TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/24 LVwG-AV-1/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2018
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Entscheidungsdatum

24.04.2018

Norm

BAO §184 Abs1
BAO §208 Abs1 lita
BAO §209a Abs1
BAO §288 Abs1
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §10 Abs1
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §10 Abs2
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §10 Abs3
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §10 Abs8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin
HR Dr. Grassinger über die Beschwerde von Herrn A, ***, ***, gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 20. September 2017, GZ: ***, mit welchem der Berufung gegen den Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 02. März 2016, GZ: ***, teilweise dahingehend Folge gegeben wurde, dass gemäß § 10 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978, LGBl. 6930-7, in Verbindung mit der Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** und § 198 Bundesabgabenordnung (BAO) die Wasserbezugsgebühr für den Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014, für die Liegenschaft ***, ***, Liegenschaftseigentümer A, mit € 7,50 (exklusive 10% USt) für den geschätzten Verbrauch im bezeichneten Abrechnungszeitraum von 5 m³ neu festgesetzt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung wie folgt:

1.       Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 20.09.2017, GZ: ***, mit welchem der Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde ***, vom 02.03.2016, GZ: ***, dahingehend abgeändert wurde, dass für den Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 die Wasserbezugsgebühr für die Liegenschaft ***, ***, Liegenschaftseigentümer A, mit € 7,50 (exklusive 10% USt) für einen Verbrauch von 5 m³ festgesetzt wurde, wird bestätigt.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 10 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978

§ 279 Bundesabgabenordnung (BAO)

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) iVm

Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 02.03.2016, GZ: ***, wurde gegenüber dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Liegenschaft ***, ***, für den Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014, für diese Liegenschaft eine Wasserbezugsgebühr in der Höhe von

€ 17.122,50 (exklusive 10% USt) festgesetzt.

Der Gebührenberechnung zu Grunde gelegt wurden ein Zählerstand alt am 08.07.2013 von 40 m³ und ein Zählerstand neu am 12.05.2014 von 11.455 m³, somit ein Verbrauch von 11.415 m³, woraus unter Zugrundelegung des § 7 Abs. 2 der auf die Entstehung der Abgabenschuld bezogenen, geltenden Fassung der Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** unter Zugrundelegung einer Grundgebühr von € 1,50 für 1 m³ Wasser ein Betrag von € 17.122,50 (exklusive 10% USt) vorgeschrieben wurde.

Begründend führte das Stadtamt in der zitierten Entscheidung im Wesentlichen aus, dass als Vorschreibungszeitraum der in der Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** festgelegte Ablesungszeitraum (konkret 01. Juli bis 30. Juni) heranzuziehen sei. Die Vorgangsweise sei so gewesen, dass an alle Kunden Eigenableseformulare ausgeschickt worden seien. Nach Ablauf der Frist für die Selbstablesung sei ein erster Ableseversuch durch einen Mitarbeiter der Wasserversorgung erfolgt. Nach erfolglosem Ableseversuch sei ein zweiter Ableseversuch, diesmal mit Terminvereinbarung, durch einen Mitarbeiter der Wasserversorgung, unternommen worden.

Da auch dieser zweite Ableseversuch erfolglos gewesen sei, habe der Wasserverbrauch in den Abrechnungsjahren 2009/2010, 2010/2011, 2011/2012 und 2012/2013 geschätzt werden müssen. Für diese Jahre sei ein Verbrauch von

10 m³/ Jahr angenommen worden. Am 12.05.2014 sei ein Wasserzählertausch erfolgt, wobei ein Ausbaustand von 11.455 m³ mittels Unterschrift der Ehegattin des Bescheidadressaten zur Kenntnis genommen worden sei.

Mit fristgerecht eingebrachter Berufung laut Schriftsatz von 22.03.2016 erhob der nunmehrige Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** Berufung, in welcher er im Wesentlichen auf die Lastschriftanzeige vom 18.08.2014 und darauf verwies, dass dort das Datum 08.07.2013 bis 12.05.2014 genannt sei. Das heiße, der Wasserverbrauch von

11.415 m³ habe in einem Jahr oder nicht einmal in einem Jahr stattgefunden. Der Berufungswerber habe niemals in einem Jahr so viel Wasser verbraucht und könne auch nicht in einem Jahr so viel Wasser versickert oder sonst weggeronnen sein, ohne dass dies in irgendeiner Weise auffällig geworden wäre. Der Einschreiter ersuchte, dazu einen Sachverständigen zu befragen. Ein Bescheid hätte nur nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erlassen werden dürfen. Dem Einschreiter sei bei Ankauf der Liegenschaft im Jahr 1990 vom Vorbesitzer mitgeteilt worden, dass der Wasserverbrauch seitens des Wasserwerkes abgelesen werde, da der Messschacht frei zugänglich sei. Daran habe sich auch nichts geändert.

Der Rechtsmittelwerber habe nie von einem Ableseversuch durch einen Mitarbeiter der Wasserversorgung erfahren und auch nicht davon, dass ein zweiter Ableseversuch mit Terminvereinbarung unternommen worden wäre. Er habe eine derartige Nachricht nie bekommen.

Nach Hinweisen auf § 10 und 11 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz führte der Einschreiter in der Berufung aus, dass nach der gesetzlichen Regelung eine Schätzung hinsichtlich der Berechnung der von ihm zu leistenden Abgabe unzulässig sei. Eine Schätzung für vier Jahre sei auf alle Fälle unzulässig, zumal bis 2009 seitens des Wasserwerkes abgelesen worden sei und der Einschreiter in keiner Weise von der neuen Vorgangsweise (Schätzung) unterrichtet worden sei.

Der Rechtsmittelwerber verwies auf einen Ablesevorgang eines Mitarbeiters des Wasserwerkes im Mai 2015 und darauf, dass am 04.02.2012 das Hausanschlussventil auf der Straße wegen eines Gebrechens gesperrt werden musste. Der Grund dafür sei ein schadhaftes Ventil im Wassermessschacht gewesen. Es sei eine Reparatur erfolgt, und sei eine Rechnung am 25.06.2012 gelegt worden. Seit dieser Reparatur sei kein Wasser mehr geronnen. Wie lange vor dem 04.02.2012 das Wasser wegen des schadhaften Ventils geronnen sei, könne der Einschreiter nicht sagen, da er weder im Haus noch im Garten Feuchtigkeitsschäden bemerkt habe. Der Einschreiter habe auf die Ablesung des Wasserwerkes vertraut und die Rechnungen, immer in ähnlicher Höhe, immer bezahlt.

Im mit Berufung angefochtenen Bescheid des Stadtamtes sei der Zeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 angeführt, und sei es in diesem Zeitraum zu keinem außergewöhnlichen Wasserverbrauch gekommen, da am 04.02.2012 das Hausanschlussventil auf der Straße abgesperrt und nach der Reparatur kein Wasser mehr geronnen sei.

Es fehle dem mit Berufung angefochtenen Bescheid der Nachweis, dass in der Zeit vom 01.07.2013 bis 30.06.2014 11.415 m³ Wasser verbraucht worden seien.

Der Einschreiter beantragte die Einvernahme seiner Ehegattin und legte eine Rechnung des Installateurs B vor.

Weiters führte der Einschreiter aus, dass das Stadtamt keine Behörde und somit der Bescheid von einer absolut sachlich unzuständigen Stelle gefertigt worden sei.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 20.09.2017, GZ: ***, wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und wurde unter Zugrundelegung des § 10 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz, der Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** und des § 198 BAO für den Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 die Wasserbezugsgebühr für die Liegenschaft ***, ***, in der Höhe von € 7,50 (exklusive 10% USt) festgesetzt. Als Zählerstand alt am 08.07.2013 wurden 11.450 m³, als Zählerstand neu am 12.05.2014 11.455 m³ zu Grunde gelegt.

Der Verbrauch von 5 m³ für den betreffenden Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 wurde durch den Stadtrat durch Schätzung dahingehend ermittelt, dass aus dem Datenblatt für die gegenständliche Zählerstanderfassung folgende Ableseergebnisse für den Zeitraum von sieben Jahren ermittelt wurden:

20.11.2004 bis 27.06.2005: Verbrauch 10 m³, 26.06.2007 bis 24.06.2008: Verbrauch 9 m³, 25.06.2008 bis 13.05.2009: Verbrauch 10 m³, 14.05.2015 bis 30.05.2016: Verbrauch 1 m³, 31.05.2016 bis 09.06.2017: Verbrauch 3 m³, 28.06.2005 bis 25.06.2007 (zwei Jahre): Verbrauch 3 m³.

Die errechneten Kubikmeterzahlen entsprechend den abgelesenen Zählerständen (10 m³ + 9 m³ + 10 m³ + 1 m³ + 3 m³ + 3 m³) wurden durch die Anzahl der erfassten Jahre (sieben Jahre) dividiert, und ermittelte der Stadtrat entsprechend der Begründung der in Beschwerde gezogenen Entscheidung für den Bezug habenden Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 somit einen geschätzten Verbrauch von gerundet 5 m³.

Unter Zugrundelegung der in der Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** für den Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld geltenden Grundgebühr (§ 7 Abs. 2) von € 1,50 für 1 m³ Wasser ergab sich somit ein vom Stadtrat in der Berufungsentscheidung neu festgesetzter Betrag der Wasserbezugsgebühr für den betreffenden Abrechnungszeitraum in der Höhe von

€ 7,50 (exklusive 10% USt).

Dem Vorbringen des Einschreiters, wonach das Stadtamt keine Behörde und somit „der Bescheid von einer absolut sachlich unzuständigen Stelle gefertigt worden“ sei, wurde seitens des Stadtrates der Stadtgemeinde *** in der Berufungsentscheidung entgegengehalten, dass das Stadtamt der Stadtgemeinde *** mit Beschluss des Gemeinderates nach § 18 Abs. 2 NÖ Gemeindeordnung zum Organ bestellt worden sei.

In der gegen diese Berufungsentscheidung fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde der angefochtene Bescheid seinem gesamten Inhalt nach bekämpft. Der Beschwerdeführer beantragte die Änderung dahingehend, dass die Vorschreibung der Wasserbezugsgebühr für den Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 zur Gänze aufgehoben werde. Ausdrücklich wurde die Berechnung für den Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 bekämpft und wurde eine Neufestsetzung beantragt. Der Zählerstand 2013 und 2014 sei unrichtig. Ausdrücklich angefochten werde die Richtigkeit der im Spruch angeführten Zählerstände.
Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrens verwies der Beschwerdeführer darauf, dass mit dem angefochtenen Bescheid seine Berufung nicht inhaltlich erledigt worden sei. Sämtliche Berechnungen über den Wasserverbrauch beruhten ausschließlich auf Schätzungen. Wann wirklich wie viel Wasser verbraucht worden sei, sei zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Es fehlten sohin jegliche Feststellungen zum tatsächlichen Verbrauch. Der Beschwerdeführer verwies erneut darauf, dass es im Wesentlichen darum gehe, ob er innerhalb eines Jahres

11.415 m³ verbraucht haben könne oder, dass diese Menge weggeronnen oder weggesickert sein könne, ohne dass dies in irgendeiner Weise bemerkt worden wäre. Der Beschwerdeführer habe ersucht, darüber einen Sachverständigen zu befragen. Im neuen Bescheid für das Jahr 2011/2012 vom 11.10.2017 werde der genannte Verbrauch sogar nur für ein halbes Jahr angenommen, da nach dem 04.02.2012 nichts mehr geronnen sei. Der Abrechnungszeitraum 01.07.2011 bis 30.06.2012 habe im speziellen Fall am 04.02.2012 geendet, da an diesem Tag die Wasserzufuhr abgesperrt worden sei. Auch sei es darum gegangen, wann dieser Verbrauch tatsächlich erfolgt sein solle und ob dieser dem Beschwerdeführer überhaupt anzulasten sei.

Der Beschwerdeführer verwies auf seine Berufungsausführungen und darauf, dass ein Ermittlungsverfahren vor Erlassung des Bescheides durchgeführt hätte werden müssen. Der bekämpfte Bescheid erkläre, wie normalerweise die Ablesung des Wasserverbrauchs geschehe. Im Fall des Beschwerdeführers sei es jedoch nicht so gewesen. Beim Ankauf der Liegenschaft 1990 sei dem Beschwerdeführer vom Vorbesitzer mitgeteilt worden, dass der Wasserverbrauch seitens des Wasserwerkes abgelesen werde, da der Messschacht frei zugänglich sei. Daran habe sich auch nichts geändert. Es habe auch all die Jahre funktioniert. Erst im Zuge dieses Verfahrens sei behauptet worden, dass der Wassermessschacht nicht frei zugänglich wäre. Der Beschwerdeführer verwies zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein bisheriges Vorbringen und auf den Akteninhalt, welches er jeweils auch zum Vorbringen seiner Beschwerde erhob.

Der Beschwerdeführer habe auch nie von Ableseversuchen durch einen Mitarbeiter der Wasserversorgung erfahren. Auch, dass ein zweiter Ableseversuch mit Terminvereinbarung unternommen worden wäre, sei ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden. Er habe eine derartige Nachricht nie bekommen. Die auf Seite 8 des in Beschwerde gezogenen Bescheides vom Stadtrat ausgeführte Vorgehensweise sei im Fall des Beschwerdeführers nicht so erfolgt. Eine Schätzung sei nur für die Fälle des § 11 Abs. 3 und 4 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz vorgesehen. Ablesezeitraum laut Gesetz sei immer nur ein Jahr. Eine Schätzung für vier bis fünf Jahre sei auf alle Fälle unzulässig, zumal bis 2009 seitens des Wasserwerkes abgelesen worden sei und der Beschwerdeführer in keiner Weise von der neuen Vorgangsweise (Schätzung) unterrichtet worden sei. Die gesetzliche Bestimmung der mindestens einmal jährlichen Ablesung sei sicher deshalb getroffen worden, um Schäden einer Nichtablesung zu vermeiden. Eine telefonische Zusage, dass seitens des Wasserwerkes abgelesen werde und dies auch fast 20 Jahre lang klaglos funktioniert habe, werde wohl als Vereinbarung zu beurteilen sein.

Nach Ausführungen betreffend die Möglichkeit des öffentlichen Zuganges zum Wasserzähler und nach neuerlichen Hinweisen, wonach nicht jährlich abgelesen worden sei, da die Behörde die Ablesemodalitäten geändert habe, ohne den Beschwerdeführer zu verständigen, verwies der Beschwerdeführer darauf, dass der erhöhte Wasserverbrauch auf ein Gebrechen in der Zuleitung/im Ventil zurückzuführen sei. Dieser Schaden könne nicht dem einzelnen Liegenschaftseigentümer angelastet werden, sondern sei vielmehr der Zulieferer für die Erhaltung der funktionsfähigen Wasserleitung samt Ventilen zuständig. Ein aus einer defekten Leitung entstehender Mehrverbrauch an Wasser sei daher vom Zulieferer zu verantworten. Adressat dieser Forderung könne nicht der Beschwerdeführer sondern nur die Stadtgemeinde *** sein. Ganz offensichtlich sei sich die Behörde auch des Problems bewusst, denn bereits im Jahr 2014 sei in einem gleichgelagerten Fall der Mehrverbrauch nicht von der Stadtgemeinde *** weiterverrechnet worden, sondern nur der tatsächliche Verbrauch. Ein plötzliches Abgehen von dieser Handhabung stelle eine gleichheitswidrige Behandlung dar.

Nach Hinweisen auf eine Unschlüssigkeit der Zugrundelegung der Zählermessstände beantragte der Beschwerdeführer seine Befragung und die Einvernahme seiner Frau C, weiters beantragte er die Bestellung eines Sachverständigen zur Klärung der Frage, ob im Zeitraum von nicht einmal einem Jahr die genannte Wassermenge (11.415 m³) ohne sichtbare Schäden im Haus, im Garten und auf der Straße „verbraucht“ oder weggeronnen sein könne.

Der Beschwerdeführer beantragte, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht anzuberaumen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt der Stadtgemeinde *** wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Schriftsatz vom 06.12.2017 zur Entscheidung vorgelegt.

Am 12.04.2018 wurde beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein des Beschwerdeführers sowie einer Vertreterin der belangten Behörde durchgeführt. In dieser Beschwerdeverhandlung wurde die Zeugin C einvernommen.

Auf Grund des von der belangten Behörde vorgelegten, unbedenklichen und in das Beweisverfahren einbezogenen Verwaltungsaktes (auf dessen Verlesung der Beschwerdeführer und die anwesende Parteienvertreterin in der Beschwerdeverhandlung verzichteten), weiters auf Grund der schriftlichen Ausführungen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren sowie im Beschwerdeschriftsatz und nach Einvernahme der Zeugin C, hatte das erkennende Gericht von folgendem, als feststehend anzusehenden Sachverhalt auszugehen.

Der Beschwerdeführer war im Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 Eigentümer der Liegenschaft ***, ***.

Auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers wurde am 14.05.2009 durch einen Mitarbeiter der ***-Wasserversorgung der neue Wasserzähler (mit der Nummer ***) mit dem Stand 1 m³ eingebaut. Dieser Kubikmeterstand des neu eingebauten Wasserzählers wurde vom Beschwerdeführer zur Kenntnis genommen.

Am 12.05.2014 erfolgte ein Wasserzählertausch auf dieser Liegenschaft. Beim Ausbau des Wasserzählers mit der Nummer *** wurde ein Zählerstand von 11.455 m³ festgestellt.

Über den Wasserzählertausch wurde ein Protokoll angefertigt, das von der Ehegattin des Beschwerdeführers, Frau C, unterfertigt wurde. Der Wasserzählerstand beim Ausbau des Wasserzählers am 12.05.2014 (mit 11.455 m³) wurde vom Beschwerdeführer zur Kenntnis genommen und nicht in Zweifel gezogen.

Der Wasserzähler mit der Nummer *** wurde über Veranlassung der Stadtgemeinde *** durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen überprüft. Das Ergebnis der Befundprüfung, Bestätigung Nummer ***, vom 18.12.2014, lautet (ausgenommen die erläuternden Bemerkungen) wie folgt:

„Die Befundprüfung gemäß § 47 Abs. 1 des Maß- und Eichgesetzes (MEG),

BGBl. Nr. 152/1950, idgF, hat ergeben, dass das unten angeführte Gerät richtig anzeigt und auch die weiteren Bedingungen für die Verkehrsfähigkeit einhält.

Auf Grund der Ergebnisse der durchgeführten Prüfungen darf das Messgerät bis zum Ablauf der Nacheichfrist (im eichpflichtigen Verkehr) verwendet werden.

Gegenstand: Kaltwasserzähler (Mehrstrahl-Flügelradzähler)

Bauart: ÖR, 3 m³/h

Identifikation: *** (Fabrikationsnummer)

Hersteller: ewt

Antragsteller: Stadtgemeinde ***, GA ***-Wasserversorgung, ***, ***

Datum der Befundprüfung: 11. und 18.11.2014

Jahr der letzten Eichung: 2009 (Eichstelle 5-13, Diehl Elin), gültig bis

31. Dezember 2014“

Der Beschwerdeführer war in Kenntnis des Ergebnisses der Befundprüfung des BEV, hat die Richtigkeit dieses Ergebnisses nicht in Zweifel gezogen und kein Gegengutachten betreffend die Funktionsfähigkeit des Bezug habenden Wasserzählers vorgelegt.

Am 04.02.2012 wurde innerhalb der Liegenschaft des Beschwerdeführers in ***, ***, ein schadhaftes Ventil beim Hauswasseranschluss festgestellt und musste das Wasserwerk verständigt werden, um das Wasser auf der Straße abzusperren, da durch den hohen Wasserstand im Schacht auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers das Wasser nicht abgedreht werden konnte. Durch das Installationsunternehmen B wurden der Oberteil und der Entleerungshahn beim Hauptventil im Wassermessschacht erneuert und wurde hierfür mit 25.06.2012 gegenüber dem Beschwerdeführer die Rechnung gelegt.

Im Zeitraum zwischen 2009 und dem 30.06.2014 hat sich kein weiterer Schadensfall auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers ereignet.

Im gegenständlichen Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 hatte sich ebenfalls kein Schadensfall auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Wasserzuleitung ereignet.

Die letzte Ablesung durch ein Organ des Wasserwerkes erfolgte im Jahr 2009. Seitens der Stadtgemeinde *** war zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt die Ablesung des Wasserzählers auf Selbstablesung umgestellt worden. Die Selbstablesung war so vorgesehen, dass dem jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft (gegenständlich dem Beschwerdeführer per Adresse seiner Hauptwohnsitzmeldung) ein entsprechendes Schreiben seitens der Stadtgemeinde *** übermittelt und um eine Ablesung des Wasserzählerstandes sowie um eine Mitteilung des Ergebnisses an die GA ***-Wasserversorgung (mit beigefügtem portofreien Rücksendekuvert, per Fax oder per E-Mail) ersucht wurde. Sollte eine Selbstablesung nicht möglich sein, konnte vom jeweiligen Wasserbezugsberechtigten ein Termin mit GA ***-Wasserversorgung vereinbart werden, an dem sodann ein Mitarbeiter der GA ***-Wasserversorgung die Ablesung vornehmen sollte. Für Rückmeldungen wurde seitens der Stadtgemeinde *** eine Frist (im Laufe der ersten Juni-Hälfte) gesetzt. Nach Ablauf dieser Frist wurde von GA ***-Wasserversorgung eine Liste jener Haushalte erstellt, von denen noch keine Rückmeldung eingelangt war. Mitarbeiter der GA ***-Wasserversorgung versuchten sodann, eine Ablesung bei diesen Haushalten durchzuführen. Wurde dort niemand angetroffen, wurde ein Informationsschreiben mit einer Terminankündigung für einen erneuten Ableseversuch im Briefkasten hinterlassen. Wenn beim zweiten Ableseversuch vor Ort niemand angetroffen wurde und keine Ablesung durchgeführt werden konnte, erfolgte seitens der Stadtgemeinde *** eine Schätzung des Wasserverbrauchs für diesen Zeitraum.

Eine Ursache, weshalb der Beschwerdeführer nicht in Kenntnis dieser Vorgehensweise in Bezug auf die Selbstablesung betreffend den Wasserbezug für das Grundstück ***, ***, gelangt ist, konnte nicht ermittelt werden.

Feststehend ist jedenfalls, dass es ab dem Jahr 2009 bis zum Jahr 2014 in Bezug auf das gegenständliche Grundstück zu einer Feststellung des Zählerstandes in Form eines Ableseergebnisses nicht gekommen ist. Es wurde daher für die jeweiligen Abrechnungszeiträume 2009/2010, 2010/2011, 2011/2012 und 29.06.2012 bis 07.07.2013 seitens der Stadtgemeinde *** eine Schätzung des Verbrauches durchgeführt.

Für den gegenständlichen Abrechnungszeitraum vom 01.07.2013 bis 30.06.2014 erfolgte eine Schätzung des Zählerstandes unter Zugrundelegung folgender Ableseergebnisse aus den Vorjahren:

20.11.2004 bis 27.06.2005: Verbrauch 10 m³

26.06.2007 bis 24.06.2008: Verbrauch 9 m³

25.06.2008 bis 13.05.2009: Verbrauch 10 m³

14.05.2015 bis 30.05.2016: Verbrauch 1 m³

31.05.2016 bis 09.06.2017: Verbrauch 3 m³

28.06.2005 bis 25.06.2007 (für zwei Jahre): Verbrauch 3 m³

Diese abgelesenen Zählerstandergebnisse wurden addiert und durch die Anzahl der erfassten Jahre dividiert, was für den gegenständlich verfahrensanhängigen Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 gerundet

5 m³ Wasserverbrauch ergab.

Bei der so vorgeschriebenen Menge an Wasserverbrauch für den verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum war eine für diesen Zeitraum bereits erfolgte Schätzung und vorgeschriebene Wasserbezugsgebühr nicht zu berücksichtigen, da für diesen Zeitraum eine solche nicht erfolgt ist.

Das Stadtamt der Stadtgemeinde *** wurde vor Erlassung des zu Grunde liegenden Bescheides vom 02.03.2016, GZ ***, nach § 18 Abs. 2 NÖ Gemeindeordnung zum Organ bestellt.

Der in Beschwerde gezogenen Berufungsentscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde *** liegt entsprechend der vorliegenden, Bezug habenden Niederschrift über die nicht öffentliche Sitzung des Stadtrates vom 20.09.2017 eine rechtsgültige Zusammensetzung des Kollegialorganes und eine entsprechende, rechtskonforme Beschlussfassung zu Grunde.

Dieser festgestellte Sachverhalt ergab sich auf Grund des unbedenklichen Akteninhaltes, der Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung, der Auskunft der Vertreterin der Stadtgemeinde *** in der Beschwerdeverhandlung sowie auch durch die Aussage der als Zeugin vernommenen Frau C.

Der Beschwerdeführer hat nach der Beschwerdeverhandlung beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich telefonisch mitgeteilt, dass er in fünf Jahren keine einzige Briefsendung vom Wasserwerk erhalten habe. Zur Mitteilung der Vertreterin der Stadtgemeinde *** in der Beschwerdeverhandlung, wonach dem Beschwerdeführer an seiner Adresse in *** jeweils die Briefsendung betreffend die Selbstablesung zugestellt worden sei sowie dass eine Abgabe einer Verständigung über eine geplante Ablesung sodann in den Postkasten am Nebenwohnsitz eingelegt worden sei, verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er in den letzten fünf Jahren weder in *** noch in *** solche Briefsendungen erhalten habe und dass er sich vielleicht nicht mehr im Verteiler der Stadtgemeinde *** befinde.

Die Beiziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung der Frage der Möglichkeit bzw. der Bemerkbarkeit des erhöhten Wasserverbrauches durch den Schadensfall am 04.02.2012 erübrigte sich, da der Beurteilung im Zuge der gegenständlichen Beschwerdeentscheidung der außerhalb des Zeitpunktes des bezeichneten Schadensfalles gelegene Abrechnungszeitraum zu Grunde zu legen war und in der in Beschwerde gezogenen Entscheidung bei der im Schätzungsweg gewonnenen Verbrauchsmenge dieser allfällig aus dem Schadensfall im Jahr 2012 resultierende erhöhte Wasserverbrauch nicht zu Grunde gelegt wurde.

In rechtlicher Hinsicht wurde hierüber erwogen:

Bundesabgabenordnung – BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der

öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der

Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer

Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in

Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in

den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben

durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben

sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor

den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten

Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 184. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung

nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle

Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der

Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als

auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der

Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder

Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet

abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die

Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern,

aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis

maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann,

wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen

Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für

Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für

Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters

sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1

lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6

sinngemäß anzuwenden.

NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978, LGBI 6930:

§ 10 Wasserbezugsgebühr

(1) Für den Wasserbezug aus der Gemeindewasserleitung ist eine

Wasserbezugsgebühr zu entrichten.

(2) Die Wasserbezugsgebühr ist derart zu berechnen, daß die vom Wasserzähler

innerhalb eines Ablesungszeitraumes als verbraucht angezeigte Wassermenge in

Kubikmeter mit der für einen Kubikmeter festgesetzten Grundgebühr vervielfacht

wird.

(3) Als verbrauchte Wassermenge hat die Differenz zwischen der vom Wasserzähler

am Ende des Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl abzüglich der am

Ende des vorhergegangenen Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl

zu gelten.

(...)

(8) Wenn die Richtigkeit der vom Wasserzähler angezeigten Wassermenge bestritten

und dessen Prüfung beantragt wird, so hat die Gemeinde die Prüfung durch die

Eichbehörde zu veranlassen und den Wasserzähler während der gesamten

Verfahrensdauer aufzubewahren. Ergibt die Prüfung, daß die Wassermenge richtig

gemessen wird, hat der Abgabenschuldner der Gemeinde die Prüfungskosten zu

ersetzen. Die Wassermenge gilt auch dann als richtig gemessen, wenn die

Abweichung nicht mehr als 5 % beträgt. Beträgt die Abweichung mehr als 5 %, ist die

Wassermenge zu schätzen.

(...)

Wasserabgabenordnung für die öffentliche Gemeindewasserleitung der

Stadtgemeinde *** vom 10.12.2010, Fassung vom 1.7.2011:

Gemäß § 7 Abs. 2 der Wasserabgabenordnung des Gemeinderates der

Stadtgemeinde *** ist die Grundgebühr für 1 m³ Wasser zur Berechnung

der Wasserbezugsgebühr mit € 1,50 festgesetzt.

Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetztes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.

Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207

Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Gemäß § 209a Abs. 1 BAO steht einer Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder einem Erkenntnis zu erfolgen hat, der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Wasserabgabenordnung für die öffentliche Gemeindewasserleitung der Stadtgemeinde *** laut Kundmachung vom 01.07.2011 werden die Wasserbezugsgebühren für die Liegenschaften, für die von der Gemeinde ein Wasserzähler beigestellt ist, nach den Bestimmungen des § 10 Abs. 2 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 berechnet.

Gemäß § 7 Abs. 2 der bezeichneten Verordnung wird für die im Abs. 1 genannten Liegenschaften die Grundgebühr für ein Kubikmeter Wasser mit € 1,50 festgesetzt.

Gemäß § 8 Abs. 1 der bezeichneten Verordnung gelten hinsichtlich der Entstehung der Gebührenschuld der Bereitstellungs- und Wasserbezugsgebühr die Bestimmungen des § 15 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978.

Gemäß § 8 Abs. 2 der bezeichneten Verordnung wird die Wasserbezugsgebühr auf Grund einer einmaligen Ablesung im Kalenderjahr gemäß § 11 Abs. 1 und 2 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 berechnet. Der Ablesungszeitraum beträgt daher zwölf Monate. Er beginnt mit 01.07. und endet mit 20.06.

Gemäß § 18 Abs. 2 NÖ Gemeindeordnung 1973 kann der Gemeinderat auf Grund eines mit Zweidrittelmehrheit gefassten Beschlusses das Gemeindeamt zum Organ der Gemeinde bestellen, wenn die Organisation des Gemeindeamtes nach Verwaltungszweigen getrennt eingerichtet ist und das erforderliche Fachpersonal zur Verfügung steht.

Festgestellt wird, dass der der Entscheidung des Stadtrates zu Grunde liegende Bescheid des Stadtamtes vom 02.03.2016, GZ ***, durch das mit Beschluss gemäß § 18 Abs. 2 NÖ Gemeindeordnung 1973 bestellte Organ (Stadtamt) zuständiger Weise erlassen wurde.

Der Abgabenanspruch für den verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 für die Wasserbezugsgebühr betreffend die bezeichnete Liegenschaft entstand mit Ablauf des Ablesungszeitraumes, in dem die der Berechnung der Wasserbezugsgebühr zu Grunde gelegte Wassermenge verbraucht wurde, unabhängig von einer tatsächlich erfolgten Ablesung.

In Bezug auf diesen im Jahr 2014 entstandenen Abgabenanspruch für den verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum ist in Bezug auf diese Abgabenschuld unter Berücksichtigung von § 207 Abs. 2 BAO iVm § 208 Abs. 1 lit. a BAO und § 209a Abs. 1 BAO ein Eintritt der Verjährung (fünf Jahre) nicht erfolgt.

Eine Ablesung der verbrauchten Wassermenge vom Wasserzähler erfolgte für den verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum, ebenso wie im gesamten Zeitraum zwischen dem Jahr 2009 und 2014, nicht.

Bei der Ermittlung der verbrauchten Wassermenge waren somit grundsätzlich mangels anderer verwertbarer Grundlagen (Fehlen der Ableseergebnisse) die Differenz zwischen der vom Wasserzähler am Ende des Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl (gegenständlich der anlässlich des Ausbaues des Wasserzählers mit der Fabrikationsnummer ***) am 12.05.2014 abzulesende Verbrauchsstand im Ausmaß von 11.455 m³ und die bei Einbau dieses Wasserzählers am 13.05.2009 ausgewiesene Verbrauchsmenge von 1 m³ als maßgebliche Eckdaten heranzuziehen.

Die vom gegenständlichen Wasserzähler zwischen dem Einbau des Wasserzählers und dem Ausbau desselben angezeigte Verbrauchsmenge kann daher grundsätzlich einer gesetzlich vorgesehenen Berechnung zu Grunde gelegt werden, da die Prüfung des Bezug habenden Wasserzählers durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen keine technischen Beanstandungen ergeben hat.

Da für den verfahrensgegenständlich zu Grunde liegenden Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 eine Ermittlung der Grundlagen für die Abgabenerhebung durch Ablesen des Zählerstandes nicht erfolgt ist, was für die Entstehung der Abgabenschuld nicht maßgeblich ist, es sich somit als unmöglich erwies, festzustellen, in welchem Ausmaß im verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum der Wasserverbrauch erfolgt ist, hatte die Abgabenbehörde II. Instanz rechtmäßiger Weise auf Grundlage des § 184 Abs. 1 BAO die für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum entstandene Abgabenschuld zu schätzen.

Bei der Schätzung handelt es sich um eine Form der Ermittlung des Sachverhaltes;

sie kommt zur Anwendung, wenn die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht

exakt ermittelt bzw. errechnet werden können (VwGH 24. 2. 2004, 99/14/0247).

Es liegt im Wesen einer Schätzung, dass dabei eine Beweisführung für ein

bestimmtes Ergebnis nicht möglich ist (VwGH 30. 11. 1989, 88/13/0177; 8. 4. 1992,

90/13/0045).

Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht allein auf der objektiven

Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Bemessungsgrundlagen zu ermitteln oder zu

berechnen (VwGH 28.1995, 94/14/0157; 19.3.2003, 2002/16/0255; 3.8.2004,

2001/13/0022; 1.6.2006, 2002/15/0174; 23.2.2010, 2008/15/0027).

Insofern stellt eine Schätzung nur eine ultima ratio dar, soweit

Bemessungsgrundlagen auf anderem Wege nicht (mehr) festgestellt werden können

(VwGH 13.9.2006, 2002/13/0105). Wie sich aus der Verwendung des Ausdrucks

"soweit" in der Bestimmung des § 184 Abs. 1 BAO ableiten lässt, beschränkt das

Gesetz die Möglichkeit der Schätzung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips (VwGH

17.10.2001, 98/13/0233). Die Schätzung setzt ein Verschulden der Partei nicht

voraus (vgl. die Nachweise bei Ritz, BAO6, § 184 Tz 6).

Da gemäß § 184 Abs. 1, letzter Satz, BAO für die Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die von Bedeutung sind, hat der Stadtrat der Stadtgemeinde *** in der in Beschwerde gezogenen Entscheidung rechtmäßiger Weise das Ereignis des erhöhten Wasserverbrauchs auf Grund eines Schadensfalles im Jahr 2012 nicht in die Ermittlung für die Grundlagen der Abgabenerhebung für den verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 mit einbezogen, somit rechtmäßiger Weise nicht die zwischen den Ableseergebnissen bei Zählereinbau und bei Zählerausbau liegende Differenz unter Aufteilung auf die Verbrauchsmonate gesamt und anschließender Ermittlung des Verbrauchs in der verfahrensgegenständlichen Abrechnungsperiode der Ermittlung im Schätzungswege zu Grunde gelegt, sondern vielmehr für den verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum unter Zugrundelegung der Ableseergebnisse aus sieben vor dem Abrechnungszeitraum liegenden, abgelesenen Verbrauchsmengen in der oben dargelegten Weise durch Errechnung eines durchschnittlichen jährlichen Verbrauchs für den verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum nachvollziehbar und schlüssig einen gerundeten Verbrauch von 5 m³ ermittelt.

Durch diese Vorgehensweise hat die Berufungsbehörde dem gemäß § 184 Abs.1 BAO geltenden Grundsatz, wonach bei der Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind, gegenständlich dem Umstand, dass der erhöhte Wasserverbrauch auf der Liegenschaft nicht im gegenständlichen Abrechnungszeitraum lag, Rechnung getragen.

Ziel der Schätzung ist es, den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen, somit jener Bemessungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (VwGH 21.10.2015, 2012/13/0097; 27.01.2016, 2012/13/0068 u.a.).

Die Schätzung der Verbrauchsmenge für die übrigen, nicht von einer Ablesung erfassten, Abrechnungszeiträume, welche nicht Gegenstand dieser gerichtlichen Entscheidung sind, erfolgte bzw. erfolgt durch die Stadtgemeinde *** gesondert und ist es nicht unnachvollziehbar, dass im Rahmen der in Bezug auf die anderen Abrechnungszeiträume zu schätzenden Grundlagen für die jeweilige Abgabenschuld – dies insbesondere im Hinblick auf das Schadensereignis im Jahr 2012 – die für die jeweiligen Abrechnungszeiträume nachvollziehbar ermittelten, im Schätzungswege gewonnenen Abgabenerhebungen in Relation zu der mit dem Einbau des Bezug habenden Wasserzählers erfassten Wassermenge von 1 m³ zu der im Zeitpunkt des Ausbaus des Bezug habenden Wasserzählers erfassten Wasserverbrauchsmenge von 11.455 m³ gesetzt werden.

Da somit die Wasserverbrauchsmenge für den Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 im Wege der Schätzung zulässiger Weise und nachvollziehbar sowie schlüssig auf die oben wiedergegebene Art und Weise der Feststellung des Wasserverbrauches zu Grunde gelegt wurde und aus dem Produkt der im Schätzungsweg festgestellten verbrauchten Wassermenge von 5 m³ unter Zugrundelegung der vom Gemeinderat verordneten Grundgebühr von

€ 1,50 in Übereinstimmung mit den oben wiedergegebenen rechtlichen Grundlagen die Wasserbezugsgebühr für den verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum 01.07.2013 bis 30.06.2014 mit € 7,50 (exklusive 10% USt.) festgesetzt wurde, hatte das erkennende Gericht die in Beschwerde gezogene Entscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde *** spruchgemäß zu bestätigen.

Unter Berücksichtigung von § 254 BAO, wonach durch die Einbringung einer Bescheidbeschwerde die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten wird, war eine Zuständigkeit des erkennenden Gerichtes zur Entscheidung über einen Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung nicht gegeben. Ein Antrag gemäß § 212a BAO (auf Aussetzung der Einhebung der Abgabe) wurde vom Beschwerdeführer nicht gestellt und ist bezüglich eines allfälligen diesbezüglichen Antrages eine Zuständigkeit des erkennenden Gerichtes ebenfalls nicht gegeben.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasserbezugsgebühr; Abgabenbescheid; Abgabenerhebung; Schätzung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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