TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/26 97/03/0333

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Veröffentlicht am 26.05.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §1;
AVG §34 Abs3;
AVG §52;
KDV 1967 §4 Abs5 Z2 lite;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §103 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des M T in Z, vertreten durch Dr. Christian Obrist, Rechtsanwalt in 5700 Zell am See, Brucker Bundesstraße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 16. September 1997, Zl. UVS-7/1130/2-1997, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 und Verhängung einer Ordnungsstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 14. Juni 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 14. Jänner 1997 um 12.10 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw in Wals auf der B 1 an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt, wobei er als Lenker das mit Spikesreifen versehene Kraftfahrzeug in Betrieb genommen hatte, obwohl am Fahrzeug keine Tafel nach dem Muster der Anlage 1e zur KDV 1967 angebracht gewesen sei. Er habe hiedurch die Bestimmung des § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er den Antrag stellte, das Strafverfahren zur Gänze einzustellen und den Bescheid aufzuheben und - unter anderem - vorbringt, die Unterbehörde sei unfähig, sich mit seinem Vorbringen kontradiktorisch auseinander zu setzen, sich die Strafbehörde auf "ein Amtskappel" statt auf einen Sachverständigen verlassen habe und der Beschwerdeführer, der seinen Führerschein im Jahr 1939 bekommen habe, schon rund "40 mal rund um die Erde gefahren" sei, womit er sicher "das Amtskappel" schon umrundet habe. So könne man sich "an alten Rechtsgrundsätzen nicht vorbeimogeln".

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. September 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge gegeben, der Spruch des angefochtenen Bescheides jedoch (neben einer sprachlichen Berichtigung, die hier nicht gegenständlich ist) dahin modifiziert, dass die übertretenen Rechtsvorschriften zu lauten hätten: § 103 Abs. 1 Z. 1 und § 102 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Z. 2 lit. e KDV 1967 (Spruchpunkt 1). Ferner wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 2 und Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 24 VStG eine Ordnungsstrafe in der Höhe von S 500,-- wegen der beleidigenden Schreibweise in der Berufung vom 9. Juni 1997 verhängt (Spruchpunkt 2).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Beschwerdeführer hat sich dazu in seinem Schriftsatz vom 30. März 1998 geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit der Beschwerdeführer erkennbar die Unterlassung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde rügt, ist ihm zu entgegnen, dass im Hinblick auf die Bestimmung des § 51e Abs. 2 VStG unter Berücksichtigung des Umstandes, dass über den Beschwerdeführer lediglich eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt worden war und er keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde gestellt hatte, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorliegt. Verfehlt sind auch die Ausführungen des Beschwerdeführers, dass er in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei, zumal er jedenfalls in seiner Berufung hinreichend Gelegenheit hatte, seinen Standpunkt zu vertreten (vgl. uva. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1991, Zl. 91/18/0009). Insoweit der Beschwerdeführer verfassungsrechtliche Fragen im Hinblick auf seine Verteidigungsrechte und freie Meinungsäußerung anspricht, ist ihm zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung verfassungsrechtlicher Fragen nicht berufen ist; dem Antrag des Beschwerdeführers auf "Abtretung an den VfGH" mangelt aber die gesetzliche Grundlage. Der Einwand des Beschwerdeführers, mit dem er die "freie Entscheidung und Unabhängigkeit des UVS" in Frage stellt, ist zu entgegnen, dass er konkrete Umstände, die eine Befangenheit des Organwalters, der hier namens der belangten Behörde tätig war, nicht aufzuzeigen vermag und derartige Umstände vom Verwaltungsgerichtshof auch nach dem Inhalt der Verwaltungsstrafakten nicht erkennbar sind.

Gemäß § 4 Abs. 5 KDV 1967 sind Spikesreifen Reifen, die mit über die Reifenlauffläche hinausragenden Stiften aus Metall oder diesem hinsichtlich der Festigkeit und Dauerhaftigkeit gleichartigen Material (Spikes) versehen sind, wobei nach der lit. e des § 4 Abs. 5 Z. 1 KDV 1967 die Zahl der in einem Reifen angebrachten Spikes bei Reifen, die für Felgen mit einem Durchmesser von nicht mehr als 33 cm (13 Zoll) bestimmt sind, 110, bei anderen Reifen 130 nicht überschreiten darf. Gemäß § 4 Abs. 5 Z. 2 lit. e KDV 1967 muss an Fahrzeugen, die mit Spikesreifen versehen sind, hinten auf einer Tafel oder auf dem Fahrzeug selbst ein nach dem Muster der Anlage 1e ausgeführtes Zeichen senkrecht zur Längsmittelebene des Fahrzeuges, annähernd lotrecht und vollständig sichtbar angebracht sein.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer zugestanden hatte, dass in den von ihm anlässlich der gegenständlichen Fahrt verwendeten Reifen Spikes, wenngleich auch in geringerer Anzahl, angebracht gewesen seien. Nach der gesetzlichen Definition würden die Spikesreifen ihre Eigenschaft als solche nicht verlieren, wenn einige der Metallstifte nicht mehr vorhanden seien. Damit müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer ein mit Spikesreifen versehenes Fahrzeug gelenkt habe, ohne dass die vorgeschriebene Tafel angebracht gewesen sei.

Der Beschwerdeführer bestreitet weder die Annahme der belangten Behörde, dass an seinem Fahrzeug zum Tatzeitpunkt die Tafel nicht angebracht gewesen sei, noch dass in den an seinem Fahrzeug angebrachten Reifen Spikes vorhanden gewesen seien, vertritt jedoch die Auffassung, dass die belangte Behörde prüfen hätte müssen, ob die "seinerzeitigen funktionellen Spikesreifen" auch noch zum Beanstandungszeitpunkt Spikesfunktion haben konnten. Zur Lösung dieser Frage hätte die belangte Behörde ein Gutachten eines Reifensachverständigen einholen müssen.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer aber nicht im Recht. Im Hinblick darauf, dass die gesetzliche Regelung hinsichtlich der Spikesreifen in § 4 Abs. 5 KDV 1967 eine Mindestzahl von angebrachten Spikes nicht vorsieht, und somit nach den hier maßgeblichen Feststellungen des angefochtenen Bescheides davon auszugehen ist, dass die vom Beschwerdeführer verwendeten Reifen zumindest mit mehreren über die Reifenlaufflächen hinausragenden Stiften (Spikes) versehen waren, bestand auch die Notwendigkeit der Anbringung der Tafel im Sinne des § 4 Abs. 5 Z. 2 lit. e KDV 1967. Bei diesem Sachverhalt war es somit unerheblich, darüber hinaus auch noch die (volle) Funktionstüchtigkeit der Reifen durch einen Sachverständigen zu prüfen.

Für die Annahme eines Tatbildirrtums oder Rechtsirrtums, und damit eines Schuldausschließungsgrundes im Sinne des § 5 VStG, fehlt jede Grundlage. Der Beschwerdeführer irrt aber auch, wenn er die Auffassung vertritt, die belangte Behörde habe zu Unrecht nicht von der Möglichkeit des § 21 Abs. 1 VStG Gebrauch gemacht. Die von der Rechtsprechung hiefür geforderten Voraussetzungen und besondere Umstände bei Begehung der Tat, wie z.B. verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, drückende Notlage etc. (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, auf Seite 862 zitierte hg. Judikatur zu § 21) sind weder aus der Aktenlage noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ersichtlich.

Verfehlt ist schließlich auch die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde sei zur Verhängung der Ordnungsstrafe nicht zuständig gewesen und habe darüber hinaus ohne vorangegangene Ermahnung "maßlos überreagiert". Die beleidigende Schreibweise, die von der belangten Behörde zum Anlass für die Verhängung der Ordnungsstrafe genommen wurde, wurde vom Beschwerdeführer in der Berufung verwendet. Damit war die Berufungsbehörde zur Verhängung der Ordnungsstrafe zuständig (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1987, Slg. Nr. 12.429/A). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt. Auch gerechtfertigte Kritik muss in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht werden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 4. September 1995, Zl. 94/10/0099). Der Beschwerdeführer zeigt in der Beschwerde keine Argumente auf, die seine - eingangs dargestellten - Äußerungen in der Berufungsschrift als vertretbare Kritik erscheinen ließen, erweisen sie sich doch nicht nur als unsachlicher und unsubstantiierter, sondern auch in herabsetzender Weise formulierter Vorwurf an die belangte Behörde, sich in Willkür über das Gesetz hinweggesetzt zu haben. Die Verhängung der Ordnungsstrafe kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, auch deren Höhe begegnet keinen Bedenken.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Mai 1999

Schlagworte

Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Kraftfahrzeugtechniker sachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997030333.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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