TE OGH 2019/4/9 14Os9/19h

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Veröffentlicht am 09.04.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. April 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Binder als Schriftführer in der Strafsache gegen Sedik M***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 10. Oktober 2018, GZ 9 Hv 57/18f-96, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch I./1./, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, im zweiten Rechtsgang (zum ersten vgl 14 Os 33/18m) ergangenen Urteil wurde Sedik M***** – verfehlt unter Wiederholung des rechtskräftigen, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB ergangenen Schuldspruchs 3./ des Urteils des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 2. Oktober 2017, GZ 8 Hv 54/17f-59 (RIS-Justiz RS0100041, RS0098685) – der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (I./1./) schuldig erkannt.

Danach hat er vorschriftswidrig Suchtgift ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besessen, indem er von 21. Mai 2015 bis 9. März 2017 unbekannte Mengen Heroin, Kokain und Delta-9-THC-hältiges Cannabiskraut bis zum Eigenkonsum innehatte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf (richtig:) § 281 Abs 1 Z 10a StPO gestützte, zum Vorteil des Angeklagten ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

Aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil zu I./1./ nicht geltend gemachte Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) zum Nachteil des Angeklagten anhaftet.

Das Erstgericht stellte – verfehlt „unter Einbeziehung des Schuldspruchs des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 2. Oktober 2017, AZ 8 Hv 54/17f“ (hier gemeint des damaligen Schuldspruchs 2./, der jedoch mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 29. Mai 2018 zu AZ 14 Os 33/18m [unter Hinweis auf RIS-Justiz RS0119278] kassiert worden ist) – fest, dass der Angeklagte im Zeitraum von 21. Mai 2015 bis 9. März 2017 (ersichtlich gemeint: vorschriftswidrig) unbekannte Mengen Heroin, Kokain und Delta-9-THC-hältiges Cannabiskraut ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besaß (US 4 f). Konstatierungen zur subjektiven Tatseite wurden hingegen nicht getroffen, sodass die Subsumtion nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG im Urteil keine Deckung findet.

Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordert die Aufhebung des Urteils im Schuldspruch I./1./ und damit einhergehend die Kassation des Strafausspruchs (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie des Beschlusses nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO samt Rückverweisung der Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht. Ein Eingehen auf die Nichtigkeitsbeschwerde erübrigt sich daher.

Im dritten Rechtsgang wird zu beachten sein, dass (unter anderem) im Fall einer § 27 Abs 1 und 2 SMG subsumierbaren Tat die vorläufige Einstellung des Verfahrens durch das Gericht nach § 37 iVm § 35 Abs 1 SMG an keine Überlegungen zur Schwere der Schuld oder zur Prävention geknüpft und unabhängig von der Verurteilung anderer, mit dem SMG nicht im Zusammenhang stehender Straftaten wahrzunehmen ist (Schwaighofer in WK2 SMG § 35 Rz 9, 19; Schroll, WK-StPO § 203 Rz 31 ff; RIS-Justiz RS0113621). Nur bei einer Einstellung des Verfahrens nach § 35 Abs 2 SMG wegen einer anderen Straftat nach den §§ 27 oder 30 bis 31a SMG oder einer Straftat nach den §§ 28 oder 28a SMG, sofern der Beschuldigte an Suchtmittel gewöhnt ist, oder einer im Zusammenhang mit der Beschaffung von Suchtmitteln begangenen Straftat sind Überlegungen zur Schuld des Angeklagten und zur Spezialprävention anzustellen (§ 35 Abs 2 Z 2 und 3 SMG).

Auf die offene Entscheidung über die Straffrage in Betreff des mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 2. Oktober 2017, GZ 8 Hv 54/17f-59, ergangenen Schuldspruchs wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB wird ebenso hingewiesen wie auf den Umstand, dass der Widerruf einer bedingten Strafnachsicht Delinquenz während der Probezeit voraussetzt (§ 53 Abs 1 StGB; RIS-Justiz RS0112811), letztere jedoch erst mit Rechtskraft der Entscheidung, mit der die bedingte Nachsicht ausgesprochen worden ist, beginnt (§ 49 StGB).

Textnummer

E124789

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00009.19H.0409.000

Im RIS seit

29.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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