TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 W186 2135633-2

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Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs6
VwGVG §35

Spruch

W186 2135633-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, vertreten durch die Österreichische Flüchtlings- und MigrantInnenhilfe, gegen die Anhaltung in Schubhaft von 29.09.2016 - 27.10.2016 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft von 29.09.2016 - 03.10.2016 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG abgewiesen und festgestellt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in diesem Zeitraum rechtmäßig war.

II. Gleichzeitig wird der Beschwerde stattgegeben und festgestellt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 04.10.2016 - 27.10.2016 rechtswidrig war.

III. Die Anträge der Parteien auf Kostenersatz werden gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte am 13.08.2007 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.06.2008 sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, als auch in Bezug auf jenen des subsidiären Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen wurde. Der Bescheid erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Am 03.04.2009 ersuchte die BPD Wien das Bundesministerium für Inneres um Ausstellung eines Heimreisezertifikates, welches trotz mehrmaliger Urgenzen nicht ausgestellt werden konnte.

Nachdem der Beschwerdeführer einer freiwilligen Ausreise nicht nachkam, wurden gegen ihn mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 26.11.2010 die Schubhaft verhängt. Da für den Beschwerdeführer neuerlich kein Heimreisezertifikat erlangt werden konnte, wurde dieser am 30.11.2010 aus der Schubhaft entlassen.

Am 20.07.2011 reiste der Beschwerdeführer aus Italien kommend auf illegalem Weg mit dem Zug nach Österreich ein und stellte am 25.07.2011 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.01.2012 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.02.2012 als unbegründet abgewiesen.

Am 05.06.2012 ersuchte die Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beim Bundesministerium für Inneres an. Dem Antrag wurde die Kopie eines indischen Führerscheines, ausgestellt auf XXXX, geb. XXXX, beigelegt.

Am 30.04.2015 wurde der Beschwerdeführer in einem internationalen Reisezug von Italien kommend erkennungsdienstlich behandelt und festgenommen. Bei ihm wurden ein abgelaufener indischer Reisepass, lautend auf XXXX, geb. XXXX, ausgestellt am 04.04.2004, gültig bis 04.04.2014, sowie ein gültiger Reisepass, lautend auf XXXX, geb. XXXX, ausgestellt in Rom am 27.03.2015, gültig bis 26.03.2025 sichergestellt. Dem Beschwerdeführer wurde am gleichen Tag eine Information über die Verpflichtung zur unverzüglichen Ausreise übergeben.

Nachdem der Beschwerdeführer am 12.03.2016 im Zuge einer Verkehrskontrolle kontrolliert wurde und sich neuerlich mit dem oben genannten Führerschein auswies, wurde am 07.04.2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer angesucht und die Kopien des abgelaufenen sowie des gültigen indischen Reisepasses mit übermittelt.

Zum Zwecke der Ausstellung eines Ersatzdokumentes sowie zur Befragung zur Klärung der Identität und Herkunft, wurde der Beschwerdeführer für den 03.05.2016 zur Konsularabteilung der Botschaft der Republik Indien geladen. Diese Ladung konnte dem Beschwerdeführer an seiner Meldeadresse nicht zugestellt werden. Ein Zustellversuch durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 02.05.2016 ergab laut Bericht der LPD, dass eine in dieser Wohnung aufhältige Person angegeben habe, dass der Beschwerdeführer bereits "vor einem Monat" ausgezogen und dessen Aufenthalt unbekannt sei.

Der Beschwerdeführer stellte am 10.06.2016 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK. Ein gültiges Reisedokument legte er dabei weder im Original noch in Kopie vor. Lediglich seine Geburtsurkunde, ebenfalls lautend auf den Namen XXXX, geb.XXXX, legte er erstmals in Kopie samt Übersetzung vor.

Der Beschwerdeführer wurde am 13.06.2016 vor dem Bundesamt einvernommen und gab im Wesentlichen an, dass er einen Reisepass, gültig bis 04.04.2014 besessen, diesen jedoch am 10.06.2016 verloren habe. Er habe bei der indischen Botschaft im Jahr 2015 zudem einen neuen Reisepass beantragt, welcher ihm - gültig bis 26.03.2025 - auch ausgestellt worden sei.

Zum Zwecke der Ausstellung eines Ersatzdokumentes sowie zur Befragung zur Klärung der Identität und Herkunft, wurde der Beschwerdeführer für den 05.07.2016 zur Konsularabteilung der Botschaft der Republik Indien geladen, wo der Beschwerdeführer diesmal auch erschien. Dem Bundesamt wurde seitens der Botschaft mitgeteilt, dass ein Heimreisezertifikat nach Vorlage einer Flugbuchungsbestätigung ausgestellt werde. Daraufhin wurde für den Beschwerdeführer ein Flugticket von Wien nach Delhi für den 31.08.2016 gebucht.

Am 25.08.2016 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag zur Sicherung der Abschiebung am 31.08.2016 erlassen.

Laut Bericht der LPD vom 30.08.2016 habe der Beschwerdeführer an seiner Meldeadresse nicht angetroffen werden können. Die Wohnungsmieter hätten angegeben, dass er bereits einige Monate nicht mehr dort wohne. Eine Nachschau in der Wohnung sei negativ verlaufen. Bemerkt werde, dass bereits im Mai 2016 durch den Meldungsleger versucht worden sei, ein Schriftstück an den Beschwerdeführer an dessen Meldeadresse zuzustellen, welche ebenfalls negativ verlaufen sei. Hiebei sei die amtliche Abmeldung veranlasst worden, da die Mitbewohner des Beschwerdeführers bereits damals angegeben hätten, dass dieser dort nicht wohnhaft sei.

Nachdem der Beschwerdeführer am 01.09.2016 im Zuge einer Verkehrskontrolle erkennungsdienstlich behandelt wurde, wurde er in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel eingeliefert.

Am 01.09.2016 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA niederschriftlichen einvernommen, wobei dem Beschwerdeführer entscheidungswesentlich im Wesentlichen Folgendes angab:

Befragt seit wann der Beschwerdeführer nicht mehr an seiner Meldeadresse wohne, führte dieser aus, dass sein Mietvertrag nicht verlängert worden und mit 01.09.2016 abgelaufen sei. Er habe in den letzten Tage Sachen aus der Wohnung entfernt und können dies Nachbarn bestätigen. Er könne sich nicht erklären, warum seine Mitbewohner behaupten sollten, dass er dort schon seit Monaten nicht mehr wohne. Er könne sich auch nicht erklären, warum dies im Mai geschehen sein soll. Soweit ihm bekannt, sei das amtliche Abmeldeverfahren von der MA 62 eingestellt worden. Er hätte "heute" die Möglichkeit gehabt, eine Wohnung an einer näher genannten Adresse zu besichtigen und die Möglichkeit bei einem näher genannten Freund zu übernachten und sich dort in weiterer Folge anzumelden.

Er sei derzeit im Besitz von ca. € 320,- die bei der Polizei seien. Seinen Lebensunterhalt finanziere er durch eine Tätigkeit als Zeitungszusteller, mit welcher er ca. € 300,- bis € 400,- monatlich verdiene. Zu Österreich bestehen keine familiären Bindungen. Seine Familie lebe in Indien. Er habe Österreich nicht verlassen als er einen Reisepass gehabt habe, da ihm gesagt worden sei, dass er einen Deutschkurs benötige, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Vor ca. einem Jahr habe er einen Deutschkurs besucht. Er werde bei einer Abschiebung keine Probleme machen, er würde auch freiwillig ausreisen, sofern ihm die Gelegenheit dazu gegeben werde.

2. Mit Bescheid vom 01.09.2016, Zl. IFA 422972809/161201955, ordnete das BFA über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Begründend wird darin nach Darstellung des Verfahrensganges ausgeführt, dass der Beschwerdeführer illegal ins Bundesgebiet eingereist sei und zwei unbegründete Asylanträge gestellt habe, welche rechtskräftig negativ entschieden worden seien. Sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels stelle kein Aufenthaltsrecht dar. Der Beschwerdeführer sei seiner Ausreiseverpflichtung dennoch über Jahre nicht nachgekommen. Er gehe illegaler Erwerbstätigkeit nach, welche jedoch nicht ausreichend sei, um seinen Lebensunterhalt zu decken, weswegen er als mittellos anzusehen sei. Es bestehen keine familiären Bindungen zum Bundesgebiet und leben seine Angehörigen in Indien. Eine nachhaltige soziale Integration sei nicht feststellbar. Die Abschiebung des Beschwerdeführers sei schon länger beabsichtigt, doch habe eine Erhebung der Exekutive ergeben, dass er schon seit längerer Zeit nicht mehr an seiner Meldeanschrift wohnhaft sei. Die diesbezügliche Rechtfertigung des Beschwerdeführers, er sei bis 31.08.2016 an seiner Wohnanschrift wohnhaft gewesen und könne nunmehr bei einem Freund wohnen und sich behördlich anmelden, könne kein Glauben geschenkt werden. Auch würde dies für die belangte Behörde nicht bedeuten, dass tatsächlich von einer Greifbarkeit ausgegangen werden könne, da auch bis jetzt keine Greifbarkeit bestanden habe. Im Fall des Beschwerdeführers bestehe somit ausfolgenden Gründen eine Fluchtgefahr: Er habe durch sein Verhalten seine Abschiebung vereitelt und sich zuletzt trotz Meldung im Verborgenen aufgehalten. Es bestehe die Gefahr, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung untertauchen werde. Der Beschwerdeführer habe sich aufgrund seines oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen. Es sei davon auszugehen, dass er auch hinkünftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Aus seiner Wohn- und Familiensituation, aus seiner fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass bezüglich seiner Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege. Die Schubhaft sei somit als verhältnismäßig und als ultima-ratio Maßnahme anzusehen. Es sei weiters aufgrund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie die Haftfähigkeit, gegeben seien, und habe er diesbezüglich auch nichts Gegenteiliges behauptet.

Gegen diesen Bescheid vom 01.09.2016 sowie gegen die andauernde Anhaltung in Schubhaft erhob der Beschwerdeführer am 02.09.2016 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.

Mit Erkenntnis vom 08.09.2016, GZ. W140 2133973-1/9E, dem Beschwerdeführer zugestellt am gleichen Tag, wies das Bundesverwaltungsgericht die Schubhaftbeschwerde gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG idgF als unbegründet ab und stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen. Begründend wird darin ausgeführt, dass die Sicherung der Abschiebung im Fall des Beschwerdeführers aufgrund seines Vorverhaltens erforderlich sei. Der Beschwerdeführer sei seiner Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Durchsetzbarkeit seiner Ausweisung im Jahr 2012 nach Indien nicht freiwillig nachgekommen. Er hätte bereits am 31.08.2016 nach Indien abgeschoben werden sollen. Laut Bericht der LPD vom 02.05.2016 sowie vom 30.08.2016 sei mehrmals an der Meldeadresse Nachschau gehalten worden. Vor Ort habe der Beschwerdeführer nicht angetroffen werden können. Die Wohnungsmieter hätten laut Bericht der LPD vom 30.08.2016 angegeben, dass der Beschwerdeführer bereits einige Monate nicht mehr dort wohne. Eine Nachschau in der Wohnung sei negativ verlaufen. Er habe keine andere Kontaktadresse oder Aufenthaltsadresse im Zuge des Verfahrens bekannt gegeben. Der Beschwerdeführer sei in weiterer Folge am 01.09.2016 im Zuge einer Verkehrskontrolle betreten und dem Bundesamt vorgeführt worden. Der Beschwerdeführer sei im Besitz eines am 04.04.2004 ausgestellten und bis 04.04.2014 gültigen Reisepasses sowie nach Ablauf der Gültigkeit in Besitz eines neuen Reisepasses, welcher bis 26.03.2025 gültig sei. Dennoch habe er seine Reisepässe der Behörde nie vorgelegt. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte und über keine gesicherte (stete) Unterkunft. Er verfüge über keine ausreichenden Existenzmittel und sei nicht erwerbstätig. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes habe die belangte Behörde von einem verstärkten Sicherungsbedarf ausgehen können. Die Anhaltung in Schubhaft ab 01.09.2016 erweise sich bei Abwägung aller betroffenen Interessen als verhältnismäßig. Auch erweise sich die Gefahr des Untertauchens weiterhin als erheblich, weswegen dem konkreten Sicherungsbedarf und der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft auch zum Zeitpunkt der Entscheidung nach wie vor Geltung zukomme.

Mit Anfrage vom 12.09.2016 teilte das BFA dem Koordinationsbüro der Regionaldirektion Wien mit, dass sich der Beschwerdeführer seit 05.09.2016 in Schubhaft befinde. Am 02.09.2016 sei ein Flug in Begleitung von drei Sicherheitsbeamten zu dessen Außerlandesbringung gebucht worden. Die Bekanntgabe eines Flugtermins werde bis spätestens 13.09.2016 erwartet. Die voraussichtliche Abschiebung werde etwa Anfang/Mitte Oktober anzunehmen sein. Es werde von der Abteilung B/II die Neuausstellung des Heimreisezertifikates beantragt, welche von der indischen Botschaft zugesagt worden sei. Laut Auskunft der Sanitätsstelle habe der Beschwerdeführer nach einem Anfangsgewicht von 64kg bis dato 4kg abgenommen, der Blutzuckerwert betrage aktuell 70mg/dl. Aufgrund des Hungerstreiks und der in Aussicht stehenden Abschiebung müsste eine Überstellung in die Justizanstalt Wien-Josefstadt zwecks Heilbehandlung erfolgen. Es werde daher um Zustimmung zur sachgemäßen medizinischen Behandlung gemäß § 78 Abs. 6 FPG ersucht.

Die diesbezügliche Anfrage beantwortete das Koordinationsbüro der Regionaldirektion Wien am 12.09.2016 dahingehend, dass nach Prüfung des Sachverhaltes unter Bedachtnahme auf die beabsichtigte Überstellung nach Indien ("Rückmeldung für den konkreten Flugtermin am 13.09.2016, HRZ gültig bis 21.09.2016, Neuausstellung des HRZ wurde seitens der Botschaft zugesichert"), für den Fall einer neuerlichen hungerstreikbedingten Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers, einer erforderlich werdenden Heilbehandlung gemäß § 78 Abs. 6 FPG vorweg zugestimmt werde.

Am 15.09.2016 wurde dem "BFA Heimreisezertifikate" seitens der BFA Regionaldirektion Wien das für den 14.10.2016 gebuchte Flugticket des Beschwerdeführers von Wien nach Delhi übermittelt und um zeitgerechte Beschaffung des Heimreisezertifikates ersucht.

Mit Schriftsatz vom 26.09.2016 erhob der Beschwerdeführer gegen die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft erneut Maßnahmenbeschwerde.

In seiner Stellungnahme vom 26.09.2016 teilte das BFA mit, dass die Schubhaft aufgrund des bestätigenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.09.2016 fortgesetzt worden sei. Die Anhaltung erfolge zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung und sei durch die Behörde ohne jedwede Zeitversäumnis die Flugbuchung für den 14.10.2016 vorgenommen worden. Eine schnellere Terminisierung sei aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner mangelnden Kooperativität begleitet abgeschoben werden müsse, nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer befinde sich seit 05.09.2016 im Hungerstreik, durch die Leitung der Regionaldirektion Wien des BFA sei die Heilbehandlung genehmigt worden, zumal die faktische Abschiebung des Beschwerdeführers zeitnah bevorstehe. Die Behörde habe daher sämtliche ihr obliegende Ermittlungsschritte zeitnah, rasch und effizient durchgeführt; sohin könne eine in der Beschwerde monierte Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft nicht erblickt werden. Das Risiko, dass der Beschwerdeführer untertauche, um sich der drohenden Abschiebung zu entziehen, müsse auch weiterhin als schlüssig angesehen werden. Der Sicherungsbedarf sei daher auch weiterhin in einem solchen Ausmaß gegeben, dass die Anwendung eines gelinderen Mittels keinesfalls als ausreichend zu bezeichnen sei.

Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 28.09.2016, GZ. W236 2135633-1, dem Beschwerdeführer zugestellt am selben Tag, die Beschwerde gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers seit 09.09.2016 gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm §22a Abs. 1 BFA-VG ab und stellte fest, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 09.09.2016 rechtmäßig war. Unter einem stellte es gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen. Begründend wurde darin ausgeführt, dass die Behörde das Verfahren zur Außerlandesbringung des Beschwerdeführers im zu prüfenden Zeitraum zügig betrieben habe:

Eine neuerliche Flugbuchung für den Beschwerdeführer sei bereits am 02.09.2016 in Auftrag gegeben worden. Der Flugtermin sei am 15.09.2016 bekannt gegeben worden, ein Flug habe für den 14.10.2016 gebucht werden können. Ebenfalls am 15.09.2016 habe die zuständige Stelle des Bundesamtes bei der indischen Botschaft um die Ausstellung eines neuen Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer urgiert. Die Ausstellung eines solchen sei von der indischen Botschaft bereits davor zugesagt (siehe Schreiben des BFA vom 12.09.2016 an das Koordinationsbüro der Regionaldirektion Wien) worden und werde einige Tage vor dem Flugtermin erfolgen. Da die indische Botschaft bereits für den letzten Abschiebetermin ein Heimreisezertifikat ausgestellt habe, könne mit der Ausstellung eines neuen Heimreisezertifikates auch tatsächlich gerechnet werden. Das Vorbringen in der Beschwerde, dass das Bundesamt nicht einmal behaupte, ein neues Heimreisezertifikat zeitnah erlangen zu können und nach den "Gepflogenheiten" der indischen Botschaft derzeit keine Aussicht auf die Erlangung eines neuerlichen Heimreisezertifikates bestehe, habe - wie oben in der Beweiswürdigung bereits ausgeführt - in diesem Zusammenhang keineswegs nachvollzogen werden können. Auf Grund der vorliegenden aktuellen Zusicherung der indischen Botschaft auf Ausstellung eines neuen Heimreisezertifikates und dem für den Beschwerdeführer gebuchten Flug von Wien nach Delhi am 14.10.2016, sei mit der Ausstellung des Heimreisezertifikats und der zügigen Durchführung der Abschiebung (anders als etwa in dem VwGH 20.12.2013, 2013/21/0014; 12.09.2013, 2013/21/0110; zugrunde liegenden Sachverhalten) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu rechnen. Auch die Dauer der Schubhaft sei nicht unverhältnismäßig:

Seit der letzten Haftprüfung seien gerade einmal drei Wochen vergangen; in diesem Erkenntnis sei festgestellt worden, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen, da mit der Möglichkeit der Abschiebung tatsächlich zu rechnen sei. Wie bereits ausgeführt, habe sich das Bundesamt umgehend nach Vereitelung der Abschiebung am 31.08.2016 und nach er Festnahme des Beschwerdeführers am 01.09.2016 um die Buchung eines neuen Fluges bemüht, welcher aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer von drei Beamten begleitet werden müsse, erst für den 14.10.2016 gebucht werden habe können. Da das für den Beschwerdeführer ausgestellte Heimreisezertifikat zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gültig sei, habe sich das Bundesamt bereits am 12.09.2016 und neuerlich am 15.09.2016 um die Ausstellung eines neuen Heimreisezertifikates bemüht und die Zusicherung über dessen Ausstellung seitens der indischen Botschaft bereits erhalten. Der Beschwerdeführer werde zum Zeitpunkt der Abschiebung somit eineinhalb Monate in Schubhaft verbracht haben. Diese Zeit reiche nicht hin, um die Dauer der Anhaltung in Schubhaft als unverhältnismäßig erscheinen zu lassen, da die Behörden im zu prüfenden Zeitraum im Rahmen des ihnen Möglichen durch Urgenzen darauf hinwirkten, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert (vgl. VwGH 15.10.2015, Ro 2015/21/0026; 19.05.2015, Ro 2015/21/0008; 25.04.2014, 2013/21/0209). Vor dem Hintergrund des Verfahrensstandes stehe auch fest, dass die Außerlandesbringung innerhalb der Schubhafthöchstdauer des § 80 Abs. 2 Z 2 FPG erfolgen werde (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0014; 11.06.2013, 2013/21/0024; 19.04.2012. 2009/21/0047). Die Aufrechterhaltung der Schubhaft sei aufgrund des verdichteten Sicherungsbedarfs angesichts des fortgeschrittenen Verfahrensstadiums (bereits zur Verdichtung bei Vorliegen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme: VwGH 19.03.2014, 2013/21/0138; 19.05.2015, Ro 19 2015/21/0001) nicht unverhältnismäßig. Eine Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft ergebe sich auch nicht aus dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers (vgl. VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0012): Der Beschwerdeführer sei haftfähig und werde engmaschig allgemeinmedizinisch und psychiatrisch betreut. Laut amtsärztlichen Akt des Beschwerdeführers habe sich dessen Gewicht aufgrund seines Hungerstreiks seit dem 05.09.2016 um 7,2kg von 64kg auf 56,8kg reduziert. Doch werde sein Allgemeinzustand am 26.09.2016 als gut und sein psychischer Zustand als unauffällig beschrieben. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stelle sich zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt auf Grundlage der vorliegenden amtsärztlichen Beurteilungen als nicht derart schwerwiegend dar, dass eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers anzunehmen sei. Der Beschwerdeführer stehe im PAZ in ständiger medizinischer Überwachung und könne im Fall der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zudem auch in die medizinische Abteilung der Justizanstalt Josefstadt überstellt werden. Im Hinblick auf den Sicherungsbedarf bringe der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde keine seit dem 08.09.2016 eingetretene Änderung der Lage zu seinen Gunsten vor; derartige Aspekte seien auch von Amtswegen nicht zu erkennen. Auf Grund des fortgeschrittenen Verfahrens habe sich der Sicherungsbedarf gegenüber dem Beschwerdeführer verdichtet, sodass auch weiterhin mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden könne: Nach Vorliegen des nunmehr gebuchten Flugtermins am 14.10.2016 und der aktuellen Zusicherung der indischen Botschaft auf Ausstellung eines neuen Heimreisezertifikates sei davon auszugehen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers mit Sicherheit effektuiert werde. Auf Grund der obigen Ausführungen ergebe sich somit, dass sowohl Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit nach wie vorgegeben seien und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht erfolgversprechend zu beurteilen gewesen sei. In diesem Sinne sei auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 09.09.2016 bis 28.09.2016 rechtswidrig gewesen sei. Auch im Hinblick auf die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft würden die getroffenen Feststellungen und die rechtliche Würdigung. bezüglich ihrer Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine seit dem 08.09.2016 eingetretenen geänderten Umstände erkennen lassen.

Der Beschwerdeführer stellte am 04.10.2016 im Stande der Schubhaft seinen dritten Asylantrag im Bundesgebiet. Er wurde hierzu am 05.10.2016 niederschriftlich einvernommen. In der diesbezüglichen Niederschrift stellte das Bundesamt fest, dass sich aufgrund der Asylfolgeantragsstellung des Beschwerdeführers keine Änderungen hinsichtlich seiner Anhaltung in Schubhaft ergeben hätten und diese keine Auswirkungen auf die bevorstehende Abschiebung habe.

Dem Beschwerdeführer wurde am 06.10.2016 die "Information über die bevorstehende Abschiebung gemäß § 58 Abs. 2 FPG vom 05.10.2016" persönlich ausgefolgt. Ihm wurde mitgeteilt, dass er am 14.10.2016 um 22:45 Uhr nach Indien abgeschoben wird.

Mit Verfahrensanordnung vom 10.01.2016 teilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mit, dass beabsichtigt sei, den Antrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen.

Mit mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes vom 18.10.2016 erkannte das Bundesamt dem Beschwerdeführer den faktischen Abschiebschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 ab. Das Bundesverwaltungsgericht behob mit Beschluss vom 27.10.2016, GZ. W163 2137550-2/2Z, den mündlich verkündeten Bescheid und stellte fest, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtswidrig war.

3. Der Beschwerdeführer erhob durch seinen im Spruch genannten Vertreter am 25.10.2016 verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft aufgrund des Mandatsbescheides des Bundesamtes vom 01.09.2016. In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass der Zweck der Schubhaft nicht erreicht werden könne. Unbestritten sei das von der indischen Botschaft ausgestellte Heimreisezertifikat nur bis 21.09.2016 gültig. Nach den Gepflogenheiten der indischen Botschaft bestehe derzeit keine Aussicht auf die Erlangung eines neuerlichen Heimreisezertifikates. Die Behörde habe aktuell nicht einmal behauptet, dass sie ein neues Heimreisezertifikat zeitnah erlangen könnten. Für den 14.10.2016 sei eine neuerliche Abschiebung geplant. Ohne Angabe von Gründen habe eine solche nicht stattgefunden. Der Akt zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes sei pflichtwidrig nicht dem BVwG vorgelegt worden, und sei der Akt erst am 24.10.2016 eingelangt. Die Anhaltung in Schubhaft erweise nicht aktuell nicht nur als unverhältnismäßig, sondern als gesetzwidrig. Zudem könne der Beschwerdeführer in einer privaten, ortsüblichen Unterkunft Wohnsitz nehmen. Die Anhaltung erweise sich durch den schlechten Gesundheitszustand des Beschwerdeführers als unverhältnismäßig.

Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt, das BVwG möge die weiterer Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären, sowie der belangen Behörde auftragen, die Verfahrenskosten zu ersetzen.

Das Bundesamt legte den Verwaltungsakt vor und erstattete am 27.10.2016 nachstehende Stellungnahme:

"Mit Erkenntnis des BvWG, GZ W140 2133972-1/9E vom 8.9.2016 wurde gem. §22a BFA-VG eine erste Beschwerde gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers (Bfs.) in Schubhaft als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung vorliegen. Hr. XXXX trat am 5.9.2016 in Hungerstreik, um sich durch die Herbeiführung seiner Haftunfähigkeit aus der Schubhaft freizupressen und so seiner Abschiebung entgegenzuwirken. Da bis dato kein Flugtermin bekanntgegeben wurde, jedoch eine Abschiebung zeitnah erwartet werden konnte und die Verlängerung des Heimreisezertifikates von der Indischen Botschaft zugesagt wurde, wurde am 12.9.2016 die Zustimmung für eine Heilbehandlung gem. § 78 Abs.6 FPG eingeholt und erteilt. Der Bf. wurde am 29.9.2016 in die Justizanstalt Josefstadt überstellt, worauf der Bf. seinen Hungerstreik abgebrochen hatte. Am 15.9.2016 wurde der Behörde vom BMI, Abt. II/2/b ein Flugtermin für den 14.10.2016 in Begleitung von drei Sicherheitsbeamten bekanntgegeben. Eine schnellere Terminisierung war aufgrund der Notwendigkeit einer begleiteten Abschiebung nicht möglich. Nach Bekanntgabe desselben an die Indische Botschaft wurde das Heimreisezertifikat verlängert. Am 26.9.2016 langte eine neuerliche Schubhaftbeschwerde zur Feststellung der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ein. Es wurde vorgebracht, dass der Bf. im Falle einer Entlassung bei einem Freund in Wien 3., Erdbergstraße 87/11 Unterkunft nehmen könnte. Mit Erkenntnis des BVwG, GZ W236 2135633-1/10E am 28.9.2016 ebenfalls abgewiesen. Am 5.10.2016 wurde dem Bf. niederschriftlich der Flugtermin zur Kenntnis gebracht und eine diesbezügliche Information über die bevorstehende Abschiebung ausgefolgt. Am 4.10.2016 stellte der Bf. einen Asyl-Folgeantrag, mit der neuen Begründung seiner jetzigen sexuellen Orientierung. Dieses Verfahren wurde zu VZ 161430075 gem. § 12a Abs. 2 AsylG abgewiesen und der faktische Abschiebeschutz aberkannt. Der Bf. wurde am 18.10.2016 niederschriftlich einvernommen und der Bescheid mündlich verkündet. Aufgrund der inhaltlichen Entscheidung des Folgeantrages des Bf. und der damit verbundenen Rechtsmittelmöglichkeit wurde der für den 14.10.2016 terminisierte Flug storniert. Mit Beschluss des BVwG, GZ W163 2137550-2/2Z vom 27.10.2016 wurde der mündliche Bescheid behoben und festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtswidrig war. Aufgrund dieses Beschlusses wäre der Bf. unverzüglich aus der Schubhaft entlassen worden, da über seinen Asylantrag gem. § 3 AsylG neuerlich inhaltlich zu entscheiden wäre. Im Falle einer Bestätigung wäre ein neuer Flug zu buchen und das Heimreisezertifikat zu verlängern erforderlich gewesen. Doch bevor der Bf. aus der Schubhaft entlassen werden konnte, wurde er zuvor bereits um 11.10h aufgrund des polizei-amtsärztlichen Befundes und Gutachtens nach Hungerstreik als haftunfähig aus entlassen. Nach Rücksprache mit PolA Fr. Dr. SCHWEIGER hätte der Bf. neuerlich in die JA Josefstadt zur Durchführung einer Heilbehandlung überstellt werden, diese konnte jedoch mangels einer freien Behandlungsstelle nicht durchgeführt werden. Es wird auf die mehrfach unter Beweis gestellte mangelnde Kooperation des Bfs. hingewiesen und dass im Falle des Bfs. die Anwendung eines Gelinderen Mittels nach Bekanntgabe von möglichen Unterkunftsadressen, welche bisher nicht aktenkundig sind, nicht als ausreichend verfahrenssichernd angesehen werden konnte. Die Behörde hat sämtliche ihr obliegende Verfahrensschritte zeitnah und effizient durchgeführt, sohin kann eine in der Beschwerde vorgehaltene Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft nicht ersehen werden."

Neben der Abweisung der Beschwerde wurde beantragt, den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten zu verpflichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Indiens, seine Identität steht fest. Er besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich.

Der Beschwerdeführer stellte am 13.08.2007 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.06.2008 rechtskräftig abgewiesen wurde. Ein am 25.07.2011 gestellter zweiter Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.02.2012 als Folgeantrag rechtskräftig zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer verfügte außerhalb seiner Asylverfahren über kein Aufenthaltsrecht für Österreich und hielt sich jahrelang illegal in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer befand sich seit 01.09.2016 im Stande der Schubhaft, seit 28.09.2016 auf Grundlage des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes, GZ. W236 2135633-1/10E.

Der Beschwerdeführer trat am 05.09.2016 in Hungerstreik, den er am 30.09.2016 in Folge der Überstellung in die Justizanstalt Wien JOSEFSTADT abbrach. Er trat erneut am 06.10.2016 in den Hungerstreik. Der Beschwerdeführer hält sich seit Jahren illegal in Österreich auf. Seiner Ausreiseverpflichtung ist er freiwillig nicht nachgekommen.

Der Beschwerdeführer hat seine Abschiebung am 31.08.2016 durch Untertauchen verhindert.

Der Beschwerdeführer täuschte die österreichischen Behörden seit seiner Einreise über seine wahre Identität, legte freiwillig keine Identitätsdokumente vor und hat damit gegen seine Mitwirkungspflicht verstoßen.

Für den Beschwerdeführer war ein Flug nach Indien für den 14.10.2016 gebucht worden, die Ausstellung eines aktuellen Heimreisezertifikates wurde durch die indische Botschaft bereits zugesagt. Der Flug musste aufgrund der Folgeantragsstellung wieder storniert werden.

Der Beschwerdeführer musste am 27.10.2016 um 11:10 Uhr aufgrund einer durch den Hungerstreik herbeigeführten Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen werden. Am selben Tag wurde der Beschluss des BVwG, mit welchem festgestellt wurde, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtswidrig war, erlassen.

Der Beschwerdeführer bestritt seinen Lebensunterhalt in Österreich durch Schwarzarbeit als Zeitungszusteller. Er verfügte über keine ausreichenden existenzsichernden Barmittel.

Der Beschwerdeführer verfügte in Österreich über keinen gesicherten Wohnsitz.

Der Beschwerdeführer verfügte in Österreich über keine familiären oder im Hinblick auf sein Privatleben sonstigen persönlichen Beziehungen.

Er war im zu prüfenden Zeitraum haftfähig.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seiner Staatsangehörigkeit ergeben sich aus dem im Akt in Kopie befindlichen gültigen Reisepass sowie aus seinen Angaben. Dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel für Österreich verfügt, ergibt sich aus den diesbezüglichen Registerauskünften.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers beruht auf der Anhaltedatei der Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres und dem vom BFA übermittelten amtsärztlichen Akt des Beschwerdeführers. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stellte sich zum auf Grundlage der vorliegenden amtsärztlichen Beurteilungen als nicht derart schwerwiegend dar, dass eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers bereits zu einem früheren Zeitpunkt anzunehmen gewesen wäre. Der Beschwerdeführer stand im PAZ in ständiger medizinischer Überwachung und könnte im Fall der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zudem auch in die medizinische Abteilung der Justizanstalt Josefstadt überstellt werden. Als eine Überstellung in die medizinische Abteilung nicht mehr möglich war wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung am 31.08.2016 durch untertauchen verhindert hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus dem Bericht der LPD Wien vom 02.05.2016 sowie vom 30.08.2016, wonach mehrmals an der Meldeadresse des Beschwerdeführers Nachschau gehalten wurde, der Beschwerdeführer jedoch vor Ort nicht angetroffen werden konnte. Der Beschwerdeführer konnte in weiterer Folge erst am 01.09.2016 im Zuge einer Verkehrskontrolle zufällig betreten und dem Bundesamt vorgeführt werden. Dem Beschwerdeführer war jedoch angesichts seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 13.06.2016 und seinem Termin bei der indischen Botschaft am 05.07.2016 bekannt, dass gegen ihn aufenthaltsbeendende Maßnahmen ergriffen werden und eine Abschiebung nach Indien bevorsteht. Er entzog sich jedoch dennoch dem Zugriff der Behörden.

Dass der Beschwerdeführer die österreichischen Behörden seit seiner Einreise über seine wahre Identität täuschte, ergab sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden zum Nachweis seiner Identität jahrelang einen Führerschein mit falschen Namensangaben vorlegte. Der in seinem Besitz befindliche indische Reisepass, lautend auf seine echte Identität, ausgestellt am 04.04.2004, gültig bis 04.04.2014, sowie das in Rom von der indischen Botschaft am 27.03.2015 ausgestellte Folgedokument, gültig bis 26.03.2025, hielt der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden nicht vor. Diese Dokumente konnten erst im April 2015 im Zuge seiner illegalen Einreise aus Italien sichergestellt werden. In diesem Zusammenhang ist auch hervorzuheben, dass sich die österreichischen Behörden seit dem Jahr 2009 regelmäßig und durch mehrfache Urgenzen bei der indischen Botschaft um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bemühten. Aufgrund der falschen Identitätsangaben des Beschwerdeführers wurde ein solches durch die indische Botschaft jedoch nicht ausgestellt.

Soweit die Beschwerde ausführt, dass das von der indischen Botschaft ausgestellte Heimreisezertifikat nur bis 21.09.2016 gültig war und nach den Gepflogenheiten der indischen Botschaft derzeit keine Aussicht auf die Erlangung eines neuerlichen Heimreisezertifikates besteht, ist diesem Vorbringen entgegen zu halten, dass von der indischen Botschaft am 22.08.2016 ein Heimreisezertifikat, gültig bis 21.09.2016 ausgestellt wurde. Da die Abschiebung des Beschwerdeführers auf dem Luftweg durch dessen Untertauchen vereitelt wurde, musste seitens des Bundesamtes ein neuer Flug nach Indien gebucht werden. Aufgrund des unkooperativen Verhaltens des Beschwerdeführers muss eine Überstellung des Beschwerdeführers in Begleitung von drei Beamten erfolgen, weswegen ein Flug erst für den 14.10.2016 gebucht werden konnte. Die Ausstellung eines neuen Heimreisezertifikates für diesen Zeitpunkt wurde von der indischen Botschaft zugesagt. Insbesondere war auch im Hinblick auf die bereits erfolgte Heimreisezertifikatsausstellung für den Beschwerdeführer durch die indische Botschaft nicht davon auszugehen, dass eine solche für den Flug am 14.10.2016 nicht mehr erfolgt wäre. Das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde war daher nicht nachvollziehbar.

Ebenso war dem Beschwerdevorbringen, das Bundesamt habe unterschiedliche Abschiebetermine behauptet entgegen zu treten. Aus dem oben widergegebenen Akteninhalt ergab sich eindeutig, dass das Bundesamt bereits für den 31.08.2016 einen Flug für den Beschwerdeführer von Wien nach Delhi gebucht hatte. Da dieser Termin aufgrund des Untertauchens des Beschwerdeführers nicht wahrgenommen werden konnte, veranlasste das Bundesamt am 02.09.2016 die Buchung eines neuen Fluges. Der Flugtermin wurde am 15.09.2016 bekannt gegeben, ein Flug konnte für den 14.10.2016 gebucht werden. Inwiefern diese aus dem Akteninhalt ersichtlichen Tatsachen missverständlich sein sollen bzw. wie aus diesem, die Abschiebung eindeutig vorantreibenden Verhalten des Bundesamtes ein ledigliches Vertrauen auf eine zeitnahe Abschiebung gefolgert werden kann, war in keiner Weise nachvollziehbar.

Die Feststellung über die unzureichenden Mittel zur Existenzsicherung ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 01.09.2016 in Verbindung mit dem im Akt einliegenden Auszug aus der Anhaltedatei. Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt durch Schwarzarbeit als Zeitungszusteller in Österreich verdiente, ergab sich aus dessen diesbezüglich glaubhaften Angaben in seiner Einvernahme am 01.09.2016.

Hinsichtlich der Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte oder sonstige persönliche Beziehungen verfügt, war auf dessen Angaben in seiner Einvernahme am 01.09.2016 zu verweisen, in welchen dieser eindeutig angab, keine Verwandten in Österreich zu haben. Auch haben sich im gesamten Verfahren keine Hinweise auf etwaige Verwandte des Beschwerdeführers in Österreich ergeben.

Bezüglich der Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keinen gesicherten Wohnsitz verfügt, und dem Vorbringen in der Beschwerde, der Beschwerdeführer könnte an einer privaten, ortsüblichen Unterkunft Wohnsitz nehmen, da er bei einem Freund wohnen und sich dort auch behördlich melden könnte, war auszuführen, dass dieses Vorbringen einerseits bereits mit den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.09.2016, GZ. W140 2133973-1/9E, und vom 28.09.2016, GZ. W236 2135633-1/10E, gewürdigt und für eine Minderung der Fluchtgefahr im Fall des Beschwerdeführers für nicht ausreichend erachtet wurde. Der Beschwerdeführer verfügte zwar seit Jahren über eine aufrechte Meldung in Österreich. Es war jedoch den österreichischen Behörden zumindest im 2. und 3. Quartal 2016 nicht möglich, den Beschwerdeführer an seiner Meldeadresse anzutreffen, um die geplante Abschiebung am 31.08.2016 durchführen zu können. Der bloße Umstand, dass der Beschwerdeführer über eine aufrechte Meldeadresse verfügt, konnte im gegenständlichen Fall somit nicht als ausreichend erachtet werden, um von einem Zurverfügunghalten des Beschwerdeführers für die österreichischen Behörden ausgehen zu können, weshalb nicht von einem gesicherten Wohnsitz auszugehen war.

Da sich die bereits bei der Festnahme vorgelegenen Gründe für die Verhängung der Schubhaft weder seit 01.09.2016 noch seit 08.09.2016 und 28.09.2016 geändert hatten, war im Fall des Beschwerdeführers nach wie vor von einer erheblichen Fluchtgefahr auszugehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

3.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

3.3. Spruchpunkt A.I. - Abweisung der Beschwerde und Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft von 29.09.2016 - 03.10.2016:

3.3.1 Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

3.3.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3.3.3. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG gesetzlich definiert, wobei im gegenständlichen Fall - der ohne Bezug auf die Dublin-III-VO ist - auch auf weitere Kriterien zurückgegriffen werden kann, die wesentlich auch vom Verwaltungsgerichtshof in langjähriger Judikatur entwickelt worden sind. Mit der Abschiebung in den Herkunftsstaat ist im gegenständlichen Fall auch tatsächlich zu rechnen.

3.3.4. Im vorliegenden Fall richtet sich die Beschwerde gegen die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft. Der Beschwerdeführer befindet sich seit 09.09.2016 aufgrund der Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.09.2016, GZ. W140 2133973-1/9E, und vom 28.09.2016, GZ. W236 2135633-1/10E in Schubhaft.

3.3.5. Die Behörde betrieb das Verfahren zur Außerlandesbringung des Beschwerdeführers im zu prüfenden Zeitraum zügig: Eine neuerliche Flugbuchung für den Beschwerdeführer wurde bereits am 02.09.2016 in Auftrag gegeben. Der Flugtermin wurde am 15.09.2016 bekannt gegeben, ein Flug konnte für den 14.10.2016 gebucht werden. Ebenfalls am 15.09.2016 urgierte die zuständige Stelle des Bundesamtes bei der indischen Botschaft um die Ausstellung eines neuen Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer. Die Ausstellung eines solchen wurde von der indischen Botschaft bereits davor zugesagt (siehe Schreiben des BFA vom 12.09.2016 an das Koordinationsbüro der Regionaldirektion Wien) und wird einige Tage vor dem Flugtermin erfolgen. Da die indische Botschaft bereits für den letzten Abschiebetermin ein Heimreisezertifikat ausgestellt hat, kann mit der Ausstellung eines neuen Heimreisezertifikates auch tatsächlich gerechnet werden. Das Vorbringen in der Beschwerde, dass das BFA nicht einmal behaupte, ein neues Heimreisezertifikat zeitnah erlangen zu können und nach den "Gepflogenheiten" der indischen Botschaft derzeit keine Aussicht auf die Erlangung eines neuerlichen Heimreisezertifikates bestehe, kann - wie oben in der Beweiswürdigung bereits au

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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