TE Bvwg Beschluss 2018/11/8 W122 2160073-1

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Veröffentlicht am 08.11.2018
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Entscheidungsdatum

08.11.2018

Norm

BDG 1979 §14 Abs1
BDG 1979 §14 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W122 2160073-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Vorsitzender sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Dr. Susanne VON AMELUNXEN und den fachkundigen Laienrichter Mag. Wolfgang KÖLPL als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch Dr. BORNS Rechtsanwalts GmbH & Co KG, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 18.04.2017, Zl. BMF-00647387/024-PA-OS/2017, betreffend Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen in nichtöffentlicher Sitzung am 08.11.2018 beschlossen:

A) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz

VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Verfahren vor der belangten Behörde

Mit Schreiben vom 10.05.2016 übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin, das Gutachten von XXXX vom 29.04.2016 und teilte ihr mit, dass die Einleitung des Ruhestandversetzungsverfahrens nach § 14 BDG 1979 von Amts wegen beabsichtigt werde. In der dazu ergangenen Stellungnahme vom 27.05.2016 gab die Beschwerdeführerin bekannt, dass sie sich auf einem adäquaten Arbeitsplatz für dienstfähig erachte.

Mit Schreiben vom 09.06.2016 wurde das Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet und dem Gutachter XXXX Arbeitsplatzbeschreibungen von Verweisarbeitsplätzen übermittelt, wobei er um Prüfung ersucht wurde, ob die Beschwerdeführerin auf einem dieser Arbeitsplätze dienstverwendet werden könnte. In der ergänzenden Stellungnahme vom 03.08.2016 führte er daraufhin aus, dass bei der Beschwerdeführerin keine Restarbeitsfähigkeit betreffend die angeführten Verweisarbeitsplätze gegeben wäre.

In dem in Folge eingeholten neurologisch psychiatrischen Gutachten von XXXX vom 30.11.2016, gab dieser an, dass eine Besserung zu erwarten sei und eine Nachuntersuchung in zwei Jahren empfohlen werde. Daraufhin führte der Oberbegutachter der BVA XXXX in der Stellungnahme mit zusammenfassender Leistungsfeststellung vom 16.12.2016 im Wesentlichen aus, dass eine kalkülsrelevante Besserung des Zustandsbildes innerhalb der nächsten zwei Jahre überwiegend wahrscheinlich nicht anzunehmen sei. In der dazu ergangenen Stellungnahme vom 09.02.2017 widersprach die Beschwerdeführerin der Versetzung in den Ruhestand und wendete abermals ein, dass sie eine Restarbeitsfähigkeit als gegeben sehe.

2. Der bekämpfte Bescheid

Mit Bescheid vom 18.04.2017 wurde die Beschwerdeführerin von Amts wegen gemäß § 14 Abs. 1, 2 und 4 BDG 1979 mit Ablauf des Monats in den Ruhestand versetzt, in dem dieser Bescheid rechtskräftig werde.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

Im Hinblick auf die Ausführungen im psychiatrisch-neurologischen Gutachten von XXXX vom 29.04.2016, in der ergänzenden Stellungnahme zum psychiatrisch-neurologischen Gutachten von XXXX vom 03.08.2016, im Befund und Gutachten des Pensionsservice der BVA vom 16.12.2016 bzw. auf die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Krankheitsgeschehen sei die Dienstbehörde zu dem Schluss gelangt, dass die Beschwerdeführerin infolge ihrer gesundheitlichen Verfassung nicht mehr in der Lage sei, ihre dienstlichen Aufgaben als Reiserechnungsexpertin Prüferin im XXXX in der Personalabteilung der Steuer- und Zoll Koordination Region XXXX beim BMF ordnungsgemäß zu versehen. Es handle sich um einen Dauerzustand, da im Hinblick auf die festgestellten Leiden mit einer Wiedererlangung der Dienstfähigkeit nicht mehr zu rechnen sei.

Bei der Sekundärprüfung hielt die belangte Behörde zur Frage der Restarbeitsfähigkeit Folgendes fest:

Die Stellungnahmen der Beschwerdeführerin würden sich im Wesentlichen auf die Behauptung beschränken, dass diese bei sich eine Restarbeitsfähigkeit auf einem adäquaten Arbeitsplatz sehe. Dem stehe jedoch die ergänzende Stellungnahme zum psychiatrisch-neurologischen Gutachten von XXXX vom 03.08.2016 gegenüber, in dem schlüssig und nachvollziehbar dargelegt werde, dass bei den damals angeführten Arbeitsplätzen (nur solche Arbeitsplätze würden auch jetzt laufend ausgeschrieben), keine Restarbeitsfähigkeit gegeben sei. Da bei der Beschwerdeführerin eine Restarbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben sei, erübrige sich auch die Suche nach einem tauglichen Verweisarbeitsplatz.

Da die Beschwerdeführerin nicht mehr in der Lage sei, die Aufgaben ihres bisherigen Arbeitsplatzes zu erfüllen, und ihr auch kein anderer, mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz iSd § 14 Abs. 2 BDG 1979 zugewiesen werden könne, dessen Aufgaben sie noch erfüllen könnte, werde sie für dauernd dienstunfähig befunden und sei daher gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 in den Ruhestand zu versetzen.

Der Bescheid wurde am 21.04.2017 zugestellt.

3. Beschwerde

Gegen den oben angeführten Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung am 15.05.2017 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Diese wurde am 15.05.2017 zur Post gebracht.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung - insbesondere unter Berücksichtigung des Gutachtens von XXXX vom 30.11.2016 - zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass nur eine zeitlich begrenzte Dienstunfähigkeit vorliegen würde. Daher werde beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu diesen zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Beweisergänzung sowie Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

4. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

Der gegenständliche Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 01.06.2017 zur Entscheidung vorgelegt. Der gegenständliche Beschluss wurde am 08.11.2018 in nichtöffentlicher Sitzung gefasst.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war bis zu der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Versetzung in den Ruhestand als Reiserechnungsexpertin, Prüferin in der Personalabteilung der Steuer- und Zollkoordination Region XXXX beim Bundesministerium für Finanzen (Arbeitsplatzwertigkeit A2/2) in Verwendung. Seit Einbringung der Beschwerde gegen die Ruhestandsversetzung gilt die Beschwerdeführerin als beurlaubt.

Die Beschwerdeführerin ist seit XXXX durchgehend krankheitshalber vom Dienst abwesend.

Die belangte Behörde hat es unterlassen, das neurologisch-psychiatrische Gutachten von XXXX vom 30.11.2016 in ihre Beurteilung miteinfließen zu lassen bzw. keinerlei Stellungnahme zu der darin enthaltenen Prognose, wonach eine Besserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin innerhalb von zwei Jahren zu erwarten sei, abgegeben.

Zudem wurden in dem angefochtenen Bescheid zur Verneinung der Restarbeitsfähigkeit, keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Folglich hat es die belangte Behörde auch unterlassen, hinreichende Feststellungen hinsichtlich des Vorliegens von Verweisungsarbeitsplätzen zu treffen.

Die Behörde hat bei ihrer Prüfung der Restarbeitsfähigkeit nicht alle in Frage kommenden Arbeitsplätze geprüft, sondern sich lediglich auf die in dem Auftrag zur Gutachtensergänzung vom 03.08.2016 angeführten Arbeitsplätze beschränkt.

Die belangte Behörde hat daher in für die Entscheidung maßgeblichen Punkten keine ausreichenden Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes angestellt. Deshalb stand ein überprüfbarer Sachverhalt zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde nicht hinreichend fest.

2. Beweiswürdigung

Da es die Behörde gänzlich unterlassen hat, das Gutachten von XXXXvom 30.11.2016 in ihre Beurteilung miteinfließen zu lassen, konnten keine nachvollziehbaren Feststellungen über die Dauerhaftigkeit des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin getroffen werden. Dieses Gutachten entstammt der gem. § 14 BDG 1979 zu befassenden Stelle (Pensionsservice der Versicherungsanstallt öffentlich Bediensteter).

Es kann daher weder ausgeschlossen noch abschließend festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin einen geeigneten Verweisarbeitsplatz innerhalb der Verwendungsgruppe A2 ausüben kann.

Die belangte Behörde ist näher am Beweis zur Prüfung der in der Verwendungsgruppe vorhandenen Arbeitsplätze samt Anforderungen (im Zuständigkeitsbereich der obersten Dienstbehörde) und kann die von ihr unterlassenen Ermittlungslücken zur Restarbeitsfähigkeit, zum Vorhandensein von Alternativverwendungen innerhalb der gesamten Verwendungsgruppe, deren Anforderungsprofilen, der Fähigkeit der Bediensteten diese auszuüben und deren Verfügbarkeit wesentlich effizienter selbst nachholen.

Die übrigen Sachverhaltsfeststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. In § 135a Abs. 2 BDG 1979 ist vorgesehen, dass bei Ruhestandsversetzungen von Amts wegen (§ 14 BDG 1979) die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann das Verwaltungsgericht, soweit das Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Letzteres ist hier der Fall. Ebenso liegen im gegenständlichen Fall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Entfall einer mündlichen Verhandlung allenfalls Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder Art. 47 der Charta der Grundrechte der europäischen Union entgegenstehen könnten.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

§ 14 Abs. 1 und 2 BDG 1979 in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2015 lautet:

"§ 14. (1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann."

Voraussetzung für eine Ruhestandsversetzung ist gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, demnach alles zu verstehen, was seine Eignung, diese Aufgaben zu versehen, dauernd aufhebt. Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe der ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, in dem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums "dauernd" zu ermöglichen, auch eine Prognose zu stellen (VwGH 29.3.2012, Zl. 2008/12/0148).

Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zu Grunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (VwGH 16.03.1998, Zl. 93/12/0077).

Die Behörde hat ihrer rechtlichen Beurteilung demnach einen ausreichend ermittelten Sachverhalt zu Grunde zu legen, bei dessen Feststellung sie sich - soweit es sich um medizinische Fachfragen handelt - der fachtechnisch geschulten (medizinisch-wissenschaftlichen) Hilfestellung durch die im Gesetz genannten Sachverständigen zu bedienen hat (VwGH 19.09.2003, Zl. 2003/12/0068).

Ist die Dienstfähigkeit, bezogen auf den bisher innegehabten Arbeitsplatz nicht mehr gegeben, so ist weiters im Rahmen einer Sekundärprüfung ausgehend von der verbliebenen Restarbeitsfähigkeit zu prüfen, ob dem Beamten kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben der Beamte noch erfüllen kann und dessen Ausübung ihm im Hinblick auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zumutbar ist (VwGH 30.09.1996, ZI. 95/12/0154).

Im Rahmen der Sekundärprüfung spielt unter anderem die gesundheitliche Verfassung des Beamten und die Gleichwertigkeit des Verweisungsarbeitsplatzes eine Rolle. Dabei sind grundsätzlich alle Tätigkeiten der betreffenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde anzuführen und anzugeben, ob der Beamte auf Grund der festgestellten Restarbeitsfähigkeit imstande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankommt, ob diese Arbeitsplätze frei sind (Prüfung der Verweisungstauglichkeit VwGH 13.03.2002, ZI. 2001/12/0138).

Von dieser Verpflichtung könnte die Dienstbehörde nur dann entbunden sein, wenn entweder überhaupt keine Restarbeitsfähigkeit des Beamten besteht oder dargelegt wird, dass überhaupt keine Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe frei sind, bzw., dass sämtliche freien Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe der bisherigen Verwendung nicht gleichwertig oder aber nicht im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 zumutbar sind (VwGH 30.05.2011, Zl. 2010/12/0136, mwN).

Wenn sich herausstellt, dass der Beamte aufgrund seiner Restarbeitsfähigkeit überhaupt keine der Verwendungen der betreffenden Verwendungsgruppe wahrnehmen kann, so darf die Behörde vom Nichtvorliegen von Verweisungsarbeitsplätzen und der Unmöglichkeit eines Vorgehens nach § 14 Abs. 3 BDG 1979 ausgehen. Ergibt die Prüfung hingegen, dass Verweisungsarbeitsplätze existieren, so ist weiter zu prüfen, ob diese in Frage kommenden Verweisungsarbeitsplätze zumindest gleichwertig sind und dem Beamten mit Rücksicht auf die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden können. Die solcherart ermittelten Verweisungsarbeitsplätze sind schließlich auf ihre Verfügbarkeit zu prüfen. Erst wenn auch diese Prüfung ergibt, dass auf Dauer kein freier Verweisungsarbeitsplatz für den Beamten zur Verfügung steht, kann davon ausgegangen werden, dass die Zuweisung eines solchen nicht erfolgen und der Beamte nach § 14 Abs. 3 BDG 1979 nicht als dienstfähig angesehen werden kann. Das Ergebnis dieser Prüfung ist dem Beamten mit einer nachvollziehbaren Begründung mitzuteilen (vgl. VwGH 02.07.2007, Zl. 2006/12/0131, mwN). (VwGH 2006/12/0223, 17.12.2007)

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ergibt sich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes fallbezogen folgende Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens:

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kommt bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken in Betracht, insbesondere dann, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Im gegenständlichen Fall erfolgte im bekämpften Bescheid keine ausreichende Auseinandersetzung mit der in dem Gutachten von XXXX vom 30.11.2016 getroffenen Prognose, wonach eine Besserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin innerhalb von zwei Jahren zu erwarten wäre.

Zudem wurde auch nicht die Restarbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin hinsichtlich deren Übereinstimmung mit den Anforderungsprofilen aller Arbeitsplätze in der Verwendungsgruppe A2 im gesamten Ressort geprüft. Erst dann hätte sich die Frage der Vakanz dieser Arbeitsplätze zu stellen gehabt.

Im vorliegenden Fall musste unter der Würdigung des Gutachtens von XXXX vom 30.11.2016 von einer Restarbeitsfähigkeit ausgegangen werden.

Die belangte Behörde stellte nicht fest, dass überhaupt keine Arbeitsplätze der Verwendungsgruppe der Beschwerdeführerin frei sind bzw., dass sämtliche freie Arbeitsplätze ihrer Verwendungsgruppe der bisherigen Verwendung nicht gleichwertig oder aber nicht im Sinne des § 14 Abs. 3 BDG 1979 zumutbar sind. Die belangte Behörde wird somit eine genaue Sekundärprüfung durchzuführen haben.

Es konnte durch das Bundesverwaltungsgericht nicht effizient festgestellt werden, ob zumindest gleichwertige Verweisungsarbeitsplätze im Ressort existieren und ob diese der Beamtin mit Rücksicht auf ihre persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden können.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde in Bezug auf die maßgebende Frage der Dauerhaftigkeit der Dienstunfähigkeit und des Vorliegens der Restarbeitsfähigkeit nicht mit der ihr gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt vorgegangen ist und die Sachlage nicht ausreichend erhoben bzw. sich nur mangelhaft mit den Angaben der Beschwerdeführerin und den Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat. Dadurch konnte die Eignung der Beschwerdeführerin für in der Verwendungsgruppe eingerichtete Arbeitsplätze nicht getroffen werden. Diese Vorgehensweise wird als unzureichend erachtet. Im vorliegenden Fall liegt demgemäß ein ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vor.

Der belangten Behörde sind besonders gravierende Ermittlungslücken unterlaufen, weil sie es unterlassen hat hinreichende Feststellungen hinsichtlich des Vorliegens der Restarbeitsfähigkeit, des daraus folgenden Leistungskalküls, der Auflistung der Verweisungsarbeitsplätze, deren Anforderungen und der aktuellen bzw. in absehbarer Zeit zu erwartenden Vakanz zu treffen.

Da somit die erforderlichen entscheidungswesentlichen Feststellungen nicht getroffen wurden, ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Es ist zu verneinen, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, zumal dem Bundesverwaltungsgericht im Gegensatz zur belangten Behörde die notwendigen Unterlagen und Informationen über zu treffende Feststellungen - wie das Vorhandensein von Verweisungsarbeitsplätzen innerhalb derselben Verwendungsgruppe und deren Anforderungen - nicht vorliegen. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines allfälligen neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob etwaige Verweisungsarbeitsplätze im Wirkungsbereich der obersten Dienstbehörde in der Verwendungsgruppe A2 eingerichtet sind und deren Anforderungsprofil mit der festzustellenden Restarbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin gegenüber zu stellen und deren Vakanz zu prüfen haben. Sie wird auch zu erwägen haben, ob diese mit Rücksicht auf die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden können und dazu Parteiengehör zu gewähren haben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Ver-waltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. In der rechtlichen Beurteilung wurde unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im behördlichen Verfahren notwendige Ermittlungen zu einer Feststellung der Dauerhaftigkeit der Dienstunfähigkeit, einer etwaigen Restarbeitsfähigkeit sowie zur Verfügbarkeit eines geeigneten Verweisungsarbeitsplatzes im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 unterlassen wurden. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

dauernde Dienstunfähigkeit, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Restarbeitsfähigkeit,
Ruhestandsversetzung, Sachverständigengutachten,
Verweisungsarbeitsplatz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W122.2160073.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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