TE OGH 2018/12/19 8Ob156/18a

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Veröffentlicht am 19.12.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** eGen, *****, vertreten durch Dr. Peter Bauer ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. H*****, wegen Ablehnung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 4. Oktober 2018, GZ 8 Nc 17/18x-3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Ablehnungsantrag als unzulässig zurückgewiesen wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.282,48 EUR bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung (darin 547,08 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Im Ausgangsverfahren gab das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht mit Beschluss zu GZ 3 R 76/17a, 77/17y-1 dem Rekurs des Beklagten gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Innsbruck vom 13. 11. 2017 und 16. 11. 2017 nicht Folge und sprach aus, der Revisionsrekurs sei jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 2 und 3 ZPO).

Den gegen diesen Beschluss vom Beklagten mit Schriftsatz vom 13. 2. 2018 ua erhobenen Revisionsrekurs (ON 2) wies das Landesgericht Innsbruck als Erstgericht gemäß § 523 ZPO als unzulässig zurück (ON 4).

Das dagegen wiederum vom Beklagten angerufene Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei (ON 4a).

Den dagegen eingebrachten Revisionsrekurs des Beklagten wies der Oberste Gerichtshof am 25. 6. 2018 zu 8 Ob 67/18p wegen Unanfechtbarkeit von Konformatsbeschlüssen der Vorinstanzen zurück.

Mit Beschluss vom 27. 8. 2018 zu GZ 3 R 76/17a, 77/17y-15 berichtigte das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht den Abstimmungsvermerk, die Urschrift, die Ausfertigungen des Beschlusses zu ON 1 und die diese betreffende Zustellverfügung dahin, dass das Datum [statt 23. 1. 2018 und 31. 1. 2018] jeweils richtig 2. 2. 2018 laute. Anlässlich der Akteneinsicht durch den Beklagten am 24. 8. 2018 sei erstmals aufgefallen, dass die Beratung und Unterfertigung des (vordiktierten) Entwurfs [nicht am 23. 1. 2018, sondern] erst am 2. 2. 2018 erfolgt sei. Zwar sei dem urlaubsbedingten Eintritt des dritten Senatsmitglieds Dr. T***** [anstelle von Dr. M*****] durch Korrektur [im Kopf des Beschlusses und Abstimmungsvermerk] Rechnung getragen worden, aber die Richtigstellung der vordiktierten/vorgeschriebenen Daten auf den Tag der Beratung/Unterfertigung übersehen worden.

Gegen diesen Berichtigungsbeschluss ON 15 erhob der Beklagte mit Schriftsatz vom 20. 9. 2018 (ON 17) „Revisionsrekurs“ (richtig: Rekurs) an den Obersten Gerichtshof, erstattete eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft, lehnte unter einem den Vorsitzenden des Rechtsmittelsenats Dr. K***** als befangen ab und beantragte, alle von diesem Richter im Ausgangsverfahren vorgenommenen Prozesshandlungen für nichtig zu erklären und aufzuheben. Hintergrund des Berichtigungsbeschlusses sei das „Zurechtrücken einer zumindest nicht rechtskonformen Entscheidungsabwicklung des Senats bzw Senatsvorsitzenden“, nachdem die Behauptung nicht länger habe aufrechterhalten werden können, dass das nach der Geschäftsverteilung zuständige dritte Senatsmitglied Dr. M***** am 23. 1. 2018 tatsächlich abwesend gewesen sei. Es bestehe der dringende Verdacht, dass eine Parteilichkeit des Senatsvorsitzenden Dr. K***** zugunsten des Präsidenten des liechtensteinischen Gerichtshofs Dr. S***** vorliege, die im Berichtigungsbeschluss ihren Höhepunkt finde.

Mit dem bekämpften Beschluss wies der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichts Innsbruck den Ablehnungsantrag des Beklagten zurück.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten, der darauf abzielt, den Senatsvorsitzenden Dr. K***** für befangen zu erklären.

Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs des Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt.

1. Nach ständiger Judikatur kann das Ablehnungsrecht zwar auch noch nach der Erlassung einer Entscheidung ausgeübt werden, allerdings nur vor Eintritt deren Rechtskraft, weil eine allfällige Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 1 ZPO mit der formellen Rechtskraft der Entscheidung geheilt ist. Es besteht auch kein rechtlich geschütztes Interesse auf Ablehnung der erkennenden Richter wegen Befangenheit, weil selbst deren Bejahung am Prozessausgang nichts ändern könnte (RIS-Justiz RS0046032; RS0045978). Jede andere Auffassung würde zu dem systemwidrigen Ergebnis führen, dass eine rechtskräftige Entscheidung im Rahmen eines nachfolgenden Ablehnungsverfahrens beseitigt werden könnte, obwohl eine derartige Durchbrechung der Rechtskraft vom Gesetz nur ausnahmsweise in anderen Fällen (zB §§ 529 ff ZPO) vorgesehen ist (vgl RIS-Justiz RS0046032 [T3]; Rechberger in Rechberger4 Vor § 390 ZPO Rz 31). Ist eine unanfechtbare Entscheidung wirksam zugestellt worden, so ist ein Ablehnungsantrag als unzulässig zurückzuweisen, weil selbst eine stattgebende Entscheidung im Ablehnungsverfahren keinen Einfluss auf die Entscheidung in der Hauptsache haben könnte und der Ablehnungswerber nicht beschwert ist (RIS-Justiz RS0041933 [T32]).

2.1 Der Beschluss des Rekursgerichts zu GZ 3 R 76/17a, 77/17y-1 war gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unanfechtbar; der dagegen vom Beklagten erhobene Revisionsrekurs wurde rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen.

2.2 Daran ändert auch der Berichtigungsbeschluss des Rekursgerichts vom 27. 8. 2018 (ON 15) nichts:

Das Rekursgericht hat durch die Berichtigung seines Beschlusses keine inhaltliche Veränderung vorgenommen, sondern lediglich das Datum der Beschlussfassung korrigiert. Das Ergebnis, die Bestätigung der Beschlüsse des Landesgerichts Innsbruck vom 13. 11. 2017 und 16. 11. 2017 und damit das Vorliegen von – unanfechtbaren – Konformatsentscheidungen nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO, wurde durch die Berichtigung überhaupt nicht berührt. In der prozessualen Stellung des Rechtsmittelwerbers ist durch den Berichtigungsbeschluss keine Änderung eingetreten.

2.3 Der vom Beklagten bereits in seinem – als unzulässig zurückgewiesenen – Revisionsrekurs vom 13. 2. 2018 (ON 2) behauptete Verstoß gegen die Geschäftsverteilung, weil statt der Richterin Dr. M***** der Richter Dr. T***** Mitglied des erkennenden Rekurssenats war, hätte nur aufgrund eines zulässigen Rechtsmittels gegen den Beschluss ON 1 aufgegriffen werden können (vgl RIS-Justiz RS0041942). Dieser Beschluss wurde allerdings mit Zustellung an die Parteien rechtskräftig; ein allfälliger Besetzungsmangel ist damit geheilt.

2.4 Damit liegt jedenfalls eine verfahrensbeendende Sachentscheidung vor, deren Rechtskraft der Berichtigungsbeschluss nicht berührt.

3. Das hat die Konsequenz, dass Ablehnungsgründe hinsichtlich des zur Sachentscheidung führenden Verfahrens nicht mehr wahrgenommen werden können (vgl zB 1 Ob 183/10h, 2 Ob 150/14v, 1 Ob 160/14g, 3 Nc 16/15f uva), weshalb dem darauf abzielenden Ablehnungsantrag schon aus diesem Grund zu Recht nicht Folge gegeben wurde.

4. Der Ablehnungsantrag wäre allerdings als unzulässig zurückzuweisen gewesen, weshalb die angefochtene Entscheidung mit einer entsprechenden Maßgabe zu bestätigen war (2 Ob 150/14v mwN; zuletzt etwa 2 Ob 150/18z).

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Aufgrund der Zweiseitigkeit bildet auch das Ablehnungsverfahren einen Zwischenstreit, über dessen Kosten nach den Regeln des Ausgangsverfahrens unabhängig von dessen Ausgang zu entscheiden ist (RIS-Justiz RS0126588).

Textnummer

E124260

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00156.18A.1219.000

Im RIS seit

14.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.03.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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