TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/4 L502 2210654-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.01.2019
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Entscheidungsdatum

04.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §13 Abs2 Z2
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §6 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z2
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L502 2210654-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2018, FZ. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass Spruchpunkt VIII des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"Gemäß § 13 Abs. 2 Z. 1 AsylG haben Sie das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet mit dem 04.10.2018 verloren".

B) Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als

unzulässig zurückgewiesen.

C) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte im Gefolge seiner illegalen Einreise nach Österreich am 19.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 21.05.2015 erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

In der Folge wurde das Verfahren zugelassen.

3. Am 20.07.2016 legte der BF als Beweismittel zwei Teilnahmebestätigungen für Deutschkurse auf dem Niveau A1 vor.

4. Am 27.04.2018 wurde der BF an der Außenstelle Wien des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen.

5. Mit dem og. Bescheid der belangten Behörde vom 14.11.2018 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkte I. und II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI). Für die freiwillige Ausreise wurde keine Frist gesetzt (Spruchpunkt VII) und es wurde gemäß § 13 Abs. 2 Z. 2 AsylG festgestellt, dass er sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 14.08.2016 verloren hat (Spruchpunkt VIII). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1, 2 und 5 FPG wurde gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX).

6. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 15.11.2018 wurde ihm gemäß § 52 BFA-VG von Amts wegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

7. Gegen den seiner damaligen Vertretung zugestellten Bescheid der belangten Behörde erhob diese am 25.11.2018 fristgerecht Beschwerde.

8. Die Beschwerdevorlage des BFA langte am 04.12.2018 beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren in der Folge der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichtes zur Entscheidung zugewiesen.

9. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Identität des BF steht fest. Er ist irakischer Staatsangehöriger, Araber und Moslem der sunnitischen Glaubensgemeinschaft. Er wurde in XXXX geboren und ist dort aufgewachsen. Er hat insgesamt zwölf Jahre die Schule besucht und mit der Matura abgeschlossen. Er war von 1999 bis 2002 als landwirtschaftlicher Maschinentechniker, von 2006 bis 2008 als Sicherheitsmitarbeiter einer Telekommunikationsfirma, von 2009 bis 2011 als Techniker bei einem Softdrinkunternehmen und von 2011 bis zu seiner Ausreise als Taxifahrer beruflich tätig.

In XXXX besitzt der BF ein Haus, in dem seine Ehegattin sowie deren drei gemeinsame Kinder und ein Bruder des BF leben. Die Eltern und ein weiterer Bruder des BF sind bereits verstorben. Ein weiterer Bruder und drei Schwestern des BF leben weiterhin in XXXX . Der BF steht mit seinen Familienangehörigen in Kontakt.

Er reiste am 16.04.2015 ausgehend von XXXX auf dem Luftweg legal aus dem Irak in die Türkei aus und von dort aus schlepperunterstützt nach Österreich weiter, wo er am 19.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich seither aufhält.

Er hat hierorts an zwei Deutschkursen bis zum Niveau A1 teilgenommen. Er war ehrenamtlich als Flüchtlingshelfer tätig. Er ist in Österreich noch keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Seinen Lebensunterhalt bestritt er bis zu seiner Inhaftierung aus Leistungen der staatlichen Grundversorgung.

Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 02.03.2017, das vom Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 04.10.2018 bestätigt wurde, wegen § 205 Abs. 1 und 3, erster und vierter Fall, iVm § 12 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Er verbüßt seine Haftstrafe in der Justizanstalt Wien-Josefstadt.

1.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF im Irak vor der Ausreise einer individuellen Verfolgung durch schiitische Milizen oder andere Dritte wegen seiner Zugehörigkeit zur sunnitischen Bevölkerungsgruppe ausgesetzt war oder im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt wäre.

Auch eine individuelle Verfolgung durch Angehörige der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) vor der Ausreise oder im Falle einer Rückkehr in den Irak war nicht feststellbar.

1.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wäre oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würde. Es konnten auch keine gravierenden Erkrankungen des Beschwerdeführers festgestellt werden.

1.4. Der gg. Entscheidung werden folgende länderkundliche Informationen zur allgemeinen Lage im Irak zugrunde gelegt:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein geringer Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Vor dem Hintergrund einer langfristigen Tendenz unter den Binnenvertriebenen zur Rückkehr in ihre Herkunftsgebiete waren mit Oktober 2018 noch ca. 1,8 Mio. (seit 2014) Binnenvertriebene innerhalb des Iraks registriert, diesen standen wiederum ca. 4,1 Mio. Zurückgekehrte gegenüber. Schwerpunkte für Rückkehrende sind die Provinzen Ninava, Anbar, Salah al Din und Kirkuk.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 musste der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamtem Irak für vom IS befreit.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Am 25.09.2017 hielt die kurdische Regionalregierung ein Referendum für eine mögliche Unabhängigkeitserklärung der Autonomieregion ab. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk. Am 15.10.2017 wurden die in Kirkuk stationierten kurdischen Sicherheitskräfte von Einheiten der irakischen Armee und der Polizei sowie der sogen. der Zentralregierung nahestehenden Volksmobilisierungseinheiten angegriffen, die sich in der Folge aus Kirkuk zurückzogen. Zuletzt kam es zur Besetzung weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze sowie von Grenzübergängen an der irakisch-syrischen Grenze durch die irakische Armee und die Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist aktuell aus Österreich auf dem Luftweg ausgehend vom Flughafen Wien via Amman und via Dubai nach Erbil und auf indirektem Weg via Bagdad möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte vorerst eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte. Aktuell sind im Gefolge der Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet im Irak keine maßgeblichen sicherheitsrelevanten Ereignisse bzw. Entwicklungen für die Region bekannt geworden.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die oben genannten Ereignisse im Zusammenhang mit der Bekämpfung des IS im Zentralirak. Seit 2016 kam es jedoch im Stadtgebiet von Bagdad zu mehreren Anschlägen bzw. Selbstmordattentaten auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern, die sich, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS, gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. So wurden am 13. und 15. Jänner 2018 von Selbstmordattentätern zwei Sprengstoffanschläge auf öffentliche Plätze in Bagdad verübt, deren genaue Urheber nicht bekannt wurden. Für den Großraum Bagdad sind im Gefolge der nunmehrigen Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet nur mehr wenige sicherheitsrelevante Ereignisse bzw. Entwicklungen bekannt geworden. Zuletzt kam es am 06.06.2018 im Stadtteil Sadr-City zu einem Anschlag unbekannter Täter auf eine Moschee, bei dem 18 Menschen starben und 90 verletzt wurden.

2. Beweiswürdigung

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes und der von ihm vorgelegten Beweismittel, und durch die amtswegige Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems den BF betreffend.

Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangte das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu den entscheidungswesentlichen Feststellungen.

2.2. Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie regionalen Herkunft des Beschwerdeführers, zu dessen Lebenswandel vor der Ausreise aus dem Irak sowie seinen aktuellen Lebensumständen sowie denen seiner Angehörigen und Verwandten stützen sich in unstrittiger Weise auf die von ihm vorgelegten Personaldokumente und seine vor dem BFA getätigten persönlichen Angaben.

Die festgestellte Straffälligkeit des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus dem in Kopie im Akt einliegenden strafgerichtlichen Urteil sowie aus dem Strafregister der Republik Österreich.

Die Feststellungen zum Verfahrensgang gründen sich auf den ebenso unstrittigen Akteninhalt.

2.3. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung des BF vor der Ausreise aus von ihm behaupteten Gründen bzw. der fehlenden Gefahr einer solchen pro futuro oben gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:

2.3.1. Anlässlich der Erstbefragung am 21.05.2015 gab der BF zu den Ausreisegründen befragt an, dass er den Irak verlassen habe, da er wegen seiner Religion genauso wie viele andere seiner Familienangehörigen von schiitischen Milizen verfolgt werde, wobei einige der Verfolgten getötet oder verhaftet worden seien. Auch die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) stelle eine Gefahr für ihn und seine Familie dar.

In der Einvernahme vor dem BFA am 27.04.2018 legte er dar, dass er aufgrund der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Konfessionen (gemeint: der schiitischen und der sunnitischen Bevölkerung) den Irak verlassen musste. Er sei im Jahr 2011 nach der Ermordung seines Bruders mit seiner Gattin für sechs Monate von XXXX nach XXXX in der Provinz XXXX gezogen, nach XXXX zurückgekehrt habe er bis 2013 dort gelebt, von 2013 bis 2014 habe er sich neuerlich in XXXX und von 2014 bis 2015 in XXXX aufgehalten.

Über Nachfragen ergänzte er, dass er, weil er der sunnitischen Glaubensrichtung angehöre, einmal im Jahr 2006 und einmal im Jahr 2010 von zwei Fahrzeugen verfolgt worden sei. Die Verfolger hätten aber jeweils ohne weitere Zwischenfälle die Verfolgung abgebrochen. Er werde nicht persönlich verfolgt, aber sein Klan werde von Milizen verfolgt. Drei seiner Cousins seien von Milizen getötet worden, einer als Taxifahrer im Jahr 2003, weil er in einem schiitischen Bezirk gefahren sei, ein weiterer zu einem unbekannten Zeitpunkt durch einen Sprengsatz am Eingang seines Büros, der dritte sei 2014 von Milizen entführt und erschossen worden. Auf die Frage, warum er zuletzt XXXX verlassen habe, antwortete er, dass er dort keine Arbeit finden konnte. Ausschlaggebend für die Ausreise sei schließlich die unsichere allgemeine Lage im Irak gewesen, in XXXX sei es per se unsicher gewesen und in XXXX sei der IS gewesen.

2.3.2. Die belangte Behörde vermeinte im Rahmen ihrer Beweiswürdigung das behauptete Bedrohungsszenario nicht näher prüfen zu müssen, da der BF ohnehin von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen sei.

In der Beschwerde wurde zu den Fluchtgründen des BF ausgeführt, dass das von ihm begangene schwere Verbrechen nicht bestritten werde, dies die belangte Behörde aber nicht von Ermittlungen hinsichtlich seiner Gefährdung im Falle einer Rückkehr entbinde. Der BF habe konkrete Angaben über seine individuelle Verfolgung als Sunnit sowohl seitens sunnitischer Terroristen als auch seitens radikal-schiitischer Milizen gemacht. In anderen Landesteilen könne der BF als Sunnit nicht leben, da diese mehrheitlich schiitisch seien bzw. er als Araber auch nicht in der kurdischen Autonomieregion leben könne. Der BF sei bereits von gezielten Verfolgungshandlungen betroffen gewesen und könne keinen Schutz seitens der irakischen Behörden erwarten. Auch die allgemeine Sicherheitslage lasse die Rückkehr des BF in den Irak nicht zu. Hinsichtlich des unbefristeten Einreiseverbotes wurde argumentiert, dass aus der strafrechtliche Verurteilung des BF nicht automatisch zu schließen sei, dass er weiterhin eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle, außerdem sei die Dauer des Einreiseverbots nicht adäquat. Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde vorgebracht, dass nicht ersichtlich sei, worin dessen Notwendigkeit bestehe, zumal der BF ohnehin noch viele Jahre in der Justizanstalt abzusitzen habe.

2.3.3. In einer Gesamtbetrachtung der Aussagen des BF zum maßgeblichen die Flucht auslösenden Geschehen ging das erkennende Gericht von folgenden Erwägungen aus.

2.3.3.1. Der BF machte zwar mehrere Einzelereignisse in den Jahren vor der Ausreise aus dem Irak im April 2015 geltend, diese trugen sich, folgt man seinen Angaben, seine eigene Person betreffend allerdings bereits in den Jahren 2006 und 2010 zu. Als kausal für die Ausreise stellten sich diese Ereignisse ungeachtet der Frage nach dem Zutreffen dieser Behauptung also schon in zeitlicher Hinsicht nicht dar und entfalteten daher per se keine Relevanz für sein Asylbegehren.

Es wurde auch nicht nachvollziehbar, inwieweit ein etwaiger Zusammenhang zwischen den behaupteten Vorfällen seinen Bruder sowie die genannten "Cousins" betreffend und seiner Ausreise bestanden habe. So hätten sich diese Vorfälle in den Jahren 2003, 2011, 2014 bzw. zu einem weiteren ihm nicht mehr erinnerlichen Zeitpunkt ereignet, er selbst sei seinen sonstigen Angaben nach aber, mit einer nur kurzen Unterbrechung im Jahr 2011, von Kindheitstagen an bis 2013 in XXXX und anschließend in den Provinzen XXXX und XXXX aufhältig gewesen und einer Erwerbstätigkeit nachgegangen, auch seine Gattin und seine Kinder hätten mit ihm dort gelebt. Zu irgendeinem konkreten Geschehen, aus dem auf eine individuelle Bedrohung für ihn zu schließen gewesen wäre, ist es seinen Aussagen nach aber in diesen Jahren vor der Ausreise nicht gekommen. Dementsprechend antwortete er vor dem BFA auch auf die abschließende Frage nach seinen Ausreisemotiven im Jahr 2015, dass er letztlich (bloß) aufgrund der unsicheren allgemeinen Lage ausgereist sei. In der Beschwerde des BF fanden sich dazu keine weiteren konkreten Aussagen.

Ein konkretes seine Person betreffendes Bedrohungsszenario, das hypothetisch als kausal für die Ausreise angesehen hätte werden können, fand sich sohin in seinem persönlichen Vorbringen schon nicht.

2.3.3.2. Die nur vage und unsubstantiiert vorgetragene Behauptung des BF, dass er einer etwaigen Gefährdung durch den IS unterliegen könnte, litt schon unter dem Umstand, dass er selbst tatsächlich nie in Berührung mit Angehörigen des IS gekommen war. Eine persönliche Kontaktaufnahme seitens des IS mit ihm hat der BF nicht einmal behauptet. Stichhaltige Gründe für die Annahme eines gegen ihn persönlich gerichteten Verfolgungsinteresses waren im Lichte dessen nicht gegeben.

Darüber hinaus war als notorisch in Betracht zu ziehen, dass es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen der sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF) sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelang, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen und beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert und richteten sich die Operationen der Militärallianz zuletzt gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave südlich von Kirkuk (vgl. oben). Mittlerweile herrscht allgemeine Übereinstimmung dahingehend, dass der IS, als eine Organisation mit der Fähigkeit die Kontrolle über ein größeres Gebiet auszuüben, im Irak nicht mehr existent ist.

Im Lichte dessen war eine allfällige allgemeine Gefährdung des BF durch den IS bei einer Rückkehr in den Irak als obsolet anzusehen.

2.3.3.3. Soweit in der Beschwerde ins Treffen geführt wurde, der BF sei als Sunnit schon aufgrund seiner bloßen Religionszugehörigkeit im Irak in Verfolgungsgefahr, war dem entgegen zu halten, dass keine stichhaltigen Hinweise auf eine potentiell gegen alle Angehörigen der sunnitischen Bevölkerungsgruppe gerichtete Gefahr einer systematischen Verfolgung (durch schiitische Milizen) im Irak hervorkamen. Zwar wurde vereinzelt berichtet, dass es im Zuge der Rückeroberung von ehemals vom IS kontrollierten Gebieten im Jahr 2016 in Einzelfällen zu Übergriffen auf die sunnitischen Bewohner durch schiitische Milizen wegen einer ihnen unterstellten Sympathie für oder Unterstützung des IS gekommen war, jedoch war schon im Hinblick auf das verhältnismäßig geringe Ausmaß solcher Vorfälle nicht von einer systematischen und landesweiten Verfolgung von Sunniten im Allgemeinen auszugehen. Dafür, dass der BF schon wegen der bloßen Zugehörigkeit zur sunnitischen Glaubensgemeinschaft pro futuro Opfer individueller Verfolgung werden könnte, waren daher weder aus dem Vorbringen im gg. Verfahren bis zum Entscheidungszeitpunkt noch aus den jüngsten länderkundlichen Informationen des BVwG stichhaltige Hinweise zu gewinnen.

2.3.4. In einer Gesamtbetrachtung dieser Erwägungen gelangte das erkennende Gericht sohin zu den negativen Feststellungen oben unter 1.2., zumal es dem BF nicht gelang die behaupteten Verfolgungs- bzw. Bedrohungsszenarien glaubhaft darzulegen.

Dass es im gg. Fall zuletzt auch am subjektiven Element einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat fehlte, war daraus abzuleiten, dass der BF in seiner Einvernahme angab, er werde nach seiner Haftentlassung freiwillig in den Irak zurückkehren.

2.4. Die länderkundlichen Feststellungen des BVwG zur allgemeinen Lage im Irak stützen sich auf das Amtswissen des erkennenden Gerichtes und die als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignisse im Irak.

Diesen länderkundlichen Informationen war auch kein über die oben erörterten, vom Beschwerdeführer selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Zu A)

1.1. Gemäß § 3 Abs. 3 Z. 2 AsylG ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Gemäß Abs. 2 kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden, wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt. § 8 gilt.

1.2. Für die Anwendung des (dem § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1997 entsprechenden) § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG müssen kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Herkunftsstaat verbracht werden darf: Er muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden und drittens gemeingefährlich sein, und schließlich müssen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung seine Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen. Es genügt nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. (vgl. VwGH 23.9.2009, 2006/01/0626, mwN; 25.10.2018, Ra 2018/20/0360).

Nach der Rsp fallen unter den Begriff des "besonders schweren Verbrechens" iSd § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen (VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0360).

Bei einer auf § 13 Abs 2 zweiter Fall AsylG 1997 bzw. nunmehr auf § 6 Abs 1 Z. 4 AsylG gestützten Entscheidung ist eine entsprechende Zukunftsprognose (zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit des Straftäters) zu erstellen, wobei es auf das gesamte Verhalten des Täters ankommt. Demgemäß ist seine Einstellung während der Dauer seines Aufenthaltes gegenüber dem Staat bzw. der Gemeinschaft der in diesem Staat lebenden Bürger und seine in diesem Zeitraum gesetzten Handlungen maßgeblich, welche geeignet sind, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft zu gefährden (VwGH 06.10.1999, 99/01/0288).

Die Frage, ob ein Flüchtling, der wegen eines besonders schweren Verbrechens verurteilt wurde in Zukunft eine Gefahr für die Gemeinschaft des Aufenthaltslandes darstellt, ist auch unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung des Flüchtlings (nach § 46 Abs 1 StGB) gegeben waren, zu beurteilen. Dabei ist jedoch auch sein gesamtes Verhalten seit Begehung der strafbaren Handlung von Belang, also einschließlich seines Verhaltens während der Haft, auch wenn er mangels Freizügigkeit eine Änderung seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten noch nicht voll unter Beweis stellen konnte (VwGH 10.10.1996, 95/20/0247).

Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. B 22. Mai 2014, Ra 2014/21/0014).

In gravierenden Fällen schwerer Verbrechen ist bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose zulässig (VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0360).

1.3. Der BF wurde mit rechtskräftigem Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 02.03.2017 wegen § 205 Abs. 1 und 3, 1. und 4. Fall StGB im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) zu einer unbedingten Haftstrafe von 13 Jahren verurteilt.

Die Verurteilung nach diesen Straftatbeständen des StGB resultierte aus dem gegen ihn gerichteten Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer Person, die aufgrund starken Alkoholkonsums sowie aufgrund ihrer psychischen Verfassung wehrlos war. Er hat den gerichtlichen Feststellungen folgend die Genannte unter Ausnützung dieses Zustandes mit sieben Mittätern dadurch missbraucht, dass (auch) er an dieser am 01.01.2016 den Beischlaf bzw. dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen in Form von vaginalem und oralem Geschlechtsverkehr vornahm, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung, nämlich eine über 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung in Form einer mittelgradigen depressiven Störung, die zu einer psychischen Beeinträchtigung in erheblichem Ausmaß bis Juni 2016 geführt hat und ab Juni 2016 eine an sich schwere Gesundheitsschädigung, nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung, zur Folge hatte, und das Opfer längere Zeit hindurch in besonderer Weise erniedrigt worden ist.

Der og. Judikatur des VwGH folgend war dem BF sohin diese rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen des besonders schweren Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person zur Last zu legen. Da es sich bei dem ihm zur Last gelegten Verbrechen um einen besonders gravierenden Fall iSd hg. Judikatur handelt, war jedenfalls von einer negativen Zukunftsprognose im Sinne einer Gefährdung des ordentlichen und sicheren Zusammenlebens der Gesellschaft durch den BF auszugehen.

Das den Feststellungen des Strafgerichts zu entnehmende besonders verwerfliche Verhalten des Täters bei der Tatbegehung untermauert noch die Annahme der Gemeingefährlichkeit des BF. So hatte der BF nicht nur selbst das Opfer durch mehrfache sexuelle Handlungen vaginal und oral missbraucht, sondern stellte das Strafgericht auch fest, dass "er es war, der auf die Idee kam, sie mit in die Wohnung des Sechstangeklagten zu bringen, und er, nachdem er als Erster den Geschlechtsverkehr an ihr vollzogen hatte, den übrigen Angeklagten mitteilte, dass diese nun mit dem Mädchen Sex haben könnten, wodurch er den maßgeblichen Anstoß zur Tat der von Mehreren begangenen Straftat [...] gegeben hat".

Erschwerend kommt weiter hinzu, dass auch ein späterer Gesinnungswandel des BF hinsichtlich seiner Tat insofern nicht feststellbar war, als er in seiner, der Verurteilung folgenden, Einvernahme vor dem BFA keinerlei Reue zeigte, sondern bloß vermeinte, er sei (bloß) "zur falschen Zeit am falschen Ort" gewesen, bzw. er behauptete, er habe das Opfer nicht "vergewaltigt", und er nicht wisse, welche Grundlage seine Anklage gehabt habe.

Die Einschätzung seiner aktuellen Gemeingefährlichkeit ergibt sich sohin aus dieser Verurteilung in Verbindung mit dem Umstand, dass er trotz der Verurteilung seine Taten nach wie vor zu verharmlosen versuchte bzw. abstritt. Im Lichte dessen gelangte das BFA zutreffend zur Zukunftsprognose, dass sein bisheriges persönliches Gesamtverhalten auch pro futuro das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft in Österreich gefährden würde.

Soweit dem in der Beschwerde entgegengehalten wurde, dass eine nachhaltige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den BF nicht allein aus seiner Verurteilung geschlossen werden könne, sondern auch auf die persönliche Situation des BF Bezug genommen werden muss, war dieses Argument schon dadurch maßgeblich in seinem Gewicht gemindert, als ihn selbst der Umstand, dass er verheirateter Familienvater ist, nicht von der Begehung des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauches einer wehrlosen Person abhalten hatte können. Auf welche sonstigen Argumente die in der Beschwerde in bloß pauschaler Form in den Raum gestellte "persönliche Situation" des BF zu stützen wäre, erhellte mangels konkreten Vorbringens oder sonstiger aus dem Verfahrensakt ersichtlicher stichhaltiger Hinweise darauf für das BVwG nicht. Die Persönlichkeit des BF zeichnet sich vielmehr durch ein beharrliches Abstreiten seiner Schuld und des Unrechts seiner Tat aus (siehe oben).

In der Abwägung dieser Aspekte gelangte das BVwG in Übereinstimmung mit der belangten Behörde zum Ergebnis, dass im gg. Fall der Asylausschlusstatbestand des § 6 Abs. 1 Z. 4 iVm § 3 Abs. 3 Z. 2 AsylG erfüllt ist.

1.4. Mit Blick auf das bisherige strafbare Verhalten des BF in Österreich bzw. die daraus resultierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Inland durch ihn war schließlich noch eine Interessenabwägung vorzunehmen, was die Schwere der von ihm in Österreich begangenen Straftaten und das daraus resultierende Interesse an seiner Außerlandesbringung im Verhältnis zu einem etwaigen individuellen Schutzinteresse bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat angeht. Dies war von der belangten Behörde zu Unrecht unterlassen worden.

Dass ihm bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allerdings keine individuelle Gefährdung droht, die gegen einen Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuwiegen gewesen wäre, wurde aus oben dargelegten Gründen bereits festgestellt. Insbesondere ist es ihm nicht gelungen, die von ihm behaupteten Fluchtgründe glaubhaft bzw. substantiiert darzustellen.

Darüber hinaus würde selbst im Falle ihres Zutreffens aufgrund der bereits oben dargestellten Schwere des von ihm begangenen Verbrechens sowie im Hinblick auf die ebenfalls angesprochene Persönlichkeit des BF, die jede Schuldeinsicht und Reue vermissen lässt, eine Interessenabwägung jedenfalls zum Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Außerlandesbringung des BF führen.

1.5. Vor diesem Hintergrund war daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

2.2. Entgegen seiner früheren ständigen Judikatur zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz, wo der Verwaltungsgerichtshof (insbesondere) auf den Maßstab des Art. 3 EMRK abgestellt hat, bezieht sich dieser in seiner jüngsten Rechtsprechung (vgl. Ra 2018/01/0106-12 vom 6. November 2018) vielmehr auf die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Statusrichtlinie) und die dort für die Gewährung von subsidiärem Schutz normierten Voraussetzungen, weist dabei auf das Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung des Asylgesetzes vor dem Hintergrund der Statusrichtlinie hin und hält dazu fest, dass zu den vom Unionsrecht vorgegebenen Rahmenbedingungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz alleine die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung des EuGH maßgeblich ist.

Nach dieser Rechtsprechung hat ein Drittstaatsangehöriger "nur dann Anspruch auf subsidiären Schutz ..., wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der Richtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens zu erleiden" (vgl. zuletzt EuGH 24.4.2018, C-353/16, MP, Rn. 28, mwN).

Art. 15 der Statusrichtlinie definiert als "ernsthaften Schaden" die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit. a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland (lit. b) und "eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" (lit. c).

Zum Vorliegen eines ernsthaften Schadens nach Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie nahm der EuGH im Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M'Bodj, Stellung und führte dazu aus, dass der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, nicht bedeutet, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Subsidiärer Schutz (nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie) verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH dagegen, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten, also von Akteuren iSd Art. 6 Statusrichtlinie, verursacht werden muss und dieser nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist.

Diesen Unterschied zwischen der Gewährung von subsidiärem Schutz einerseits und der Non-refoulement-Entscheidung andererseits hat der EuGH im zeitgleichen Urteil C-562/13, Abdida, nochmals klargestellt (vgl. Rn. 33).

In seinem Urteil vom 24. April 2018, C-353/16, MP, Rn. 45 und 46, hat der EuGH diese Sichtweise bestätigt. Er führte nochmals aus, dass der Schutz vor Ausweisung nach Art. 3 EMRK auch unter Berücksichtigung von Art. 4 der GRC (Non-refoulement) von der Gewährung von subsidiärem Schutz nach der Statusrichtlinie zu unterscheiden ist:

"Zu den Auswirkungen, die es haben kann, dass im Herkunftsland des Betroffenen eine geeignete Infrastruktur zur Behandlung physischer oder psychischer Folgeschäden der von den Behörden dieses Landes verübten Folterhandlungen fehlt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der in Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83 genannte ernsthafte Schaden nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems des Herkunftslandes sein darf. Die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustands eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen angemessener Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland zurückzuführen ist, ohne dass diesem Drittstaatsangehörigen die Versorgung vorsätzlich verweigert würde, kann keine ausreichende Rechtfertigung dafür sein, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, M-Bodj, C-542/13, EU:C:2014:2452, Rn. 35 und 36)".

Zur Voraussetzung des Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie hat der EuGH festgehalten, dass das "Vorliegen einer solchen Bedrohung ... ausnahmsweise als gegeben angesehen werden" kann, "wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt [...] ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein" (vgl. EuGH 17.2.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn. 35).

Auch wenn der EuGH in dieser Rechtsprechung davon spricht, dass es sich hierbei um "eine Schadensgefahr allgemeinerer Art" handelt (Rn. 33), so betont er den "Ausnahmecharakter einer solchen Situation" (Rn. 38), "die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die fragliche Person dieser Gefahr individuell ausgesetzt wäre" (Rn. 37).

Diesen Ausnahmecharakter hob der EuGH nochmals im Urteil vom 30. Jänner 2014, C-285/12, Diakité, Rn. 30, wie folgt hervor:

"Außerdem wird das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nur zur Gewährung subsidiären Schutzes führen können, sofern die Auseinandersetzungen zwischen den regulären Streitkräften eines Staates und einer oder mehreren bewaffneten Gruppen oder zwischen zwei oder mehreren bewaffneten Gruppen ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Person, die die Gewährung des subsidiären Schutzes beantragt, im Sinne von Art. 15 Buchst. c der Richtlinie angesehen werden, weil der Grad willkürlicher Gewalt bei diesen Konflikten ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein".

Die spezifische Betroffenheit eines Antragstellers kann aber nach dieser Rechtsprechung (vgl. EuGH 30.1.2014, C-285/12, Diakité, Rn. 31) insoweit eine Rolle spielen, als "der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist".

2.3. Bereits in seinem Urteil vom 9. November 2010, C-57/09 und C-101/09, B und D, Rn. 118ff, hat der EuGH dargelegt, dass den Mitgliedstaaten die Gewährung einer anderen Form des nationalen Schutzes aus anderen Gründen als jenen, aus denen internationaler Schutz im Sinne des Art. 2 lit. a der Statusrichtlinie gewährt werden muss, wie etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen gemäß Art. 3 der Statusrichtlinie nur dann möglich ist, wenn diese andere Form des Schutzes nicht die Gefahr der Verwechslung mit der Rechtsstellung des Flüchtlings oder der Person mit Anspruch auf subsidiärem Schutz im Sinne der Statusrichtlinie birgt. Damit stellte der EuGH klar, dass die Schutzgewährung aus familiären oder humanitären Gründen nicht in den Anwendungsbereich der Statusrichtlinie fällt und es für die Gewährung nationalen Schutzes aus solchen Gründen einer Form bedarf, die die Gefahr der Verwechslung mit der Schutzgewährung im Sinne der Statusrichtlinie ausschließt.

Die Erlassung oder Beibehaltung günstigerer Bestimmungen durch einen Mitgliedstaat, die - unter Berufung auf Art. 3 der Statusrichtlinie - über den oben dargelegten Maßstab für die Gewährung von subsidiären Schutz hinausgehen, hat der EuGH in seinem Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M'Bodj, Rn. 43 bis 46, ausdrücklich als unionsrechts- bzw. richtlinienwidrig angesehen.

Nach dieser Rechtsprechung widerspricht es der Statusrichtlinie und ist es unionsrechtlich unzulässig, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Art. 3 EMRK gestützt sind.

Jüngst hat der EuGH dies nochmals verdeutlicht, wenn er ausführt, "dass die in Art. 3 enthaltene Klarstellung, dass jede günstigere Norm mit der Richtlinie 2011/95 vereinbar sein muss, bedeutet, dass diese Norm die allgemeine Systematik oder die Ziele der Richtlinie nicht gefährden darf. Insbesondere sind Normen verboten, die die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zuerkennen sollen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen" (vgl. EuGH 4.10.2018, C-652/16, Ahmedbekova, Rn. 71f, mit Verweis auf EuGH 18.12.2014, M'Bodj, C-542/13, vgl. dazu bereits auch VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040-0044, in Bezug auf das Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005).

Mit dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wollte der Gesetzgeber - wie in den Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP, 5) ausdrücklich angeführt wird - die Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004), insbesondere mit dem neu geregelten "Antrag auf internationalen Schutz" deren gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (vgl. RV 952 BlgNR 22. GP, 30f) umsetzen (vgl. VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005, wonach einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten unter anderem dann zuzuerkennen ist, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Heimatstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK" bedeuten würde, ist dagegen (im Sinne der bisherigen Non-refoulement-Prüfung) ableitbar, dass für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus bereits jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art. 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.

Insofern hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne der dargelegten Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie iVm Art. 3 Statusrichtlinie entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH und somit fehlerhaft umgesetzt.

Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beachten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaats verpflichtet, in Anwendung des in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden (vgl. etwa VwGH 22.6.2015, 2015/04/0002, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH obliegt die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in der Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie deren Pflicht, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt der Mitgliedstaaten, einschließlich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten den Gerichten (vgl. etwa jüngst EuGH 7.8.2018, C-122/17, David Smith, Rn. 38, 39, mwN). Zur Erfüllung dieser Verpflichtung verlangt der Grundsatz der unionskonformen Auslegung von den mit der Auslegung des nationalen Rechts betrauten nationalen Gerichten, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht. Allerdings findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt des Unionsrechts heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (vgl. jüngst EuGH 4.10.2018, C-384/17, Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic N&N, Rn. 57, 58, mwN). Das Erfordernis einer unionsrechtskonformen Auslegung umfasst jedoch auch die Verpflichtung der nationalen Gerichte, eine gefestigte Rechtsprechung gegebenenfalls abzuändern, wenn sie auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit den Zielen einer Richtlinie unvereinbar ist (vgl. jüngst EuGH 11.9.2018, C-68/17, IR, Rn. 64, mwN).

Zu einer derartigen richtlinienkonformen Auslegung hat der EuGH festgehalten, "auch wenn dieses Erfordernis der richtlinienkonformen Auslegung nicht so weit reichen kann, dass eine Richtlinie selbst und unabhängig von einem nationalen Umsetzungsakt Einzelnen Verpflichtungen auferlegt oder die strafrechtliche Verantwortlichkeit der ihren Bestimmungen Zuwiderhandelnden bestimmt oder verschärft, so ist doch anerkann

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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