TE OGH 2018/11/27 4Ob214/18a

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Veröffentlicht am 27.11.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei s***** gmbh, *****, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1) N***** I*****, vertreten durch Dr. Peter Wallnöfer und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, 2) J***** S*****, und 3) V***** S*****, ebendort, beide vertreten durch Mag. Max Fankhauser, Rechtsanwalt in Zell am Ziller, wegen Einwilligung in die Einverleibung der Löschung einer Dienstbarkeit (Streitwert 32.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. September 2018, GZ 1 R 74/18v-59, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Eigentümerin der (unter anderem zugunsten der Grundstücke des Erstbeklagten 1185/6 bzw der Zweit- und Drittbeklagten 1185/8) belasteten Grundstücke 1185/2 (in EZ *****) und 1185/4 (in EZ *****). Beide Grundstücke sind (unter anderem) mit der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrwegs einschließlich eines Umkehrplatzes (am Ende des Servitutswegs) gemäß Kauf- und Dienstbarkeitsvertrag vom 18. 12. 1986 belastet. Dieser Vertrag wurde von den betroffenen Grundeigentümern durch die Vereinbarung vom 19. 11. 2007/6. 5. 2008 abgeändert. In dieser neuen Vereinbarung wurde festgehalten, dass der Umkehrplatz auf dem Grundstück 1185/2 in Form eines Kreises mit einem Durchmesser von neun Metern von der Klägerin freizuhalten ist.

Auf dem Grundstück 1185/2 befindet sich der Hotelbetrieb der Klägerin mit nicht ganz 40 Betten. Die Klägerin beabsichtigt, das Hotel auf rund 60 Betten zu erweitern. Zu diesem Zweck will sie den Umkehrplatz auf das Grundstück 1185/4 verlegen. Die Beklagten stimmten der Verlegung der Dienstbarkeit nicht zu.

Im vorliegenden Verfahren stellte die Klägerin ein Hauptbegehren und acht Eventualbegehren. Nach ihrem Vorbringen soll die bisherige Dienstbarkeit auf dem Grundstück 1185/2 gelöscht werden, und zwar Zug um Zug gegen rangwahrende Einverleibung der neuen Dienstbarkeit (allein) auf dem Grundstück 1185/4. Sie strebe die Verlegung des Umkehrplatzes an, um ihre Liegenschaft besser ausnützen zu können. Zur Wahrung des Ranges der bisherigen Servitut sei die Vorrangeinräumung vor dem Pfandrecht einer Bank erforderlich. Nach § 30 GBG müssten die servitutsberechtigten Beklagten auch der Vorrangeinräumung zustimmen.

Die Beklagten entgegneten, dass die Dienstbarkeit durch die beabsichtigte Verlegung eingeschränkt werde. Der Standpunkt der Klägerin im Zusammenhang mit der Zug-um-Zug-Verpflichtung sei zwar konsequent. Zur Einwilligung in die Vorrangeinräumung könnten sie aber nicht verpflichtet werden.

Das Berufungsgericht qualifizierte – so wie auch das Erstgericht – das Begehren auf Verlegung der Dienstbarkeit in der Variante laut Beilage ./JJ (erstes Eventualbegehren) als berechtigt und legte seiner Entscheidung daher dieses Begehren zugrunde. Anders als das Erstgericht ging das Berufungsgericht aber davon aus, dass die Zug-um-Zug-Verpflichtung der Klägerin im ersten Eventualbegehren nicht zum Ausdruck gelange, sowie dass die Beklagten nicht zur Einwilligung in die Vorrangeinräumung verpflichtet werden könnten. Aus diesem Grund gab es den Berufungen des Erstbeklagten sowie der Zweit- und Drittbeklagten teilweise Folge und änderte das Ersturteil in seinem stattgebenden Teil dahin ab, dass es unter Einschluss der bestätigten Teile zu lauten habe:

Die erstbeklagte Partei ist [bzw die zweit- und drittbeklagten Parteien sind] gegenüber der klagenden Partei schuldig, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution im GB ***** in folgende Grundbuchshandlungen

         - Zug um Zug gegen die ob der [alt und neu belasteten] Liegenschaft im Rang C-LNR 1 zu erfolgende Einverleibung der Dienstbarkeit, auf der in Beilage ./JJ rot schraffierten Teilfläche des Grundstücks 1185/4 unentgeltlich, uneingeschränkt und immerwährend zu gehen und mit Kraftzeugen einschließlich Lastkraftwagen zu fahren sowie umzukehren, und zwar für [die herrschenden Grundstücke],

einzuwilligen:

         - ob der [alt und neu belasteten] Liegenschaft:

in die Einverleibung der Löschung der zu C-LNR 1 eingetragenen Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges auf Grundstück 1185/4 gemäß Pkt VII. des Kaufvertrags vom 18. 12. 1986 für [die herrschenden Grundstücke];

         - ob der [nur bisher belasteten] Liegenschaft:

in die Einverleibung der Löschung der zu C-LNR 3 eingetragenen Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges einschließlich eines Umkehrplatzes auf Grundstück 1185/2 gemäß Pkt VII. des Kaufvertrags vom 18. 12. 1986 für [die herrschenden Grundstücke].“

Das Mehrbegehren hinsichtlich des ersten Eventualbegehrens wies das Berufungsgericht jeweils ab.

In ihrer dagegen erhobenen außerordentlichen Revision führt die Klägerin aus, dass die Einverleibung der Vorrangeinräumung gemäß § 30 Abs 1 GBG auch der Einwilligung des vortretenden Berechtigten (hier der Beklagten) bedürfe. Durch die Verweigerung dieser Zustimmung könnten die Beklagten den Eintritt der – dann unerfüllbaren – Zug-um-Zug-Bedingung für die Eintragung und daher die Verlegung der Dienstbarkeit verhindern.

Damit zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Größe und Ausgestaltung des verlegten Umkehrplatzes (der neuen Servitut) sind nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens; diese richten sich nach der rot schraffierten Teilfläche des Grundstücks 1185/4 laut Beilage ./JJ. Strittig ist die Formulierung des Urteilsspruchs zur Einverleibung der Löschung der bisherigen Servitut im Zusammenhang mit der rangwahrenden Zug-um-Zug-Einverleibung der neuen Servitut.

2.1 Die Klägerin weist in der Revision an sich zutreffend darauf hin, dass es nach dem Wortlaut des § 30 Abs 1 GBG für eine Vorrangeinräumung (einen Rangtausch) der Einwilligung (Zustimmung) des zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten bedarf. Danach reicht es für den Rangtausch nicht aus, wenn der zurücktretende Berechtigte eine einseitige Erklärung abgibt. Der Grund dafür besteht darin, dass es sich beim Rangtausch (grundsätzlich) um einen Vertrag zwischen dem zurücktretenden und dem vortretenden Berechtigten handelt (vgl dazu 5 Ob 252/00w).

2.2 Die in Rede stehende Bestimmung betrifft allerdings den Fall, dass dem auf den Rangtausch abzielenden Grundbuchsgesuch eine Vereinbarung zugrunde liegt, die Änderung des Grundbuchsrangs also rein aufgrund eines rechtsgeschäftlichen Vorgangs herbeigeführt werden soll. Demgegenüber beruht die im Anlassfall zu bewirkende Vorrangeinräumung nicht auf einer Willensübereinstimmung zwischen dem zurücktretenden und dem vortretenden Buchberechtigten, sondern resultiert unmittelbar aus der titelmäßigen Verpflichtung der Beklagten, in die Verlegung der Servitut – dies allerdings nur Zug um Zug gegen rangwahrende Neubegründung einer gleichwertigen Ersatzservitut – einzuwilligen. Die Zug-um-Zug-Verpflichtung des verlegungswilligen Servitutsbelasteten ergibt sich daraus, dass die Verlegung eines Servitutswegs auf ein anderes Grundstück (ohne Zustimmung des Berechtigten) nur dann zulässig ist, wenn die Ausübung des Servitutsrechts nicht ernstlich erschwert oder gefährdet wird und die Servitut dadurch nicht an Sicherheit verliert (7 Ob 337/97b; 3 Ob 110/12s). Dazu gehört insbesondere auch, dass sich der bisherige Grundbuchsrang der Servitut nicht verschlechtert.

3.1 Wird der Dienstbarkeitsberechtigte wie hier durch gerichtliche Entscheidung zur Zustimmung zur Servitutsverlegung durch Einwilligung in die Löschung der bisherigen Servitut verpflichtet, so setzt die rangwahrende Neubegründung einer Ersatzservitut einen entsprechenden Zug-um-Zug-Einwand (Zug um Zug gegen die rangwahrende Einverleibung der neuen Servitut) des Berechtigten voraus. In diesem Fall ist die Zug-um-Zug-Verpflichtung einschließlich der Vorrangeinräumung in den Urteilsspruch aufzunehmen, der die Grundlage für den Vollzug im Grundbuch bildet. Das Grundbuchsgericht ist an einen solchen gerichtlich vollziehbaren Ausspruch im Sinn des § 33 Abs 1 lit d GBG gebunden, ohne dass der Rechtsgrund oder das Vorliegen sonst nach den Vorschriften des GBG erforderlicher Erklärungen zu prüfen wäre (vgl RIS-Justiz RS0004572; RS0004550; vgl auch RS0011645; 10 Ob 75/16a). In Streitsachen ergangene Urteile der Zivilgerichte, die auf Einräumung, Übertragung, Beschränkung oder Aufhebung bücherlicher Rechte gerichtet sind, gewähren also einen Einverleibungsanspruch (vgl 5 Ob 16/94).

3.2 Aufgrund der urteilsmäßigen Verpflichtung der Beklagten, in die Löschung der bisherigen vorrangigen Servitut Zug um Zug gegen die Einverleibung der neuen Servitut im ersten Rang einzuwilligen, müssen die Beklagten der Vorrangeinräumung nicht noch einmal explizit zustimmen. Vielmehr genügt es, wenn der klagende Servitutsbelastete die Vorrangeinräumung durch den zurücktretenden Buchberechtigten mittels einer einverleibungsfähigen Urkunde gegenüber dem Grundbuchsgericht nachweisen kann (vgl RIS-Justiz RS0000267). Im Anlassfall steht fest, dass die Klägerin zur Erfüllung der Zug-um-Zug-Verpflichtung durch Zustimmung der (zurücktretenden) Hypothekargläubigerin zur Vorrangeinräumung in der Lage ist (siehe dazu Beilage ./F; vgl auch 10 Ob 75/16a).

4. Zusammenfassend spricht die Klägerin in ihrem Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage an. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Textnummer

E123738

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00214.18A.1127.000

Im RIS seit

17.01.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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