TE Bvwg Beschluss 2018/9/19 W155 2122787-3

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Veröffentlicht am 19.09.2018
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Entscheidungsdatum

19.09.2018

Norm

AsylG 2005 §12a
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W155 2122787-3/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. KRASA über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2018, Zahl XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, von Amts wegen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der aus Afghanistan stammende Beschwerdeführer stellte am 28.06.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Zum Fluchtgrund gab er im Wesentlichen an, eine unerlaubte Beziehung zu einem Mädchen in der Nachbarschaft geführt zu haben, die Streitereien mit deren Familie auslösten und ihn schließlich zur Flucht bewogen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Weiteren: belangte Behörde) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 24.02.2016 ab und verband dies (ua.) mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG). Die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.11.2016 abgewiesen.

2. Im Jänner 2017 teilte der Verein Menschenrechte Österreich der belangten Behörde mit, dass sich der Beschwerdeführer für die "unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe" angemeldet habe. Er ersuchte - nach den Eintragungen im diesbezüglichen Antragsformular - um Auszahlung einer finanziellen Unterstützung, um im Heimatland ein Unternehmen gründen zu können. Er habe Erfahrungen in der Textilbranche und wolle einen "Laden/Geschäft" eröffnen.

Mit Schreiben vom 17. Jänner 2017 sagte die belangte Behörde gegenüber dem Verein Menschenrechte zu, die Kosten für die freiwillige Rückkehr zu übernehmen. Es spreche auch nichts gegen die Teilnahme des Beschwerdeführers am Projekt "Restart II Afghanistan". Die allenfalls auszuzahlende Reintegrationshilfe dürfe aber den Betrag von € 370,- nicht übersteigen.

Am 23. Jänner 2017 brachte der Verein Menschenrechte per E-Mail der belangten Behörde zur Kenntnis, dass der Beschwerdeführer seine Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr widerrufen habe. Er wolle nicht mehr ausreisen.

Im Verwaltungsakt findet sich im Weiteren eine auf einen „AFG-Charter[.] am 29.03.2017" Bezug nehmende Mitteilung der Regionaldirektion Niederösterreich der belangten Behörde an die Direktion dieser Behörde. Darin wird der Mitbeteiligte als eine jener Personen geführt, die - offenkundig gemeint: an der Unterkunft - nicht haben angetroffen werden können. Weiters wurde vermerkt:

"Rückübernahmeansuchen von BRD am 23.03.2017 gestellt".

3. Der Beschwerdeführer stellte am 31.10.2017 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung zum Folgeantrag gab er (ua.) an, sich in der Zeit von 20.01.2017 bis 13.10.2017 in Deutschland aufgehalten zu haben. Weiters gestand er zu, dass er bislang falsche Daten zu seiner Person angegeben habe, und er korrigierte sowohl sein Geburtsdatum als auch seinen Familiennamen.

Von der belangten Behörde im Rahmen einer Vernehmung auch zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, führte der Beschwerdeführer wiederum aus, sein Name sei nur falsch aufgeschrieben worden. Er sei nun seit 10.04.2017 verheiratet und habe keine Kinder. Seine Ehefrau lebe in Deutschland. Er könne aber keine Heiratsurkunde vorlegen. Seine Frau sei nämlich noch minderjährig. Die Heirat habe nur traditionell "bei einem Mullah" stattgefunden. Sie seien in Deutschland auch am Standesamt gewesen, "das" sei dort aber nicht akzeptiert worden (Anm: offenkundig gemeint, das Ansuchen um staatliche Eheschließung). Daher habe der Beschwerdeführer einen Anwalt eingeschaltet. Seine Frau sei eine weitschichtige Verwandte, die er über Facebook kennengelernt habe. Er habe mit ihr über WhatsApp und Facebook Kontakt. Eine gemeinsame Wohnung hätten sie nicht bewohnt, weil seine Frau noch minderjährig sei. Am 13.10.2017 sei er nach Österreich zurückgeschickt worden.

4. Mit Bescheid vom 15.12.2017 wies die belangte Behörde - ohne das Asylverfahren zuzulassen - den Folgeantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Unter einem sprach sie aus, dass dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde, gegen ihn gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 und 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt werde, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Weiters erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer nach § 53 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot und sprach aus, dass gemäß § 55a Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.

5. Der Beschwerdeführer erhob dagegen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er auch beantragte, das Einreiseverbot aufzuheben und in eventu die Dauer des Einreisverbotes herabzusetzen. Argumente, weshalb die Erfassung des Einreiseverbotes gemäß § 53 FPG dem Grunde nach unzulässig wäre, enthält die Beschwerde nicht. Erkennbar in Bezug auf die Interessenabwägung - sowohl betreffend die Erlassung der Rückkehrentscheidung als auch die des Einreiseverbote - brachte der Beschwerdeführer (lediglich) vor, er sei bemüht, seine Deutschkenntnisse zu verbessern und er versuche, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Zu seinen Integrationsschritten seien keine Feststellungen getroffen worden. Die Beschwerde enthält allerdings keine Ausführungen dazu, um welche "Integrationsschritte' es sich konkret gehandelt hätte.

6. Mit Erkenntnis vom 26.01.2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab, behob jedoch den behördlichen Ausspruch über die Erlassung eines Einreiseverbotes. Die Revision erklärte es nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

7. Gegen die Behebung des Spruchpunktes, mit dem über den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot verhängt wurde, erhob die belangte Behörde außerordentliche Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof, welcher mit Erkenntnis vom 24.05.2018, Ra 2018/19/0125-7, den Spruchpunkt bezüglich der ersatzlosen Behebung des Einreiseverbotes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob (Spruchpunkt A) I ).

8. Am 17.08.2018 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Folgeantrag auf Gewährung von Asyl. Im Rahmen der Erstbefragung vom selben Tag gab er an, dass sich seine Fluchtgründe nicht geändert hätten, er aber nunmehr eine Bestätigung aus Afghanistan habe, dass sein Leben in Gefahr sei.

9. Im Rahmen der Einvernahme durch die belangte Behörde vom 04.09.2018 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er - wie die belangte Behörde bereits wisse -mit dem befreundeten afghanischen Mädchen geschlafen habe. Sein Neffe sei gekidnappt worden. Sie hätten für seine Freilassung ein Mädchen verlangt. Die Dorfältesten hätten interveniert und es hätte einen Austausch geben sollen. Seitdem Gohlbedin an der Macht sei, habe diese Gruppe - die paschtunischen Taliban - die Oberhand und diese könnten sich alles erlauben. Diese Ereignisse hätten sich vor zwei bis drei Wochen abgespielt. Warum die vorgelegten Schreiben weder Vorfälle noch genaue Datumsangaben enthielten, konnte der Beschwerdeführer nicht beantworten. Der Neffe sei vor zirka 6 Monaten entführt worden. Für den Fall der Rückkehr erwarte den Beschwerdeführer der Tod durch Steinigung. Er sei auch nicht bereit, freiwillig nach Afghanistan zurückzukehren. Sein Vater, der einen LKW und zwei bis drei Häuser besitze und von den Mieteinnahmen leben würden, unterstütze ihn regelmäßig finanziell.

Im Rahmen einer weiteren Einvernahme durch die belangte Behörde vom 12.09.2018 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass ihn die Feinde auch finden und umbringen würden, wenn er in einer anderen Region in Afghanistan oder im Iran oder in Tadschikistan leben würde.

10. Im Rahmen einer Niederschrift mit dem Beschwerdeführer vom 12.09.2018 wurde folgender mündliche Bescheid verkündet: "Der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG, BGBl. I Nr. 100/2001 (AsylG) idgF, wird gemäß § 12a Absatz 2 AsylG aufgehoben."

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sich im Vergleich zu den Vorverfahren die Bedrohungslage durch die Verwandten des Mädchens nicht verändert habe. Was die Entführung des Neffen betreffe seien die Schilderungen des Beschwerdeführers oberflächlich und inhaltsleer, womit neuerlich von einer Steigerung des rechtskräftig als unglaubwürdig qualifizierten Vorbringens auszugehen sei. Der Beschwerdeführer habe hierzu zwar Unterlagen vorgelegt, wobei hier deutliche Zweifel an deren Authentizität bestünden. So fehlten diesen Unterlagen jeglicher Bestandteil eines polizeilichen Ermittlungsaktes, es würden dort weder konkrete Vorfälle, Täter, Tatörtlichkeiten und - Zeitpunkte noch sonstige Sachverhalte beschrieben. Vielmehr ist lediglich pauschal von einer Bedrohung und der Forderung der Übergabe der Person des Beschwerdeführers an die Entführer im Austausch gegen seinen Neffen die Rede. Es könne sich somit nicht um behördliche Schriftstücke bzw. behördlich aufgenommene Zeugenaussagen zu einem konkreten Sachverhalt handeln. Der Beschwerdeführer habe somit nicht glaubhaft vorbringen können, dass seit Rechtskraft der Entscheidung im vorangegangenen Asylverfahren maßgebliche Änderungen oder ein objektiver neuer Sachverhalt entstanden wäre. Der neue Antrag auf Gewährung Internationalen Schutzes wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Unter Berücksichtigung aller Umstände habe nicht festgestellt werden können, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK mit sich bringen könnte oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Bindung bestehe. Die in Deutschland aufenthaltsberechtigte, angebliche Lebensgefährtin sei minderjährig, der Beschwerdeführer habe nie mit ihr an einem gemeinsamen Wohnsitz gewohnt. Auch habe der Beschwerdeführer keine besonderen sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden würden.

11. Mit E-Mail vom 17.09.2018 wurde das Gericht durch die belangte Behörde von der Anmeldung des Beschwerdeführers zur freiwilligen Ausreise nach Afghanistan informiert. Dem E-Mail liegt die vom Beschwerdeführer unterschriebene diesbezügliche Einverständniserklärung bei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und ist Staatsangehöriger Afghanistans. Er hält sich seit Juni 2015 im Bundesgebiet auf und hat in dieser Zeit drei Anträge auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt, der dritte, noch entschiedene Antrag datiert vom 17.08.2018.

1.2. Im Bundesgebiet leben keine Verwandten oder Bekannten des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in Vereinen oder anderen Organisationen in Österreich. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist gesund.

1.3. Die Islamische Republik Afghanistan hat der Überstellung des Beschwerdeführers zugestimmt.

1.4. Gegen den Beschwerdeführer besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

1.5. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 17.08.2018 auf Gewährung Internationalen Schutzes ist voraussichtlich wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und der Gerichtsakten.

2.1. Die Feststellung zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers folgt aus seiner Identifizierung durch den Herkunftsstaat im Zuge der Erlangung des Heimreisezertifikats für ihn. Die Feststellung zur Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet folgt dessen Angaben.

2.2. Die Feststellung zu in Österreich lebenden Verwandten bzw. Bekannten des Beschwerdeführers und der Mitgliedschaft in Vereinen oder anderen Organisationen folgt den Angaben des Beschwerdeführers.

2.3. Die Zustimmung des Herkunftsstaates zur Überstellung des Beschwerdeführers nach Afghanistan ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

2.4. Die Feststellung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung ergibt sich aus dem Bescheid der belangten Behörde den Beschwerdeführer betreffend vom 15.12.2017.

2.5. Die Feststellung zur wahrscheinlichen Zurückweisung des dritten, noch nicht beschiedenen Asylantrages ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Der Beschwerdeführer gab im Rahmen der Erstbefragung zu gegenständlichem Asylverfahren zu Protokoll, dass sich seine Fluchtgründe nicht geändert hätten, er aber nunmehr Beweise hiefür aus Afghanistan hätte. Im Rahmen der Einvernahmen steigerte er sein Vorbringen dahingehend, dass zwischenzeitlich sein Neffe entführt worden sei, um die Herausgabe eines Mädchens aus seiner Familie zu erpressen. Zum Beweis des gesamten Vorbringens legte der Beschwerdeführer Dokumente in afghanischer Sprache vor, welche die belangte Behörde übersetzen ließ.

Zuerst ist festzuhalten, dass das vom Beschwerdeführer im Rahmen des ersten und zweiten Asylantrages geschilderte Fluchtvorbringen bereits als unglaubwürdig qualifiziert worden ist. Durch das hg. Erkenntnis vom 10.11.2016 angesprochen wurde somit weniger die Frage der Glaubhaftmachung - also des Fehlens von Belegen, die für die Richtigkeit des Fluchtvorbringes sprechen - sondern eine Frage der Glaubwürdigkeit. Das Gericht hat damals Nachforschungen im Herkunftsstaat anstellen lassen und ist zum Ergebnis gekommen, dass das Fluchtvorbringen nicht glaubwürdig ist. Diese mangelnde Glaubwürdigkeit kann weder durch eine Steigerung des Vorbringens noch durch die sinngemäße Wiederholung in afghanischen Dokumenten beseitigt werden.

Im gegenständlichen Verfahren konnte der Beschwerdeführer die Richtigkeit seiner Angaben und die damit einhergehende Gefahr für sein Leben in Afghanistan auch deswegen nicht erhöhen, weil er sich mit 17.09.2018 für das Projekt "Restart II - Assisted Voluntary Return and Reintegration für Returnees to Afghanistan and Iran" angemeldet hat. Wäre er tatsächlich in Afghanistan in Gefahr, würde er wohl nicht freiwillig zurückkehren.

Insgesamt ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, neues asylrelevantes Vorbringen zu erstatten, weshalb der offene dritte Antrag auf Asyl mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 12a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 2005 ("Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen") lautet:

"(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 ("Entscheidungen") lautet:

"(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

§ 22 BFA-VG lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.2. Für den gegenständlichen Fall folgt daraus:

Das Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 10.11.2016 rechtskräftig abgeschlossen. Beim Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 17.08.2018 handelt es sich somit unzweifelhaft um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005. Mit diesem Erkenntnis wurde der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 28.06.2015 in der Sache erledigt; ein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 liegt nicht vor.

3.2.1. Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung:

Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist Tatbestandselement für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes eines Folgeantrags gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüberhinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 15.12.2017 eine Rückkehrentscheidung erlassen. Der Beschwerdeführer hat das österreichische Bundesgebiet seither nicht länger als 18 Monate verlassen. Daher liegt nach wie vor eine aufrechte und durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen ihn vor.

3.2.2. Prognose, ob der Folgeantrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird:

Dass der Folgeantrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, ist Voraussetzung für die Aberkennung von dessen faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005.

3.2.2.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung, ob Folgeanträge wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sind, im Wesentlichen Folgendes maßgeblich:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber der Vorentscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides bzw. -Erkenntnisses entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Ein neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

3.2.2.2. Der Folgeantrag des Beschwerdeführers vom 17.08.2018 wird voraussichtlich zurückzuweisen sein:

Denn es sind keine entscheidungswesentlichen Änderungen des für die Beurteilung maßgeblichen Sachverhalts eingetreten, ob dem Beschwerdeführer der Status des Asyl- oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist. Auch weist das zusätzlich zu jenem des ersten Folgeantrags neu erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers keinen glaubhaften Kern auf. Im Ergebnis hält der Beschwerdeführer an seinem schon anlässlich seines Erstantrags erstatteten und im ersten Folgeantrag wiederholten Vorbringen fest und ergänzt dieses lediglich um die Vorkommnisse der letzten paar Monate, welche jedoch keinen glaubhaften Kern aufweisen.

Freilich ist auch der Folgeantrag in eventu auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gerichtet. Nach Einsicht in den Verwaltungsakt sowie die Länderberichte zu Afghanistan sind keine wesentlichen Sachverhaltsänderungen erkennbar. Insbesondere sind die allgemeine Sicherheit- und Versorgungslage sowie die persönlichen Gegebenheiten für den Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Erwerbsmöglichkeiten und der Unterstützung durch seine Familie in Afghanistan weitgehend unverändert geblieben. Daher wird sein Folgeantrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

3.2.3. Verletzung der EMRK

3.2.3.1. Refoulementprüfung

Bereits in den vorangegangenen Verfahren hat die belangte Behörde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre und für ihn als Zivilpersonen keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde. In der Begründung des gegenständlich mündlich verkündeten Bescheides des Bundesamtes wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Gefährdung seiner Person glaubhaft machen konnte. Es sei nicht anzunehmen, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten.

Auch im nunmehrigen Verfahren sind bis dato keine Risiken für den Beschwerdeführer im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 substantiiert behauptet worden. Auch sonst sind keine Hinweise darauf hervorgekommen, dass dem Beschwerdeführer eine Verletzung in seinen Rechten gemäß Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohen würde. Sein Fluchtvorbringen ist nicht glaubhaft, in Afghanistan herrschen nicht solche Zustände, dass gleichsam jeder eine Verletzung in diesen Rechten befürchten müsste. Auch ist dort die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert. Zudem ist der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aufgewachsen, hat eine umfassende Berufsausbildung dort absolviert, beherrscht die Landessprache und kann nach seiner Rückkehr auf ein umfassendes familiäres Netzwerk - einschließlich seiner Verwandten, die in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben - zurückgreifen. Sein Auskommen in Afghanistan erscheint jedenfalls als gesichert.

3.2.3.2. Keine Bedenken mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

Schließlich lässt die Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich auch keine Verletzung seines Rechts gemäß Art. 8 EMRK erwarten. Hinsichtlich der nach Art. 8 EMRK gebotenen Interessenabwägung wird Folgendes hervorgehoben:

Der BF ist in Afghanistan aufgewachsen und reiste im Juni 2015 nach Österreich ein und hält sich seither mit Unterbrechungen im Bundesgebiet auf. Mit Bescheid des Bundesamts vom 15.12.2017 wurde über den Beschwerdeführer - unter anderem - letztmalig eine Rückkehrentscheidung verhängt. Seit der Rechtskraft dieses Bescheides hielt sich der Beschwerdeführer rechtswidrig im Bundesgebiet auf bzw. reiste nach Deutschland weiter. Er stellte Folgeanträge auf internationalen Schutz. Im Bundesgebiet leben weder Bekannte noch Verwandte des Beschwerdeführers. Er führt kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich und sein Privatleben weist keine besonders ausgeprägte Intensität auf. Allenfalls bestehende private Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich bestehen erst seit Kurzem und wurden zu Zeiten eingegangen, als sich der Beschwerdeführer der Unsicherheit seines Aufenthalts bewusst sein musste.

Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in Vereinen oder anderen Organisationen in Österreich, er verfügt über Deutschkenntnisse im Rahmen der absolvierten Deutschkurse. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Nach wie vor leben Verwandte des Beschwerdeführers in Afghanistan, der Vater unterstützt ihn sogar in Europa regelmäßig finanziell, er ist nach wie vor von diesen Unterstützungsleistungen abhängig.

Die Dauer des bisherigen Verfahrens übersteigt auch nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Insbesondere vor dem Hintergrund des erst relativ kurzen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, der nur deswegen noch vorliegt, weil er seiner Verpflichtung zur Ausreise nach Rechtskraft der gegen ihn vorliegenden Rückkehrentscheidungen nicht nachkam, kann von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden. Hingegen hat der 28-jährige Beschwerdeführer den Großteil seines bisherigen Lebens in Afghanistan verbracht, ist dort aufgewachsen und zur Schule gegangen und ist gelegentlich einer Beschäftigung nachgegangen. Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan seine gesamte Sozialisation erfahren. Er war im Herkunftsstaat arbeitsfähig und wird somit durchaus in der Lage sein, den Lebensunterhalt für sich zu bestreiten. Zudem kann er auf die Unterstützung seiner Familie vor Ort zurückgreifen, zumal diese auch derzeit imstande ist, ihm finanziell unter die Arme zu greifen. Nach alledem kann nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfinden würde. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte.

Das Bundesverwaltungsgericht kann somit keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat erkennen. Die Abschiebung des Beschwerdeführers stellt daher keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK dar.

3.2.4. Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 12.09.2018 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.3. Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da in der gegenständlichen Entscheidung die maßgeblichen Rechtsfragen klar waren und keiner Auslegung bedurften, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Im vorliegenden Fall liegen daher die Voraussetzungen für die Zulassung der ordentlichen Revision nicht vor; es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W155.2122787.3.00

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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