Entscheidungsdatum
26.06.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
I416 1210149-3/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Liberia, vertreten durch RA Mag. Dr. Anton KARNER, Steyrergasse 103/11, A-8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018 Zl. 63663703/180501543/BMI-BFA_STMK_RD zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 21.10.1996 unter dem Namen XXXX, geb. am XXXX, Staatsangehörigkeit Liberia, einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.12.1996, Zl. 9606.041-BAG, wurde der Antrag auf Gewährung von Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 14.07.1997, Zl. 4.350.867/1-III/13/97, gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.04.1999, Zl. 97/20/0534, wurde die dagegen erhobene Beschwerde zurückgewiesen, zumal mit Inkrafttreten des Asylgesetzes am 01.01.1998 gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997 das Asylverfahren in das Stadium vor Erlassung des angefochtenen Bescheides zurückgetreten war. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12.09.2000, Zl. 210.149/0-XII/36/99, wurde die Berufung sodann gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.09.2003, Zl. 2000/20/0457, abgelehnt.
2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 24.02.2003 wurde gegen den BF gemäß § 39 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 26.04.2004 mit der Maßgabe abgewiesen, dass gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wird. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 10.04.2003 wurde gemäß § 75 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, dass der BF in Liberia gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 Fremdengesetz 1997 bedroht ist. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 26.04.2004 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.02.2005, Zlen. 2004/21/0279 und 0280, wurden die Beschwerden gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark jeweils vom 26.04.2004 zurückgewiesen.
3. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.06.2015, wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt. Mit Urteil des Oberlandesgerichts
XXXX vom 20.01.2016, XXXX, wurde der dagegen erhobenen Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf sechs Jahre herabgesetzt.
4. Nach einer niederschriftlichen Einvernahme am 11.02.2016 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.02.2016 gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung nach Liberia zuständig ist, ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.
5. Am 09.10.2017 erfolgte eine Identitätsprüfung des BF durch die liberianische Botschaft. Im Ergebnis wurde durch die Delegation mitgeteilt, dass der BF kein Staatsbürger von Liberia ist (Akt Seite 37) und dass er möglicherweise nigerianischer Staatsbürger sei. Dieses Ergebnis wurde der belangten Behörde am 13.11.2017 mitgeteilt.
6. Der gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 24.02.2016 erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.05.2018, Zl. W144 1210149-2/4E Folge gegeben und begründend zusammengefasst ausgeführt, dass im vorliegenden Fall eine Rückkehrentscheidung ohne amtswegige Prüfung gemäß § 57 AsylG getroffen worden sei, weshalb diese unzulässig sei.
7. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.05.2018, Zl. 63663703/180501543/BMI-BFA_STMK_RD wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 2 Asylgesetz iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz erlassen (Spruchpunkt I.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Liberia (hervorgehoben durch BVwG) gemäß § 46 Fremdenpolizeigesetz zulässig sei (Spruchpunkt II.). Zugleich wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 5 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Zuletzt wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt.
8. Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 30.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, in 1170 Wien als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt. Mit Schreiben der Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH vom 01.06.2018 wurde die erteilte Vollmacht zurückgelegt.
9. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seinen gewillkürten Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 18.06.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen unsubstantiiert vor, dass der BF seit 22 Jahren in Österreich aufhältig sei und er im Falle seiner Rückkehr nach Liberia einer existentiellen Notlage ausgesetzt wäre zumal er dort aufgrund der wirtschaftlichen Lage keinerlei Verdienstmöglichkeiten hätte, weshalb eine Rückkehrentscheidung unzulässig wäre. Außerdem würde der BF seit 10 Jahren in einer Lebensgemeinschaft wohnen und sei sein Privatleben schützenswert, bzw. würde es an Feststellungen dazu fehlen. Die Behörde sei überdies ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen, aus dem Bescheid sei nicht zu entnehmen, welchen Sachverhalt sie ihrer rechtlicheren Beurteilung zugrunde gelegt hat. Die Behörde hätte im Fall, dass sie keine Feststellungen hätte treffen können zumindest sogenannte Negativfeststellungen treffen müssen. Es werde daher beantragt, in Stattgebung der Beschwerde den Bescheid ersatzlos zu beheben.
8. Mit Schriftsatz vom 19.06.2018, nach Unzuständigkeitseinrede der Gerichtsabteilung W144, bei der zuständigen Gerichtsabteilung eingelangt am 22.06.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen, Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Dieser ergibt sich bedenkenlos aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
Die entscheidungsmaßgebliche Feststellung der belangten Behörde nämlich, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Liberia ist, ist aktenwidrig.
Die Aktenwidrigkeit ergibt sich aus dem dem Akt inneliegenden Schriftstück der Identitätsfeststellung (Aktenteil HRZ-Verfahren Seite 39), aufgrund dessen der Beschwerdeführer kein Staatsangehöriger von Liberia ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen des § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 lauten:
"Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
(6) Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.
(7) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.
(8) Durch die Aufhebung der angefochtenen Weisung tritt jener Rechtszustand ein, der vor der Erlassung der Weisung bestanden hat; infolge der Weisung aufgehobene Verordnungen treten jedoch dadurch nicht wieder in Kraft. Die Behörde ist verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Die maßgeblichen Bestimmungen des § 46 und § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 lauten:
Abschiebung
§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.
(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es allfällige Gebühren und Aufwandersatzleistungen an ausländische Behörden im Zusammenhang mit der Abschiebung zu entrichten und sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.
(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.
(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.
(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.
Rückkehrentscheidung
§ 52. (1) ... (8)
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) ...
Zu A) Behebung des Bescheides
Im gegenständlichen Verfahren betreffend einer Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung nach Liberia hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seiner Entscheidung die Feststellung zugrunde gelegt, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Liberia ist, obwohl dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seit der Identitätsfeststellung im Zuge einer Vorführung durch eine liberianische Delegation am 09.11.2017 bewusst gewesen sein musste, dass die vom Beschwerdeführer in seinem bisherigen Verfahren behauptete Staatsangehörigkeit nicht den Tatsachen entspricht. Seitens der Behörde war im Rahmen dieser Rückkehrentscheidung auch über die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen unter Anführung des Zielstaates zu entscheiden.
Insofern die belangte Behörde ihre Entscheidung auf die liberianische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers stützt, liegt Aktenwidrigkeit vor.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Aktenwidrigkeit dann vor, wenn sich die Behörde bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat bzw. wenn die Entscheidung in ihrer Begründung von Sachverhalten ausgeht, die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergeben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind und der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wurde (vgl. VwGH vom 24. Jänner 1996, 95/03/0170; VwGH vom 24. Oktober 2016, Ra 2016/02/0189; VwGH vom 12. Mai 2017, Ra 2017/18/0063; Hinweis E vom 22. April 2015, 2013/10/0143, mwN).
Im gegenständlichen Fall liegt, wie aus dem Akteninhalt ersichtlich, ein solch qualifizierter Widerspruch zwischen der Darstellung des Akteninhaltes einerseits und dem tatsächlichen Akteninhalt andererseits zweifelsfrei vor, da die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Liberia ist, entgehen der negativen Identitätsfeststellung durch die Delegation der liberianischen Botschaft erfolgt ist.
Ausgehend davon ist es auch für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich, aus welchem Grund das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diese ihr seit mehr als 7 Monaten bekannte Tatsache in ihrer Entscheidung vollständig negiert hat und konnte dem Bescheid auch kein Grund bzw. schlüssiger Hinweis dahingehend entnommen werden, warum das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl trotzdem von einer Staatsangehörigkeit von Liberia ausgegangen ist.
Aufgrund der seitens der belangten Behörde unter Außerachtlassung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhaltes getroffenen Entscheidung durch Heranziehung einer falschen Staatsangehörigkeit, damit einhergehend einer Interessensabwägung gemäß Art. 8 EMRK unter falschen Voraussetzungen und einer nicht effektuierbaren Abschiebung des Beschwerdeführers nach Liberia, war der bekämpfte Bescheid aus dem Rechtsbestand zu beseitigen.
Dazu ist noch ergänzend darauf hinzuweisen, dass insbesondere für die Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung im Hinblick auf ein Verfahren auf Ausstellung einer Karte für Geduldete nach § 46a FPG die Klärung der Staatsangehörigkeit unabdingbar ist, da mit einer allfälligen Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 ein gesonderter Abspruch über das Vorliegen der Duldung nicht mehr erforderlich ist.
Letztlich ist noch anzumerken, dass es sich bei der Regelung zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und damit auch des beschleunigten Verfahrens um eine Ermessensentscheidung der Behörde ("kann") handelt. Dabei hat die Behörde die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil "die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist" (Z 1). Im gegenständlichen Verfahren ist die Beschwerde am 21.06.2018 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes eingelangt. Ein gesonderter Abspruch über die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bzw. inhaltliche Auseinandersetzung mit dem normierten Tatbestand konnte unterbleiben bzw. erübrigt sich aufgrund der am 26.06.2018 getroffenen Entscheidung, da diese innerhalb der in § 17 Abs. 1 BFA-VG genannten Frist von einer Woche ab Vorlage der Beschwerde ergeht.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG unterbleiben, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aktenwidrigkeit, Behebung der Entscheidung, Ermittlungsverfahren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I416.1210149.3.00Zuletzt aktualisiert am
04.07.2018