TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/13 2002/13/0105

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Veröffentlicht am 13.09.2006
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §184 Abs1;
BAO §184;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde des Ing. HU in W, vertreten durch Dr. Günther Sulan, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 10/9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom 15. Februar 2002, Zl. RV/177-16/05/97, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1990 bis 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war bei seinem Wohnsitzfinanzamt als Veranlagungsreferent und als Betriebsprüfer tätig und wechselte nach einer Zeit seiner Verwendung in der Rechtsmittelabteilung der belangten Behörde in ein (nicht mit der Abgabenverwaltung befasstes) Bundesministerium, bei welchem er in den Streitjahren als Beamter tätig blieb.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 1991 teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, dass ihn ein Steuerberater gebeten habe, die Kanzleiorganisation unter Integration einer bestehenden Computeranlage neu zu gestalten. Da diese Umgestaltung einen längeren Entwicklungszeitraum erfordern werde, sei zur Finanzierung des dafür notwendigen Aufwandes vereinbart worden, einen Teil der Kosten des Beschwerdeführers durch ein Pauschalhonorar in Höhe von S 300,-- pro Stunde zuzüglich der Barauslagen abzugelten. Nach Abschluss der Entwicklungsarbeit werde die Tätigkeit des Beschwerdeführers neu bewertet und neben den dafür nötigen Computerprogrammen als Sacheinlage in eine GmbH eingebracht werden, ab welchem Zeitpunkt dem Beschwerdeführer steuerlich relevante Erträge aus dieser Beteiligung zufließen würden. Da das "(Spesenersatz)Honorar" im Entwicklungszeitraum die Aufwendungen kaum decken werde und der Beschwerdeführer seine Verluste zwischen S 50.000,-- und S 100.000,-- jährlich einschätze, würden für diesen Zeitraum keine steuerlich relevanten Einkünfte vorliegen, wie sich aus einer beigelegten Prognoserechnung ergebe. Sollten sich wider Erwarten aus der Tätigkeit schon im Entwicklungszeitraum steuerlich relevante Gewinne ergeben, werde der Beschwerdeführer diese dem Finanzamt mitteilen und Steuererklärungen legen.

Aus Anlass einer abgabenbehördlichen Prüfung des Unternehmens des vom Beschwerdeführer genannten (zwischenzeitig verstorbenen) Steuerberaters wurde vom Prüfer eine Kontrollmitteilung an das für den Beschwerdeführer zuständige Finanzamt übermittelt, welcher zu entnehmen war, dass dem Beschwerdeführer vom Steuerberater Beträge für Leistungen im Jahr 1991 in Höhe von S 198.660,--, im Jahr 1992 in Höhe von S 249.489,60 und im Jahr 1993 in Höhe von S 213.060,-- , jeweils inklusive 20 % Umsatzsteuer, bezahlt worden waren.

Nachdem das Finanzamt den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. August 1995 darüber informiert hatte, davon Kenntnis erlangt zu haben, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1991 bis 1993 "Honorare bzw. Provisionen" erhalten habe, und ihn zur Erteilung näherer Auskünfte aufgefordert hatte, erstattete der Beschwerdeführer nach einer Serie von Fristverlängerungsanträgen mit am 18. März 1996 beim Finanzamt einlangenden Anbringen Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1990 bis 1994. Während der Beschwerdeführer in seinen den Abgabenerklärungen beigelegten Überschussrechnungen für die als "Konsulententätigkeit" beschriebene Betätigung für den Steuerberater durchwegs zu negativen Ergebnissen kam, die er als Verluste aus Gewerbebetrieb deklarierte, enthielten seine Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1991 bis 1994 jeweils Umsatzsteuerzahllasten, denen aber ein in der Umsatzsteuerklärung für das Jahr 1990 in etwa doppelter Höhe erklärter Vorsteuerüberschuss gegenüberstand. Die vom Beschwerdeführer angesetzten Aufwendungen seiner Betätigung gliederte er in den Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen jeweils in die Positionen "Büroraum", "Büroausstattung", "KFZ-Aufwand", "maschinelle Ausstattung", "Büroaufwand", "Zinsen u. Bankspesen", "sonstiger Büroaufwand" und "Sonstige Aufwendungen" auf.

Mit Schreiben vom 1. April 1996 erließ das Finanzamt ein umfangreiches Ergänzungsersuchen, dem der Beschwerdeführer nach Fristverlängerungsanträgen mit einem Anbringen vom 1. Juli 1996 und nach Aufforderung zur Vervollständigung der Beantwortung mit einem ergänzenden Anbringen vom 13. September 1996 nachkam. In diesen Schriftsätzen stellte der Beschwerdeführer in Entsprechung des Ergänzungsersuchens dar, von welchen Auftraggebern er in den Streitjahren jeweils welche Beträge ausbezahlt erhalten hatte, und beschrieb seine Konsulententätigkeit. Ausgehend von einem Konzept zur Nutzung der in der Kanzlei des verstorbenen Steuerberaters vorhandenen Großrechenanlage in Form einer Datendokumentation, einer Verwaltung der Literatur- und Judikaturdaten und eines Büroorganisationssystems sei auch eine Nutzung der freien Kapazitäten der Großrechenanlage durch andere Wirtschaftstreuhänderkanzleien und eine Anbindung der Buchhaltung von Klienten Gegenstand der Entwicklungsarbeiten gewesen, nach deren Abschluss eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Beschwerdeführers vorgesehen gewesen sei, zu welcher es durch den Tod des Steuerberaters und die Auflösung seiner Kanzlei aber nicht mehr gekommen sei. Es habe der Steuerberater dem Beschwerdeführer für seine Tätigkeit leihweise einen Laptop zur Verfügung gestellt. Eine Privatnutzung der EDV-Anlage des Beschwerdeführers und der von ihm angeschafften Programme sei nicht möglich gewesen, weil er für Kanzleidaten und Literaturdaten keine Verwendung habe. Das Arbeitszimmer sei ausschließlich betrieblich genutzt, seine Ausgestaltung lasse eine private Verwendung nicht zu. Des Weiteren erstattete der Beschwerdeführer Ausführungen zur betrieblichen Nutzung eines Kraftfahrzeuges, zum Anfall von Zinsen und Bankspesen durch die Finanzierung beruflich veranlasster Aufwendungen, zum Büroaufwand und "weiteren Raumkosten" und zu Schreibhonoraren, welche er in den Streitjahren an seine Ehefrau für näher beschriebene Leistungen bezahlt habe. Der Beschwerdeführer erstattete Ausführungen zu den geltend gemachten Vorsteuerbeträgen, zur Nutzungsdauer des beruflich verwendeten Kraftfahrzeuges, zu den in den Streitjahren getätigten Anschaffungen und zu den Teilwerten der Wirtschaftsgüter, die er im Umfang einzeln aufgelisteter Computerprogramme in seinen Betrieb eingebracht habe. Eine Vorsteuerberichtigung für Anlagegüter, die vor Betriebseröffnung angeschafft worden seien, müsse möglich sein, weil die Anschaffung von Wirtschaftgütern vor der ersten Leistungserbringung bereits zum Unternehmensbereich zähle. Angesichts des Preisverfalls auf diesem Gebiet erweise sich eine Erhöhung der jährlichen Abschreibungen gegenüber den erklärten Daten als erforderlich, weshalb die Betriebsergebnisse der Streitjahre aus diesem Grund und auch im Zusammenhang mit näher angestellten Überlegungen im Zusammenhang mit einer Kraftfahrzeugnutzung in Richtung einer Erhöhung der eingetretenen Verluste zu berichtigen seien. Verschiedene Rechnungen schloss der Beschwerdeführer seinen Anbringen in Ablichtung an.

In der Folge veranlasste das Finanzamt Erhebungen beim Verkehrsamt über die Zulassungsdaten von Kraftfahrzeugen und beim Bauamt über den Grundriss der Wohnung des Beschwerdeführers. Von einem Erhebungsorgan wurden zum Zweck der Überprüfung der Angaben des Beschwerdeführers über die betrieblich gefahrenen Kilometer die Wegstrecken zwischen dem Wohnhaus des Beschwerdeführers und den von ihm angegebenen Kanzleien mit einem Kraftfahrzeug abgefahren. Nach einer Urgenz der begehrten erklärungsgemäßen Veranlagung durch den Beschwerdeführer kam es in der Folge zu Ermittlungsschritten, die durch mehrere Aktenvermerke dokumentiert sind, denen sich im Wesentlichen reger Telefonverkehr zwischen dem Beschwerdeführer und Organen des Finanzamtes und das Scheitern von Versuchen einer Besichtigung des Arbeitszimmers des Beschwerdeführers durch das Erhebungsorgan entnehmen lässt.

Mit Anbringen vom 18. März 1997 lehnte der Beschwerdeführer Organe des Finanzamtes als befangen ab. Das Erhebungsorgan habe in den Räumlichkeiten des Bundesministeriums ohne Vorweis eines Nachschauauftrages eine Nachschau durchgeführt und es unterlassen, über deren Ergebnisse eine Niederschrift aufzunehmen. Im Zuge dieser Nachschau habe der Beschwerdeführer dem Erhebungsorgan die Originaldisketten sämtlicher Computerprogramme inklusive der Handbücher und Lizenzen gezeigt und die Originalbelege sowie eine Aufstellung der Kosten für das Arbeitszimmer vorgelegt. Weder darüber noch über das Ergebnis der in den Räumlichkeiten des Bundesministeriums erfolgten Vernehmung des Beschwerdeführers durch das Erhebungsorgan habe dieses eine Niederschrift angefertigt. Für den 27. und 28. Februar 1997 habe sich das Erhebungsorgan zu einer Nachschau im ehemaligen Arbeitszimmer in der Wohnung des Beschwerdeführers angemeldet. Um für diese Nachschau verfügbar zu sein, habe der Beschwerdeführer Urlaub genommen und für seine Vertretung in den Ratsgruppensitzungen in Brüssel gesorgt. Das Erhebungsorgan sei indessen weder am 27. noch am 28. Februar 1997 beim Beschwerdeführer erschienen. Dies und andere kritisierte Vorgangsweisen des Finanzamtes zeugten von Befangenheit der abgelehnten Bediensteten.

Mit dem 24. März 1997 erließ das Finanzamt Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1990 bis 1993 und mit dem 26. März 1997 den Umsatz- und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1994. In der gesondert ausgefertigten Begründung dieser Bescheide vertrat das Finanzamt die Auffassung, der Beschwerdeführer sei seinen abgabenbehördlichen Pflichten unzureichend nachgekommen und habe keine Bereitschaft zur Zusammenarbeit und Klärung noch offener Sachverhalte oder zur Nachreichung von Belegen erkennen lassen. Nach mehreren gescheiterten Terminvereinbarungen mit dem Erhebungsorgan sei als letztmaliger Termin der 27. oder 28. Februar 1997 vereinbart worden; das Erhebungsorgan habe in einem Telefonat mit der Dienststelle des Beschwerdeführers aber erfahren, dass dieser Urlaub genommen habe. Die Veranlagungen seien abweichend von den eingereichten Abgabenerklärungen erfolgt. Die Einnahmen vom Steuerberater seien entsprechend der Kontrollmitteilung angesetzt worden. Eine nahezu ausschließliche Nutzung des Arbeitszimmers werde nicht angenommen, weil seine Besichtigung nicht möglich gemacht und widersprüchliche Angaben zu seiner Nutzung erfolgt seien. Auch das angeschaffte Mobiliar untermauere diese Beurteilung, zumal sich die 1992 angeschaffte Sitzgarnitur nicht mehr im Wohnungsverband befinde. Anschaffungen ohne Rechnungsvorlage seien mangels Nachweises nicht anzuerkennen, weitere Anschaffungen seien als solche typischer Einrichtungsgegenstände für privat genutzte Räume zum Abzug nicht zuzulassen. Das Kraftfahrzeug sei nicht im Eigentum des Beschwerdeführers, sondern seiner Ehefrau gestanden, weshalb dessen Einbringung in das Betriebsvermögen nicht möglich gewesen sei. Die laufenden Kraftfahrzeugkosten habe das Finanzamt an Hand der ermittelten Kilometer im Schätzungsweg als Betriebsausgaben berücksichtigt; die Angaben des Beschwerdeführers über das Ausmaß der betrieblich gefahrenen Strecken seien in Zweifel zu ziehen. Von den Anschaffungskosten für ein Moped samt Zubehör sei kein Vorsteuerabzug zulässig und die Aufwendungen für die Einbringung von Software könnten mangels Vorlage der Rechnungen und mangels Möglichkeit des Erhebungsorgans zur Überprüfung des Vorhandenseins aller Programme und ihres käuflichen Erwerbes nicht anerkannt werden. Für Papier und Bürobedarf würden die Betriebsausgaben mit Pauschalbeträgen zwischen S 10.000,-- und S 20.000,-- geschätzt.

In seiner gegen die Bescheide erhobene Berufung verwies der Beschwerdeführer zunächst auf seinen Ablehnungsantrag und warf dem Finanzamt vor, hinsichtlich der meisten Aufwendungen nicht einmal ein Ermittlungsverfahren eröffnet zu haben. Die vom Finanzamt gesehenen Einnahmendifferenzen bestünden nicht, weil die erklärten Einnahmen aus der Kanzlei des Steuerberaters mit den Beträgen der Kontrollmitteilungen in Wahrheit übereinstimmten. Obwohl es sich bei der Totalschätzung der Aufwendungen und der Zurechnung von Einnahmendifferenzen ebenso wie bei der gänzlichen Aberkennung der Vorsteuern um wesentliche Abweichungen im Sinne des § 161 Abs. 3 BAO handle, sei dem Beschwerdeführer das Parteiengehör nicht eingeräumt worden. Dass bei der von ihm ausgeübten Tätigkeit keine der begehrten Betriebsaufwendungen und Vorsteuern angefallen wären, widerspräche den Denkgesetzen. Der Beschwerdeführer habe in seinen Vorhaltsbeantwortungen ausführliches Vorbringen erstattet, welches vom Finanzamt aber gänzlich vernachlässigt werde. Im Zuge der Nachschau in den Räumlichkeiten des Bundesministeriums habe der Beschwerdeführer dem Erhebungsorgan alle Informationen gegeben, ohne dass das Erhebungsorgan darüber eine Niederschrift aufgenommen habe. Der Beschwerdeführer habe mitgeteilt, seine Tätigkeit schon seit 1995 eingestellt und das Arbeitszimmer in ein Wohnzimmer umfunktioniert zu haben, wobei ein Großteil der für die berufliche Tätigkeit seinerzeit angeschafften Gegenstände bereits ausgeschieden worden sei. Da das Erhebungsorgan zur angekündigten Nachschau nicht erschienen sei, für deren Ermöglichung sich der Beschwerdeführer eigens Urlaub genommen habe, sei ein Ablehnungsantrag gestellt worden. Ungeachtet dessen habe die abgelehnte Beamtin die bekämpften Bescheide ohne Gewährung von Parteiengehör erlassen. Der Arbeitsraum habe einen abgeschlossenen Teil der Wohnung dargestellt und wäre als Privatraum gar nicht verwendbar gewesen. Seine Ausstattung habe einem Konsulentenbüro entsprochen und sämtliche Belege hiefür seien vorgelegen. Dass eine Besichtigung der Wohnung durch das Erhebungsorgan nicht möglich gewesen wäre, treffe nicht zu. Bis zum Zeitpunkt der Einstellung der beruflichen Tätigkeit im Jahr 1995 sei das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich betrieblich genutzt und entsprechend eingerichtet gewesen. Es habe den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit gebildet, weil der Hauptteil der ausgeübten Tätigkeiten in Heimarbeit verrichtet worden sei. Ohne Arbeitsraum hätte der Beschwerdeführer seine Tätigkeit gar nicht ausüben können. Das Finanzamt habe in den angefochtenen Bescheiden überhaupt keine Aufwendungen berücksichtigt, obwohl ihm sämtliche Belege vorgelegt worden seien. Weshalb nicht einmal anteilige Telefonkosten berücksichtigt worden seien, könne der Bescheidbegründung nicht entnommen werden. Zu den Kraftfahrzeugkosten sei zu bemerken, dass der Beschwerdeführer als wirtschaftlicher Eigentümer des Kraftfahrzeugs anzusehen gewesen sei. Der vom Finanzamt angenommene Sachverhalt über den Umfang der betrieblichen Verwendung des Kraftfahrzeuges stimme nicht, der Beschwerdeführer sei die Kanzlei des Steuerberaters fast täglich angefahren, um Aufträge zu holen und die Ergebnisse abzuliefern. Die notwendigen Arbeiten in der Kanzlei seien meist an den Wochenenden durchgeführt worden, um den Kanzleibetrieb nicht zu stören. An solchen Wochenenden seien zur Einnahme der Mahlzeiten Rückfahrten in die Wohnung des Beschwerdeführers erfolgt. Dass das Erhebungsorgan keine Möglichkeit gehabt habe, das Vorhandensein aller Computerprogramme zu prüfen, treffe auch nicht zu. Es seien dem Erhebungsorgan im Zuge der Nachschau sämtliche Originalprogramme, Originalhandbücher und Lizenzurkunden vorgelegt worden und es habe sich das Organ von der Lizenzierung der Programme auf den Namen des Beschwerdeführers überzeugen können. Diese Programme seien im Jahre 1988 angeschafft worden, sodass die Aufbewahrungspflicht für die Belege mit Ablauf des Jahres 1995 geendet habe. Die unternehmerische Nutzung der Programme sei erst ab dem Jahre 1990 erfolgt. Auch von Aufwendungen zur Vorbereitung der unternehmerischen Tätigkeit müsse der Vorsteuerabzug möglich sein. Das Finanzamt habe lediglich die Darstellung der Berechnung der Teilwerte verlangt und erst Ende 1996 die Originalbelege über die Anschaffung der Computerprogramme aus dem Jahr 1988 angefordert, was damit fast ein Jahr nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist erfolgt sei. Bei Erstellung der Abgabenerklärungen seien die Originalbelege ohnehin noch vorhanden gewesen, im Zuge von Renovierungsarbeiten mit diversen Altbelegen Mitte des Jahres 1996 aber weggeworfen worden. Weshalb das Finanzamt die übrigen Aufwendungen wie Telefon, Fachliteratur, Schreibhonorare, Zinsen, Porti, etc. nicht als Betriebsausgabe anerkannt habe, gehe aus der Bescheidbegründung nicht hervor, sodass keine Gegendarstellung möglich sei. In sämtliche Belege der beantragten Betriebsausgaben könne bei Bedarf erneut Einsicht genommen werden und es sei der Beschwerdeführer auch bereit, sämtliche Computerprogramme nochmals vorzuzeigen. Angeschlossen hatte der Beschwerdeführer seiner Berufung ein 309 Seiten umfassendes Konvolut verschiedener, mit der ausgeübten Tätigkeit und den auf diese bezogenen Aufwendungen in unterschiedlichen Zusammenhängen stehender Schriftstücke.

Die belangte Behörde richtete an den Beschwerdeführer am 25. Februar 1998 ein Ergänzungsersuchen, in welchem sie ihn u. a. um Vorlage von Unterlagen und Bekanntgabe jener Überlegungen ersuchte, auf Grund welcher sich für die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer und im Zusammenhang mit dem Kraftfahrzeug der zur Anwendung gebrachte Aufteilungsschlüssel ergeben solle. Mietvertrag und Haushaltsversicherungspolizze seien ebenso vorzulegen wie Fahrtenbücher, Kraftfahrzeugversicherungspolizzen und jene Aufzeichnungen, welche zur Dokumentation der betrieblichen Veranlassung der geführten Telefonate geeignet seien. Zum Fahrtenbuch sei eine Erläuterung beizulegen, welche eine Aufgliederung der Fahrten zu den einzelnen Auftraggebern enthalte. Die auf die geplante Beteiligung an einer Gesellschaft Bezug nehmenden Urkunden seien vorzulegen und der betriebliche Verwendungszweck jedes einzelnen Computerprogrammes sei schriftlich darzustellen, ferner sei anzugeben, weshalb ältere Programme neben jüngeren Programmen genutzt worden sein sollten. Die Schreibhonorare seien aufzugliedern und dabei seien alle Verträge beizulegen, aus denen sich die Pflicht des Zahlungsempfängers zur Erbringung der vereinbarten Schreibarbeiten ergeben habe. Im Hinblick auf die geltend gemachten Bankspesen werde um Vorlage des Kreditvertrages ersucht, ebenso seien sämtliche Originalrechnungen jener Wirtschaftsgüter vorzulegen, die zum 1. Jänner 1990 ins Betriebsvermögen eingebracht worden seien. Die betriebliche Notwendigkeit der Aufwendungen für die Anschaffung von Mobiliar und für die Reparatur des im Eigentum der Ehegattin stehenden Kraftfahrzeuges sei darzustellen und die Position "sonstiger Büroaufwand" sei aufzuschlüsseln.

Der Beschwerdeführer beantwortete dieses Ergänzungsersuchen nach einem Fristerstreckungsantrag mit einer Vorhaltsbeantwortung vom 25. April 1998, in welcher er nach Darstellung seiner Sicht des Verwaltungsgeschehens einen Devolutionsantrag hinsichtlich der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 1995 stellte und sodann zu den im Ergänzungsersuchen aufgeworfenen Fragen Stellung nahm. Die Aufteilung der Raumkosten sei entsprechend der anteiligen Flächennutzung erfolgt, wobei der beruflich genutzte Teil der Wohnung der schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Wohnungsskizze entnommen werden könne. Die ausgeübte Tätigkeit habe von ihm irgendwo verrichtet werden müssen, mit seiner Berufstätigkeit als Ministerialbeamter habe diese Tätigkeit nichts zu tun gehabt. Der ausschließlich betrieblich genutzte Teil der Wohnung sei vom Wohnungsverband abgetrennt und nur durch einen eigenen Eingang von der Wohnung aus zu betreten gewesen. Um den Raum betrieblich nutzen zu können, seien im Einzelnen dargestellte, umfangreiche Adaptierungsarbeiten erforderlich gewesen. Eine Mitbenützung der betrieblichen Räumlichkeiten durch die Ehefrau sei nur im Rahmen deren Tätigkeiten für den Betrieb des Beschwerdeführers (Arbeiten am PC, Schreibarbeiten und Korrekturarbeiten) erfolgt. Auch die Prämien für die Haushaltsversicherung seien entsprechend der betrieblichen Nutzung der Wohnung geltend gemacht worden. Die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Nutzung des Kraftfahrzeuges seien entsprechend dem Ausmaß der jährlich betrieblich gefahrenen Kilometer angesetzt worden. Den betrieblichen Anteil der Telefonnutzung habe der Beschwerdeführer im Schätzungswege ermittelt, die von der belangten Behörde angeforderte Dokumentation der betrieblichen Veranlassung der geführten Telefonate übersteige wohl das zumutbare Ausmaß einer Beweisführung. Die betrieblich gefahrenen Kilometer habe der Beschwerdeführer schon mehrfach bekannt gegeben, sie ergäben sich aus den "der Betriebsprüfung" vorgelegten täglichen Arbeitsaufzeichnungen. Die Kraftfahrzeugkosten seien mit dem Nettobetrag angesetzt worden, obwohl kein Vorsteuerabzug geltend gemacht worden sei, weshalb um entsprechende Erhöhung der Betriebsausgaben ersucht werde. Über die beabsichtigte gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Beschwerdeführers existierten keine Schriftstücke. Bei den im Vorhalt angeführten verschiedenen Versionen diverser Computerprogramme handle es sich nicht jeweils um die Vollversion, sondern es liege nur die älteste Version als Vollversion vor, während die Folgeversionen so genannte "Updates" seien. Der Vorteil sei einerseits im Preis und andererseits darin gelegen, dass die Klienten des Steuerberaters, deren Betriebe in die Vernetzung hätten einbezogen werden sollen, nicht immer die aktuellsten Programmversionen besessen hätten. Zu den Schreibhonoraren gebe es keine schriftlichen Verträge, weil die Tätigkeiten nach dem jeweiligen Arbeitsanfall erledigt worden seien. Die Höhe der Beträge entspreche dem Umfang und den Anforderungen der erbrachten Leistungen. Die Unterlagen zu den Bankspesen seien längst vorgelegt und zu den abgeforderten Originalrechnungen der im Jahre 1988 angeschafften Wirtschaftsgüter werde auf das schon bisher erstattete Vorbringen (Ablauf der Aufbewahrungsfrist) verwiesen. Bei der im Vorhalt angesprochenen Sitzgruppe handle es sich um eine Ausstattung, wie sie in jeder Kanzlei für Besprechungen anzutreffen sei. In den Privaträumlichkeiten der Wohnung hätten sich eine weitere Sitzgarnitur und ein Speisetisch mit Sesseln für den Privatgebrauch befunden. Die Reparatur des Kraftfahrzeuges sei notwendig gewesen, weil der Beschwerdeführer es sonst nicht hätte benützen können. Angeschlossen hatte der Beschwerdeführer diesem Schreiben detaillierte Aufstellungen der nach Streitjahren und Aufwandspositionen im Einzelnen gegliederten Auslagen im Zusammenhang mit der erklärten betrieblichen Nutzung von Wohnung und Kraftfahrzeug.

Nach Anberaumung der mündlichen Berufungsverhandlung für den 12. Dezember 2001 wurde am 19. November 2001 der mit den seinerzeitigen Erhebungen des Finanzamtes betraute Finanzbeamte als Zeuge über seine Wahrnehmungen und Erinnerungen vernommen.

Am 4. und 10. Dezember 2001 wurde der Beschwerdeführer von zwei Mitgliedern des Berufungssenates als Partei vernommen. Er erläuterte dabei seine Tätigkeit und die damit verbundenen Aufwendungen und legte ein weiteres Konvolut von Unterlagen vor, unter denen sich neben dem Text eines vom Beschwerdeführer verfassten Kommentars zu einem Steuerrechtsgebiet auch Telefonrechnungen, ein nach Jahren gegliederter Überblick über angeschaffte Büromaterialien, Stromrechnungen, Rechnungen über Porti und Stempelmarken, eine gegliederte Aufstellung über Aufwendungen für Computer-Zubehör und über "sonstige Büroaufwendungen" samt einer Fülle von Rechnungen sowie detaillierte Auflistungen der nach einzelnen Aufwandspositionen und Streitjahren gegliederten Aufwendungen für die Kraftfahrzeugnutzung finden. Zusätzlich legte der Beschwerdeführer noch drei Heftmappen mit Schriftstücken vor, die Unterlagen enthalten, welche als Beispiele für die Ergebnisse der von ihm geleisteten Arbeiten dienen sollten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers inhaltlich teilweise Folge und änderte die vor ihr bekämpften Bescheide dahin ab, dass von einer Zurechnung zu den vom Beschwerdeführer in den Streitjahren erklärten Einnahmen und Umsätzen Abstand genommen wurde und die Betriebsausgaben im Schätzungswege für das Jahr 1990 mit 70 % und für die Jahre 1991 bis 1994 mit jeweils 50 % der erklärten Einnahmen angesetzt und in Relation dazu geschätzte Vorsteuerbeträge von den aus den erklärten Umsätzen geschuldeten Umsatzsteuerbeträgen abgezogen wurden.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde zunächst das Verwaltungsgeschehen chronologisch wieder und führte sodann aus, dass die vom Finanzamt vorgenommenen Zurechnungen an Einnahmen nicht zu bestätigen seien. Zur Schätzung der Betriebsausgaben mit Prozentsätzen der Betriebseinnahmen sehe sich die belangte Behörde deswegen veranlasst, weil bei nahezu allen der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen Zweifel am Betriebsausgabencharakter, "und zwar (insbesondere) hinsichtlich der Höhe der jeweiligen Positionen" bestünden. Die Abgrenzung von Aufwendungen der privaten Lebensführung bereite bei beinahe sämtlichen geltend gemachten Aufwendungen "Schwierigkeiten in solchem Ausmaß, dass dem Heranziehen von Prozentsätzen der Betriebseinnahmen der Vorzug gegenüber dem Ansetzen berichtigter (geschätzter) einzelner Betriebsausgabenpositionen einzuräumen" sei. Es hätte an Hand der vorgelegten Unterlagen und des erstatteten Vorbringens des Beschwerdeführers "keine ausreichende Aufklärung über den Betriebsausgabencharakter bzw. insbesondere hinsichtlich der Höhe der anzuerkennenden Betriebsausgaben gewonnen werden" können. Im daran anschließenden Teil der Bescheidbegründung gliederte die belangte Behörde den Verfahrensstoff nach verschiedenen Themen auf, wiederholte dann zu jedem einzelnen Thema das darauf bezogene Verwaltungsgeschehen und schloss jeweils eine kurze eigene Stellungnahme an.

Zum Thema des Plans einer gesellschaftlichen Beteiligung des Beschwerdeführers erklärte die belangte Behörde die Argumentation des Beschwerdeführers, jahrelang unter bedeutendem Zeiteinsatz für den Steuerberater Tätigkeiten mit geringem Entgelt zu verrichten, um an einer noch zu gründenden Kapitalgesellschaft beteiligt zu werden, für nicht stichhältig, weil die vom Beschwerdeführer vorgetragene Handlungsweise nicht einer solchen entspreche, wie sie von wirtschaftlich denkenden Personen eingehalten zu werden pflege. Das Mindeste wäre doch eine vertragliche Absicherung gewesen, in welcher Richtung der Beschwerdeführer keinen Nachweis erbracht habe.

Zum Arbeitszimmer äußerte die belangte Behörde nach Wiedergabe von Leitsätzen aus der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Beschwerdeführer die Versuche des Finanzamtes zur Besichtigung seiner Wohnung vereitelt habe. Obwohl der Beschwerdeführer den Termin 27. oder 28. Februar 1997 für die Besichtigung des Arbeitszimmers selbst vorgeschlagen habe, habe er sich in dieser Zeit Urlaub genommen, sodass es nicht zur geplanten Besichtigung gekommen sei. Es sei dem Beschwerdeführer daran gelegen gewesen, das Erhebungsorgan nicht in seine Wohnung einzulassen. Nach der vom Beschwerdeführer selbst angefertigten Skizze und seinen Angaben über die Einrichtung des Arbeitsraums sei dieser mit solchen Gegenständen eingerichtet gewesen, wie sie sich üblicherweise auch in Wohnzimmern befänden. Es könne an Hand der Einrichtungsgegenstände damit nicht beurteilt werden, auf welche Weise der Raum genutzt worden sei, was ebenso für jene Gegenstände zutreffe, deren Anschaffungskosten der Beschwerdeführer als Betriebsausgaben geltend gemacht habe, wie etwa Blumenerde, Blumentöpfe, Ventilator, Holzkanten, Stahlwaren, Werkzeuge, Installations- und Dichtungsmaterial, Lacke, Kaffeemaschine samt Kaffeekanne, Tongefäß, Tapetenmaterial, Dichtung und Kleinwerkzeug, Bohrerset, Kleber und Besen, Elektrozubehör und Videokassette. Zu bemerken sei in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer vom Steuerberater mit einem Laptop für die Verrichtung von Arbeiten ausgestattet worden sei, der es ihm ermöglicht habe, bei der Ausübung seiner Programmiertätigkeit weitgehend örtlich flexibel zu sein. Am Umstand der Geltendmachung eines betrieblich genutzten Anteils der rund 76 m2 großen, vom Beschwerdeführer, seiner Gattin und seinem Kind bewohnten Wohnung im Ausmaß von 44 % werde das Bestreben des Beschwerdeführers nach der Konstruktion hoher Betriebsausgaben offenbar. Die Kosten beruflicher Telefongespräche seien zwar auch dann Betriebsausgaben, wenn sie von einem privaten Telefonanschluss geführt würden, es habe jedoch der Beschwerdeführer auf die Aufforderung zur Darlegung des angewendeten Aufteilungsschlüssels kein "entsprechend substanziertes Vorbringen erstattet und insbesondere keine Nachweisführung angetreten". Eine anzuerkennende Höhe der Telefonkosten könne daher nicht einmal annähernd bestimmt werden.

Betrachte man die Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungskosten der Beschwerdeführer als Betriebsausgaben geltend gemacht habe, dann sei zu erkennen, dass sie für die Verwendung in der Privatsphäre "nicht ungeeignet" gewesen seien. Es habe der Beschwerdeführer schon vor Beginn seiner Tätigkeit für den Steuerberater einen Computer besessen, die Wohnung sei von der Familie für Wohnzwecke schon zuvor benützt worden und der Beschwerdeführer habe auch schon vor Beginn seiner Tätigkeit für den Steuerberater ein Kraftfahrzeug benützt. Unter "Einbeziehung der Ausführungen zum Arbeitszimmer" könne von einer "überwiegend betrieblichen Veranlassung der in den Jahren 1990 bis 1992 erfolgten Anschaffungen unter Bedachtnahme auf § 20 EStG 1988" nicht gesprochen werden.

Zum Thema "Teilwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter" führte die belangte Behörde aus, dass die Anschaffung der Wirtschaftsgüter im Jahre 1988 in der privaten Sphäre erfolgt sei, weshalb den auf die eingebrachten Wirtschaftsgüter entfallenden Umsatzsteuerbeträgen mangels Unternehmereigenschaft des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des Empfangs der Wirtschaftsgüter die Abziehbarkeit als Vorsteuern zu versagen gewesen sei. Der Umfang der tatsächlichen betrieblichen Nutzung des Computers und der Programme einerseits und der privaten Nutzung andererseits habe auf Grund "der wiedergegebenen Umstände" nicht bestimmt werden können.

Den Ausführungen des Beschwerdeführers zu den Schreibhonoraren seien die in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur erarbeiteten Grundsätze zu den Bedingungen einer Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entgegenzuhalten. Ein schriftlicher Vertrag zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau sei nicht geschlossen worden und der Umfang der von der Ehefrau erbrachten Leistungen sei nicht konkretisiert worden.

Zu den Kraftfahrzeugkosten führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer weder ein Fahrtenbuch vorgelegt noch auf andere geeignete Weise das Ausmaß der mit dem Kraftfahrzeug betrieblich zurückgelegten Kilometer nachgewiesen habe. Unter Bedachtnahme "auf den bereits vor Beginn der Tätigkeit gegebenen Besitz eines Kfz und auf die in den Jahren 1990 bis 1994 insgesamt angefallenen geringen Kilometerleistungen" stehe den Angaben des Beschwerdeführers zum Ausmaß der betrieblichen Anteile der zurückgelegten Fahrtstrecken die Lebenserfahrung entgegen. So könne nicht gesagt werden, von wo aus und mit welchem Verkehrsmittel die Fahrtbewegungen zur Kanzlei des Steuerberaters durchgeführt worden seien; die Angaben des Beschwerdeführers, die Fahrten in die Kanzlei von der Wohnung aus vorgenommen zu haben und nicht vom Büro aus, seien nicht nachgewiesen worden. Die vom Beschwerdeführer angesprochenen Arbeitsaufzeichnungen seien "trotz Vorhalts um Vorlage sämtlicher Unterlagen" der belangten Behörde nicht vorgelegt worden. Angefallene Reparaturkosten in Verbindung mit der Summe von gefahrenen Kilometern könnten einen Zusammenhang dieser Zahlen mit der Abgrenzung privater von betrieblicher Nutzung nicht begründen. Die Kraftfahrzeugkosten hätten somit in ihrer Höhe nicht eingeschätzt werden können, weil sie bei Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel auch nur einen Bruchteil der geltend gemachten Aufwendungen hätten betragen können.

Zu den geltend gemachten Zinsen und Bankspesen sei zu bemerken, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen neben seinen Aufstellungen auch Kreditverträge enthalten hätten, aus denen der Zweck der Kreditaufnahme allerdings nicht hervorgehe. Die angestellten Erwägungen zu den Betriebsausgabenpositionen gälten auch für die Zinsen und Bankspesen. Es bestehe "auf die gleiche Weise die Abgrenzung der betrieblichen zu privaten Aufwendungen".

Auch im Zusammenhang mit den anzuerkennenden Vorsteuern sei auf die angestellten Erwägungen zu verweisen. "Die Anerkennung von Vorsteuern stößt auf das gleiche Abgrenzungsproblem."

Abschließend heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides, dass dem Beschwerdeführer in beiden Verwaltungsinstanzen Parteiengehör gewährt worden sei. Der Beschwerdeführer habe zwar umfangreiches Vorbringen erstattet, an Stelle entsprechender Belege, die den Betriebsausgabencharakter der geltend gemachten Aufwendungen nachweisen hätten können, jedoch "Mengen selbst erstellter, nicht aussagekräftiger Auflistungen" vorgelegt. Die Grenze der amtswegigen Ermittlung des Sachverhalts sei erreicht worden. Mit der "mangelnden Nachweisführung (Beweisvorsorge)" habe der Beschwerdeführer ein Verhalten gesetzt, welches der Ermittlung des für die Abgabenerhebung maßgeblichen Sachverhaltes entgegengestanden sei, weshalb die Abgabenbehörde zur Schätzung der Betriebsausgaben berechtigt gewesen sei. Im Falle der Zulässigkeit der Schätzung stehe die Wahl der Methode der Behörde frei. Da der Beschwerdeführer selbst erklärt habe, sich eine Einkunftsquelle verschafft haben zu wollen, und da er neben dem Unterhalt für sich auch den für seine Ehefrau und das Kind zu leisten gehabt habe, erscheine es auch unter diesem Gesichtspunkt wahrscheinlicher, dass der Beschwerdeführer Gewinne erwirtschaftet habe, als dass er nachhaltig eine Tätigkeit ausgeübt hätte, die ihm ausschließlich finanzielle Verluste beschert und die Mittel zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse gemindert hätte. Da die nebenberufliche Programmiertätigkeit ihrem Charakter nach den Anfall von Aufwendungen bedingt habe, sei nur mehr zu entscheiden gewesen, in welcher Höhe Betriebsausgaben zu schätzen seien. Die Schätzung des Finanzamts erscheine dem Berufungssenat als "nicht angemessen". Der Berufungssenat nehme bei der Schätzung "auf die (unterschiedlichen) Einnahmen bzw. auf das sich aus den obigen Erwägungen ergebende Gesamtbild" Bedacht. Betreffend das Jahr 1990 würden 70 % der Einnahmen als Betriebsausgaben anerkannt, betreffend die Jahre 1991 bis 1994 würden 50 % der Einnahmen als Betriebsausgaben anerkannt. Dem folgend würden "auch die abzugfähigen Vorsteuern anerkannt, wodurch sich" aus einer sodann für die einzelnen Streitjahre dargelegten Rechenoperation "die abziehbaren Vorsteuerbeträge ergeben" würden. Es seien die bekämpften Bescheide somit abzuändern gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer den weitwendigen Ausführungen der Bescheidbegründung mit weitwendigen Beschwerdeausführungen entgegentritt, die ungeachtet ihrer juristisch unbefriedigenden Gestaltung im Ergebnis gerade noch erkennen lassen, dass sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf den Ansatz von Betriebsausgaben und Vorsteuern auf der Basis dargelegter Aufwendungen und auf Unterbleiben einer Schätzung ohne Bestehen eines Schätzungsgrundes als verletzt ansieht.

Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Zu schätzen ist nach § 184 Abs. 2 BAO insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Nach § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 ebenso für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a des für die Streitjahre noch anzuwendenden Umsatzsteuergesetzes 1972 gelten Lieferungen oder sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne u.a. des § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 sind, nicht als für das Unternehmen ausgeführt.

Die Befugnis zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit der Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen (siehe etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. Februar 1995, 94/14/0157, und vom 3. August 2004, 2001/13/0022). Wie sich aus der Verwendung des Ausdrucks "soweit" in der Bestimmung des § 184 Abs. 1 BAO ableiten lässt, beschränkt das Gesetz die Möglichkeit der Schätzung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips (siehe das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, 98/13/0233, mwN, ebenso die Nachweise bei Ritz, BAO3, § 184 Tz 6).

Indem die belangte Behörde ihre Schätzungsbefugnis schon damit begründen zu können glaubte, dass die Beurteilung der Eigenschaft der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen als Betriebsausgaben (und die Eignung daraus bezahlter Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuern) "so schwierig" sei, hat sie die durch § 184 Abs. 1 BAO gestaltete Rechtslage verkannt. "Unmöglichkeit" der Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen löst die Schätzungsbefugnis der Abgabenbehörde aus, nicht aber bloße "Schwierigkeiten" sachlicher oder rechtlicher Natur. Deren Überwindung mag Mühe kosten, die aber aufzuwenden ist (siehe das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 3. August 2004, 2001/13/0022). Aufgabe der belangten Behörde wäre es gewesen, die vom Beschwerdeführer umsatz- und ertragsteuerlich geltend gemachten Aufwendungen im Einzelnen sachlich daraufhin zu untersuchen und in Wahrnehmung ihrer Obliegenheit zur Beweiswürdigung zu entscheiden, ob die betriebliche Veranlassung vom Beschwerdeführer bewiesen oder glaubhaft gemacht worden war, und sodann rechtlich zu beurteilen, ob einer Berücksichtigung des geltend gemachten Aufwandes nicht ein gesetzliches Abzugsverbot wie etwa jenes nach § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 oder jenes nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 entgegen stand.

Betrachtet man jene Ausführungen der Begründung des angefochtenen Bescheides, mit denen die belangte Behörde den von ihr gegliederten Verfahrensstoff im Einzelnen zu beurteilen versuchte, dann ist zu sehen, dass die belangte Behörde den Weg einer dem Gesetz entsprechenden Entscheidungsfindung ansatzweise ohnehin gesucht, ihn aber nicht ausreichend konsequent weiterverfolgt hat. Ohne in eine Würdigung einzelner der in diesen Begründungspassagen eingestreuten - verschiedentlich, aber nicht in jedem Fall rechtlich zutreffenden - Folgerungen der belangten Behörde einzutreten, ist ihr jedenfalls in der allgemeinen Einschätzung beizupflichten, dass der Beschwerdeführer eine deutliche Tendenz erkennen ließ, das Hervorkommen einer Abgabenschuld aus seiner - durch die Kontrollmitteilung aufgedeckten - Einkunftsquelle durch die Schaffung etwas überzogen wirkender Aufwandskonstruktionen zu verhindern. Eine Beurteilung der behördlichen Schlussfolgerungen im Einzelnen ist obsolet, weil die belangte Behörde an Stelle der gebotenen Einzelbeurteilung zu einer Globalschätzung der Besteuerungsgrundlagen gegriffen hat, zu welcher sie aber angesichts des ausführlichen Sachvorbringens des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren nach Lage des Falles nicht befugt war.

Die zur Erledigung der Berufung im fortzusetzenden Verfahren zuständige Berufungsbehörde wird in die von der belangten Behörde verabsäumte konsequente Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers über seine für die Streitjahre geltend gemachten Ausgaben einzutreten und für die Aufwandspositionen - auf Tatsachenebene beweiswürdigend - jeweils die betriebliche Veranlassung (oder ihr Fehlen) einerseits festzustellen sowie - rechtlich wertend - die Auswirkung gesetzlicher Abzugsverbote andererseits zu beurteilen haben. Soweit in einzelnen Teilbereichen das Entstehen betrieblich veranlasster (und von keinem Abzugsverbot betroffener) Aufwendungen nach der Lebenserfahrung zwingend anzunehmen, deren Höhe aber auch unter weiterer Inanspruchnahme der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers nicht verlässlich festzustellen ist, kann sich eine behördliche Befugnis zu diesbezüglichen Teilschätzungen durchaus ergeben. Für diesen Fall wird die Berufungsbehörde verfahrensrechtlich jene Grundsätze zu beachten haben, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine Schätzung erarbeitet hat (siehe die Nachweise bei Ritz, BAO3, § 184 Tz 20f) und die die belangte Behörde im Beschwerdefall zusätzlich auch verletzt hat, indem sie dem Beschwerdeführer Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen, die angewandte Schätzungsmethode und das Schätzungsergebnis vor Bescheiderlassung nicht zur Kenntnis gebracht hatte.

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. September 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2002130105.X00

Im RIS seit

09.10.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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