Wert wurde von der Beschwerdeführerin auch im vorangegangenen Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht nicht bestritten und resultiert aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Schreiben des Rechtsanwaltes vom 15.05.2018. In diesem Schreiben wurde wie in den Feststellungen angeführt auch auf „Mangelhaftigkeiten der Bausubstanz“ sowie „insbesondere Schimmelbildungen“ eingegangen und die „durch diese Schäden nicht mehr gegebene adäquate Verkäuflichkeit dieser Liegenschaft“ angesprochen. Somit war der konkrete Zustand des Hauses in X (insbesondere auch die Schimmelbildung) bzw die damit im Zusammenhang stehende Frage der Verkäuflichkeit bereits Thema in jenem Mindestsicherungsverfahren, das seitens der belangten Behörde mit Bescheid vom 10.07.2018 abgeschlossen wurde, sowie im anschließenden Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht. Soweit die Beschwerdeführerin ihrem nunmehrigen Mindestsicherungsantrag ein Schreiben der „BB-GmbH“ beilegt, aus dem hervorgeht, dass es aufgrund von Schimmelbildung in diversen Bereichen in der Küche und im Bad nicht möglich ist das Haus in diesem Zustand weiter anzubieten oder zu verkaufen, vermag sie keine wesentliche Änderung der Sachlage aufzuzeigen. Dass sich das Haus in einem sanierungsbedürftigen Zustand befunden hat und es zu Schimmelbildung gekommen ist, der sich allenfalls auf den Preis der Liegenschaft auswirkt, war bereits Gegenstand des ersten Verfahrens. Ein weiterer zusätzlicher Nachweis für diese Tatsache vermag insofern keine „Änderung der Sachlage“ zu bewirken. Das Grundstück (samt Haus) befindet sich noch immer im Eigentum der Beschwerdeführerin. Auch wenn das Haus aufgrund von Mängeln an Wert verloren hat bzw eine konkrete Immobilienfirma es nicht mehr anbietet, bildet die Liegenschaft trotzdem weiterhin unbewegliches Vermögen im Eigentum der Beschwerdeführerin. Es ist nicht davon auszugehen, dass ein sanierungsbedürftiges Haus zu einer absoluten Unverkäuflichkeit der Liegenschaft führt, sondern allenfalls zu einer Wertminderung; diese war wie ausgeführt aber bereits Gegenstand im früheren Verfahren. An der entscheidungswesentlichen Tatsache, dass die Beschwerdeführerin über unbewegliches Vermögen verfügt, das nicht der Deckung ihres Wohnbedarfes dient, ist keine Änderung eingetreten.

Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Bescheinigung der CC-Bank, wonach bei diesem Institut kein Kredit möglich ist, ist nicht entscheidungsrelevant und ändert nichts an der wesentlichen Sachlage – nämlich der, dass die Beschwerdeführerin über unbewegliches Vermögen, das nicht zur Deckung ihres unmittelbaren Wohnbedarfes dient, verfügt. Das Tiroler Mindestsicherungsgesetz sieht weiterhin keine Regelung vor, dass von der Verwertung eines solchen unbeweglichen Vermögens abzusehen ist.

Insgesamt steht für das Landesverwaltungsgericht somit fest, dass es zu keiner wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage gekommen ist. Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung lagen somit vor und die belangte Behörde hat den verfahrensgegenständlichen Mindestsicherungsantrag zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde ausführt, dass es „doch kein Problem sein darf, mir aus Mitteln der Mindestsicherung ein zinsenloses Darlehen zu geben“ ist sie darauf hinzuweisen, dass es keinesfalls Aufgabe der Mindestsicherung ist, zinslose Darlehen für Sanierungsarbeiten zu vergeben und sich daher für ein solches Vorgehen im Tiroler Mindestsicherungsgesetz keinerlei Grundlage findet.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Stemmer

(Richterin)

Schlagworte

entschiedene Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.45.0860.1

Zuletzt aktualisiert am

27.05.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten