TE OGH 2019/4/24 7Ob54/19w

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Veröffentlicht am 24.04.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. T***** H*****, vertreten durch MMag. Dr. Peter Kaser, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, vertreten durch Ullmann – Geiler und Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Rente und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Jänner 2019, GZ 4 R 170/18h-96, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der genaue Umfang der Anzeigepflicht im Sinn des § 16 VersVG hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Allgemeinen gilt, dass ein Umstand, nach dem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, im Zweifel erheblich ist (RIS-Justiz RS0080628). Auch Symptome, die noch keiner Krankheit zugeordnet worden sind, sind als indizierende Umstände bei entsprechender Frage anzuzeigen, wenn sie nicht offenkundig belanglos sind und alsbald vergehen. Dies gilt besonders für Symptome, wegen der sich der Versicherungsnehmer – auch wenn er sie für harmlos hält – bereits in Behandlung begeben hat. Er muss aber in der Regel ohne Folgen abklingende Krankheiten, nach denen der Versicherer nicht spezifisch fragt, auch nicht gesondert anzeigen (vgl RS0080641 [T2]). Nicht ausdrücklich nachgefragte Umstände sind aber nicht schon wegen ihrer objektiven Gefahrenerheblichkeit mitzuteilen, sondern nur dann, wenn sich eine Frage konkludent auch auf sie bezieht, oder wenn ihre Mitteilung als selbstverständlich erscheint (RS0119955 [T3]).

2. Die Vorinstanzen waren im Ergebnis der Ansicht, dass ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer während seines Studiums aufgetretene, sehr allgemeine und diffuse „Symptome“ wie Unruhe, Konzentrationsschwierigkeiten, sich beim Lernen schwer tun und die Neigung zum Kontrollieren nicht als erheblich und als Ausdruck einer psychischen Erkrankung erkennen und daher bei einer ganz allgemein gehaltenen Frage nach Erkrankungen und Gesundheitsstörungen sowie Leiden und Gebrechen (ua der Nerven) nicht angeben muss. Die Verneinung einer objektiven Verletzung der Anzeigepflicht durch die Vorinstanzen hält sich jedenfalls dann im Rahmen der zuvor dargestellten Judikaturgrundsätze, wenn der Kläger bis zum Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung festgestelltermaßen weder konkrete Beschwerden betreffend eine psychiatrische Erkrankung hatte noch in psychiatrischer Behandlung stand, sodass die beschriebene Symptomatik als bloße Befindlichkeitsstörung einzustufen war.

3. Die Beklagte vermag demnach im Zusammenhang mit § 16 Abs 1 VersVG keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher nicht zulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E124950

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00054.19W.0424.000

Im RIS seit

15.05.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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