TE Bvwg Beschluss 2018/12/5 I412 2209286-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.12.2018
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Entscheidungsdatum

05.12.2018

Norm

ABGB §1332
AVG §32 Abs2
AVG §33 Abs1
AVG §71
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §33 Abs1
VwGVG §7 Abs4

Spruch

I412 2209286-1/4E

I412 2209286-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch RA Mag. Sabine Zambai, Mollardgasse 48a/1/3, 1060 Wien, gegen den Bescheid des BFA, RD Wien, Außenstelle Wien vom 09.10.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 16.05.2018 wird gemäß § 33 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs 4 VwGVG iVm § 31 Abs 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 21.12.2009 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Zuletzt stellte er am 25.03.2015 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurde. Gegen den Beschwerdeführer wurde ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (spruchpunkt III.) erlassen und gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub gewährt (Spruchpunkt IV.) Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und wurde in Spruchpunkt VI. festgestellt, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 24.02.2017 verloren habe.

Der Bescheid wurde der damaligen Rechtsvertreterin Dr. Martina Schweiger-Apfelthaler am 11.10.2018 nachweislich zugestellt und von dieser auch persönlich entgegengenommen.

Am 09.11.2018 langten ein Beschwerdeschriftsatz und eine Vollmachtsbekanntgabe bei der belangten Behörde ein. Die nunmehrige Rechtsvertreterin ist demnach RA Mag. Sabine Zambai.

Mit Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer bzw. seiner bevollmächtigten Vertretung mitgeteilt, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides spätestens am 11.10.2018 die vierwöchige Rechtsmittelfrist bereits am 08.11.2018 geendet hat und die am 09.11.2018 eingebrachte Beschwerde sohin verspätet war. Diesbezüglich wurde eine Frist zur Stellungnahme gewährt.

Mit Stellungnahme vom 21.11.2018 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner Vertretung vor, dass es sich durch die Übernahme der Vertretung um einen Irrtum betreffend des Zustelldatums handle. Die damalige Rechtsvertreterin habe als Eingangsdatum den 12.10.2018 vermerkt und sei die nunmehrige Rechtsvertreterin daher von einem Fristende am 09.11.2018 ausgegangen. Es sei gängige Praxis, dass das Kanzleipersonal auf die Wichtigkeit des korrekten Eingangsstempels besonders aufmerksam gemacht werde und entsprechend sorgsam zu arbeiten. Durch die Übernahme der Vertretung habe die nunmehrige Rechtsvertreterin deshalb darauf vertraut, dass im Sekretariat der vormaligen Rechtsvertreterin das korrekte Zustelldatum vermerkt worden ist und sie davon ausgehend die vierwöchige Beschwerdefrist berechnet habe. Es liege daher, wenn überhaupt, nur ein minderer Grad des Versehens vor.

Gleichzeitig mit der Stellungnahme stellte der Beschwerdeführer auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte diesbezüglich aus, dass die Fristversäumung mit dem Verspätungsvorhalt vom 14.11.2018 zur Kenntnis gebracht wurde. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei deshalb jedenfalls rechtzeitig gestellt. Es handle sich um einen minderen Grad des Verschuldens. In der Kanzlei der vormaligen Rechtsvertreterin sei ein Missgeschick passiert, das auch einem sorgfältigen Menschen gelegentlich unterlaufen könne. Schon die gängige Praxis zeige, dass Eingangsstempeln in Kanzleien ein besonderer Stellenwert zukomme und die nunmehrige Rechtsvertreterin nicht damit habe rechnen müssen, dass diese Bestempelung nicht korrekt erfolgt sei. Dies hätte sie auch bei noch so großer Sorgfalt nicht vermeiden können.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 25.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit dem im Verfahrensgang genannten Bescheid sowohl betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch betreffend die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und mit dem Aufenthaltsverbot erlassen wurde. Außerdem wurde einer Beschwerde dagegen die aufschiebende Wirkung aberkannt und festgestellt, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet bereits verloren hat. Dieser Bescheid wurde der damaligen Rechtsvertreterin am 11.10.2018 persönlich, ordnungsgemäß und nachweislich zugestellt.

Die vierwöchige Rechtsmittelfrist, auf die in der Rechtsmittelbelehrung des im Spruch ersichtlichen Bescheides hingewiesen wurde, endete mit Ablauf des 08.11.2018. Die am 09.11.2018 eingebrachte Beschwerde erweist sich sohin als verspätet.

2. Beweiswürdigung:

Die oben angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt. Insbesondere das Datum der persönlichen Zustellung an die damalige Rechtsvertreterin ergibt sich aus dem unzweifelhaften Zustellnachweis, der sich im Original im Verfahrensakt befindet. Darüber hinaus wurden das Datum der Zustellung bzw. die ordnungsgemäße Zustellung vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss. Da im vorliegenden Verfahren gemäß § 33 Abs. 4 dritter Satz VwGVG das Verwaltungsgericht über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Beschluss zu entscheiden hat und auch die Beschwerde zurückzuweisen ist, ist über beide Spruchpunkte in Beschlussform zu entscheiden.

3.2. Zu A)

3.2.1. Zu Spruchteil I: Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

3.2.1.1. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zu Last liegt, hindert die Bewilligung zur Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

3.2.1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. VwGH vom 25.11.2015, Ra 2015/06/0113 sowie VwGH vom 30.05.2017, Ra 2017/19/0113).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (vgl. etwa VwSlg. 11.312/A sowie VwGH vom 21.05.1997, Zl. 96/21/0574). Den Antragsteller trifft somit die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat. Es ist daher ausschließlich das Vorbringen des Beschwerdeführers bzw. Wiedereinsetzungswerbers in seinem Antrag vom 16.05.2018 auf seine Tauglichkeit als Wiedereinsetzungsgrund zu prüfen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (vgl. VwGH vom 24.01.1996, Zl. 94/12/0179). Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt hingegen nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte (vgl. VwGH vom 03.04.2001, Zl. 2000/08/0214).

Nach der zu § 71 Abs. 1 AVG ergangenen und - insoweit auf § 33 Abs. 1 VwGVG übertragbaren - Rechtsprechung ist das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des vertretenen Wiedereinsetzungswerbers gleichzusetzen. Es hat dieselben Rechtswirkungen wie das Verschulden der Partei. Der Machtgeber muss sich das Verschulden des Machthabers zurechnen lassen. Das Verschulden, welches den Bevollmächtigten der Partei trifft, ist so zu behandeln, als wäre es der Partei selbst unterlaufen, gleichgültig ob der Wiedereinsetzungswerber von einem Rechtsanwalt oder sonst einer Vertrauensperson vertreten wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, "AVG", § 71 Rz 44 samt weiteren Nachweisen). Sohin trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. z.B. VwGH vom 18.12.2014, Ra 2014/01/0015).

Bei der Bevollmächtigung eines Vertreters ist das Vorliegen der Voraussetzung für die Wiedereinsetzung nach den für den Vertreter maßgebenden Verhältnissen zu beurteilen. Das zur Versäumung führende Ereignis muss daher den Vertreter an der rechtzeitigen Vornahme der Handlung gehindert haben und für ihn unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein (vgl. VwGH vom 17.09.1990, Zl. 87/14/0030; vom 28.04.1992, Zl. 92/05/0051 und vom 23.06.2008, Zl. 2008/05/0122). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 06.05.2004, Zl. 2001/20/0195) kann auch ein Rechtsirrtum - etwa Unkenntnis von Rechtsvorschriften, unrichtige Beurteilung der Rechtslage etc. - einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen; dies jedoch nur unter der Bedingung, dass die weiteren Voraussetzungen, insbesondere mangelndes Verschulden bzw. minderer Grad des Versehens, vorliegen.

Ein Verschulden der Partei bzw. des Vertreters hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH vom 29.01.2014, Zl. 2001/20/0425).

Auch ein Irrtum über den Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides kann einen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darstellen. Aber nur, wenn die Unkenntnis von der ordnungsgemäßen Zustellung nicht auf einem Verschulden der Partei beruht, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt, ist sie geeignet, einen Wiedereinsetzungsantrag zu begründen (vgl. Hengstschläger/Leeb, "AVG", § 71 Rz 73 mit weiteren Hinweisen).

3.2.1.3. Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer während der offenen Beschwerdefrist zunächst von RA Dr. Martina Schweiger-Apfelthaler vertreten und anschließend ging die Vertretung auf RA Mag. Sabine Zambai über. Beiden Rechtsvertreterinnen ist sorgfaltswidriges Verhalten vorzuwerfen. Zunächst hätte RA Dr. Schweiger-Apfelthaler die notwendige Sorgfalt zu treffen gehabt, dass der korrekte Eingangsstempel verwendet wird, zumal sie das Schriftstück auch persönlich übernommen hat und mit ihrer Unterschrift dies auf dem Rückschein bestätigte. Auch bei Wechsel der Vollmacht und Übergabe der Akten und Schriftstücke an die nunmehrige Rechtsvertreterin wäre sie als berufsmäßige Parteienvertreterin in der Pflicht gewesen, auf derartige, für das Verfahren essentielle Punkte wie es fristauslösende Daten sind, aufmerksam zu machen. Selbige Sorgfaltspflicht gilt auch für die ebenso berufsmäßige Parteienvertreterin RA Mag. Zambai, die die Vertretung des Beschwerdeführers übernommen hat. Es kann von berufsmäßigen Parteienvertretern erwartet werden, dass sie sich über derart wichtige Punkte, die im Übrigen auch notwendige Inhalte einer Beschwerde gemäß § 9 VwGVG sind, informieren. Bei sorgfältiger Absprache und Informationsaustausch, wäre der tatsächliche Fristablauf unmissverständlich erörtert worden. Angemerkt sei, dass von der vorigen Rechtsvertreterin auf der ersten Seite des Bescheides der Vermerk "FIX: Beschwerde 8.11.18" angebracht wurde. Da das Wort "FIX" in Großbuchstaben geschrieben und zusätzlich unterstrichen wurde, ist anzunehmen, dass diesem eine besondere Bedeutung zugekommen sein muss. Auch diesem Hinweis hätte die nunmehrige Rechtsvertreterin näher nachgehen müssen, zumal sie in ihrer Stellungnahme mehrfach auf diesen Vermerk einging und dieser ihr also bekannt war.

Wie oben bereits dargelegt, trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen. Von einem minderen Grad des Versehens kann daher nicht ausgegangen werden. Die nunmehrige Rechtsvertreterin betonte in ihrer Stellungnahme mehrfach die Wichtigkeit des korrekten Eingangsstempels und wussten beide Rechtsanwältinnen um das Erfordernis einer rechtzeitigen Beschwerdeeinbringung. Deshalb wären beide Rechtsvertreterinnen in der Pflicht gewesen, für eine unmissverständliche Absprache betreffend des Fristablaufes bei Vertretungsübergabe zu sorgen. Ein derartiges Außerachtlassen der im Verkehr zwischen Parteienvertretern untereinander und auch mit Gerichten bzw. Behörden erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt in einem Maß, wie es auf Seiten der Rechtsvertreterinnen erfolgt ist, kann nicht mehr als minderer Grad des Versehens bezeichnet werden.

Aus diesen Gründen ist das im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand enthaltene Vorbringen nicht geeignet, das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes glaubhaft zu machen.

3.2.2. Zu Spruchteil II: Zurückweisung der Beschwerde:

3.2.2.1. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG (vgl. hierzu auch § 16 Abs. 1 BFA-VG) beträgt die Frist zu Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn er ihm nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 33 Abs. 1 AVG durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.

3.2.2.2. Aus dem Akteninhalt ergibt sich unzweifelhaft, dass der im Spruch genannte Bescheid der Rechtsvertretung am 11.10.2018 zugestellt und sohin rechtswirksam erlassen worden war.

Nach Maßgabe des § 7 Abs. 4 VwGVG iVm §§ 32 Abs. 2 und 33 Abs. 1 AVG hat im gegenständlichen Fall der Lauf der vierwöchigen Beschwerdefrist, am 11.10.2018 (Donnerstag) begonnen und mit Ablauf des 08.11.2018 (Donnerstag) geendet.

Da die gegenständliche Beschwerde am 09.11.2018 eingebracht wurde und sohin erst nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist bei der Behörde eingelangt ist, war die Beschwerde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückzuweisen.

3.2.3. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Eine Verhandlung im Verfahren über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde weder vom Wiedereinsetzungswerber beantragt noch hält das Bundesverwaltungsgericht eine solche gemäß § 24 VwGVG aufgrund der klaren Aktenlage für erforderlich. Daher konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal das Bundesverwaltungsgericht den Verfahrensparteien schriftliches Parteiengehör gewährt hat, welches auch wahrgenommen wurde. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen.

Betreffend die Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung (Spruchteil II. des gegenständlichen Beschlusses) wird in Bezug auf den Entfall der Verhandlung auf § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG verwiesen.

3.2.4. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 33 Abs. 4 letzter Satz VwGVG lagen zu keinem Zeitpunkt des gegenständlichen Verfahrens vor.

3.3. Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ergeht in Anlehnung an die zitierte Rechtsprechung zu § 33 VwGVG sowie zu § 71 AVG. Sofern die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur zur Bestimmung des § 71 AVG ergangen ist, so ist auch diese Judikatur auf den gegenständlichen Fall übertragbar.

Schlagworte

Beschwerdefrist, Fahrlässigkeit, Fristablauf, Fristüberschreitung,
Fristversäumung, Glaubhaftmachung, Irrtum, minderer Grad eines
Versehens, Rechtsirrtum, Rechtsmittelfrist, Sorgfaltspflicht,
Unterschrift, unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis,
Verschulden, verspätete Beschwerde, Verspätung, Vorhalt,
Wiedereinsetzungsantrag, zumutbare Sorgfalt, Zurechenbarkeit,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I412.2209286.2.00

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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