TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/9 I411 1267529-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.10.2018
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Entscheidungsdatum

09.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55
StGB §105 Abs1
StGB §127
StGB §15
StGB §229
StGB §83 Abs1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I411 1267529-4/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.09.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte erstmals am 16.07.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit religiösen Motiven begründete. So brachte er im Wesentlichen vor, dass er durch den Voodoo-Kult in seinem Herkunftsstaat Nigeria der Verfolgung ausgesetzt sei.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 15 StGB, § 27 Abs. 1 und 2 Z 2 (1. Fall) SMG, § 27 Abs 1 SMG, §§ 15, 269 Abs. 1 (1. Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten rechtskräftig verurteilt.

3. Mit Bescheid vom XXXX, wurde seitens der BPD Wien ein Aufenthaltsverbot, gültig für die Dauer von zehn Jahren, verhängt.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB, § 27 Abs. 1 (1. Fall und 2. Fall) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten rechtskräftig verurteilt.

5. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 16.07.2004 abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt und wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 30.11.2007 abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Der Beschwerdeführer wurde aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

6. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127, §§ 229 Abs. 1, 231 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten rechtskräftig verurteilt.

7. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 (1. Fall), § 27 Abs. 1 (1. Fall und 2. Fall) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten rechtskräftig verurteilt.

8. Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Beschwerdeführer am 25.07.2008 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er machte keinen neuen Fluchtgrund geltend. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 04.08.2008 vor dem Bundesasylamt brachte der Beschwerdeführer weiters vor, dass er HIV-positiv sei und es in Afrika keine dementsprechende Behandlung gebe.

9. Mit Bescheid vom 19.08.2008 wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers vom 25.07.2008 gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen; der Beschwerdeführer wurde erneut aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16.09.2008 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid vom 19.08.2008 ersatzlos behoben.

10. Mit Schreiben vom 10.03.2009 wurde der Beschwerdeführer zu einer Stellungnahme hinsichtlich seines Gesundheitszustandes aufgefordert, der er am 17.04.2009 nachkam. Er legte eine Bestätigung vom 09.04.2009 vor, woraus hervorgeht, dass er an der HIV-Ambulanz in Betreuung ist. Im Zuge der Ermittlungen konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer HIV-positiv, jedoch noch nicht an Aids erkrankt ist. In seiner niederschriftlichen Einvernahme am 13.05.2009 vor dem Bundesasylamt brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er dieselben Asylgründe wie im ersten Verfahren hat. Mit Schreiben vom 27.05.2009 legte der Beschwerdeführer einen Brief seiner damaligen Lebensgefährtin vor, in dem im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass er im Falle einer Rückkehr in seinen Heimatstaat keine Therapie für seine HIV-Erkrankung auf europäischem Niveau finden könne, da er sich eine solche nicht leisten könne und er aufgrund seiner Stigmatisierung auch keine Arbeit finden würde.

11. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.06.2009 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 25.07.2008 abgewiesen; außerdem wurde der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen und wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Die Erstinstanz stellte fest, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund nicht glaubhaft sei; außerdem könne keine Bedrohungssituation für ihn im Herkunftsstaat festgestellt werden.

12. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1, 107 Abs. 1, 91 Abs. 2 (2. Fall), 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten rechtskräftig verurteilt.

13. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 Z 1 (8. Fall) und Abs. 3, § 27 Abs. 1 Z 1 (1. Fall und 2. Fall) und Abs. 2 SMG, § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt.

14. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.06.2009 wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX, vollinhaltlich abgewiesen. Begründend wurde angeführt, dass der Beschwerdeführer die geschilderten Ereignisse tatsächlich nicht erlebt hat und seinem Vorbringen insgesamt die Glaubwürdigkeit zu versagen war. Der Asylgerichtshof hat seiner Entscheidung aktuelle Berichte zur Situation in Nigeria und zur medizinischen Behandlung seiner Krankheit zugrunde gelegt und diese ausführlich gewürdigt. So gehe aus den dem Erkenntnis zugrunde liegenden Länderfeststellungen hervor, dass in Nigeria grundsätzlich eine funktionierende Grundversorgung existiere und HIV/AIDS in den öffentlichen Krankenhäusern in Nigeria grundsätzlich kostenlos behandelt werde (Erkenntnis Asylgerichtshof vom XXXX, S. 23 ff).

15. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 105 Abs. 1 StGB, § 28a Abs. 1 (5. Fall) SMG, §§ 15, 236 Abs. 1 StGB, § 83 Abs. 1 StGB, § 27 Abs. 1 Z 1 (1. Fall und 2. Fall) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten rechtskräftig verurteilt.

16. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 11.03.2015 wurde der Beschwerdeführer über die beabsichtigte Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen nicht rechtmäßig aufhältige Drittstaatsangehörige informiert und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme geboten; konkret beabsichtigte das BFA gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot sowie die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung zu erlassen.

17. Der Beschwerdeführer erstattete zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 11.03.2015 eine schriftliche Stellungnahme, bei der belangten Behörde am 26.03.2015 eingelangt, in der er im Wesentlichen vorbrachte, dass er 2004 nach Österreich gekommen sei und wegen familiärer Probleme und Instabilität in Nigeria einen Asylantrag eingebracht habe. Weiters habe er 2007 einen Deutschkurs absolviert und im Winter als Straßenarbeiter für die Wiener Linien gearbeitet. Danach habe er seine Lebensgefährtin, XXXX, kennengelernt, mit welcher er zusammengelebt und eine gemeinsame Tochter, XXXX, habe. Nach der Entlassung aus seiner zum Zeitpunkt der schriftlichen Stellungnahme noch verbüßenden Haftstrafe werde er wieder bei XXXX leben. Zudem brachte der Beschwerdeführer vor, dass sein Vater von Voodoo-Priestern umgebracht worden sei und er der Nächste sei; außerdem sei er zwar vorbestraft, habe aber niemals Verwaltungsübertretungen begangen. Er ersuchte, in Österreich bleiben zu können, da er keinerlei Verbindung mehr zu seiner Heimat habe und seine Familie in Österreich lebe; weiters werde er sich nach seiner Entlassung aus der Haftstrafe um Arbeitserlaubnis bemühen und sich bei der Caritas beraten lassen, um nicht wieder auf die falsche Bahn zu geraten.

18. Der Beschwerdeführer stellte am 29.04.2015 einen Antrag auf "Ausstellung einer Karte für Geduldete". Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer als Flüchtling nach Österreich eingereist sei; er habe sich in Österreich mit HIV infiziert und leide aktuell zusätzlich an Hepatitis B, weshalb eine regelmäßige Therapie notwendig sei. Weiters habe er gemeinsam mit XXXX eine zum Aufenthalt in Österreich berechtigte Tochter, XXXX. Der Beschwerdeführer habe das Sprachzertifikat A2 für Deutsch, Behörden gegenüber sei er stets kooperativ gewesen und habe er stets gleichlautende Angaben zu seiner Identität gemacht.

19. Mit dem Bescheid vom XXXX, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, außerdem wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.) und gegen ihn ein auf die Dauer von 10 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Ferner erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.).

20. Gegen diesen Bescheid vom 03.12.2015 richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 22.12.2015 (bei der belangten Behörde eingelangt am 23.12.2015), welcher mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.12.2015, GZ I407 1267529-4/2Z, die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.

21. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 24.03.2016 wurde die Rechtsache der Gerichtsabteilung I407 abgenommen und der Gerichtsabteilung I411 neu zugewiesen.

22. Am 12.09.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Es waren der Beschwerdeführer und dessen Lebensgefährtin, XXXX anwesend. Weiters war die aus einer vorherigen Beziehung stammende Manuela AGHAHOWA anwesend. Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers ist nicht erschienen; ein Vertreter der belangten Behörde ist entschuldigt nicht erschienen. Die als Zeugin geladene Helen OSA ist unentschuldigt nicht erschienen.

23. Bei der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht der Vater von XXXX sei und ihm dies von XXXX bereits 2015 mitgeteilt wurde. Er würde seit 2016 eine Beziehung mit XXXX und seit 20.08.2018 im gemeinsamen Haushalt leben. Der Beschwerdeführer legte die Geburtsurkunden vor.

24. Im Rahmen der Befragung der Lebensgefährtin Edith AGHAHOWA durch den erkennenden Richter wurde diese erstmalig mit der HIV-Infektion des Beschwerdeführers konfrontiert. Auf Vorhalt des erkennenden Richters räumte der Beschwerdeführer ein, dass er seiner Lebensgefährtin die HIV-Infektion verschwiegen habe. Sein Arzt hätte ihm allerdings gesagt, dass alles gut wäre.

25. Mit E-Mail der belangten Behörde vom 01.10.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Strafkarte des Beschwerdeführers übermittelt. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 149 und 231 Abs 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und somit Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er bekennt sich zum christlichen Glauben und gehört der Volksgruppe der Ischan an. Der Beschwerdeführer reiste illegal ohne Reisedokumente aus Nigeria über eine nicht mehr feststellbare Route zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach Österreich. Er hält sich seit mindestens 16.07.2004 durchgehend in Österreich auf und ist nach dem rechtskräftigen Abschluss der Asylverfahren seiner Ausreiseverpflichtungen nicht nachgekommen. Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund eines nachgereichten Staatsbürgerschafsnachweises fest.

Der Beschwerdeführer hat zu keinem Zeitpunkt über einen regulären österreichischen Aufenthaltstitel verfügt und war nur während der Dauer seines Asylverfahrens zum Aufenthalt in Österreich berechtigt.

Dem Beschwerdeführer wurde zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthalts im Bundesgebiet eine Karte für Geduldete ausgestellt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich acht Mal vorbestraft. So wurde er mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wegen § 15 StGB, § 27 Abs. 1 und 2 Z 2 (1. Fall) SMG, § 27 Abs 1 SMG, §§ 15, 269 Abs. 1 (1. Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB, § 27 Abs. 1 (1. Fall und 2. Fall) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX wegen §§ 15, 127, §§ 229 Abs. 1, 231 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten, mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wegen § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 (1. Fall), § 27 Abs. 1 ( 1.Fall und 2. Fall) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1, 107 Abs. 1, 91 Abs. 2 (2. Fall), 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wegen § 27 Abs. 1 Z 1 (8. Fall) und Abs. 3, § 27 Abs. 1 Z 1 (1. Fall und 2. Fall) und Abs. 2 SMG, § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten und mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wegen § 105 Abs. 1 StGB, § 28a Abs. 1 (5. Fall) SMG, §§ 15, 236 Abs. 1 StGB, § 83 Abs. 1 StGB, § 27 Abs. 1 Z 1 (1. Fall und 2. Fall) SMG rechtskräftig verurteilt. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX) wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 149 und 231 Abs 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt.

Zur gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Verfahren keine ärztliche Befunde vorgelegt wurden. Der Beschwerdeführer ist HIV-positiv, jedoch nicht an AIDS erkrankt. Er ist arbeitsfähig. Er geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und verfügt über keine eigenen, den Lebensunterhalt deckenden Mittel. Der Beschwerdeführer erhält staatliche Unterstützung in Form der Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist ledig. Er führt eine Lebensgemeinschaft mit der nigerianischen Staatsangehörigen XXXX hat Im Jahr 2013 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und ist das Verfahren noch beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig.

Der Beschwerdeführer ist Vater der zwei minderjährigen Kinder,XXXX, StA Nigeria.

Mit seiner Lebensgefährtin und den Kindern lebt er erst seit 20.08.2018 in einem gemeinsamen Haushalt. Die Intensität des Familienlebens ist nicht ausgeprägt.

Der Beschwerdeführer der nicht der Vater von XXXX

Ansonsten verfügt der Beschwerdeführer in Österreich über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Seine Familie, bestehend aus drei Schwestern, nämlich BXXXX, und seiner Mutter, lebt in Nigeria.

Der Beschwerdeführer ist in keinem österreichischen Verein oder einer Organisation als Mitglied tätig. Er weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf, die seine Aufenthaltsdauer entsprechen würden. Er hat am 05.04.2013 am Testzentrum "Club für Interkulturelle Begegnung" des Österreichischen Integrationsfonds, Landstraße Hauptstraße 26, 1030 Wien, die Deutschprüfung auf Niveaustufe A2 absolviert. Trotzdem war er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.09.2018 durchgehend auf die zur Verfügung gestellte Dolmetscherin angewiesen. Eine Verständigung auf Deutsch war weitestgehend nicht möglich.

Der Beschwerdeführer besuchte in seinem Herkunftsstaat nur kurz die Schule, danach arbeitete er als Automechaniker. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Nigeria hat er eine Chance auch hinkünftig am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

1.2. Zur Lage in Nigeria:

Die aktuelle Situation im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Nigeria hat die zweitgrößte HIV-Epidemie der Welt (NACA 2015; vgl. UNAIDS 10.2.2016). Für das Jahr 2015 schätzt UNAIDS, dass etwa 3,5 Millionen (2,6-4,5 Millionen) Menschen mit HIV in Nigeria leben. Davon sind etwa 1,9 Millionen (1,4-2,4 Millionen) Frauen im Alter ab 15 Jahren an HIV erkrankt. Die Anzahl der Kinder im Alter bis 14 Jahren wird auf 260.000 (190.000 bis 360.000) geschätzt (UNAIDS 2015).

Es wird geschätzt, dass im Jahr 2014 etwa 1.665.403 HIV-erkrankte Menschen antiretrovirale Medikamente (ARV) benötigten. Die Anzahl der an HIV erkrankten schwangeren Frauen, die ARV-Prophylaxen bekamen, um die Mutter-Kind-Übertragung von HIV zu verhindern, stieg von 57.871 im Jahr 2013 auf 63.350 im Jahr 2014 (NACA 2015). Laut UNAIDS wurden bis März 2017 1.336.383 Menschen mit HIV und Aids für Behandlungen eingeschrieben. Der UNAIDS Landesdirektor berichtet, dass Nigeria diesen Fortschritt erreichen konnten, da sie eine "Testen und Behandeln Strategie" eingeführt haben. Menschen, die einen positiven Test haben, werden sofort behandelt unabhängig ihrer CD4Werte (DP 1.6.2017). Medikamente gegen HIV/Aids können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben (ÖBA 9.2016).

Laut jüngsten Schätzungen sinkt die Zahl der Neuinfektionen stetig. Im Jahr 2012 waren es 253.506 Neuinfektionen während die Anzahl im Jahr 2014 auf 227.518 sank. Im Jahr 2014 gab es 174.253 AIDS-bedingte Todesfälle (NACA 2015).

Die internationale Organisation AVERT führt vielfältige Kampagnen zur Steigerung der öffentlichen Aufmerksamkeit, Aufklärung und Prävention durch. Zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung von HIV-AIDS wurde 2002 von Seiten der Regierung die National Agency for the Control of HIV/AIDS (NACA) gegründet (GIZ 7.2017b). NACA ist für die Umsetzung des nationalen HIV/AIDS Programms zuständig. Sie koordiniert und kontrolliert die Aktivitäten auf der Ebene der Bundesstaaten und LGAs. Das Programm zielt einerseits auf Aufklärung und Prävention und anderseits auf die Behandlung von HIV/AIDS (SF 26.3.2014; vgl. NACA 2015). Laut NACA gibt es in Nigeria im Jahr 2014 1.047 Zentren (im Jahr 2013 waren es 820), in denen antiretrovirale Behandlung angeboten wird (NACA 2015). Im Jahr 2014 gab es 8.114 HIV-Test- und Beratungszentren in Nigeria (NACA 7.2015). Im Bundesstaat Lagos gab es im Jahr 2013 laut MedCOI 57 kostenlose HIV-Test- und Beratungszentren (UKHO 5.2015).

Für 2016 bis 2020 gibt es von NACA eine eigene Strategie für Jugendliche und junge Erwachsene, nämlich die National HIV Strategy for Adolescents and Young People 2016-2020. Das Ziel dieser Strategie ist es, die Anzahl neuer HIV-Infektionen unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Nigeria zu verringern (UNESCO o. D.; vgl. NACA 2016).

Personen mit HIV/AIDS verlieren oft ihre Jobs oder es wird ihnen Gesundheitsversorgung verweigert (USDOS 3.3.2017). Der damalige Präsident, Goodluck Jonathan, unterzeichnete 2014 ein neues Gesetz, das Menschen mit HIV und AIDS vor Diskriminierungen schützen soll. Laut dem HIV/AIDS Anti-Discrimination Act 2014 ist es illegal, Menschen aufgrund ihrer Infektion zu diskriminieren. Arbeitgebern, Einzelpersonen oder Organisationen ist es untersagt, einen HIV-Test als Voraussetzung für eine Anstellung oder Zugriff auf Dienste zu fordern (UNAIDS 11.2.2015).

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes; weiters durch Einsichtnahme in den bekämpften Bescheid, den Beschwerdeschriftsatz, das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 2XXXX, das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria, das Betreuungsinformationssystem, das Zentrale Melderegister und in das Strafregister der Republik Österreich. Zudem fand am 12.09.2018 eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer als Partei vom erkennenden Richter einvernommen wurde.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Arbeitsfähigkeit, Herkunft, Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde sowie im Zuge der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.09.2018.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründen sich zum einen auf die im Gerichtsakt bereits zum Zeitpunkt des bekämpften Bescheides vorliegenden medizinischen Unterlagen (Medizinischer Kurzbericht vom 02.05.2013 von Dr. XXXX, Untersuchungsbericht Endbefund vom 12.04.2013 des Medizinisch - Diagnostischen Labors XXXX), die bescheinigen, dass der Beschwerdeführer an einer behandlungsdürftigen HIV-Infektion leidet und er Hepatitis B-Virusträger ist. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung ist nichts hervorgekommen, was gegen die Behandelbarkeit der HIV-Infektion des Beschwerdeführers sprechen würde; er ist weiterhin in ärztlicher Behandlung, es ist jedoch laut eigenen Angaben des Beschwerdeführers keine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eingetreten. Hierfür spricht auch, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers im Rahmen ihrer mündlichen Einvernahme als Zeugin angab, von der HIV-Erkrankung des Beschwerdeführers nichts zu wissen, was dieser damit rechtfertigte, dass sein Arzt ihm gesagt habe, es werde "alles in Ordnung sein" und "alles ist gut" (Niederschrift der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 12.09.2018, Protokollseite 15). Im Einklang mit den Länderberichten ist davon auszugehen, dass eine Behandlung seiner Krankheit auch in Nigeria möglich ist.

Da der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 12.09.2018 dem Bundesverwaltungsgericht einen von der nigerianischen Botschaft in Wien am 09.10.2017 ausgestellten Staatsbürgerschaftsnachweis vorlegen konnte, steht seine Identität fest.

Die Feststellungen zur familiären Situation des Beschwerdeführers resultieren aus der Abfrage des zentralen Melderegisters vom 10.09.2018, aus dem hervorgeht, dass er seit 20.08.2018 mit seiner Lebensgefährtin und den zwei gemeinsamen Kindern unter der Adresse XXXX, gemeinsam gemeldet ist sowie aus den glaubhaften Aussagen der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, die im Rahmen der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.09.2018 einvernommen wurde. Die Feststellung über das anhängiges Asylverfahren von XXXX resultiert auf dem Speicherauszug des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Vater von IXXXX, StA Nigeria, ist resultiert auf den vorgelegten Geburtsurkunden des Standesamtes XXXX.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht der leibliche Vater von der zum dauerhaften Aufenthalt in Österreich berechtigten XXXX, ist, resultiert aus dessen Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Dass der Beschwerdeführer darüber hinaus in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse ist auszuführen, dass er ein Sprachzertifikat vom 05.04.2018 vorlegen konnte, das belegt, dass der Beschwerdeführer die Deutschprüfung auf Niveaustufe A2 absolvierte; im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte sich der erkennende Richter allerdings ein Bild von den geringen Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers verschaffen.

Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 10.09.2018. Die Feststellung über die letzte Verurteilung ergibt sich aus der am 01.10.2018 von der belangten Behörde übermittelten Strafkarte.

Die Feststellungen zu seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 10.09.2018 abgefragten, Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-

AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

-

FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

-

IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

-

ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

-

OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

-

SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

-

UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Ni-geria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017

-

USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (19.7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/344128/487671_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Trotz der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. erster Satz des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen und die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. zweiter Satz des angefochtenen Bescheides):

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 Abs. 1 FPG lautet:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde."

Es bestehen keine Bedenken gegen die behördliche Annahme, der Beschwerdeführer habe sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und es sei daher der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erfüllt. Der Beschwerdeführer konnte keinerlei Visum vorlegen und verfügt über keine Aufenthaltsberechtigung für den Raum der Europäischen Union. Auch in der Beschwerde wurde der Umstand des unrechtmäßigen Aufenthaltes nicht bestritten.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist. Eine Rückkehrentscheidung ist unzulässig, wenn der Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Fremden unverhältnismäßig wäre.

Gemäß Artikel 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß § 8 Abs. 2 leg.cit. ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechtes auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR, des VfGH und des VwGH jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Gefordert ist eine Prüfung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs, letztere beinhaltet eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in einer Vielzahl von Erkenntnissen mit der (nunmehr) nach § 11 Abs. 3 NAG bzw. § 9 Abs. 2 BFA-VG durchzuführenden Interessenabwägung bei einem langjährigen (mehr als zehnjährigen) Inlandsaufenthalt des Fremden befasst. Diese Rechtsprechung fasste der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0005 wie folgt zusammen:

"Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist. Nur wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bzw. die Nichterteilung eines humanitären Aufenthaltstitels ausnahmsweise nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (siehe zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - als Anhaltspunkte dafür anerkannt, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren:

Dazu zählen die Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025, vom 18. Oktober 2012, 2010/22/0136, sowie vom 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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