TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/31 W169 2212430-1

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Veröffentlicht am 31.01.2019
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Entscheidungsdatum

31.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52

Spruch

W169 2212430-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch RA Mag. Auner, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2018, Zl. 583769400, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 55, 10 Abs. 3 AsylG idgF, 9 BFA-VG idgF, § 52 FPG idgF sowie § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 12.03.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.04.2012, Zl. 12 03.007 EAST Ost, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt wurde, dass für die Prüfung des Antrags gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Litauen zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG nach Litauen ausgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Litauen gemäß § 10 Abs. 4 AsylG für zulässig erklärt.

2. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.05.2012, Zl. S6 426.460-1/2012/2E, abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde am 04.06.2012 im Akt hinterlegt, da der Beschwerdeführer behördlich nicht auffindbar war, und erwuchs in Rechtskraft.

3. Mit Festnahme- und Durchsuchungsauftrag der Bundespolizeidirektion Wien vom 19.06.2012 wurde die Polizeiinspektion XXXX mit der Festnahme des Beschwerdeführers beauftragt, da beabsichtigt sei, den Beschwerdeführer am 28.06.2012 nach Litauen zu überstellen.

4. Laut Bericht und Aktenvermerk des Stadtpolizeikommandos XXXX vom 27.06.2012 und vom 28.06.2012 wurde insgesamt vier Mal versucht, den Beschwerdeführer an seiner Meldeadresse festzunehmen. Der angetroffene Wohnungsmieter gab an, dass der Beschwerdeführer an der besagten Adresse nicht mehr wohne und er ihn abmelden werde.

5. Mit Ladungsbescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 29.11.2012 wurde der Beschwerdeführer über seinen nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreter wegen der Regelung seiner Ausreise, der Würdigung seiner persönlichen Verhältnisse und der Prüfung des Vorliegens von Gründen zur Ergreifung polizeilicher Maßnahmen zur Vorsprache am 20.12.2012 im Fremdenpolizeilichen Büro verpflichtet. Diesen Ladungsbescheid hat der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht befolgt.

6. Am 20.12.2012 wurde der Beschwerdeführer durch die Landespolizeidirektion Wien wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 120 Abs. 1a FPG zur Anzeige gebracht.

7. Am 17.01.2014 wurde der Beschwerdeführer durch die Landespolizeidirektion Wien erneut wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 120 Abs. 1a FPG zur Anzeige gebracht. Er wurde am 16.01.2013 im Zuge einer Fahrzeugkontrolle angehalten und ins PAZ Hernalser Gürtel eingeliefert.

8. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.01.2014 (Gegenstand der Amtshandlung: "Erlassung einer Rückkehrentscheidung, Verhängung der Schubhaft, Abschiebung) gab der Beschwerdeführer an, dass er in Wien an einer namentlich genannten Adresse gewohnt habe, jedoch behördlich nicht gemeldet gewesen sei. Er komme aus dem Bundesstaat Haryana, sei ledig und kinderlos. Im Herkunftsstaat habe er zwölf Jahre die Grundschule besucht. Seine Familie lebe in Indien; in Österreich habe er keine Angehörigen. Im Bundesgebiet stelle er am Wochenende Zeitungsständer auf. Nach Aufklärung über den Ablauf seines bisherigen Verfahrens und Belehrung wurde der Beschwerdeführer aus der Haft entlassen.

9. Am 10.03.2014 wurde der Beschwerdeführer durch die Landespolizeidirektion Wien wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 120 Abs. 1a FPG zur Anzeige gebracht.

10. Am 10.03.2014 stellte der Beschwerdeführer in Zuge einer Anhaltung einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.03.2014 gab der Beschwerdeführer an, dass er aus dem Bundesstaat Haryana stamme und die Sprache Hindi sowie Punjabi beherrsche. Er sei ledig und kinderlos. Zur Stellung des neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz gab der Beschwerdeführer an, dass seine Asylgründe - Grundstücksstreitigkeiten - immer noch aufrecht seien. Weiters führe der Beschwerdeführer an, dass er Österreich im Dezember 2012 verlassen habe und illegal nach Italien gereist sei, um seiner Abschiebung nach Litauen zu entgehen. Am 01.10.2013 sei er wieder nach Österreich zurückgekehrt, da es ihm in Österreich besser gefalle. Nach seiner Rückkehr nach Österreich habe er ohne Anmeldung an seiner alten Adresse gewohnt. Erst am 21.01.2014 habe er sich angemeldet.

11. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 09.03.2016 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Haryana stamme und der Religionsgemeinschaft der Hindus angehöre. Er habe in Indien zwölf Jahre die Grundschule besucht und spreche die Sprachen Hindi sowie Punjabi. Der Vater des Beschwerdeführers sei Landwirt und seine Mutter Hausfrau. Er habe zunächst mit seinen Eltern und dann bei seiner Tante und ihrem Ehemann gelebt. Der Beschwerdeführer sei ledig, kinderlos und gesund. Zu seinen Fluchtgründen brachte er Grundstücksstreitigkeiten vor, aufgrund welcher er letztlich das Land habe verlassen müssen. Der Beschwerdeführer habe keine Familienangehörigen in Österreich und lebe mit niemandem in einer Lebensgemeinschaft oder familienähnlichen Gemeinschaft. Er bestreite den Lebensunterhalt damit, dass er samstags Zeitungsständer aufhänge. Er habe Freunde im Bundesgebiet und könne ein wenig Deutsch. Der Beschwerdeführer mache in seiner Freizeit nichts, sei nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen und habe keine sonstigen Kurse oder Ausbildungen absolviert. Die Eltern des Beschwerdeführers sowie eine Tante väterlicherseits und ihr Ehemann würden auch weiterhin im Herkunftsstaat leben. Der Beschwerdeführer habe telefonischen Kontakt zu seinen Angehörigen, denen es gut gehe.

12. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2016, Zl. 583769400-14446432, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 10.03.2014 hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel erteilt und wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel eingebracht, weshalb diese am 19.04.2016 in Rechtskraft erwuchs.

13. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 06.04.2016, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 293 Abs. 2 und 223 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Wochen, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

14. Am 10.09.2018 stellte der Beschwerdeführer persönlich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005. Dem Antrag beigelegt wurden eine Übersetzung der Geburtsurkunde des Beschwerdeführers, Beschlüsse des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom 11.07.2017, ein Arbeitsvorvertrag vom 28.08.2018, eine Inskriptionsbestätigung für einen A2 Deutschkurs vom 15.03.2018 seine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005, ein Krankenversicherungsbeleg für grundversorgte Personen sowie ein Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 13.07.2017.

15. Mit Parteiengehör des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2018 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass die Behörde die Abweisung des gegenständlichen Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 beabsichtige und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG gegen den Beschwerdeführer prüfe. Nach Vorbehalt des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen einer Frist von vier Wochen zu einem Fragenkatalog zu seinem Privat- und Familienleben eine Stellungnahme abzugeben.

16. Mit Schriftsatz der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers vom 03.12.2018 wurde eine diesbezügliche Stellungnahme eingebracht, in welcher darauf hingewiesen wurde, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Arbeitsaufnahme hätte, weshalb sein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen würde. Der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet sehr gut integriert und habe er auch einen entsprechenden Freundeskreis bilden können. Beigelegt wurden erneut die bereits bei Stellung des gegenständlichen Antrages vorgelegten Unterlagen.

17. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt.

Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nur auf sein Asylverfahren gegründet habe und er nach rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens für die Behörde nicht greifbar gewesen sei, weshalb keine Abschiebung nach Litauen habe erfolgen können. Auch sei der Beschwerdeführer nach Abschluss seines zweiten Verfahrens seiner Ausreiseverpflichtung aus dem Bundesgebiet niemals nachgekommen und habe er sodann erneut im Stande der Illegalität den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG gestellt. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer über ein Sprachzertifikat A2 verfüge. Auch gehe er zum gegenwärtigen Zeitpunkt keiner Beschäftigung nach, obzwar er einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag zur Vorlage gebracht habe. Zudem sei er vom Bezirksgericht XXXX wegen §§ 293 Abs. 2 und 223 Abs. 1 StGB verurteilt worden. Auch habe er den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht, wo er zwölf Jahre die Schule besucht sowie die entsprechenden Sprachkenntnisse habe. Aufgrund der beharrlichen Ausreiseweigerung nach den gestellten Asylanträgen und der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers sei eine Integration seiner Person in Österreich nicht einmal in Ansätzen zu erkennen, weshalb sein Privatinteresse an einem Weiterverbleib in Österreich keinesfalls höher zu bewerten sei, als das öffentliche Interesse an der Beendigung seines rechtswidrigen Aufenthaltes. So seien all seine in Österreich aufgebauten sozialen Beziehungen in einem Zeitraum entstanden, in welchem sein Aufenthalt unsicher bzw. rechtswidrig gewesen sei. Insgesamt sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer über keine nennenswerte Integration in Österreich verfüge bzw. um eine solche bemüht gewesen sei. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG komme daher nicht in Betracht. Im Falle des Beschwerdeführers liege zudem keine Gefährdung iSd § 50 Abs. 1 und 2 FPG vor. Auch eine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte iSd § 50 Abs. 3 FPG existiere nicht, weshalb die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien zulässig sei. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit der Missachtung der Mitwirkungs- und Ausreiseverpflichtung, des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiert sowie der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers begründet, wodurch sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurücktrete und seine sofortige Außerlandesschaffung erforderlich sei, womit die Z 1 des § 18 Abs. 2 BFA-VG erfüllt sei.

18. Gegen diesen Bescheid wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben und nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Österreichs darstelle, sondern sich gesellschaftlich, sozial sowie sprachlich integriert habe und auch entsprechende Unterlagen zur Vorlage gebracht habe. Insgesamt betrachtet sei von einer positiven Zukunftsprognose auszugehen. Beantragt wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Einholung eines Sachverständigengutachtens und eines kriminalpsychologischen Gutachtens.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger aus dem Bundesstaat Haryana, wo er zwölf Jahre die Grundschule besuchte und zuletzt als Landwirt arbeitete. Er gehört der Religionsgemeinschaft der Hindus an. Er beherrscht die Sprachen Punjabi und Hindi. In Indien lebte der Beschwerdeführer zunächst gemeinsam mit seinen Eltern und danach mit seiner Tante und dessen Ehemann, die auch weiterhin im Herkunftsstaat leben. Sein Vater ist Landwirt, seine Mutter Hausfrau. Ihnen geht es gut; er hat telefonischen Kontakt zu seinen Verwandten. Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und gesund.

Der Beschwerdeführer verließ sein Heimatland im Jahr 2012, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 12.03.2012 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 18.04.2012 wegen der Zuständigkeit Litauens zurückgewiesen und der Beschwerdeführer nach Litauen ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.05.2012 abgewiesen, wobei dieses Erkenntnis beim Asylgerichtshof am 04.06.2012 hinterlegt wurde, da der Beschwerdeführer für die Behörden nicht mehr auffindbar war, da er untertauchte. Folglich war die Überstellung des Beschwerdeführers nach Litauen auch nicht möglich. Mit Ladungsbescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 29.11.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen der Regelung seiner Ausreise, der Würdigung seiner persönlichen Verhältnisse und der Prüfung des Vorliegens von Gründen zur Ergreifung polizeilicher Maßnahmen zur Vorsprache am 20.12.2012 im Fremdenpolizeilichen Büro verpflichtet. Dieser Verpflichtung kam er unentschuldigt nicht nach. Im Dezember 2012 reiste der Beschwerdeführer illegal nach Italien, um seiner Abschiebung nach Litauen zu entgehen; am 01.10.2013 reiste der Beschwerdeführer abermals illegal in Österreich ein, wo er bis 21.01.2014 unangemeldet an seiner alten Adresse wohnte. Am 10.03.2014 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2016 abgewiesen wurde. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Mangels Erhebung eines Rechtsmittels erwuchs der Bescheid vom 10.03.2014 in Rechtskraft. Auch dieser Ausreiseverpflichtung kam der Beschwerdeführer niemals nach. Der Beschwerdeführer befand sich seit seinen Antragstellungen auf internationalen Schutz am 12.03.2012 und am 10.03.2014 lediglich aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig in Österreich. Seit Abschluss seiner Asylverfahren hielt sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf. Seiner Ausreiseverpflichtung nach Indien kam er bisher nicht nach; seine Abschiebung nach Litauen verhinderte er durch Untertauchen und illegale Einreise und Aufenthalt in Italien.

Der Beschwerdeführer wurde am 20.12.2012, am 17.01.2014 und am 10.03.2014 von der Landespolizeidirektion Wien wegen rechtswidrigen Aufenthaltes zur Anzeige gebracht.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen Familienangehörigen in Österreich. Er hat sich für einen Deutschkurs des Niveaus A2 der deutschen Sprache angemeldet bzw. besucht, jedoch bis dato kein Zertifikat vorgelegt. Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung, stellt samstags Zeitungsständer auf und verfügt über einen Arbeitsvorvertrag. Er ist gesund, steht im erwerbsfähigen Alter und hat Freunde in Österreich. Er ist nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen und hat keine Kurse oder Ausbildungen absolviert.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich nicht unbescholten. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 06.04.2016, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 293 Abs. 2 und 223 Abs. 1 StGB (Fälschung eines Beweismittels, Urkundenfälschung) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Wochen, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für den Aufenthalt aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Allgemeine Menschenrechtslage

Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 16.8.2016). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 12.2016). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 16.8.2016). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, aber ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 16.8.2016).

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind Missbrauch durch Polizei und Sicherheitskräfte einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet und trägt zur ineffektiven Verbrechensbekämpfung, insbesondere auch von Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Mitglieder registrierter Kasten und Stämme sowie auch gesellschaftlicher Gewalt aufgrund von Geschlechts-, Religions-, Kasten- oder Stammeszugehörigkeit bei (USDOS 13.4.2016).

Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 6.2016), eine verallgemeinernde Bewertung kaum möglich:

Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 16.8.2016). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken wie nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 16.8.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen Die Stimmung wird durch hindunationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 6.2016).

Separatistische Rebellen und Terroristen in Jammu und Kaschmir, den nordöstlichen Bundesstaaten und im Maoistengürtel begehen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde an Zivilisten, Polizisten, Streitkräften und Regierungsbeamten. Aufständische sind für zahlreiche Fälle von Entführung, Folter, Vergewaltigung, Erpressung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 13.4.2016).

Die Behörden verstoßen auch weiterhin gegen die Privatsphäre der Bürger. In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein und es gibt Berichte von Verhaftungen, aber keine Verurteilungen nach diesem Gesetz. Manche Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 13.4.2016).

Im Oktober 1993 wurde die Nationale Menschenrechtskommission (National Human Rights Commission - NHRC) gegründet. Ihre Satzung beinhaltet den Schutz des Menschenrechtgesetzes aus dem Jahre 1993. Die Kommission verkörpert das Anliegen Indiens für den Schutz der Menschenrechte. Sie ist unabhängig und wurde durch ein Umsetzungsgesetz des Parlaments gegründet. Die NHRC hat die Befugnis eines Zivilgerichtes (NHRC o.D.). Die NHRC empfiehlt, dass das Kriminalermittlungsbüro alle Morde, in denen die angeblichen Verdächtigen während ihrer Anklage, Verhaftung, oder bei ihrem Fluchtversuch getötet wurden, untersucht. Viele Bundesstaaten sind diesem unverbindlichen Rat nicht gefolgt und führten interne Revisionen im Ermessen der Vorgesetzten durch. Die NHRC Richtlinien weisen die Bundesstaatenregierungen an, alle Fälle von Tod durch Polizeihandlung binnen 48 Stunden an die NHRC zu melden, jedoch hielten sich viele Bundesstaatenregierungen nicht an diese Richtlinien. Die NHRC forderte von den Bundesstaatenregierung, den Familien von Opfern eine finanzielle Kompensation zu bieten, aber die Bundesstaatenregierungen erfüllten diese Richtlinien nicht konsequent. Die Behörden haben die Streitkräfte nicht dazu aufgefordert, Todesfälle während der Haft an die NHRC zu melden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf, Zugriff 13.12.2016

-

NHRC - The National Human Rights Commission India (o. D.): The National Human Rights Commission India, http://www.nhrc.nic.in/Documents/Publications/NHRCindia.pdf, Zugriff 5.1.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 13.12.2016

Grundversorgung/Wirtschaft

Indiens Wirtschaft hat sich zuletzt erholt und an Dynamik gewonnen. Indien zählt nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt. Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2015/2016 bei 7,6% (AA 9.2016).

Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Die große Zahl an Facharbeitskräften macht es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da deren Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist (BBC 27.9.2016)

Das hohe Wachstum der Jahre bis 2011 hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70% aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Ende September 2014 verkündete Premierminister Modi die "Make in India" Kampagne und rief ausländische Investoren dazu auf, in Indien bei verbesserten Investitionsbedingungen zu produzieren. Zur Ankurbelung der weiteren Industrialisierung werden groß angelegte Infrastrukturprojekte verfolgt. Auch im Bereich Schiene, den Häfen und im Luftverkehr sind erhebliche Investitionen nötig und geplant. Wachstum und Wohlstand verdankt Indien vor allem dem Dienstleistungssektor mit einem Anteil von über 53% am BIP. Hiervon profitiert aber bei einem Beschäftigungsanteil von etwa 30% nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Zur Überwindung der Massenarmut sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, vor allem auch für nicht oder gering qualifizierte Kräfte (AA 9.2016).

Indien hat eine Erwerbsbevölkerung von 404,5 Millionen, von welchen 43 Millionen im formellen Sektor und 361 Millionen im informellen Sektor arbeiten, wo sie weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert sind, noch Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung haben (AA 9.2016). Der Hauptteil der Menschen, die im informellen Sektor arbeiten, sind im privaten Sektor tätig (BAMF 12.2015). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 17,4% (2015/16) der Gesamtwirtschaft, obgleich rund 50% der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 9.2016).

Die Regierung hat überall im Land mehr als 900 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle im Regierungssekte frei ist. Das MGNREGA Gesetz (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act) ist ein Arbeitsgarantieprogramm. Erwachsenen eines ländlichen Haushalts, welche gewillt sind Handwerksarbeit zum Mindestlohn zu verrichten, wird hierdurch eine gesetzliche Jobgarantie für 100 Tage im Jahr gewährt. Das Kommissariat oder Direktorat der Industrie (The Commissionerates or Directorates of Industries) bieten Hilfe bei der Geschäftsgründung in den verschiedenen Staaten. Einige Regierungen bieten Arbeitslosenhilfe für Personen, die bereits mehr als drei Jahre bei der Stellenbörse registriert sind (BAMF 12.2015)

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 1.313 Euro. Etwa 30% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 USD pro Kopf und Tag. Rund 70% haben weniger als 2 USD pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme - UNDP) steht Indien auf Platz 135 unter 187 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 9.2016).

In Indien haben derzeit von 400 Millionen Arbeitskräften nur etwa 35 Millionen Zugang zum offiziellen Sozialen Sicherungssystem in Form einer Altersrentenabsicherung. Dies schließt Arbeiter des privaten Sektors, Beamte, Militärpersonal und Arbeitnehmer von Unternehmen des staatlich öffentlichen Sektors ein (BAMF 8.2014). Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 12.2015).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 12.2015).

Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 16.8.2016).

Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar ID Nummer ausgestellt. Obwohl diese nicht verpflichtend ist, gaben Beamte an, dass der Nichtbesitz den Zugang zur Staatshilfe limitieren werden könnte (FH 3.10.2013). Die unverwechselbare Identitätsnummer ermöglicht es beispielsweise, dass staatliche Zuschüsse direkt an den Verbraucher übermittelt werden. Anstatt diese auf ein Bankkonto zu senden, wird sie an die unverwechselbare Identitätsnummer überwiesen, die mit der Bank verbunden ist und geht so an das entsprechende Bankkonto. 750 Millionen Inder haben derzeit eine derartige Identitätsnummer, ca. 130 Millionen haben diese auch mit ihrem Bankkonto verknüpft (International Business Times, 2.2.2015).

Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern eine 12-stellige Identitätsnummer (UID) auszustellen, die online überprüft werden können. Dieses Projekt soll gefälschte und doppelte Identitäten ausschließen. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details (Fingerabdrücke und IrisBild) verbunden. Der Erwerb einer UID ist freiwillig und kostenlos. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, sich registrieren zu lassen (UK Home Office 2.2015).

Da die im Rahmen des UID bzw. Aadhaar Projektes gesammelten Daten nicht in das nationale Bevölkerungsregister (NPR) integriert werden, stellt dieses jedoch nur eine bloße Auflistung von Namen und demographischen Details dar. Bisher wurden 1,04 Milliarden Aadhaar Nummern generiert, mit dem Plan der vollständigen Erfassung der Bevölkerung bis März 2017. Die zuständige Behörde für die einheitliche Identifikationsnummer weigert sich, die gesammelten Daten an das für das Bevölkerungsregister zuständige Innenministerium weiterzuleiten, da sie aufgrund des im Juli 2016 verabschiedeten Gesetzes von einem Datenaustausch ausgeschlossen ist (HT 8.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Indien, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8E633C2F61937CFE7189E5065CD31B93/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Wirtschaft_node.html, Zugriff 23.12.2016

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BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016) India profile - Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 28.12.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2014):

Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 29.12.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

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FH - Freedom House (3.10.2013): Freedom on the Net 2013 - India, http://www.ecoi.net/file_upload/3714_1380802722_fotn-2013-india.pdf, Zugriff 9.1.2017

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HT - Hindustan Times (8.8.2016): National Population Register project now a Rs 4,800-crore sinkhole, http://www.hindustantimes.com/india-news/national-population-register-project-now-a-rs-4-800-crore-sinkhole/story-xwmSEA3NwijJFoOpxYe3dN.html, Zugriff 9.1.2017

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International Business Times (2.2.2015): One Billion Indians To Have UID Numbers By Year-End As India Seeks To Boost Social Security,

http://www.ibtimes.com/one-billion-indians-have-uid-numbers-year-end-india-seeks-boost-social-security-1802126, Zugriff 9.1.2017

-

UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance India:

Background information, including actors of protection, and internal relocation,

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/402790/cig_india_background_2015_02_04_v2_0.pdf, Zugriff 29.12.2016

Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 16.8.2016). Die indische Regierung hat kein Reintegrationsprogramm und bietet auch sonst keine finanzielle oder administrative Unterstützung für Rückkehrer (BAMF 12.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Herkunft und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner schulischen Ausbildung, seiner Arbeitserfahrung sowie zu seiner familiären Situation in Indien beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in seinen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt bzw. vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten hat, samstags Zeitungsständer aufstellt, sich für einen A2-Deutschkurs angemeldet und diesen besucht hat, jedoch kein Zertifikat vorgelegt hat, über einen Arbeitsvorvertrag verfügt, keine Kurse oder Ausbildungen absolviert hat, nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen ist, Freunde in Österreich hat und gesund ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 09.03.2016, den im Rahmen der gegenständlichen Antragsstellung vom 10.09.2018 vorgelegten Unterlagen sowie auf den Ausführungen in der Stellungnahme vom 03.12.2018 und im Beschwerdeschriftsatz vom 27.12.2018.

Die Unmöglichkeit der behördlichen Überstellung des Beschwerdeführers nach Litauen aufgrund des Untertauchens des Beschwerdeführers und die illegaler Einreise und der Aufenthalt in Italien ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.03.2014 zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz sowie den im Akt aufliegenden Festnahmeauftrag und Durchsuchungsauftrag der Bundespolizeidirektion Wien vom 19.06.2012 und dem Bericht und Aktenvermerk des Stadtpolizeikommandos XXXX vom 27.06.2012 und vom 28.06.2012.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer überdies an seiner Ausreiseverpflichtung niemals mitwirkte, ergibt sich aus der Mitteilung der Landespolizeidirektion Wien vom 13.05.2013, wonach der Beschwerdeführer dem Ladungsbescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 29.11.2012 keine Folge leistete, und überdies aus den Angaben des Beschwerdeführers. Die Feststellungen zu den Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Verwaltungs- und Gerichtakten.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich drei Mal wegen illegalen Aufenthaltes zur Anzeige gebracht wurde, ergibt sich aus den im Verwaltungsakt aufliegenden Anzeigen der Landespolizeidirektion Wien vom 20.12.2012, vom 17.01.2014 und vom 10.03.2014.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem.

[0]Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich nicht unbescholten ist, ergibt sich aus einem im Akt aufliegenden Auszug aus dem österreichischen Strafregister.

2.2. Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Lage in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderberichten. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter, teilweise vor Ort agierender, staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben und denen weder der Beschwerdeführer, noch sein rechtsfreundlicher Vertreter entgegengetreten sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG, und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu Spruchpunkt A)

3.1 Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8), die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).

Gemäß § 58 Abs. 5 AsylG 2005 sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen. Im Antrag ist gemäß § 58 Abs. 6 AsylG 2005 der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 begründen gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen oder sonstigen Verwandten in Österreich, weshalb die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens des Beschwerdeführers darstellt.

Die aufenthaltsbeenden Maßnahme könnte daher allenfalls in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente spielt jedoch eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessensabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua, mwH).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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