TE OGH 2019/1/16 46R489/18d

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.01.2019
beobachten
merken

Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat als Rekursgericht durch Dr. Streller als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Hasibeder und den Richter Dr. Schaumberger in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. ***** B***** J*****, 2. M***** J*****, beide vertreten durch Mag. Georg Schreiber, MBA, öffentl. Notar in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes ob EZ ***** KG ***** über den Rekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 22.10.2018, TZ 5142/2018, den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:

"Aufgrund des Schenkungsvertrages vom 12.9.2018 samt Selbstberechnungserklärung vom 19.9.2018, der Geburtsurkunde der Zweitantragstellerin vom 10.4.1987 und des Reisepasses der Zweitantragstellerin vom 12.1.2018 werden ob den ***** Anteilen BLNr. *****, verbunden mit Wohnungseigentum an Wohnung *****, der Liegenschaft EZ ***** KG ***** folgende Eintragungen bewilligt:

1. Die Einverleibung des Eigentumsrechtes für M***** J*****;

2. die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes gemäß § 364c ABGB zugunsten ***** B***** J*****."

Dem Bezirksgericht Hernals obliegt der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt € 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den aus dem Spruch ersichtlichen Antrag ab und begründete dies damit, dass weder ein Staatsbürgerschaftsnachweis noch eine beglaubigte Kopie eines Auszuges aus einem gültigen Reisepass von M***** J***** vorgelegt wurde, obwohl deren Vorlage bei der Einverleibung des Eigentumsrechtes nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz erforderlich sei. Die Vorlage eines unbeglaubigten Auszuges aus dem Reisepass genüge nach den Entscheidungen 46 R 312/17y und 46 R 14/18a des Landesgerichtes für ZRS Wien nicht.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragstellerinnen, dem Berechtigung zukommt.

Der nach § 5 Abs 3 Satz 1 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz geforderte Nachweis der Staatsangehörigkeit kann sowohl durch einen Staatsbürgerschaftsnachweis als auch durch einen Reisepass erfolgen (RS0129375). Bei diesen Urkunden handelt es sich um sogenannte Bewilligungsurkunden, die nicht zwingend im Original, sondern auch in beglaubigter Abschrift vorgelegt werden können. Dem Rekurs ist dahin zu folgen, dass M***** J***** ihren in einem Urkundenarchiv gespeicherten Reisepass im Original vorgelegt hat, sodass sich die Frage nach einer beglaubigten Kopie nicht stellt. Die Antragstellerinnen haben ihr Gesuch elektronisch samt Urkundenvorlage gemäß § 10 Abs 2 ERV eingebracht. Danach erfolgt die elektronische Übermittlung von Beilagen, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Original oder in beglaubigter Abschrift vorzulegen sind, in der Weise, dass auf die Einstellung in einem Urkundenarchiv einer Körperschaft öffentlichen Rechts (§ 91c GOG) hingewiesen und unter Bekanntgabe eines eindeutigen Urkundenidentifizierungsbegriffs wirksam die Ermächtigung zum Zugang zu den Daten der gespeicherten Urkunde erteilt wird. Dieser Vorgang ersetzt die Vorlage des Originals (§ 91b Abs 7 iVm § 91c Abs 2 GOG). Im vorliegenden Fall bestehen auch keinerlei Zweifel im Sinne des § 94 Abs 1 Z 4 GBG dahingehend, dass der Antragstellervertreter als archivierender Notar nicht den Originalreisepass der Zweitantragstellerin in das Urkundenarchiv eingestellt hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Antragstellervertreter die Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer vom 4.6.2007 für das Urkundenarchiv des Österreichischen Notariats idF 20.4.2017 eingehalten hat. Die maßgeblichen Bestimmungen dieser Urkundenarchivrichtlinien lauten auszugsweise:

5.1.1. Bei der Archivierung einer in Papierform errichteten Urkunde ist ein Abbild der Urkunde zu archivieren. Die Art des Abbilds (schwarz/weiß/Graustufen, Farbe), die Auflösung sowie die Formate bestimmen sich nach den jeweiligen technischen Möglichkeiten des Urkundenarchivs und des archivierenden Notars. Die jeweiligen technischen Möglichkeiten des Urkundenarchivs werden auf der Website der Österreichischen Notariatskammer (www.notar.at) verlautbart […].

5.1.5. Mit dem Archivieren bestätigt der archivierende Notar die Übereinstimmung des gescannten Abbildes mit der in Papierform vorliegenden Urkunde oder der kopierten elektronisch errichteten Urkunde mit der elektronischen Urkunde.

5.1.6. Das Archivieren erfolgt durch Signieren mit der elektronischen Beurkundungssignatur (§ 13 Abs 1 NO; Ausweis- und Signaturkartenrichtlinien 2006 - ASR 2006), die den Urkundeninhalt sowie allfällige in der zu archivierenden Urkunde enthaltenen elektronischen Signaturen einschließt und anschließende Übertragung an das Urkundenarchiv. Damit gilt die Urkunde als aktiviert.

Nach Ansicht des erkennenden Senates schadet es nicht, wenn der Reisepass nicht vollständig mit allen Seiten, sondern nur jene Seite des Reisepasses, die alle wesentlichen Informationen enthält, archiviert und mit dem Grundbuchsgesuch vorgelegt wird. Dieser Auszug reicht zum Nachweis der Staatsbürgerschaft aus. Zwar bildet grundsätzlich die Vorlage einer Teilausfertigung oder eines Auszugs einer Urkunde keine ausreichende Eintragungsgrundlage (RIS-Justiz RS0130874). Für den Reisepass ist aber eine Ausnahme hievon geboten, weil alle zum Nachweis der Gültigkeit und der Staatsbürgerschaft relevanten Angaben immer auf einer Seite gedruckt sind. Somit steht der Umstand, dass es sich bei einem Reisepass in Wirklichkeit um ein mehrseitiges Büchlein handelt, der Archivierung und Vorlage als Grundbuchsurkunde nicht entgegen. Soweit in den zitierten Vorentscheidungen eine gegenteilige Rechtsansicht zum Ausdruck kommt, wird diese vom Rekurssenat nicht aufrecht erhalten.

Da auch sonst keine Hindernisse den begehrten Einverleibungen entgegenstehen, waren diese in Stattgebung des Rekurses zu bewilligen.

Der Ausspruch zum Wert des Entscheidungsgegenstandes gründet sich auf § 126 GBG iVm § 59 Abs 2 AußStrG.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses stützt sich auf § 126 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne der zuletzt genannten Bestimmung war nicht zu lösen.

Textnummer

EWZ0000208

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00003:2019:04600R00489.18D.0116.000

Im RIS seit

07.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten