TE Lvwg Erkenntnis 2018/12/3 LVwG-AV-1094/001-2018

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Veröffentlicht am 03.12.2018
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Entscheidungsdatum

03.12.2018

Norm

GewO 1994 §87 Abs1 Z3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde der A, vertreten durch RA B, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 17. September 2018, ***, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A ist Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden“ im Standort ***, ***.

Nach Einholung einer Verwaltungsstrafregisterauskunft hat die Bezirkshauptmannschaft Amstetten mit Schreiben vom 12. Juni 2018 der nunmehrigen Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 und des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Gewerbeberechtigung zu entziehen, dass sie die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze, wobei ihr gemäß § 45 Abs. 3 AVG die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt wurde. Mit Schreiben vom 17. Juli 2018 hat die nunmehrige Beschwerdeführerin vorgebracht, dass es sich bei den rechtskräftigen Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen um geringfügige Übertretungen handle und um keine schwerwiegenden Verstöße im Sinne des § 87 Gewerbeordnung 1994.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 17. September 2018, ***, wurde die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden“ im Standort ***, *** gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 und § 361 Gewerbeordnung 1994 entzogen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass A bereits mehrere Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 begangen habe und dafür rechtskräftig bestraft worden sei. So habe sie eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 iVm § 74 Abs. 2 Z. 2 iVm § 81 Abs. 1 GewO begangen, indem sie eine genehmigungspflichtige Änderung ihrer Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung vorgenommen habe. Sie sei deshalb mit Bescheid der BH Amstetten vom 2. Mai 2017 (rechtskräftig mit 6. Juni 2017) mit einem Strafbetrag von € 200,00 bestraft worden.

Weiters habe sie eine Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z. 16 iVm § 46 Abs. 2 Z. 2 GewO begangen, indem sie den Standort ihrer Betriebsanlage ohne rechtzeitige Anzeige verlegt habe. Sie sei deshalb mit Bescheid der BH Amstetten vom 3. März 2017 (rechtskräftig mit 28. März 2017) mit einem Strafbetrag von € 200,00 bestraft worden.

Weiters habe sie eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 2. Fall iVm § 74 Abs. 2 Z. 1, Z. 2 und Z. 4 GewO 1994 begangen, indem sie eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne Genehmigung betrieben habe. Sie sei deshalb mit Bescheid der BH Amstetten vom 7. März 2017 (rechtskräftig mit 28. März 2017) mit einem Strafbetrag von € 500,00 bestraft worden.

Sie habe zudem eine Übertretung gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 iVm § 33 Abs. 2 iVm Abs. 1 und Abs. 1a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) begangen, indem sie zwei Dienstnehmer beschäftigt habe, ohne die Verpflichtung zu deren Anmeldung wahrzunehmen. Sie sei deshalb mit Bescheid der BH Amstetten vom 9. November 2016 (rechtskräftig mit 19. Mai 2017) mit einem Strafbetrag von je € 182,50 bestraft worden.

Diese Übertretungen würden sowohl gewerberechtliche als auch sozial- bzw. arbeitnehmerschutzrechtliche Rechtsvorschriften und Schutzinteressen verletzen und seien in ihrer Gesamtheit als schwerwiegend und nicht bloß geringfügig anzusehen. Insbesondere seien sie auch geeignet, das Ansehen des Berufszweiges herabzusetzen. Daraus ergebe sich, dass sie nicht ausreichend zuverlässig sei, das Gewerbe auszuüben.

Dagegen hat A, vertreten durch RA B, ***, ***, fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung ersatzlos zu beheben. Zur Begründung wurde zusammengefasst vorgebracht, dass es sich bei den angelasteten vier Verwaltungsübertretungen um geringfügige Übertretungen handle.

Im Einzelnen wurde dazu ausgeführt, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin die Verwaltungsübertretung, die mit Strafverfügung vom 2. Mai 2017 zur Zahl *** geahndet worden sei, tatsächlich nicht begangen habe. Sie habe jedoch diese Geldstrafe aus ökonomischen Erwägungen bezahlt, weil die Verteidigungskosten höher gewesen wären als der doch sehr geringe Strafbetrag. Ergänzend sei festzuhalten, dass es sich keinesfalls um einen schwerwiegenden Verstoß handle, zumal es um einen angelasteten Tatzeitraum von nur 25 Minuten gehe.

Auch die mit Strafverfügung vom 3. März 2017 zur Zahl *** verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 200,-- habe sie aus ökonomischen Erwägungen bezahlt. Zudem weise auch dieser Verstoß einen entsprechend geringen Unrechtsgehalt auf, zumal sie ja die Gewerbeberechtigung gehabt und schlichtweg vergessen habe, die Meldung der bloßen Verlegung des Standortes durchzuführen.

Dies gelte auch für die Strafverfügung vom 7. März 2017 zur Zahl ***, welche ebenfalls einen geringen Unrechtsgehalt aufweise. Aus ökonomischen Gründen habe sie auch diese Geldstrafe beglichen.

Auch bei der Übertretung des ASVG, wonach sie zwei Dienstnehmer einen Tag lang nicht beim Krankenversicherungsträger gemeldet habe, handle es sich keinesfalls um einen schwerwiegenden Verstoß im Sinne des § 87 Gewerbeordnung. Die Verletzung der Meldepflicht lediglich für einen Tag könne keinesfalls die Entziehung einer Gewerbeberechtigung rechtfertigen.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2018 hat die Bezirkshauptmannschaft Amstetten die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt. Zugleich wurde mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsakt zur Zahl *** sowie in die Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Amstetten zu den Zahlen ***, *** und *** und in das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich zur Zahl LVwG-S-3155/003-2015.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:

Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:

Die nunmehrige Beschwerdeführerin ist seit 6. März 2014 Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden“ im Standort ***, ***.

Am 24. Mai 2016 hat sie der Wirtschaftskammer Niederösterreich den Nichtbetrieb per 1. Juni 2016 und am 19. Dezember 2016 den Wiederbetrieb per 19. Dezember 2016 angezeigt.

Am 2. März 2017 hat sie der Bezirkshauptmannschaft Amstetten die Verlegung des Standortes des Betriebs für die gegenständliche Gewerbeberechtigung an den Standort ***, *** per 1. Dezember 2016 angezeigt.

Gegen die nunmehrige Beschwerdeführerin liegen folgende rechtskräftige Verwaltungsvormerkungen vor:

1. Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 3. März 2017, ***:

Mit dieser Strafverfügung wurde sie für schuldig befunden, dass sie als Gewerbetreibende hinsichtlich der Ausübung des freien Gastgewerbes (Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden) auf eigene Rechnung und Gefahr, selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen von 1. Dezember 2016 bis 1. März 2017 das o.a. Gewerbe im Standort ***, *** durch das Offenhalten der Betriebsstätte und den Verkauf und die Verabreichung von Speisen und Getränken ausgeübt hat, ohne die Verlegung des Betriebes eines Gewerbes in diesen Standort gemäß § 46 Abs. 2 Z. 2 Gewerbeordnung rechtzeitig der Bezirkshauptmannschaft Amstetten in ***, *** angezeigt zu haben.

Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften des § 367 Z. 16 GewO 1994 iVm § 46 Abs. 2 Z. 2 Gewerbeordnung wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von € 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) gemäß § 367 Gewerbeordnung verhängt.

2. Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 7. März 2017, ***:

Mit dieser Strafverfügung wurde sie für schuldig befunden, dass sie von 1. Jänner 2017 bis 1. März 2017 im Zuge der Ausübung des Gastgewerbes (Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze bereitgestellt werden) auf eigene Rechnung und Gefahr, selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, im Standort ***, *** einen mobilen Kebab-Imbissstand ohne gewerbebehördliche Genehmigung für diesen Stand auf dem Parkplatz auf dem Betriebsgelände der Firma C durch das Offenhalten und die Verabreichung von Speisen und Getränken betrieben hat, ohne die erforderliche Genehmigung erlangt zu haben, da keine Betriebsanlagenbewilligung vorgelegen ist. Eine Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 74 Abs. 2 Gewerbeordnung ist erforderlich gewesen, da es sich bei der gegenständlichen Anlage um eine örtlich gebundene Einrichtung handelt, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist und die geeignet ist, im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 Gewerbeordnung einerseits das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden und andererseits auch geeignet ist, eine Belästigung der Nachbarn durch Lärm, Staub und Geruch infolge des Betreibens des Imbissstandes als solche herbeizuführen und aufgrund der Aufstellung auf dem oben näher bezeichneten Parkplatz geeignet ist, die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen.

Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des § 366 Abs. 1 Z. 2 2. Fall iVm § 74 Abs. 2 Z. 1, Z. 2 und Z. 4 Gewerbeordnung wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) gemäß § 366 Abs. 1 Gewerbeordnung verhängt.

3. Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 2. Mai 2017, ***:

Mit dieser Strafverfügung wurde sie für schuldig befunden, dass sie es als Gewerbetreibende in Ausübung des Gastgewerbes im Standort ***, *** in der Betriebsart Imbissstand zu verantworten hat, dass sie am 15. April 2017 von 8:35 Uhr bis 9:00 Uhr im Standort ***, *** eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung nach Abänderung durch das Offenhalten des Kebabstandes und das Bewirten von Gästen durch den Ausschank von Getränken und die Verabreichung von Speisen betrieben hat, obwohl im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 6. April 2017 zur Zahl *** lediglich Betriebszeiten täglich von 9:00 – 24.00 Uhr festgelegt waren. Es handelt sich bei der gegenständlichen Anlage um eine örtlich gebundene Einrichtung, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist, und ist eine Verlängerung der Betriebszeiten wie oben beschrieben geeignet, eine Belästigung der Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise infolge des Betreibens der Anlage durch Bewirtung von Gästen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 Gewerbeordnung herbeizuführen. Es ist keine entsprechende Bewilligung zur Abänderung der Betriebsanlage vorgelegen.

Wegen Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 3 iVm § 74 Abs. 2 Z. 2 iVm § 81 Abs. 1 Gewerbeordnung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 6. April 2017 zur Zahl *** wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von € 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) gemäß § 366 Abs. 1 Gewerbeordnung verhängt.

4. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 15. Oktober 2015, *** in der Fassung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. Mai 2017, LVwG-S-3155/003-2015:

Mit diesem Straferkenntnis wurde sie für schuldig befunden, dass sie als Dienstgeberin ausgehend vom Firmenstandort in ***, ***
1. Herrn D, geb. *** vom 2. Mai 2014 (Arbeitsantritt) bis zum 3. Mai 2014, als Koch zu einem Lohn von € 340.- monatlich und
2. Herrn E, geb. *** vom 2. Mai 2014 (Arbeitsantritt) bis zum 3. Mai 2014, als Hilfskraft zu einem Lohn von € 340.- monatlich beschäftigt hat, ohne diese Dienstnehmer als in der Unfallversicherung pflichtversicherte Personen (Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach dem ASVG für sie sachlich und örtlich zuständig ist, nämlich der NÖ Gebietskrankenkasse, ***, *** anzumelden. Es ist auch keine ausreichende schrittweise Meldung gemäß § 33 Abs. 1a ASVG (Meldung von Dienstgeberkontonummer, Name und Versicherungsnummer bzw. Geburtsdatum sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme vor Arbeitsantritt und Meldung der noch fehlenden Daten innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung) erfolgt. Sie hat daher entgegen § 33 Abs. 2 iVm Abs. 1 und 1a ASVG die Anmeldung zur Pflichtversicherung für die oben angeführten Arbeitszeiträume nicht vor dem jeweils oben angeführten Arbeitsantritt erstattet.

Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften des § 111 Abs. 1 Z. 1 iVm § 33 Abs. 2 iVm Abs. 1 und Abs. 1a ASVG in beiden Fällen wurde über sie seitens der Bezirkshauptmannschaft Amstetten eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils € 365 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 56 Stunden) jeweils gemäß § 111 Abs. 2 iVm Abs. 1 Z. 1 ASVG verhängt, welche mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. Mai 2017, LVwG-S-3155/003-2015 unter Anwendung des § 20 VStG auf jeweils € 182,50 (Ersatzfreiheitsstrafe je 28 Stunden) herabgesetzt wurde.

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund der Einsicht in den unbedenklichen bezughabenden Verwaltungsakt, insbesondere in die darin inneliegende Verwaltungsstrafregisterauskunft betreffend A vom 8. Juni 2018. In Ergänzung wurden die Strafverfügungen betreffend die Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten angefordert sowie Einsicht in das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich zur Zahl LVwG-S-3155/003-2015 genommen. Im Übrigen sind diese Feststellungen nicht strittig.

In rechtlicher Hinsicht wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

Schutzinteressen gemäß Z. 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen aus dem Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art. III Abs. 1 Z. 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008). Die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne der Z. 3 liegt auch dann nicht vor, wenn eine Eintragung eines Unternehmens in die Liste gemäß § 8 Abs. 10 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG, BGBl. I Nr. 113/2015, aufgrund des § 8 Abs. 3 Z. 4 SBBG vorliegt.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob es sich bei den festgestellten Verwaltungsübertretungen des Gewerbetreibenden um schwerwiegende Verstöße im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 handelt, danach zu beurteilen, ob sich unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen (vgl. VwGH 26.2.2014, Ro 2014/04/0013; 9.4.2013, 2012/04/0151; 14.3.2012, 2011/04/0209; 18.6.2012, 2012/04/0026; 28.2.2012, 2011/04/0171 etc.).

Ob schwerwiegende Verstöße vorliegen, ist auf Grund des bezughabenden Straferkenntnisses bzw. der Straferkenntnisse zu beurteilen. Schwere Verletzungen sind nach der Judikatur des VwGH etwa dann anzunehmen, wenn die Verstöße trotz erfolgter Bestrafung wiederholt begangen wurden (vgl. VwGH 23.5.2014, Ro 2014/04/0009 mit Verweis auf 11.9.2013, 2013/04/0107 sowie auf die Erkenntnisse vom 22.5.2012, 2012/04/0062 und vom 18.10.2012, 2012/04/0122, jeweils mwN). Da sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes als zwingende Rechtsvermutung aus den schwerwiegenden Verstößen ergibt, bedarf es bei der Beurteilung, ob der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 3 erfüllt ist, keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Gewerbeinhabers (vgl. VwGH 13.12.2000, 2000/04/0180 mit Verweis auf das Erkenntnis vom 14.4.1999, 99/04/0001; Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung 20113, § 87 Rz 14). Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass auf Grund von rechtskräftigen und nicht getilgten Bestrafungen feststeht, dass der Gewerbeinhaber schwerwiegende und noch nicht lange zurückliegende – somit für seine Zuverlässigkeit jedenfalls noch relevante – Verstöße rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. VwGH 23.5.2014, Ro 2014/04/0009 mwN). Bei bereits getilgten Bestrafungen ergibt sich jedoch die mangelnde Zuverlässigkeit nicht zwingend aus den rechtskräftigen Bestrafungen wegen schwerwiegender Verstöße. In solchen Fällen hat die Behörde anhand des sich aus den Verstößen ergebenden Persönlichkeitsbildes des Gewerbetreibenden zu beurteilen, ob dieser die Zuverlässigkeit im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 besitzt. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob der Gewerbetreibende in der Folge gleichartige Verstöße begangen hat, weil der Rückfall trotz rechtskräftiger Bestrafung ein wichtiges Indiz für die Unzuverlässigkeit darstellt (VwGH 25.6.2008, 2007/04/0137; Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung 20113, § 87 Rz 14).

Zur Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 3. März 2017, ***, ist auszuführen, dass bereits die Höhe der verhängten Geldstrafe bei einem Strafrahmen bis € 2.180,-- indiziert, dass es sich nicht um einen schwerwiegenden Verstoß gegen die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften handelt. Zudem ist festzuhalten, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin sehr wohl eine Anzeige der Verlegung ihres Gewerbebetriebs erstattet hat, jedoch verspätet. Dadurch, dass sie eben die Verlegung des Betriebs angezeigt hat, ist davon auszugehen, dass sie das Delikt nicht neuerlich begehen wird.

Auch bei der mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 2. Mai 2017, ***, geahndeten Verwaltungsübertretung handelt es sich um keinen schwerwiegenden Verstoß, zumal die Beschwerdeführerin ja im Besitz einer Gewerbeberechtigung für die gegenständliche Betriebsanlage ist und die behördlich genehmigte Betriebszeit von täglich 9:00 Uhr bis 24 Uhr im Ausmaß von lediglich 25 Minuten nicht eingehalten hat. Dementsprechend hat auch die Strafbehörde die zu verhängende Geldstrafe bei einem Strafrahmen bis € 3.600,-- mit lediglich € 200,-- festgesetzt.

So wie es sich beim Verbot der Beschäftigung von nach dem AuslBG hiezu nicht berechtigten Arbeitnehmern um eine für die Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes besonders wichtige Norm handelt, deren Einhaltung zu den genannten Schutzinteressen zählt (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung, 20113, § 87, Rz 15), gilt dies auch für die Einhaltung der Bestimmungen des ASVG, zumal hier nicht nur die Dienstnehmer, sondern die Gemeinschaft der sozialversicherungspflichtigen Dienstnehmer selbst geschädigt wird. Verwaltungsübertretungen nach dem ASVG ist so wie Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG daher besonderes Gewicht beizumessen.

Bei der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 15. Oktober 2015, ***, in der Fassung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. Mai 2017, LVwG-S-3155/003-2015, geahndeten Verwaltungsübertretung handelt es sich jedoch ebenfalls nicht um einen schwerwiegenden Verstoß im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994. Bereits die Bezirkshauptmannschaft Amstetten ist der Bestimmung des § 111 Abs. 2 ASVG gefolgt, wonach bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis auf € € 365,-- herabgesetzt werden kann, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat zunächst mit Entscheidung vom 8. November 2016, LVwG-S-3155/001-2015, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft bestätigt, aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 2. März 2017, ***, womit dieses Erkenntnis aufgehoben wurde, wurde im fortgesetzten Verfahren schließlich unter Heranziehung des § 20 VStG aufgrund des deutlichen Überwiegens der Strafmilderungsgründe über die Straferschwerungsgründe die nach § 111 Abs. 2 ASVG vom Gesetzgeber vorgeschriebene Mindeststrafe nochmals reduziert. Unter diesem Gesichtspunkt ist jedenfalls von einem geringfügigen Verschulden der nunmehrigen Beschwerdeführerin auszugehen.

Der mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 7. März 2017, ***, geahndeten Verwaltungsübertretung liegt das Betreiben eines mobilen Kebab-Imbissstandes ohne gewerbebehördliche Genehmigung zu Grunde. Beim Betrieb einer Betriebsanlage ohne erforderliche Genehmigung ist im Hinblick auf die damit verbundene Gefährdung des Gewerbetreibenden, der mittätigen Familienangehörigen sowie von Personen, welche die Betriebsanlage der Art ihres Betriebes gemäß aufsuchen und wegen der Eignung, eine Belästigung der Nachbarn durch Lärm, Staub und Geruch infolge des Betreibens des Imbissstandes herbeizuführen sowie aufgrund der Aufstellung auf einem Parkplatz wegen der Eignung der Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, somit von einem schwerwiegende Verstoß im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 auszugehen. Daran ändert auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie die Strafe lediglich aus ökonomischen Gründen bezahlt habe, nichts, da das erkennende Gericht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes an ein rechtskräftiges Straferkenntnis hinsichtlich der Tat und des Täters gebunden ist (vgl. z. B. VwGH 13.6.2005, 2003/04/0089; 28.5.2008, 2008/04/0070).

Gegen A liegen somit drei Verwaltungsübertretungen vor, die als geringfügig zu werten sind, und eine schwerwiegende. Das Tatbestandselement der schwerwiegenden Verstöße kann nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht nur durch an sich schwerwiegende Verstöße erfüllt werden, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen der im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften (vgl. z. B. VwGH 13.12.2000, 2000/04/0180). Bei einer größeren Anzahl geringfügiger Übertretungen muss eine wertende Gesamtschau einen ähnlichen Unrechtsgehalt ergeben wie bei Verletzung einer einzigen Verwaltungsvorschrift mit schwerwiegendem Unrechtsgehalt. Liegt ein derartiger Unrechtsgehalt nicht vor, darf eine größere Anzahl von Verwaltungsübertretungen nicht als „schwerwiegender“ Verstoß qualifiziert werden (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung 20113, § 87 Rz 14). Ein schwerwiegender Verstoß gegen die im Zusammenhang mit der gegenständlichen Gewerbeausübung relevanten Rechtsvorschriften ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zwar nicht schon im Fall einer geringfügigen Verwaltungsübertretung anzunehmen, wohl aber dann, wenn durch eine Vielzahl geringerer Übertretungen ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten des Gewerbeinhabers zu befürchten ist (vgl. VwGH 19.3.1996, 94/04/0193; 10.12.1996, 96/04/0241; 3.9.1996, 96/04/0094 etc.).

Abgesehen davon, dass bei drei Verwaltungsübertretungen noch nicht von einer Vielzahl geringfügiger Übertretungen gesprochen werden kann, ist festzuhalten, dass die geringfügigen Verwaltungsübertretungen der Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 im Zeitraum vom 1. Dezember 2016 bis 15. April 2017 vorgefallen sind, wobei die nunmehrige Beschwerdeführerin das gegenständliche Gewerbe seit 6. März 2014 mit einer Unterbrechung vom 1. Juni 2016 bis 19. Dezember 2016 ausübt, ohne dass sie sich abgesehen von den genannten Strafverfügungen Übertretungen der Bestimmungen der Gewerbeordnung zuschulden kommen hat lassen. Die beiden Übertretungen der Bestimmungen des ASVG sind unmittelbar nach Anmeldung des gegenständlichen Gewerbes vorgefallen, nach der Aktenlage hat sie sich danach keiner weiteren Übertretungen des ASVG schuldig gemacht, sodass ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten der Gewerbeinhaberin nicht zu befürchten ist.

Eine wertende Gesamtschau der geringfügigen Übertretungen ergibt nach Ansicht des erkennenden Gerichts noch nicht einen ähnlichen Unrechtsgehalt wie bei Verletzung einer einzigen Verwaltungsvorschrift mit schwerwiegendem Unrechtsgehalt. Im Ergebnis liegt somit ein schwerwiegender Verstoß im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 vor, sodass die Verstöße insgesamt nicht jenen Schweregrad erreichen, der für die Erfüllung des Erziehungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 erforderlich ist (vgl. VwGH 17.6.2014, Ro 2014/04/0025). Eine Entziehung der Gewerbeberechtigung ist daher nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Grundrecht der Erwerbsfreiheit eine unverhältnismäßige Maßnahme. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich kommt daher zur Auffassung, dass die Zuverlässigkeit von A als noch gegeben anzusehen ist.

Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

Die öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG entfallen.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Gewerbeberechtigung; Entziehung; schwerwiegender Verstoß;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1094.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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