TE OGH 2018/5/23 3Ob83/18d

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Veröffentlicht am 23.05.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch DORDA Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Land Burgenland, *****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 1.000.000 EUR, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2018, GZ 13 R 54/17g-26, womit das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 30. Jänner 2017, GZ 2 Cg 58/16p-18 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Das Land Burgenland vergibt jährlich auf Basis des Burgenländischen Kulturförderungsgesetzes Kulturförderungen. Die Ansuchen werden vom Leiter der zuständigen Abteilung 7 beim Amt der Burgenländischen Landesregierung an Sacharbeiter weitergeleitet, welche zumindest mit einem Teil der Förderungsansuchen die im Kulturförderungsgesetz vorgesehenen Kulturbeiräte befassen. Diese erstatten entsprechende Vorschläge zur Förderungswürdigkeit und Förderungshöhe, überprüfen anhand der Formulare, ob die Angaben nachvollziehbar sind, und leiten den Akt dann samt Förderungsansuchen und einer kurzen Zusammenfassung des Ansuchens an den Leiter der Abteilung weiter, welcher die Förderungsansuchen üblicherweise in Form von Listen etwa alle zwei Monate mit einem Entscheidungsvorschlag dem für die Entscheidung für Förderungsansuchen bis 20.000 EUR zuständigen Landesrat, bei Ansuchen von über 20.000 EUR der Landesregierung vorlegt.

Auch bei Projekten, die bereits im Landesvoranschlag mit fixen Beträgen bedacht sind, müssen zur Mittelausschüttung Förderungsanträge gestellt werden. Die Sachbearbeiter sind jedoch an die entsprechenden Landtagsbeschlüsse insofern gebunden, als eine Auszahlung nur dann verweigert werden darf, wenn eines dieser Projekte tatsächlich nicht stattfindet (beispielsweise bei Insolvenz) oder die ordnungsgemäße Mittelverwendung in den letzten Jahren nicht nachgewiesen wird. Eine weitergehende Prüfung dieser Anträge findet nicht statt. In den Jahren 2015 und 2016 existierten mit Ausnahme des Burgenländischen Kulturförderungsgesetzes keine schriftlichen Förderungs-richtlinien für die Gewährung der Kulturförderung.

Langt ein Antrag ein, so wird er auf seine Plausibilität und die Richtigkeit der Angaben überprüft. Weiters wird überprüft, ob der Förderungswerber den zu fördernden Betrag sparsam, zweckmäßig und wirtschaftlich einsetzt und ob ein Burgenlandbezug besteht und das Projekt relevant für das Burgenland ist. Ein Entscheidungskriterium ist auch, ob ein Projekt zur Belebung und Bereicherung des Kulturlebens in der jeweiligen Region beiträgt. Bei Projekten, die bereits gefördert wurden, ist auch der Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung bereits ausbezahlter Förderungsmittel ein wichtiges Entscheidungskriterium. Daneben gibt es für verschiedene Bereiche (zB Blasmusik, Denkmalpflege etc) Einzelkriterien, nach denen die Beiräte Empfehlungen aussprechen.

Ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidungsfindung ist, ob die Förderung im vorhandenen Budget Deckung findet. Das Nichtvorhandensein von Budget ist jedenfalls ein Ausschlusskriterium. Ist nicht mehr ausreichend Budget vorhanden, wird vom Land keine Förderung mehr vergeben. Auch dann, wenn grundsätzlich noch genügend Budget vorhanden wäre, um den beantragten Betrag auszuzahlen, jedoch aufgrund der Auszahlung sich der Budgettopf, aus dem der Betrag auszuzahlen ist, derart verringert, dass für weitere Projekte nur mehr wesentlich weniger Geld bliebe, wird keine Förderung zuerkannt. Genaue Betragsgrenzen zur Entscheidungsfindung existieren allerdings nicht.

Die burgenländischen Landesvoranschläge bzw tatsächlichen Ausgaben für Kulturbelange bewegen sich im Bereich zwischen jährlich 22 und 23 Mio EUR für die Jahre 2013 bis 2015, wobei sich dieses Budget in verschiedene Einzelposten gliedert. Ua sind unter dem Posten „Festspiele“ fixe Positionen für die *****-Festspiele in ***** sowie für die *****festspiele in ***** enthalten.

Im Landesbudget war ein Betrag von 1.755.600 EUR (für das Jahr 2014) sowie von 1.787.200 EUR (für das Jahr 2015) für den Posten „Sonstige Kunstpflege“ vorgesehen. Für „Sonstige Kulturförderung von privaten gemeinnützigen Einrichtungen, Förderung der Jugendkultur, sonstige Kulturförderung und neue Aktivitäten, sonstige Kulturförderung von Privatpersonen etc“ waren 1.157.700 EUR (jeweils für die Jahre 2014 und 2015) vorgesehen.

Die Beklagte zahlte an die *****festspiele in ***** im Jahr 2014 325.839,58 EUR und 2015 325.718,70 EUR. Für die *****-Festspiele Burgenland wurden von der Beklagten im Jahr 2014 501.062,95 EUR und im Jahr 2015 506.067,55 EUR ausbezahlt. Daneben erhielt das *****zentrum in ***** für Spielbetrieb, Pacht, Instandhaltungs-, Betriebs- und Personalkosten im Jahr 2014 insgesamt 188.340 EUR. Der Verein *****, der die Seefestspiele betreibt, erhielt im Jahr 2015 51.830 EUR aus dem Kulturbudget. Daneben übernahm die Beklagte eine Ausfallshaftung in der Höhe von 6,6 Mio EUR für einen Kredit. Die Erweiterung bzw der Zubau des Tribünenbereichs, der Zubau gastronomischer Einrichtungen sowie die Einrichtung eines multimedialen Informationssystems wurden im Zeitraum 2007–2013 mit insgesamt 2.400.995,23 EUR gefördert. Weiters wird Personal für die *****festspiele ***** sowie für die burgenländischen *****festspiele (Landesbedienstete) von der Beklagten aus dem Landesbudget bezahlt.

Es steht nicht fest, aus welchem Grund der burgenländische Landtag die genannten Festivals mit finanziellen Mitteln ausstattet. Ebenso wenig steht fest, dass die Finanzierung der *****-Festspiele und der *****festspiele in ***** eine „kulturpolitische Maßnahme“ des Landes darstellt.

2014 und 2015 förderte die Beklagte eine Reihe von kulturellen Veranstaltungen (Musikfestivals, Theater, Kinderoper, Festspiele etc) mit Beträgen bis zu rund 230.000 EUR. Auch im Jahr 2016 vergab das Land Kulturförderungen.

Im Jahr 2014 wurden vom Amt der burgenländischen Landesregierung 537 Förderungen gewährt und 97 Förderansuchen abgelehnt, wobei nicht festgestellt werden kann, warum diese Ansuchen im Einzelnen abgelehnt wurden. Diese Zahlen waren in den Jahren 2015 und 2016 ähnlich. Die meisten beim Amt der Burgenländischen Landesregierung einlangenden Kulturförderungsansuchen bewegen sich in einem Bereich bis zu 5.000 EUR. Im Zuge der Überprüfung der Förderungsansuchen wird ua auch geprüft, ob eine begehrte Förderung in den zur Verfügung stehenden Förderbudgettöpfen Deckung findet.

Zu diesem Zweck führt die Beklagte tagesaktuelle Listen, aus denen der Restbetrag des veranschlagten Förderbudgets – aufgeteilt auf die jeweiligen Förderzwecke – hervorgeht. Die zur Verfügung stehenden Fördermittel haben auch Einfluss auf die Förderhöhe. Langt ein Förderansuchen beim Land ein, so wird auch überprüft, ob die beantragte Förderhöhe im Hinblick auf die verbleibenden Fördermittel zu hoch erscheint. Bei Bedarf werden beantragte Förderungen dann – zumindest manchmal – gekürzt, das heißt, es wird weniger zugesprochen als beantragt. Es kann nicht festgestellt werden, dass dabei überprüft wird, ob die mit der beantragten Förderung zu finanzierenden Projekte auch mit der gekürzten Förderhöhe durchgeführt werden können. In den letzten Jahren langten ua auch Förderanträge für bislang noch nicht geförderte Projekte in einer Größenordnung von 400.000 EUR sowie von ca 200.000 EUR ein, die allein aufgrund der Tatsache, dass die beantragten Beträge im Budget keine Deckung fanden, abgelehnt wurden.

Dieses Vorgehen betraf in den letzten Jahren immer nur bislang ungeförderte Projekte, nicht jedoch Projekte, für die bereits in den Vorjahren Förderungen ausbezahlt wurden. 2015 und 2016 wurden insgesamt vier oder fünf derartige Förderwerber neuer Projekte, die höhere Beträge ab etwa 100.000 EUR beantragten, aus budgetären Gründen abgelehnt.

Die Klägerin veranstaltete 2015 und 2016 im Steinbruch ***** die Opern „Toska“ und „Der Liebestrank“ und im Schloss ***** die Kinderoper „Die Schneekönigin“. Die Oper im Steinbruch hat überregionale Bedeutung, sie wird mit dem Burgenland als Kulturland assoziiert. In den Jahren 2015 und 2016 besuchten jeweils etwa 100.000 Menschen die Opernveranstaltungen im Steinbruch *****. Die Familie ***** veranstaltet bereits seit der Zeit des Josef Haydn Opern in Eisenstadt, die Kinderoper wurde überwiegend von Schulklassen und Kindern samt Begleitpersonen aus dem Nordburgenland besucht.

Für die Produktionen im Jahr 2015 beantragte die Klägerin im Juni 2015, für jene im Jahr 2016 mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 Förderungen von je 250.000 EUR. Sie führte Ausgaben für Personalkosten, Verwaltungsaufwand, Sachaufwand, Werbung und sonstige Ausgaben an, denen sie Einnahmen in gleicher Höhe durch Eigenmitteleinsatz, Eintritte und Verkauf, Werbung/Sponsoring sowie beantragte Förderungen gegenüberstellte.

Aufgrund der außergewöhnlichen Höhe der beantragten Beträge und der nicht vorhandenen Deckung im Kulturförderungsbudget beschloss die Beklagte, die beiden Veranstaltungen nicht zu fördern. Es kann nicht festgestellt werden, dass weitere Kriterien geprüft wurden.

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2015 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass aufgrund der hohen Anzahl der einlangenden Förderungsansuchen und der knappen budgetären Situation eine Förderung nicht möglich sei und dem Ansuchen daher nicht entsprochen werden könne. In einem weiteren Schreiben bezüglich zukünftiger Förderungen informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass es im Kulturbudget nur geringe Spielräume zur Förderung neuer bzw zusätzlicher Projekte oder Initiativen gebe und angesichts der allgemeinen Sparvorgaben keine Möglichkeit der Erhöhung des Kulturbudgets bestehe. Eine Förderung der beiden Opernprojekte in der beantragten Höhe würde eindeutig zu Lasten der Vielfalt der kulturellen Tätigkeit im Burgenland gehen. Der Klägerin bleibe es unbenommen, im aktuellen Kalenderjahr einen Antrag auf Förderung zu stellen. Mit Schreiben vom 8. März 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass es im Kulturbudget nur geringe Spielräume gebe, um über die seit Jahren regelmäßig geförderten Festival-Projekte hinaus neue bzw zusätzliche Projekte oder Initiativen zu fördern; diese Spielräume hätten sich
– nachdem 2016 noch weniger Budgetmittel zur Verfügung stünden – noch mehr verringert, weshalb eine Ausweitung der Festspielförderungen auf neue Begünstigte und damit verbunden eine Förderung der beiden Projekte der Klägerin auch im Jahr 2016 nicht möglich sei.

Alle vier Projekte der Klägerin bilanzierten tatsächlich etwas schlechter als vorhergesehen. Die fehlenden Fördermittel von jeweils 250.000 EUR wurden der Klägerin von ihrer Alleingesellschafterin in Form einer Überbrückungsfinanzierung zur Verfügung gestellt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass den gegenständlichen Förderungsansuchen dann, wenn sie nicht aus dem Bereich ***** gekommen wären, Folge gegeben worden wäre. Ob einem anderen Förderwerber in derselben Situation mit den gleichen Projekten ein geringerer Teilbetrag zugesprochen worden wäre oder ob auch einem anderen Förderwerber in der Situation der Antragsteller ein vollständig abschlägiger Bescheid erteilt worden wäre, kann ebenso wenig festgestellt werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass außer dem fehlenden Budget auch andere Gründe für die ablehnende Entscheidung maßgeblich waren.

Die *****-Stiftungen haben gemeinsam mit der Klägerin ein langfristiges Konzept entwickelt, das zumindest bis zum Jahr 2020 die Finanzierung der Oper im Steinbruch vorsieht. Wenn dieses Projekt bis dahin nicht positiv bilanziert, wird die Weiterführung des Projekts überdacht werden. Im Jahr 2017 findet keine Kinderoper im Schloss ***** statt. Ein Mitgrund dafür – allerdings nicht der einzige Grund – ist die fehlende Gewährung von Förderungen durch das Land. Beim Projekt „Kinderoper im Schloss *****“ ist es – im Gegensatz zur Oper im Steinbruch ***** – bereits aus organisatorischen Gründen nicht möglich, dass es jemals positiv bilanziert.

Die Klägerin begehrt 1.000.000 EUR im Wesentlichen mit der Begründung, sie habe sämtliche Voraussetzungen des Burgenländischen Kulturförderungs-gesetzes (§ 4) erfüllt, eine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Förderungswerbern bestehe nicht. Grund für ihre Ungleichbehandlung sei, dass Projekte von „*****“ generell nicht gefördert werden sollten und sie eine Nahebeziehung zu „*****“ habe.

Aufgrund des Jahresbudgets von rund 20 Mio EUR wäre der Beklagten eine entsprechende Mittelverteilung möglich gewesen, jedenfalls hätten die Mittel auf alle geeigneten Förderungswerber verteilt werden müssen. Es seien mit ihren Produktionen kosten- und größenmäßig in etwa vergleichbare Projekte sowie eine Vielzahl anderer großer und mittelgroßer Veranstaltungen gefördert worden. Die Höhe der beantragten Förderungen rechtfertige nicht die völlige Ablehnung. Durch die aufgewendeten Eigenmittel stünden die beantragten Förderungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Gesamtkosten.

Die Beklagte wandte ein, Grund der Ablehnungen sei die überproportionale, völlig überzogene und vom Kulturbudget nicht gedeckte Höhe der beantragten Förderungen gewesen sowie der Umstand, dass die Verwirklichung der Projekte nicht von einer Förderung abhing und dass es weder vergleichbare Projekte gegeben habe, noch ein kalkuliertes Finanzierungskonzept. Auch Projekte, die aufgrund der beantragten Fördersumme mit jenen der Klägerin vergleichbar seien, seien zur Gänze abgelehnt worden, wobei die Ablehnungsgründe ebenfalls im begrenzten Kulturbudget und der besonderen Höhe der Förderung gelegen seien. Die budgetäre Situation sei ein sachlich gerechtfertigter Grund für die Ablehnung eines Förderansuchens.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es hielt fest, dass das privatrechtliche Subventionsverhältnis entscheidend durch den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz geprägt sei. Die Beklagte könne sich nicht auf § 4 Abs 4 Burgenländisches Kulturförderungsgesetz berufen, wonach kein Rechtsanspruch auf die Förderung bestehe. Bei diesem Gesetz handle es sich um ein Selbstbindungsgesetz, das bei einer Zuerkennung an einen Leistungswerber den anderen Leistungswerbern unter gleichen Bedingungen einen Anspruch vermittle. Nur sachliche, im Förderungszweck gelegene Gründe würden die Ablehnung eines Anspruchs rechtfertigen. Die Ablehnung einzelner Förderungswerber mit der Begründung, dass für die Förderung Budgetmittel fehlten, verstoße – auch mangels einer entsprechenden Bestimmung in der damaligen Fassung des Burgenländischen Kulturförderungsgesetzes – gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Klägerin habe die Voraussetzungen für eine Förderung ebenso wie andere Förderungswerber erfüllt, die eine Subvention erhalten hätten. Die von der Klägerin beanspruchte Förderung erscheine im Hinblick auf die prognostizierten Ein- und Ausnahmen bzw im Vergleich zu anderen geförderten Projekten auch der Höhe nach nicht unangemessen.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und schloss sich der Argumentation des Erstgerichts an. Die Beschränktheit des Budgets könne mangels konkreter, transparenter und sachlicher Richtlinien die Ablehnung der klägerischen Förderungsanträge nicht rechtfertigen. Die Höhe der Klagsforderung habe die Beklagte nicht substantiiert bestritten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur – schon mangels transparenter Förderungsrichtlinien – möglichen Diskriminierung im Zusammenhang mit der Vergabe von Förderungen bei einem begrenzt zur Verfügung stehenden Budget keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im abweisenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass die Klägerin die Förderungskriterien hinsichtlich der klagsgegenständlichen Kulturprojekte – ebenso wie mehrere Dritte bei vergleichbaren und geförderten Veranstaltungen – erfüllt hat und der begehrte Betrag auch der Höhe nach angemessen ist.

In ihrem Rechtsmittel stützt sich die Beklagte im Wesentlichen nur mehr auf zwei Einwendungen: Zum einen könne die Klägerin keinen positiven Leistungsanspruch, sondern nur einen Unterlassungsanspruch geltend machen, weil das Burgenländische Kulturförderungsgesetz einen Rechtsanspruch auf Subvention ausschließe. Zum anderen stehe eine Förderung unter dem Vorbehalt der budgetären Deckung, weshalb die Ablehnung einer Förderung unter Hinweis auf das ausgeschöpfte Budget nicht dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche.

Rechtliche Beurteilung

A. Schadenersatzanspruch bei diskriminierender Förderungsvergabe:

1. Die Vorinstanzen haben die Grundsätze für die Förderung im Burgenländischen Kulturförderungsgesetz zutreffend als sogenanntes Selbstbindungsgesetz qualifiziert (vgl 7 Ob 119/09i, 1 Ob 218/14m). Selbstbindende Normen im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung sind ein Katalog von Verhaltenspflichten für die öffentliche Hand, von denen im Fall öffentlicher Bekanntgabe oder allgemeiner Zugänglichkeit jedermann weiß, dass die Verwaltungsorgane diese Verpflichtungen einzuhalten haben (7 Ob 159/97a; RIS-Justiz RS0110159). Die sogenannte „Fiskalgeltung der Grundrechte“ für Gebietskörperschaften ist allgemein anerkannt (7 Ob 119/09i; 3 Ob 104/10f; vgl RIS-Justiz RS0038110). Darunter versteht man, dass der Staat und die anderen Gebietskörperschaften auch dann an die Grundrechte und daher auch an das aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitende Sachlichkeitsgebot (vgl RIS-Justiz RS0058455; RS0053981) gebunden sind, wenn sie nicht hoheitlich, sondern in der Rechtsform des Privatrechts handeln (7 Ob 72/14k, RIS-Justiz RS0038110; Raschauer, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen, in Eilmansberger et al, Beihilfenrecht 31), also auch insoweit nur im öffentlichen Interesse handeln dürfen (7 Ob 299/00x mwN).

2. Die öffentliche Hand steht daher auch bei privatrechtlicher Tätigkeit und gerade bei Subventionsvergaben unter weitgehenden Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes (RIS-Justiz RS0038110, RS0102013). Die Bindung an den Gleichheitsgrundsatz auch bei privatrechtlicher Subventionsvergabe besagt, dass gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln sind. Entspricht es der überwiegenden Praxis, die Subvention bei Vorliegen bestimmter typischer Voraussetzungen zu gewähren, darf im Einzelfall grundsätzlich nur dann davon abgewichen werden, wenn besondere sachliche, am Förderungszweck ausgerichtete Gründe dies rechtfertigen, so etwa wenn kein wirtschaftliches Interesse an weiterer Förderung besteht, die Vermögensverhältnisse des Subventionswerbers schlecht sind, im Antrag versucht wird, über das Vorliegen der Voraussetzungen zu täuschen oder dergleichen. Nach gesicherter Rechtsprechung ist eine Gebietskörperschaft, die sich in einem Selbstbindungsgesetz zur Leistung unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet hat, grundsätzlich von Gesetzes wegen verpflichtet im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgebot bzw dem Diskriminierungsverbot, diese Leistung jedermann, der diese Voraussetzungen erfüllt, zu erbringen, wenn sie eine solche Leistung in anderen Einzelfällen bereits erbrachte (6 Ob 514/95 ÖZW 1996, 51 [Kalss], 1 Ob 272/02k ua).

3. Auf eine solche Leistung besteht insoweit ein klagbarer Anspruch (RIS-Justiz RS0018989 [T2]).

3.1 Eine Regelung in einem Selbstbindungsgesetz, die dem Einzelnen ein subjektives Recht auf die Gewährung von Förderung sowie auf eine bestimmte Art und Höhe der Förderung verwehrt (wie etwa § 4 Abs 4 Burgenländisches Kulturförderungsgesetz: „besteht kein Rechtsanspruch“), schließt einen solchen Leistungsanspruch nicht aus (Kalss, ÖZW 1996, 51 [Entscheidungsanmerkung]; 1 Ob 272/02k mwN); dient doch die Fiskalgeltung der Grundrechte im Privatrecht gerade der Begründung klagbarer Leistungsansprüche gegen den Staat (1 Ob 272/02k, 9 Ob 71/03m; vgl bereits 6 Ob 514/95 zu einem in den Förderungsrichtlinien enthaltenen Ausschluss eines Rechtsanspruchs).

3.2 Der Gesetzgeber, der in Förderungsgesetzen einen Rechtsanspruch des Förderungswerbers ausschließt, trachtet primär danach, eine Verletzung der Kompetenznormen des B-VG zu vermeiden (1 Ob 272/02k, 10 Ob 23/03k, 9 Ob 71/03m, 5 Ob 98/05f). § 4 Abs 4 Burgenländisches Kulturförderungsgesetz zielt zwar darauf ab, den Förderungswerbern eine klagsweise Durchsetzung ihrer Förderungsanträge im Allgemeinen nicht zu ermöglichen; diese Bestimmung ist verfassungskonform aber dahin auszulegen, dass sie bei unsachlicher Verweigerung eines Förderungsantrags trotz der Subvention vergleichbarer Projekte Dritter einem Leistungsanspruch gegen die Beklagte wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht entgegensteht. Auch dem hier geltend gemachten Anspruch liegt aber nicht nur zugrunde, dass der Klägerin die Förderungen trotz Erfüllung der Förderungsrichtlinien verweigert wurden. Die Klägerin fordert vielmehr Schadenersatz und beruft sich ausdrücklich darauf, dass das beklagte Land gegen die Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes verstoßen und sie als Förderungswerberin diskriminiert habe. In Anknüpfung an die eben referierte Rechtsprechung steht dem Benachteiligten in diesem Fall einer willkürlichen Weigerung – wenn also eine Förderung eines Antragstellers abgelehnt wird, obwohl eine andere, mit ihm in äußerlich gleicher Situation befindliche Person gefördert wird – ein direkter (Geld-)Leistungsanspruch zu.

3.3 Die Bestimmung des § 4 Abs 4 Burgenländisches Kulturförderungsgesetz steht einem solchen Anspruch somit nicht entgegen (RIS-Justiz RS0117458). Da die in Frage stehende Norm mögliche Ansprüche aus dem Gleichheitsgrundsatz nicht betrifft (Wilhelm, Privatrechtliche Probleme der Subvention, in Wenger, Förderungsverwaltung [1973] 214 FN 56 zweite Alternative; Kalss, ÖZW 1996, 51 [Entscheidungsanmerkung]), ist sie für die Prüfung des hier geltend gemachten Anspruchs nicht präjudiziell und daher auch nicht anzuwenden, weshalb auch eine Anfechtung dieser Norm beim Verfassungsgerichtshof (Art 89 Abs 2 B-VG) nicht in Betracht kommt. Die wegen der unterlassenen Anfechtung in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangelhaftigkeit liegt daher nicht vor.

4.1 Die Beklagte argumentiert gegen den von den Vorinstanzen bejahten Leistungsanspruch auch damit, dass ein solcher bei einem Selbstbindungsgesetz nur im Bereich der „Grundversorgung … und auch nur dann, wenn es sich um existenzielle Basisleistungen handelt“ in Frage komme.

4.2 Richtig ist, dass zahlreiche Entscheidungen über Leistungsansprüche, die sich auf die Fiskalgeltung der Grundrechte im Privatrecht stützen, den Betreuungsaufwand für einen Asylwerber betrafen (1 Ob 272/02k, 9 Ob 71/03m, 5 Ob 98/05f, 1 Ob 107/12k, 7 Ob 72/14k). Eine Einschränkung auf den Bereich der Betreuungsleistungen (im Asylbereich) oder auf sonstige existenzielle Leistungen ist der oben referierten Judikatur aber nicht zu entnehmen (vgl auch Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht11 [2016] Rz 738: „nicht nur dann, wenn es sich um lebensnotwendige Güter und Leistungen handelt“).

4.3 Ein Leistungsanspruch des Förderungswerbers wird von der Judikatur etwa auch im Bereich der Presseförderung bejaht, wenn der Geber bei der Entscheidung über die Förderung unsachlich vorgeht (10 Ob 23/03k, vgl auch 3 Ob 36/14m).

4.4 Auch zu 1 Ob 218/14m bejahte der Oberste Gerichtshof zudem einen möglichen Schadenersatzanspruch wegen Verstoßes gegen das (ebenfalls als Selbstbindungsgesetz qualifizierte) Stellenbesetzungsgesetz durch den handelnden Minister. Auch in dieser Entscheidung ging es nicht um existenzielle Basisleistungen der Grundversorgung (von Asylwerbern).

4.5 Die Ausführungen im Rechtsmittel stützen somit nicht eine Ablehnung eines Rechtsanspruchs auf Schadenersatz bei diskriminierender Förderungsvergabe.

B. Förderung vorbehaltlich ausreichender Deckung:

1. Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass die Zuerkennung des Klagsbetrags bei diskriminierender Vorgangsweise der Beklagten in Betracht kommt. Die Vorinstanzen haben zutreffend herausgearbeitet, dass ein solcher Anspruch dann bejaht werden kann, wenn das beklagte Land seiner Entscheidung unsachliche Gründe zugrundelegte.

2. Die Beklagte wandte allerdings auch mehrmals ein, dass das Kulturbudget zur Deckung der klägerischen Förderungsansuchen nicht gereicht hätte. Das Berufungsgericht erachtete diesen Einwand schon deshalb als unbegründet, weil sich die Beklagte keiner konkreten und transparenten Richtlinie bedient hätte.

3. Dabei wurde jedoch nicht ausreichend darauf Bedacht genommen, dass der Förderungsgeber auch die aus dem Haushalt folgende Mittelbeschränkung im Rahmen der Sachlichkeit zu berücksichtigen hat (Rebhahn, Beihilfen und Subventionsrecht, in Raschauer, Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts3 [2010] Rz 885). Das alleinige Abstellen auf die inhaltliche Berechtigung des Förderungsansuchens könnte nur dann ein taugliches Konzept zur Verwirklichung der Gleichbehandlung sein, wenn ausreichende Mittel zur Deckung aller sachlich gerechtfertigten Subventionsbegehren zur Verfügung stünden (Wilhelm, Privatrechtliche Probleme der Subvention 215). Anders gewendet bedeutet das für die hier zu beurteilende Konstellation, dass eine an sich (sonst) unsachliche Vorgangsweise der Beklagten den Schadenersatzanspruch insoweit nicht stützen kann, wenn die dazu erforderlichen Subventionsmittel zum Zeitpunkt der Förderungsansuchen bereits ausgeschöpft waren.

4. Schon in der Entscheidung 6 Ob 514/95 wurde darauf hingewiesen, dass im Anlassfall kein Vorbringen zur Erschöpfung der Subventionsmittel erstattet worden sei. Der Oberste Gerichtshof hat damit – wenn auch obiter – bereits einen derartigen Einwand für möglich gehalten.

5. Daran ist hier anzuknüpfen, weil – wie aufgezeigt – die Beklagte diesen Einwand erhoben hat. Dass das Burgenländische Kulturförderungsgesetz zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Förderungsantrag – im Gegensatz zur aktuellen Fassung (vgl § 1 Abs 2a und Abs 4 leg cit) – nicht ausdrücklich auf die vorhandenen Ressourcen bzw auf die im Landesvoranschlag vorgesehenen Mittel Bedacht nahm, steht diesem Einwand nicht entgegen: Liegt doch ein solcher Deckungsvorbehalt in der Kulturförderung bereits dem Gesetz stillschweigend (immanent) zugrunde, zumal die Organe des Landes bei der Vollziehung (insb des Landesvoranschlags) (stets) an die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gebunden sind (Art 37 Abs 4 und Art 74 Abs 5 Burgenländisches Landes-Verfassungsgesetz).

6.1 Die Feststellungen reichen nicht aus, um den Einwand der fehlenden Deckung umfassend zu prüfen. Fest steht, dass die Förderungsansuchen „wegen nicht vorhandener Deckung im Kulturförderungsbudget“ abgelehnt wurden. Daraus ist aber nicht abzuleiten, in welchem Ausmaß (zur Gänze?) keine Deckung für die klagsgegenständlichen Ansuchen bestand. Es bleibt auch unklar, ob und inwieweit die fehlende Deckung bereits aus fixen Förderungszusagen berechtigter Förderungswerber resultierte oder (auch) deshalb vorlag, weil die Beklagte die Fördergelder für noch nicht gestellte (prognostizierte) Förderungsansuchen im jeweiligen Haushaltsjahr reservierte.

6.2 Insoweit wird das Erstgericht die Feststellungen zu ergänzen haben. In dem Umfang, in dem die Mittel für das jeweilige Haushaltsjahr zum relevanten Zeitpunkt der Antragstellung (vgl RIS-Justiz RS0038110) wegen sachlich berechtigter und früherer Förderungsansuchen bereits ausgeschöpft waren, wäre der auf die Fiskalgeltung der Grundrechte gestützte Schadenersatzanspruch der Klägerin zu verneinen, weil der Klägerin eine (kausale) unsachliche Vorgangsweise insoweit nicht zur Last gelegt werden könnte. Damit würde im Ergebnis auf den Zeitpunkt des Einlangens (berechtigter) Anträge abgestellt werden, was aber eine Diskriminierung ausschließt (vgl die Entscheidung des BVwG zu W 148 2116371-1). Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, dass weite Bereiche der Rechtsordnung das Spannungsfeld konkurrierender (gleichwertiger und berechtigter) Ansprüche mit dem Rangprinzip auflösen (vgl etwa das Sachenrecht, das Immaterialgüterrecht oder die Bestimmungen der Exekutionsordnung). Die Beklagte könnte sich hinsichtlich der Höhe der zum Zeitpunkt der Förderungsansuchen der Klägerin noch zur Verfügung gestandenen Beträge mangels transparenter Richtlinien allerdings nicht darauf berufen, dass noch nicht gebundene Beträge für spätere Anliegen (im gleichen Haushaltsjahr) reserviert hätten werden müssen.

6.3 Für den Fall, dass auch ein teilweiser Zuspruch der beanspruchten Fördermittel im Interesse der Klägerin lag, indem ihr etwa dadurch die Durchführung ihrer Projekte ermöglicht oder erleichtert hätte werden können, wäre die Berechtigung eines entsprechenden Teilzuspruchs zu prüfen, wobei für das Ausmaß des Zuspruchs mangels sachlicher Richtlinien der Beklagten entscheidend ist, dass die (unstrittig berechtigten) Anträge der Klägerin gegenüber den späteren Anträgen anderer Förderungswerber im konkreten Haushaltsjahr vorrangig waren; und zwar ungeachtet dessen, ob die Projekte Dritter in den Vorjahren gefördert wurden.

C. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Textnummer

E121890

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00083.18D.0523.000

Im RIS seit

05.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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