TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/13 L502 2134113-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.12.2018
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Entscheidungsdatum

13.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L502 2126406-1/31E

L502 2126402-1/25E

L502 2126404-1/16E

L502 2126403-1/16E

L502 2134113-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXXalle StA. Irak und vertreten durch Rae DELLASEGA & KAPFERER, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2016 und 10.08.2016, FZ. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.06.2017 und 15.11.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, dass Spruchpunkt III, erster Satz, der Bescheide vom 11.04.2016 jeweils zu lauten hat:

"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird gemäß § 57 AsylG nicht erteilt".

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und seine Ehegattin, die Zweitbeschwerdeführerin (BF2), stellten im Gefolge ihrer illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 09.06.2015 an der Erstaufnahmestelle-Ost des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) für sich sowie für ihre beiden minderjährigen Kinder, die Drittbeschwerdeführerin (BF3) und den Viertbeschwerdeführer (BF4), jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 11.06.2015 erfolgte dort die Erstbefragung des BF1 und der BF2 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

In der Folge wurden die Verfahren zugelassen.

3. Mit Schriftsatz vom 19.01.2016 brachte der zugleich bevollmächtigte anwaltliche Vertreter der BF beim BFA eine Säumnisbeschwerde ein.

4. Am 23.02.2016 wurden BF1 und BF2 vor dem BFA, RD Tirol, zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz einvernommen, im Zuge dessen sie verschiedene Identitätsnachweise und sonstige Beweismittel vorlegten, die zum Akt genommen wurden.

Zu den ihnen ausgefolgten länderkundlichen Informationen wurde ihnen eine Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

5. Mit 29.10.2015 gab ihre Vertretung eine länderkundliche Stellungnahme ab.

6. Mit den im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde vom 11.04.2016 wurden die Anträge von BF1, BF2, BF3 und BF4 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde die Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihnen eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

7. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 12.04.2016 wurde den BF von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

8. Gegen die ihrer Vertretung am 14.04.2016 zugestellten Bescheide wurde mit Schriftsatz vom 11.05.2016 innerhalb offener Frist in vollem Umfang Beschwerde erhoben.

9. Mit 19.05.2016 langten die Beschwerdevorlagen des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurden die gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

10. Am 29.07.2016 stellte der BF1 als gesetzlicher Vertreter des in Österreich geborenen Viertbeschwerdeführers (BF4) unter Vorlage einer Kopie der Geburtsurkunde im Rahmen des Familienverfahrens für diesen einen Antrag auf internationalen Schutz.

11. Mit dem im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 10.08.2016 wurde der Antrag des BF4 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

12. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 19.08.2016 wurde dem BF4 von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

13. Gegen den der Vertretung am 24.08.2016 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 01.09.2016 innerhalb offener Frist in vollem Umfang Beschwerde erhoben.

14. Mit 05.09.2016 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

15. Am 12.06.2017 langte beim BVwG ein vorbereitender Schriftsatz des Vertreters der BF ein.

16. Am 14.06.2017 führte das BVwG eine (erste) mündliche Verhandlung in den Rechtssachen der Beschwerdeführer durch, in der BF1 und BF2 zu ihren Antragsgründen persönlich gehört wurden.

17. Am 23.11.2017 legte das BFA dem BVwG eine Kopie des irakischen Reisepasses des BF vor.

18. Am 26.04.2018 übermittelte das BVwG der Vertretung der BF eine Einschätzung der aktuellen Lage im Irak zum Parteigehör.

19. Am 14.05.2018 langten beim BVwG verschiedene Integrationsnachweise der BF ein.

20. Am 15.11.2018 führte das BVwG eine (zweite) mündliche Verhandlung in den Rechtssachen der Beschwerdeführer durch, in welcher der BF1 nochmals zu den Antragsgründen sowie zu seiner aktuellen Lebenssituation und der seiner Angehörigen persönlich gehört wurden und in der er weitere Integrationsnachweise vorlegte.

21. Am 27.11.2018 langte beim BVwG eine abschließende Stellungnahme samt Beweismittelvorlage des Vertreters ein.

22. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführer, deren genaue Identitäten feststehen, sind irakische Staatsangehörige, Araber und Muslime der sunnitischen Glaubensgemeinschaft. BF1 bis BF4 stammen aus XXXX, wo sie vor der Ausreise im Stadtteil XXXX XXXX, ein Eigenheim bewohnten, in dem auch die Mutter des BF1 und einer seiner Brüder mit seinen Familienangehörigen lebten. Ein weiterer Bruder des BF1 bewohnte mit seinen Angehörigen ein Eigenheim im Stadtteil XXXX. Aktuell halten sich diese Verwandten in der Türkei auf, wo die beiden Brüder erwerbstätig sind. Zwei verheiratete Schwestern des BF1 leben weiterhin in XXXX. Die Eltern und drei Brüder der BF2 sowie deren Angehörige leben in XXXX, XXXX, gemeinsam in einem Eigenheim, die Brüder betreiben unweit davon in einem Außenbezirk von XXXX eine Gärtnerei, vier verheiratete Schwestern der BF2 leben andernorts im Irak. BF1 und BF2 sind mit ihren Angehörigen in Kontakt. Sie schlossen im Jänner 2006 in XXXX die Ehe. Die BF3 und der BF4 wurden 2007 bzw. 2012 in XXXX geboren. Der BF1 hat den Beruf eines KFZ-Mechanikers erlernt, bestritt jedoch seinen Lebensunterhalt und später auch den seiner Familienangehörigen von 1998 bis 2010 als Taxifahrer und Autohändler und seit Jänner 2010 als Verwaltungsbediensteter der Universität XXXX sowie selbständiger Autohändler. Seine Anstellung an der Universität hatte er bis Ende 2014 inne, dass er sie auch darüber hinaus innehatte war nicht feststellbar. Die BF2 absolvierte ein wirtschaftliches Studium, das sie 2006 abschloss, sie übte aber keine berufliche Tätigkeit aus.

BF1 bis BF4 verließen den Irak am 23.05.2015 ausgehend von XXXX auf dem Luftweg in die Türkei nach Istanbul, anschließend setzten sie von Izmir auf die griechische Insel Chios über, wo sie am 26.05.2015 registriert wurden, und gelangten schließlich schlepperunterstützt auf dem Landweg nach Österreich, wo sie am 09.06.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz stellten und sich seither aufhalten. Der BF5 wurde 2016 in Österreich geboren, für ihn wurde am 29.07.2016 ein Antrag gestellt.

BF1 und BF2 sprechen Arabisch als Muttersprache und erwarben durch den Besuch von Sprach- und Integrationskursen sowie ihre sozialen Kontakte in Österreich Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Die BF3 besucht aktuell die erste Klasse (fünfte Schulstufe) einer Neuen Mittelschule, der BF4 die Volksschule.

Der BF1 besitzt einen am 10.11.2014 in XXXX ausgestellten irakischen Reisepass und einen dort am 25.11.2014 ausgestellten irakischen sowie einen österreichischen Führerschein.

BF1 und BF2 gingen nach der Einreise vorerst Hilfstätigkeiten in der Küche ihrer Großunterkunft nach, die BF2 nahm dort nach der Geburt ihres jüngsten Kindes Reinigungsarbeiten wahr. Der BF1 betätigt sich seit 2016 bis dato an mehreren Abenden pro Woche als Wachmann in einer Notschlafstelle für Obdachlose, wofür er als Remunerant ein monatliches Einkommen in Höhe von 240,- bezieht. Er ist in Österreich noch keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen, besitzt aber mehrere Einstellungszusagen als unselbständig erwerbstätige Hilfskraft für den Fall eines legalen Aufenthalts und Zugangs zum Arbeitsmarkt. Alle Beschwerdeführer beziehen für ihren Lebensunterhalt seit der Einreise auch Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Sie leiden unter keinen maßgeblichen gesundheitlichen Beschwerden. BF1 und BF2 sind bis dato in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF1 den Herkunftsstaat aufgrund individueller Verfolgung durch Mitglieder einer bewaffneten Miliz im Zusammenhang mit seiner vormaligen Tätigkeit als Universitätsbediensteter verlassen hat oder im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt wäre.

1.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würden. Es konnten auch keine gravierenden Erkrankungen der Beschwerdeführer festgestellt werden.

1.4. Der gg. Entscheidung werden folgende länderkundliche Informationen zur allgemeinen Lage im Irak zugrunde gelegt:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um XXXX sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein geringer Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Vor dem Hintergrund einer langfristigen Tendenz unter den Binnenvertriebenen zur Rückkehr in ihre Herkunftsgebiete waren mit Oktober 2018 noch ca. 1,8 Mio. (seit 2014) Binnenvertriebene innerhalb des Iraks registriert, diesen standen wiederum ca. 4,1 Mio. Zurückgekehrte gegenüber. Schwerpunkte für Rückkehrende sind die Provinzen Ninava, Anbar, Salah al-Din und Kirkuk.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an XXXX anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in XXXX und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 mußte der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamtem Irak für vom IS befreit.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Am 25.09.2017 hielt die kurdische Regionalregierung ein Referendum für eine mögliche Unabhängigkeitserklärung der Autonomieregion ab. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk. Am 15.10.2017 wurden die in Kirkuk stationierten kurdischen Sicherheitskräfte von Einheiten der irakischen Armee und der Polizei sowie der sogen. der Zentralregierung nahestehenden Volksmobilisierungseinheiten angegriffen, die sich in der Folge aus Kirkuk zurückzogen. Zuletzt kam es zur Besetzung weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze sowie von Grenzübergängen an der irakisch-syrischen Grenze durch die irakische Armee und die Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist aktuell aus Österreich auf dem Luftweg ausgehend vom Flughafen Wien via Amman und via Dubai nach Erbil und auf indirektem Weg via XXXX möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte vorerst eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte. Aktuell sind im Gefolge der Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet im Irak keine maßgeblichen sicherheitsrelevanten Ereignisse bzw. Entwicklungen für die Region bekannt geworden.

Die Sicherheitslage im Großraum XXXX war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die oben genannten Ereignisse im Zusammenhang mit der Bekämpfung des IS im Zentralirak. Seit 2016 kam es jedoch im Stadtgebiet von XXXX zu mehreren Anschlägen bzw. Selbstmordattentaten auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern, die sich, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS, gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. So wurden am 13. und 15. Jänner 2018 von Selbstmordattentätern zwei Sprengstoffanschläge auf öffentliche Plätze in XXXX verübt, deren genaue Urheber nicht bekannt wurden. Für den Großraum XXXX sind im Gefolge der nunmehrigen Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet nur mehr wenige sicherheitsrelevante Ereignisse bzw. Entwicklungen bekannt geworden. Zuletzt kam es am 06.06.2018 im Stadtteil Sadr-City zu einem Anschlag unbekannter Täter auf eine Moschee, bei dem 18 Menschen starben und 90 verletzt wurden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF1 und der BF2, der bekämpften Bescheide, der Beschwerdeschriftsätze, der schriftlichen Stellungnahmen ihrer Vertretung im Beschwerdeverfahren und der sonstigen im Zuge dessen vorgelegten Beweismitteln, die Durchführung von zwei mündlichen Verhandlungen vor dem BVwG sowie die Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems die Beschwerdeführer betreffend.

2.2. Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer waren auf der Grundlage der vorgelegten nationalen Identitätsdokumente von BF1 bis BF4 sowie der Geburtsurkunde des nachgeborenen BF5 feststellbar.

Die Feststellungen ihrer Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe und zur sunnitischen Religionsgemeinschaft stützen sich auf den Umstand, dass diese von BF1 und BF2 bereits beginnend mit ihrer Erstbefragung angeben wurden, woraus wiederum auf jene ihrer minderjährigen Kinder zu schließen war.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen konnten angesichts der vor dem BFA und dem BVwG demonstrierten Kenntnisse sowie der vorgelegten Kursbesuchsbestätigungen getroffen werden.

Die Feststellungen zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat vor der Ausreise sowie in Österreich im Gefolge derselben ergaben sich in unstrittiger Weise aus einer Zusammenschau ihrer persönlichen Angaben im Verlauf des gg. Verfahrens, dem Inhalt der von ihnen vorgelegten Unterlagen sowie aus den vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken.

Die Feststellungen zum Reiseverlauf resultieren aus einer Zusammenschau der Aussagen der Beschwerdeführer dazu und dem Inhalt des Reisepasses des BF1, die Feststellungen zu seinen irakischen Dokumenten aus deren Inhalt.

2.3. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung des BF1 vor der Ausreise aus von ihm behaupteten Gründen bzw. der fehlenden Gefahr einer solchen pro futuro oben gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:

2.3.1. Anläßlich seiner Erstbefragung am 11.06.2015 brachte der BF1 zu seinen Antragsgründen befragt vor, dass er wegen seiner Zugehörigkeit zur sunnitischen Bevölkerungsgruppe von "unbekannten Milizen" bedroht worden sei, weshalb er aus Angst um sein Leben mit seinen Angehörigen geflüchtet sei. Andere Ausreisegründe habe er nicht gehabt.

Anläßlich seiner Einvernahme vor dem BFA am 23.02.2016 legte er dar, er habe an der Universität XXXX in einem dortigen Institut als Verwaltungsbediensteter für Personalangelegenheiten gearbeitet, als ihn am 15.05.2013 abends unbekannte bewaffnete Personen, die er einer schiitischen Miliz zuordnete, an seinem Wohnsitz aufsuchten und einschüchterten und von ihm verlangten, dass er "alle Adressen und sonst verfügbaren Informationen über dort tätige sunnitische Professoren aus Jordanien und Erbil" besorge und übermittle. Er habe daraufhin am Folgetag seine Angehörigen zu den Schwiegereltern gebracht und die Ausreise organisiert, die sie am 23.05. antraten.

Die BF2 brachte anläßlich ihrer Erstbefragung zu ihren Antragsgründen befragt vor, dass ihr Gatte seiner Erzählung nach bedroht worden sei und die Familie deshalb den Irak verlassen habe, sie aber nichts Näheres dazu sagen könne, weil er ihr nichts Näheres erzählt habe. Diese Angabe wiederholte sie anläßlich ihrer Einvernahme vor dem BFA in der Form, dass ihr Gatte von einer Gruppe von Männern aufgesucht wurde, die von ihm als Universitätsangestellten Informationen haben wollte.

2.3.2. Die belangte Behörde gelangte auf der Grundlage dieses Vorbringens zur Feststellung, dass die behauptete Bedrohung des BF1 angesichts verschiedener Widersprüche in Details der Aussagen sowie mangels Plausibilität nicht glaubhaft gewesen sei.

In der Beschwerde fanden sich keine maßgeblichen weiteren Aussagen zum Sachverhalt.

2.3.3. Für das erkennende Gericht war bereits die erkennbare inhaltliche Divergenz zwischen der Aussage des BF1 zu seinen Antragsgründen im Rahmen der Erstbefragung und jener dazu im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA - wie auch schon für die belangte Behörde - ein erstes Indiz gegen die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens.

Zwar hat sich die Aussage eines Antragstellers zu diesem Thema in einer Erstbefragung in Entsprechung der gesetzlichen Vorgaben auf die bloßen Eckpunkte des "Wer, wann, wie und wo" der die Flucht auslösenden Ereignisse zu beschränken. Dennoch konnte es nicht außer Betracht blieben, dass der BF zuvor ins Treffen führte, dass er "wegen seiner Zugehörigkeit zur sunnitischen Bevölkerungsgruppe" bedroht worden sei, um in der Folge ein nicht auf dieses religiöse Merkmal, sondern alleine auf seine vormalige berufliche Tätigkeit bezogenes Verfolgungsszenario zu behaupten.

Ein weiteres Indiz in diesem Sinne war die Tatsache, dass er sich im November 2014 jeweils einen Reisepass und einen Führerschein ausstellen ließ, woraus für das Gericht angesichts der im Mai 2015 erfolgten Ausreise auf eine offenbar bereits vor 2015 erfolgte Reiseplanung zu schließen war. Dieser Eindruck wurde vom Umstand bestärkt, dass er vorerst in der Erstbefragung - offenkundig bewusst unrichtig - behauptete, er habe seinen Reisepass, mit dem er am 23.05.2015 über den Flughafen in XXXX legal ausgereist war, in der Türkei verloren, um diesen zu einem späteren Zeitpunkt doch der österr. Führerscheinbehörde vorzulegen. Dazu fügte sich, dass er zwar einen Nachweis für seine Beschäftigung an der Universität bis Ende 2014 in der Form eines bis dahin gültigen Dienstausweises vorlegte, jedoch keinen für die behauptete Weiterbeschäftigung bis 15.05.2015, woraus ebenfalls zu folgern war, dass er mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bereits vor Ende des Jahres 2014 konkrete Ausreisepläne hatte. Nicht zuletzt hatte er ja auch am Beginn der Erstbefragung angegeben, einen Ausreiseentschluss bereits zwei Jahre davor gefasst zu haben, wie schon die belangte Behörde erkannt hatte.

In diese Erwägungen floss auch mit ein, dass er in der Einvernahme ausführte, er sei am späteren Abend des 15.05.2015 von seinen Verfolgern zu Hause aufgesucht und aufgefordert worden bestimmte Informationen zu besorgen, ohne dafür einen bestimmten Zeitraum erfahren zu haben, bereits am Folgetag habe er aber die Ausreise seiner Familie beschlossen, in weiterer Folge Flugtickets und "Geld" (gemeint wohl: für die Kosten der Reise nach Europa, die seiner Aussage nach alleine für den Abschnitt von der Türkei bis Österreich 20.000 $ betrugen) besorgt und sei er schon am 23.05.2018 mit seinen Angehörigen ausgereist. Ein solcher Ablauf ohne vorhergehende längerfristige Vorplanung war in dieser behaupteten zeitlichen Knappheit als wenig plausibel anzusehen. Dass er demgegenüber in der mündlichen Verhandlung vom Juni 2017 erstmals behauptete, er habe von den Milizionären eine Frist von drei Tagen für die Bereitstellung von Informationen erhalten, war im Lichte dessen als unzulässige Neuerung zu werten.

2.3.4. Über diese Erwägungen hinaus stellte sich das behauptete Bedrohungsszenario an sich als nicht plausibel dar.

Wie auch schon die belangte Behörde erwogen hatte, war nicht nachvollziehbar, weshalb es - sofern man hier das behauptete Interesse von Angehörigen einer schiitischen Miliz an Daten und sonstigen Informationen wie Wohnsitzadressen über an der Universität tätige Professoren hypothetisch voraussetzt - der Mitwirkung gerade des BF1 als Informanten bedurft hätte. Wie er selbst vor dem BVwG auf Nachfrage darlegte, nahm er als Verwaltungsbediensteter in seiner Position eine völlig untergeordnete Aufgabe wahr, während er demgegenüber schon vor dem BFA vermeinte, dass die genannte schiitische Miliz als regierungsnah und daher auch einflußreich anzusehen war (vgl. AS 163), sodass plausibler Weise anzunehmen gewesen wäre, dass es effizientere und direktere Wege gegeben hätte zu solchen Informationen zu kommen als ihn dafür zu benützen. Er vermochte auch keinen Anhaltspunkt für die Motive eines solchen Ansinnens ihm gegenüber zu geben, sondern vermeinte bloß, dass man seiner Vermutung nach eventuell betroffene Professoren erpressen oder töten wollte. Gerade dafür hätte es aber auch nicht einer Mitwirkung des BF1 in der behaupteten Form bedurft.

2.3.5. Schließlich kamen noch konkrete Widersprüche in den Aussagen der beiden Ehegatten zum Verlauf des Besuchs der angeblichen Verfolger am Wohnsitz der Familie hervor.

So hat der BF1 vor dem BFA dargelegt, dass er die Besucher an der Wohnungstür empfangen habe, seine Gattin habe jedoch nichts von diesem Besuch mitbekommen und dies erst am Folgetag von ihm erfahren, zumal sie auch in der Küche verblieben sei. Demgegenüber vermeinte er vor dem BVwG dazu befragt, dass seine Gattin zwar die Besucher bemerkt bzw. diese sogar durch ein Fenster gesehen, sie aber für Freunde ihres Gatten gehalten habe. Während er vor dem BFA auch noch ausführte, dass die Besucher an seine Eingangstür geklopft hätten, behauptete er vor dem BVwG, dass sie draußen vor dem Gartentor geblieben wären, weshalb seine Gattin auch deren äußere Erscheinung nicht genauer erkennen habe können. Auch die BF2 hatte vor dem BFA bereits im Gegensatz zu ihrem Gatten dargelegt, dass sie den Besuch wahrgenommen und ihn sogar nach dem Begehren der Besucher gefragt habe.

2.3.6. Für das BVwG stellte sich das behauptete Geschehen in der Form einer Bedrohung des BF1 aus genannten Gründen durch genannte Täter aus den eben dargelegten Gründen als bloßes gedankliches Konstrukt ohne Tatsachengehalt und damit als nicht glaubhaft dar.

Darüber hinaus erschloss sich dem Gericht auch nicht, weshalb der BF1 - würde man dieses Geschehen hier hypothetisch als wahr erachten - bei einer Rückkehr einem allfälligen Verfolgungsinteresse der genannten Personen ausgesetzt sein sollte. Ausgehend davon, dass deren Ansinnen seinerzeit der Erhalt von bestimmten Informationen aus universitären Unterlagen gewesen wäre, war nicht erkennbar, weshalb man ihn nun Jahre später und insbesondere als nicht mehr an der Universität Beschäftigten deshalb unter Druck setzen oder bedrohen sollte.

Auch wäre es für den BF1 ein Leichtes, sein weiteres Leben im Irak ohne eine solche Anstellung wie ehemals zu bestreiten, wie ihm dies im Übrigen auch schon vor der Ausreise möglich gewesen wäre, zieht man in Betracht, dass er bereits viele Jahre lang auch als Autohändler und Taxifahrer tätig war und eine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker genossen hat, die er seiner Aussage vor dem BFA nach auch gern in Österreich einsetzen würde. Es wäre ihm sohin möglich und zumutbar, sein weiteres Leben in seiner früheren Heimatstadt zu führen ohne mit Milizangehörigen, die aus behaupteten Gründen seiner Mithilfe bedürften, in Berührung zu kommen.

Die vor dem BVwG behaupteten späteren Nachfragen von Milizangehörigen nach dem Verbleib des BF1 bei einem seiner Brüder stellten ein nur höchst vages Geschehen dar, das als bloße Schutzbehauptung zu qualifizieren war. Auch aus der letzten Beweisvorlage des BF1 in Form von Fotos eines auf eine Hauswand gesprayten Schriftzuges mit den Worten "In diesem Haus darf niemand wohnen" war für den BF1 nichts zu gewinnen, kam diesen Fotos doch per se schon kein maßgeblicher Beweiswert zu, zumal weder feststellbar war, um welche Örtlichkeit es sich dabei handelte, noch, wer aus welchen Gründen einen solchen Schriftzug dort angebracht habe. Letztlich war aus dieser Formulierung auch kein inhaltlicher Bezug zum sonstigen behaupteten Geschehen herstellbar.

2.4. Die länderkundlichen Feststellungen des Gerichts stützen sich auf die im Akt einliegenden und zuletzt der Vertretung der BF zur Kenntnis gebrachten Informationsquellen sowie auf die Kenntnis des Gerichts von der notorischen allgemeinen Lage im Irak. Weder wurde in der abschließenden Stellungnahme der Vertretung noch in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vom BF1 selbst ein substantielles diesen Feststellungen entgegenstehendes Vorbringen erstattet.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war im Lichte dessen nicht dergestalt einzuschätzen, dass schon mit der bloßen Anwesenheit für jeden Zurückkehrenden das reale Risiko verbunden wäre, Opfer eines Terroranschlags oder sonstiger gewaltsamer Auseinandersetzungen zu werden.

Als notorisch war anzusehen, dass im Herkunftsstaat der BF aktuell kein landesweiter bewaffneter Konflikt ausgetragen wird, der eine gravierende Gefährdung indizieren würde.

2.5. Die Annahme, dass die BF bei einer Rückkehr auch insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären, als sie etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würden, stützte schon die belangte Behörde zu Recht darauf, dass es sich beim BF1 um einen arbeitsfähigen Menschen handelt, der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit für seinen Unterhalt und den seiner Familienangehörigen sorgen kann, zumal er auch bereits vor der Ausreise aus dem Herkunftsstaat verschiedenen beruflichen Tätigkeiten nachging und sohin offenkundig auch über berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Nicht zuletzt hat er im Verlauf dieses Verfahrens auch von sich aus auf seine Arbeitsfähigkeit und -willigkeit verwiesen. Auch die Möglichkeit einer verwandtschaftlichen Unterstützung stünde den BF angesichts entsprechender Anknüpfungspunkte zur Verfügung. Dass die BF unter allfälligen gravierenden Erkrankungen leiden, wurde von ihnen nicht ins Treffen geführt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.

Zu A)

1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

1.2. Die vom BF1 behauptete Bedrohung vor der Ausreise durch von ihm genannte Dritte war nicht als glaubhaft anzusehen. Seine Angehörigen, die BF2 - 5, haben ihre Asylbegehren darüber hinaus auf kein sonstiges individuelles Vorbringen gestützt.

Die belangte Behörde kam daher zu Recht zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführer nicht in der Lage waren mit ihrem Vorbringen glaubhaft darzulegen, dass sie bis zur Ausreise der behaupteten individuellen Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt waren oder der Gefahr einer solchen für den Fall der Rückkehr ausgesetzt wären.

1.3. Die Beschwerden waren sohin zu Spruchpunkt I der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

2.2. Entgegen seiner früheren ständigen Judikatur zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz, wo der Verwaltungsgerichtshof (insbesondere) auf den Maßstab des Art. 3 EMRK abgestellt hat, bezieht sich dieser in seiner jüngsten Rechtsprechung (vgl. Ra 2018/01/0106-12 vom 6. November 2018) vielmehr auf die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Statusrichtlinie) und die dort für die Gewährung von subsidiärem Schutz normierten Voraussetzungen, weist dabei auf das Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung des Asylgesetzes vor dem Hintergrund der Statusrichtlinie hin und hält dazu fest, dass zu den vom Unionsrecht vorgegebenen Rahmenbedingungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz alleine die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung des EuGH maßgeblich ist.

Nach dieser Rechtsprechung hat ein Drittstaatsangehöriger "nur dann Anspruch auf subsidiären Schutz ..., wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der Richtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens zu erleiden" (vgl. zuletzt EuGH 24.4.2018, C-353/16, MP, Rn. 28, mwN).

Art. 15 der Statusrichtlinie definiert als "ernsthaften Schaden" die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit. a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland (lit. b) und "eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" (lit. c).

Zum Vorliegen eines ernsthaften Schadens nach Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie nahm der EuGH im Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M'Bodj, Stellung und führte dazu aus, dass der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, nicht bedeutet, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Subsidiärer Schutz (nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie) verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH dagegen, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten, also von Akteuren iSd Art. 6 Statusrichtlinie, verursacht werden muss und dieser nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist.

Diesen Unterschied zwischen der Gewährung von subsidiärem Schutz einerseits und der Non-refoulement-Entscheidung andererseits hat der EuGH im zeitgleichen Urteil C-562/13, Abdida, nochmals klargestellt (vgl. Rn. 33).

In seinem Urteil vom 24. April 2018, C-353/16, MP, Rn. 45 und 46, hat der EuGH diese Sichtweise bestätigt. Er führte nochmals aus, dass der Schutz vor Ausweisung nach Art. 3 EMRK auch unter Berücksichtigung von Art. 4 der GRC (Non-refoulement) von der Gewährung von subsidiärem Schutz nach der Statusrichtlinie zu unterscheiden ist:

"Zu den Auswirkungen, die es haben kann, dass im Herkunftsland des Betroffenen eine geeignete Infrastruktur zur Behandlung physischer oder psychischer Folgeschäden der von den Behörden dieses Landes verübten Folterhandlungen fehlt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der in Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83 genannte ernsthafte Schaden nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems des Herkunftslandes sein darf. Die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustands eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen angemessener Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland zurückzuführen ist, ohne dass diesem Drittstaatsangehörigen die Versorgung vorsätzlich verweigert würde, kann keine ausreichende Rechtfertigung dafür sein, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, M-Bodj, C-542/13, EU:C:2014:2452, Rn. 35 und 36)".

Zur Voraussetzung des Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie hat der EuGH festgehalten, dass das "Vorliegen einer solchen Bedrohung ... ausnahmsweise als gegeben angesehen werden" kann, "wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt [...] ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein" (vgl. EuGH 17.2.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn. 35).

Auch wenn der EuGH in dieser Rechtsprechung davon spricht, dass es sich hierbei um "eine Schadensgefahr allgemeinerer Art" handelt (Rn. 33), so betont er den "Ausnahmecharakter einer solchen Situation" (Rn. 38), "die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die fragliche Person dieser Gefahr individuell ausgesetzt wäre" (Rn. 37).

Diesen Ausnahmecharakter hob der EuGH nochmals im Urteil vom 30. Jänner 2014, C-285/12, Diakité, Rn. 30, wie folgt hervor:

"Außerdem wird das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nur zur Gewährung subsidiären Schutzes führen können, sofern die Auseinandersetzungen zwischen den regulären Streitkräften eines Staates und einer oder mehreren bewaffneten Gruppen oder zwischen zwei oder mehreren bewaffneten Gruppen ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Person, die die Gewährung des subsidiären Schutzes beantragt, im Sinne von Art. 15 Buchst. c der Richtlinie angesehen werden, weil der Grad willkürlicher Gewalt bei diesen Konflikten ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein".

Die spezifische Betroffenheit eines Antragstellers kann aber nach dieser Rechtsprechung (vgl. EuGH 30.1.2014, C-285/12, Diakité, Rn. 31) insoweit eine Rolle spielen, als "der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist".

2.3. Bereits in seinem Urteil vom 9. November 2010, C-57/09 und C-101/09, B und D, Rn. 118ff, hat der EuGH dargelegt, dass den Mitgliedstaaten die Gewährung einer anderen Form des nationalen Schutzes aus anderen Gründen als jenen, aus denen internationaler Schutz im Sinne des Art. 2 lit. a der Statusrichtlinie gewährt werden muss, wie etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen gemäß Art. 3 der Statusrichtlinie nur dann möglich ist, wenn diese andere Form des Schutzes nicht die Gefahr der Verwechslung mit der Rechtsstellung des Flüchtlings oder der Person mit Anspruch auf subsidiärem Schutz im Sinne der Statusrichtlinie birgt. Damit stellte der EuGH klar, dass die Schutzgewährung aus familiären oder humanitären Gründen nicht in den Anwendungsbereich der Statusrichtlinie fällt und es für die Gewährung nationalen Schutzes aus solchen Gründen einer Form bedarf, die die Gefahr der Verwechslung mit der Schutzgewährung im Sinne der Statusrichtlinie ausschließt.

Die Erlassung oder Beibehaltung günstigerer Bestimmungen durch einen Mitgliedstaat, die - unter Berufung auf Art. 3 der Statusrichtlinie - über den oben dargelegten Maßstab für die Gewährung von subsidiären Schutz hinausgehen, hat der EuGH in seinem Urteil vom 18. Dezember 2014, C-542/13, M'Bodj, Rn. 43 bis 46, ausdrücklich als unionsrechts- bzw. richtlinienwidrig angesehen.

Nach dieser Rechtsprechung widerspricht es der Statusrichtlinie und ist es unionsrechtlich unzulässig, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Art. 3 EMRK gestützt sind.

Jüngst hat der EuGH dies nochmals verdeutlicht, wenn er ausführt, "dass die in Art. 3 enthaltene Klarstellung, dass jede günstigere Norm mit der Richtlinie 2011/95 vereinbar sein muss, bedeutet, dass diese Norm die allgemeine Systematik oder die Ziele der Richtlinie nicht gefährden darf. Insbesondere sind Normen verboten, die die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zuerkennen sollen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen" (vgl. EuGH 4.10.2018, C-652/16, Ahmedbekova, Rn. 71f, mit Verweis auf EuGH 18.12.2014, M'Bodj, C-542/13, vgl. dazu bereits auch VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040-0044, in Bezug auf das Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005).

Mit dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wollte der Gesetzgeber - wie in den Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP, 5) ausdrücklich angeführt wird - die Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004), insbesondere mit dem neu geregelten "Antrag auf internationalen Schutz" deren gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (vgl. RV 952 BlgNR 22. GP, 30f) umsetzen (vgl. VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005, wonach einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten unter anderem dann zuzuerkennen ist, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Heimatstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK" bedeuten würde, ist dagegen (im Sinne der bisherigen Non-refoulement-Prüfung) ableitbar, dass für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus bereits jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art. 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.

Insofern hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne der dargelegten Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie iVm Art. 3 Statusrichtlinie entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH und somit fehlerhaft umgesetzt.

Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beachten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaats verpflichtet, in Anwendung des in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden (vgl. etwa VwGH 22.6.2015, 2015/04/0002, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH obliegt die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in der Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie deren Pflicht, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt der Mitgliedstaaten, einschließlich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten den Gerichten (vgl. etwa jüngst EuGH 7.8.2018, C-122/17, David Smith, Rn. 38, 39, mwN). Zur Erfüllung dieser Verpflichtung verlangt der Grundsatz der unionskonformen Auslegung von den mit der Auslegung des nationalen Rechts betrauten nationalen Gerichten, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht. Allerdings findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt des Unionsrechts heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (vgl. jüngst EuGH 4.10.2018, C-384/17, Dooel Uvoz-Izvoz Skopje Link Logistic N&N, Rn. 57, 58, mwN). Das Erfordernis einer unionsrechtskonformen Auslegung umfasst jedoch auch die Verpflichtung der nationalen Gerichte, eine gefestigte Rechtsprechung gegebenenfalls abzuändern, wenn sie auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit den Zielen einer Richtlinie unvereinbar ist (vgl. jüngst EuGH 11.9.2018, C-68/17, IR, Rn. 64, mwN).

Zu einer derartigen richtlinienkonformen Auslegung hat der EuGH festgehalten, "auch wenn dieses Erfordernis der richtlinienkonformen Auslegung nicht so weit reichen kann, dass eine Richtlinie selbst und unabhängig von einem nationalen Umsetzungsakt Einzelnen Verpflichtungen auferlegt oder die strafrechtliche Verantwortlichkeit der ihren Bestimmungen Zuwiderhandelnden bestimmt oder verschärft, so ist doch anerkannt, dass der Staat grundsätzlich Einzelnen eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts entge

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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